Galeriegräber von Schmerlecke

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BW
Grundrisse von Galerien am Beispiel dreier Anlagen aus der Nekropole von Warburg

Die Galeriegräber von Schmerlecke liegen westlich von Erwitte in der Soester Börde, im Kreis Soest in Nordrhein-Westfalen. Die Anlagen gehören zur sogenannten „Soester Gruppe“, in der lößreichen Börde. Ihr werden die Galerien von Hiddingsen, Ostönnen, Schmerlecke (drei Anlagen), Uelde und Völlinghausen zugerechnet. Die Entdeckungsgeschichte des Fundplatzes beginnt im Jahre 1880. Die dritte Anlage wurde erst kürzlich entdeckt.

In Schmerlecke befinden sich mitten im Feld an der L 856 (ehemals Bundesstraße 1) drei Galeriegräber. Sie wurden in der Jungsteinzeit aus großen ortsfremden Kalksteinplatten errichtet. Die beiden seit 2009 in Ausgrabung befindlichen Galerien II und III sind etwa 20,0 beziehungsweise 25,0 Meter lang und über vier Meter breit. Die Anlagen sind durch moderne Pflüge zum Teil beschädigt. Die Galeriegräber sind zwischen 3500 v. Chr. und 2800 v. Chr. von den Trägern der Trichterbecherkultur (TBK) errichtet und genutzt worden.

Verglichen mit zeitgleichen Gräbern der TBK in Norddeutschland wurden den Toten in Schmerlecke wenig Beigaben mitgegeben. Doch brachten die Ausgräber durchlochte Tierzähne und Hälften von Wildtierunterkiefern, in geringer Anzahl auch Bernstein- und Kupferschmuck, Pfeilspitzen und Feuersteinklingen, Felsgesteingeräte wie Äxte und Beile und Knochengeräte wie Meißel und Pfrieme ans Tageslicht.

Knochenstücke aus einem Jungsteinzeitgrab

Es zeichnet sich in der noch laufenden Grabung eine außergewöhnlich gute Erhaltung der menschlichen Skelettreste vor allem in Grab II ab. Anhand der Schädel und Schädelfragmente können vorläufig mindestens 23 Individuen in der ersten Grabhälfte ausgemacht werden. In solchen Anlagen wurden 70 bis 150 Menschen bestattet. Es handelt sich um so genannte Kollektivgräber, die über Generationen hinweg immer wieder für neue Bestattungen geöffnet wurden. 28.000 Fundstücke konnten in den Großsteingräbern aus der späten Jungsteinzeit geborgen werden; überwiegend handelt es sich dabei um Knochenfunde.

