GSSP Pliozän/Pleistozän

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Koordinaten: 37° 8′ 49″ N, 14° 12′ 13″ O

Karte: Italien
marker
GSSP Pliozän/Pleistozän

Der GSSP Pliozän/Pleistozän ist ein stratigraphisches Referenzprofil, das die Grenze zwischen dem Piacenzium und dem Gelasium festlegt. Das Profil befindet sich am Monte San Nicola bei Gela in Sizilien. Die Grenze wurde auf 2,588 Millionen Jahre BP datiert.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der GSSP (engl. Global Boundary Stratotype Section and Point – globales Referenzprofil zur Festlegung der Stufengrenzen) Pliozän/Pleistozän (auch GSSP Gelasium) für die Grenze Pliozän/Pleistozän wurde von der International Commission on Stratigraphy (ICS) im August 1996 ratifiziert und wissenschaftlich von Rio u. a. 1998 beschrieben[1]. Die endgültige Entscheidung, diesen GSSP als Untergrenze des Pleistozäns und damit des Quartärs festzulegen, erfolgte am 29. Juni 2009 durch die International Union of Geological Sciences (IUGS).

Beschreibung und Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zur Monte-Narbone-Formation gehörende sedimentäre Abfolge am Monte San Nicola bei Gela in Sizilien enthält ein Bündel von sechs Sapropelhorizonten, die im gesamten Mittelmeerraum anzutreffen sind. Die Sapropele sind mit Präzessionszyklen korrelierbar. Im Englischen werden sie daher als Mediterranean precession related sapropels (Präzessionsbezogene Mittelmeersapropele) oder abgekürzt als MPRS bezeichnet. Sie sind auch als insolation-related cycles (Insolationsbezogene Zyklen) oder kurz i-cycles bekannt, da die Sapropele mit Mergeln eine zyklische, astronomisch gesteuerte Wechsellagerung eingehen.[2]

Die Basis des Gelasiums wurde wie folgt definiert:

Sie liegt an der Oberkante von Sapropel MPRS 250 (der so genannten Nicola-Schicht) und bildet die Grenze zum überlagernden, homogenen Mergelband.

Im stratigraphischen Profil am Monte San Nicola entspricht dies Meter 62.

Datierung und Korrelationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Grenze Piacenzium/Gelasium wurde anhand astronomischer Zyklen wie den beiden Exzentrizitätszyklen von 100000 und 413000 Jahren, dem Erdachsenneigungszyklus von 41000 Jahren und dem Präzessionszyklus von 21000 Jahren und unter Benutzung eines astronomischen Kalibrierungsverfahrens (wie beispielsweise ATNTS 2004) auf 2,588 Millionen Jahre BP datiert.[1]

Die Grenze korreliert mit anderen stratigraphischenSchemata wie folgt:

Weitere Entsprechungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der GSSP Pliozän/Pleistozän korreliert mit einer weltweiten Regressionsphase am Ende des Piacenziums.

In Nordwesteuropa beginnt das Prätiglium, das in Großbritannien dem Beginn des mittleren Präludhamium und in Nordamerika dem Beginn des Präillinoium K entspricht (in Kalifornien dem mittleren Repettium). Auf der russischen Ebene setzt das Verkhodon (oder Os'kinovium) kurz unterhalb des GSSP ein. In der chinesischen Lößstratigraphie bildete sich der bedeutende Bodenhorizont RS. In der australischen Stratigraphie liegt der GSSP mitten im Yatalum, in Neuseeland mitten im Mangapanium.

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der GSSP Pliozän/Pleistozän liegt sehr dicht an der Gauss-Matuyama-Polaritätsumkehr des Erdmagnetfeldes. In seiner unmittelbaren Nähe erfolgte aber auch ein bedeutendes klimatisches Ereignis, das sich nicht nur in marinen Sedimenten, sondern auch in kontinentalen Ablagerungen bemerkbar macht.[5] So begann beispielsweise in China die Lößsedimentation.[6] In Europa kann palynologisch das dem Tiglium vorausgehende, kühle Prätiglium abgetrennt werden.[7] Bei den Landsäugern kam es in Eurasien zu größeren, radiativ bedingten Wanderbewegungen wie z. B. bei den Elefanten (Archidiskodon gromovi) und Pferden (Equus livenzovensis).[8]

All dies spricht für eine deutliche Klimaverschlechterung (Abkühlung) mit Zurückweichen der Waldvegetation und beginnender Savannenbildung, welche sich auch in einem faunistischen Umschwung widerspiegelt – es verschwanden neben Hipparion beispielsweise die Waldbewohner Mammuthus, Tapirus, Sus minor und Ursus minimus.[9] Neu auftraten an ihrer Stelle Anancus arvernensis, Archidiskodon gromovi, Eucladoceros falconeri, Equus livenzovenzis, Gazella borbonica, Odobaenus und Choneziphius. Auf dem indischen Subkontinent erscheinen neben Equus Rhinoceros, Elephas hysudricus und Stegodon insignis.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • J. Hardenbol, u. a.: Cenozoic-Mesozoic Biochronostratigraphy. 1998.
  • F. Gradstein, u. a.: A Geologic Time Scale 2004. Cambridge University Press, 2004, ISBN 0-521-78673-8.
  • J. G. Ogg, u. a.: The Concise Geologic Time Scale. 2008.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b D. Rio, R. Sprovieri, D. Castradori, E. Di Stefano: The Gelasian Stage (Upper Pliocene): a new unit of the global standard chronostratigraphic scale. In: Episodes. Band 21, 1998, S. 82–87.
  2. F.J. Hilgen: Astronomical calibration of Gauss to Matuyama sapropels in the Mediterranean and implication for the Geomagnetic Polarity Time Scale. In: Earth and Planetary Science Letters. Band 104, 1991, S. 226–244.
  3. C. G. Langereis, u. a.: Steadying the rates. In: Nature. Band 369, 1994, S. 615.
  4. L. J. Lourens, u. a.: Late Pliocene to early Pleistocene astronomically forced sea surface productivity and temperature variations in the Mediterranean. In: Marine Micropaleontology. Band 19, 1992, S. 49–78.
  5. M.B. Cita, D. Rio, R. Sprovieri: The Pliocene Series: Chronology of the type Mediterranean record and standard chronostratigraphy. Hrsg.: J.H. Wrenn, J.-P. Suc, S.A.G. Leroy, The Pliocene: Time of Change. American Association of Stratigraphic Palynologists Foundation. Dallas, Texas 1999, S. 49–63.
  6. G. Kukla, Z. Han: Loess stratigraphy in central China. In: Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology. Band 72, 1989, S. 200–225.
  7. W.H. Zagwijn: The Pliocene–Pleistocene boundary in western and southern Europe. In: Boreas. Band 3, 1974, S. 75–97.
  8. F. Masini, D. Torre: Large Mammal dispersal events at the beginning of the Late Villafranchian. Hrsg.: E.H. Lindsay, et al., European Neogene Mammal Chronology. Plenum Press, New York 1990, S. 131–138.
  9. A. Azzaroli, u. a.: Late Pliocene to Early-Mid Pleistocene Mammals in Eurasia:Faunal succession and dispersal events. In: Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology. Band 66, 1988, S. 77–100.