Seehaus im Englischen Garten

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Blick über den Kleinhesseloher See auf das 1985 errichtete Seehaus

Das Seehaus im Englischen Garten liegt am Kleinhesseloher See im Englischen Garten in München. Der heute zum Stadtbezirk Schwabing-Freimann gehörende Restaurationsbetrieb entstand an dieser Stelle zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Ein angegliederter Biergarten gehört mit 2500 Sitzplätzen zu den bekanntesten und beliebtesten der bayerischen Landeshauptstadt; er ist der einzige Münchener Biergarten, der bei geeignetem Wetter auch im Winter öffnet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis zum Jahr 1790 befand sich an der Stelle des heutigen Kleinhesseloher Sees eine vom Militär genutzte Anlage mit einem Tümpel, der vom Schwabinger Bach gespeist wurde. Der als „Auwächter“ bezeichnete Parkwächter Josef Tax bewohnte in der Nähe ein kleines Haus.[1] Reinhard Freiherr von Werneck (1757–1842) ließ um 1800 diesen Tümpel zu einem See ausbauen.

Denkmal für Reinhard Freiherr von Werneck im Englischen Garten

Das Seeufer lag nun an einer eine Meierei umgebende Holzgebäudeansammlung, die „Kleinhesselohe“ genannt wurde und an der Tax einen Bierausschank mit kleiner Gastwirtschaft betrieb. Von 1807 bis 1812 kam es unter Friedrich Ludwig Sckell zu einer Erweiterung des Sees auf die heutige Größe; im Sommer wurden Gondeln vermietet, im Winter wurde der See zum Eislaufen genutzt. 1811 wurde der sich bis dahin entwickelte Bewirtungsbetrieb (mit Bierausschanklizenz) offiziell an Tax verpachtet. Dessen Nachfolger als Pächter, die Eheleute Kaspar, ließen 1837 ein hölzernes Seehaus auf eigene Kosten errichten.[1] In den Folgejahren entstanden weitere Gaststätten im nahegelegenen Schwabing; 1840 klagte der Pächter des Betriebes am Kleinhesseloher See über die zunehmende Konkurrenz durch die Schwabinger Wirte.[1]

1882/1883 wurde ein von Gabriel von Seidl entworfenes Bootshaus – in zweigeschossiger Holzarchitektur mit Walmdach[2] – mit Speiseräumen errichtet und erstmals als „Seehaus“ bezeichnet. Die dort betriebene Gaststätte hieß „See-Restaurant Kleinhesselohe“.[3] In einem separaten Pavillon wurden Heilanwendungen angeboten, die sogenannte Kleinhesseloher Kur. Münchener Prominente, wie der Volkssänger Weiß Ferdl oder der Schriftsteller Kurt Graf, waren dort in der Zwischenkriegszeit Stammgäste.[1]

Neubau 1935[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1935 erfolgte der Abriss des mittlerweile baufälligen Gaststättengebäudes.[3] Ein von Rudolf Esterer entworfener Holzneubau mit einer Seeterrasse, der sich „der idyllischen Seelandschaft glücklich anpaßte“,[4] wurde bis 1936 errichtet.[5] Bauträger war das Landbauamt München.[6] Das Gebäude wurde wieder als „Seehaus“ bezeichnet[7] und wurde erneut zu einem beliebten Ausflugsziel der Münchener; auch Willi Graf, seine Schwester Anneliese Graf und die Geschwister Scholl verkehrten hier.[8][9]

Nach dem Zweiten Weltkrieg belegte die in München stationierte US Army das Seehaus bis 1955.[1] Hier wurde, wie auch an der Gaststätte Chinesischer Turm, ein Club für Militärangehörige (EM - Enlisted mens club) betrieben.[10] Am 4. September 1947 besuchte der US-General und Chef des Kriegsveteranenministeriums, Omar N. Bradley, das Seehaus nach einer Inspektion von in München stationierten Einheiten sowie der damaligen Henry-Kaserne.[11] Nach Rückgabe und der Behebung von Kriegsschäden wurde das Seehaus 1955 für die Öffentlichkeit wieder eröffnet.[3]

1970 kam es wegen Baufälligkeit zu einem erneuten Abriss des Gaststättengebäudes; zunächst wurde nun in provisorischen Holzhütten der Restaurationsbetrieb aufrechterhalten.[3] Bei einer Ausschreibung für einen Neubau ging Alexander von Branca als Sieger hervor;[12] es kam jedoch nicht zur Realisierung dieses Entwurfes.[13]