Die Funde von Hiddingsen und Schmerlecke finden besondere Berücksichtigung im Rahmen des „Wegs der großen Steine“ der westfälischen Etappe der „European Route of Megalithic Culture“, eines Kulturwegs des Europarats.[1]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eva Cichy, Kerstin Schierhold: Von Kollektiv- zu Einzelbestattungen – die Kreisgräben von Erwitte-Schmerlecke. In: Archäologie in Westfalen-Lippe. 2011 (2012), S. 52–56 (Online).
  • Maximilian Gottstein: Befundung jungsteinzeitlicher Zahn- und Kieferfunde aus dem Megalithgrab II von Erwitte-Schmerlecke (Soest) und deren Einordnung in ein Konzept von Ernährung, Mundhygiene und Krankheiten des Craniomandibulärsystems. Ein paläopathologischer Beitrag zur Aufarbeitung des Neolithikums in Westdeutschland. Dissertation, Göttingen 2019 (Online).
  • Susan Klingner, Michael Schultz: Erste Ergebnisse zu den anthropologisch-paläopathologischen Untersuchungen der Bestatteten in den Galeriegräbern von Erwitte-Schmerlecke. In: Martin Hinz, Johannes Müller (Hrsg.): Siedlung, Grabenwerk, Großsteingrab. Studien zur Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt der Trichterbechergruppen im nördlichen Mitteleuropa (= Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung. Band 2). Rudolf Habelt Verlag, Bonn 2012, ISBN 978-3-7749-3813-7, S. 431–441.
  • Susan Klingner, Michael Schultz: Physical strain on megalithic grave builders from Wartberg and Funnel Beaker Culture in Northern Germany – Erwitte-Schmerlecke, Völlinghausen, Calden I, Großenrode II and Rheine. In: Johannes Müller, Martin Hinz, Maria Wunderlich (Hrsg.): Megaliths – Societies – Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe. Proceedings of the international conference »Megaliths – Societies – Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe« (16th–20th June 2015) in Kiel (= Frühe Monumentalität u. soziale Differenzierung. Band 18/3). Habelt, Bonn 2019, ISBN 978-3-7749-4213-4, S. 1083–1097 (Online).
  • Christian Meyer, Kerstin Schierhold: Auf den Hund gekommen – Tierzahnschmuck aus den Gräbern von Erwitte-Schmerlecke. In: Archäologie in Westfalen-Lippe. 2012 (2013), S. 41–44 (Online).
  • Kerstin Schierhold: Studien zur Hessisch-Westfälischen Megalithik. Forschungsstand und -perspektiven im europäischen Kontext (= Münstersche Beiträge zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie. Band 6). Leidorf, Rahden/Westf. 2012, ISBN 978-3-89646-284-8.
  • Kerstin Schierhold: Case study of Erwitte-Schmerlecke, Westphalia. An archaeological contribution to Hessian Westphalian megaliths and their role in early monumentality of the northern European plain. In: Johannes Müller, Martin Hinz, Maria Wunderlich (Hrsg.): Megaliths – Societies – Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe. Proceedings of the international conference »Megaliths – Societies – Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe« (16th–20th June 2015) in Kiel (= Frühe Monumentalität u. soziale Differenzierung. Band 18/1). Habelt, Bonn 2019, ISBN 978-3-7749-4213-4, S. 289–318 (Online).
  • Kerstin Schierhold et al.: Häuser für die Toten – die spätneolithischen Galeriegräber in Erwitte-Schmerlecke. In: Archäologie in Westfalen-Lippe. 2010 (2011), S. 35–38 (Online).
  • Kerstin Schierhold, Ralf Gleser, Michael Baales: Zur Genese und Struktur der hessisch-westfälischen Megalithik am Beispiel der Soester Gruppe. In: Martin Hinz, Johannes Müller (Hrsg.): Siedlung, Grabenwerk, Großsteingrab. Studien zur Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt der Trichterbechergruppen im nördlichen Mitteleuropa (= Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung. Band 2). Rudolf Habelt Verlag, Bonn 2012, ISBN 978-3-7749-3813-7, S. 411–430.
  • Kerstin Schierhold, Norbert Reuther: Frühe Bestattungsriten – Abschluss der Grabungen in Erwitte-Schmerlecke. In: Archäologie in Westfalen-Lippe. 2013 (2014), S. 59–62 (Online).
  • Waldtraut Schrickel: Westeuropäische Elemente im neolithischen Grabbau Mitteldeutschlands und die Galeriegräber Westdeutschlands und ihre Inventare (= Beiträge zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie des Mittelmeer-Kulturraumes. Band 4). Habelt, Bonn 1966.
  • Waldtraut Schrickel: Katalog der mitteldeutschen Gräber mit westeuropäischen Elementen und der Galeriegräber Westdeutschlands (= Beiträge zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie des Mittelmeer-Kulturraumes. Band 5). Habelt, Bonn 1966.
  • Burkard Steinrücken: Untersuchung der Galeriegräber von Soest-Hiddingsen und Beckum-Dalmer auf astronomische Auffälligkeiten. (PDF)

Belege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vera Brieske/Lea Kopner: Galeriegräber der Soester Gruppe: Etappen der Europäischen Kulturstrasse(sic!) Megalithic Routes. In: Soester Zeitschrift, Heft 134, S. 9–18; vgl. auch Blog der Altertumskommission des LWL mit Hinweisen zum Aufbau der Route, abgerufen am 11. Dezember 2023

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Koordinaten: 51° 35′ 44,5″ N, 8° 14′ 13,6″ O