Seit 1985[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erst fünfzehn Jahre später wurden die provisorischen Hütten durch den vierten Neubau des Seehauses ersetzt; 1985 wurde das heutige Gebäude der Architekten Ernst Hürlimann und Ludwig Wiedemann (1939–2013) errichtet.[14]

Die Roland Kuffler GmbH führt seitdem Restaurant und Biergarten. Im Jahr 2011 wurde der Innenraum des Restaurants renoviert.[15]

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Waldemar Hartmann moderierte im Pavillon des Seehauses anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 seinen von vielen Prominenten besuchten Waldis WM Club. Bereits seit November 2008 werden von dort aus Sendungen nach Länderspielen der Nationalelf live übertragen.[16] Im Mai 2005 war Gerhard Schröder Gast im Seehaus. Im Rahmen des Wahlkampfes empfing er im Biergarten des Restaurants Schriftsteller (Tilman Spengler), Künstler (Veronika von Quast, Lisa Fitz) und verschiedene Parteifreunde (Christian Ude, Hans-Jochen Vogel, Georg Kronawitter oder Franz Maget).[17]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Seehaus im Englischen Garten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Volker D. Laturell, Volkskultur in München: Aufsätze zu Brauchtum, musikalische Volkskultur, Volkstanz, Trachten und Volkstheater in einer Millionenstadt, ISBN 3-927984-63-9, Buchendorfer Verlag, 1997, S. 135
  2. Exkursion Eichstätt/München, Pkt 2.17 (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive), 2007, Fakultät II der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (dort auch Foto des Gebäudes)
  3. a b c d 1935. 2. April 2015, archiviert vom Original am 2. April 2015; abgerufen am 20. Oktober 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/hartbrunner.de
  4. Bayern im ersten Vierjahresplan: Denkschrift der Bayerischen Landesregierung zum 9. März 1937, Zentralverlag der NSDAP, F. Eher Nachf., 1937
  5. München und Umgebung, Tegernsee, Schliersee, Oberammergau, Garmisch-Partenkirchen: Reisehandbuch, Baedeker’s Reisehandbücher, Ausgabe 3, Karl Baedeker, 1955, S. 96
  6. Karl Fiehler, München baut auf, Zentralverlag der NSDAP, Franz Eher Nachf., 1937, S. 162
  7. Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte e. V., Band 40, Verein für Augsburger Bistumsgeschichte (Hrsg.), Verlag des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte, 2006, S. 56
  8. Ruth Hanna Sachs, The White Rose Travel Guide, ISBN 0-9822984-4-7, Exclamation! Publishers, 2008, S. 12
  9. Bleistein Topographie Widerstand Muenchen. 17. Juni 2011, archiviert vom Original am 17. Juni 2011; abgerufen am 11. März 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/host-82-135-31-182.customer.m-online.net
  10. Simone Egger, „München wird moderner“: Stadt und Atmosphäre in den langen 1960er Jahren, Dissertation, ISBN 3-8394-2282-5, Transcript Verlag, Bielefeld 2014, S. 289
  11. From the S&S archives:1,749 Troops in Frankfurt parade for Gen. Bradley vom 29. Januar 2004, Originalmeldung aus der europäischen Ausgabe der The Stars and Stripes, Ausgabe September 1947
  12. Fachzeitschrift Baumeister, 6/1973, Callwey, München 1973
  13. Personeneintrag: Branca, Alexander Frhr. von in einer Datenbank der Technischen Universität München
  14. C. Karnehm in v. Freyberg (2000), 130; Geschichte der Tierärztlichen Fakultät München, S. 126, sowie W. Palten in P. Freiherr von Freyberg (ed.), Der Englische Garten in München. Munich: Knürr, 2000. ISBN 3-928432-29-X, S. 123
  15. Neuer Look, neuer Koch: Frische Brise am Seehaus in der Abendzeitung vom 9. April 2011
  16. WM: Waldi sendet aus dem "Seehaus" bei Merkur Online vom 6. Mai 2010
  17. Die Gerd-Show gastiert in München bei Merkur Online

Koordinaten: 48° 9′ 38″ N, 11° 35′ 52,8″ O