Gebrüder Bernhard

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Firmenschild an der Orgel in Grüningen (1881)

Die Gebrüder Bernhard waren ein deutsches Orgelbauunternehmen mit Sitz in Gambach, das vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg in Hessen wirkte.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Brüder Karl Theodor (1850–1936) und Karl Rudolf Bernhard (1854–1909) waren Söhne des Orgelbauers Adam Karl Bernhard und Enkel von Johann Hartmann Bernhard. Schon einige Jahre vor dem Tod ihres Vaters traten sie unter dem Namen Gebrüder Bernhard auf. Nach dessen Tod führten sie das Familienunternehmen fort, auf das insgesamt über 120 Neu- oder Umbauten zurückgehen. Nach dem Ersten Weltkrieg sind keine Neubauten mehr nachgewiesen.[1]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gebrüder Bernhard schufen romantische Orgeln in der handwerklich gediegenen Tradition ihrer Familie. Sie waren konservativ orientiert und öffneten sich erst allmählich den technischen Neuerungen im Orgelbau. Kegelladen werden erst ab 1883 eingesetzt, pneumatische Trakturen erst 1912. Vorwiegend entstanden Dorforgeln mit ein oder zwei Manualen und selten mehr als 20 Registern.

In der Disposition überwiegen grundtönige Stimmen. Als gemischte Stimme wird gerne die Progressio harmonica eingesetzt. Selbst kleine Instrumente mit nur wenigen Registern verfügen über einen Subbass 16′ als Bassregister. Der Prospekt ist häufig im Rundbogenstil gestaltet.

Werkliste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kursivschreibung gibt an, dass die Orgel nicht oder nur noch das historische Gehäuse erhalten ist. In der fünften Spalte bezeichnet die römische Zahl die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ ein nur angehängtes Pedal. Die arabische Zahl gibt die Anzahl der klingenden Register an. Die letzte Spalte bietet Angaben zum Erhaltungszustand oder zu Besonderheiten. Erhaltene historische Gehäuse (mit modernen Orgeln) werden durch Kursivschrift angezeigt.

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1876–1877 Wölfersheim Evangelisch-reformierte Kirche
II/P 13 erhalten[2]
1877 Laubach Evangelische Stadtkirche II/P 21 Umdisponierung der Orgel von Johann Casper Beck und Johann Michael Wagner (1750); Register von Bernhard nicht erhalten[3]
1879 Breungeshain Ev. Kirche
I/P 7 unverändert erhalten
1880 Hamm Ev. Kirche II/P 20 1963 umdisponiert und 1994 ersetzt[4]
1881 Grüningen Evangelische Kirche I/P 11 Disposition unverändert[5]
1883 Jugenheim Ev. Kirche
II/P 18 Umdisponierung der Orgel von Philipp Ernst Wegmann; 1991 durch Förster & Nicolaus Orgelbau auf Zustand von 1762 rekonstruiert[6]
1883 Langen Ev. Stadtkirche II/P 28 mechanische Kegellade; 1964 durch Neubau von Oberlinger ersetzt; Prospekt und wenige Holzregister erhalten[7]
1884 Saasen Ev. Kirche I/P 6 1972 ersetzt[8]
1885 Burkhards Ev. Kirche I/P 12 1966 ersetzt[9]
1886 Burkhardsfelden Evangelische Kirche
I/P 7 1959 durch Förster & Nicolaus ein Register umgearbeitet
1886 Bleidenrod Ev. Kirche I/P 6 1972/1973 ein Register ersetzt[10]
1886–1887 Nieder-Ohmen Ev. Kirche II/P 10 1973 ersetzt; Gehäuse erhalten[11]
1888–1889 Cleeberg Evangelische Kirche I/P 8 1937 umdisponiert durch Orgelbauer Eppstein[12]
1890 Dautphe Martinskirche I/P 11 nach Kriegsschäden 1961 ersetzt[13]
1890 Nieder-Hilbersheim Ev. Kirche I/P 9 mechanische Kegellade
1890 Appenrod Ev. Kirche I/P 7 erhalten[14]
1890–1891 Hopfgarten Ev. Kirche I/P 7 1971 durch Bruno Döring umdisponiert[15]
1891 Nieder-Olm Evangelische Kirche I/P 6 1970/1971 nach St. Remigius Bubenheim umgesetzt; erhalten[16]
1891 Ober-Hilbersheim Ev. Kirche II/P 11 pneumatische Kegellade
1891 Dietzenbach Christuskirche 1941 durch Bombenangriff teils zerstört; 1948 Neubau durch Förster & Nicolaus (II/P/13) unter Verwendung des erhaltenen Prospekts und von Teilen des Pfeifenwerks[17]
1893 Lumda (Grünberg) Evangelische Kirche I/P 6 mit Kegelladen; erhalten
1894 Lützellinden Evangelische Kirche
II/P 14 pneumatische Traktur
1894–1895 Waldgirmes Ev. Kirche I/P 9 mechanische Kegellade; 2010 Restaurierung durch Günter Hardt[18]
1895 Maulbach Ev. Kirche
I/P 8 Kegelladen; weitgehend erhalten[19]
1896 Lehrbach Ev. Kirche I/P 8 erhalten[20]
1898 Neuweilnau Ev. Kirche I/P 9 1966 Umbau durch Hardt aus Möttau[21]
1900 Ober-Breidenbach Ev. Kirche
I/P 8 erhalten[22]
1900–1901 Frankenbach (Biebertal) Evangelische Kirche I/P 7 auf Orgelempore über Chorbogen, 1976 durch Gerald Woehl ersetzt[23]
1902 Unter-Seibertenrod Evangelische Kirche I/P 6 wahrscheinlich mechanische Kegellade; weitgehend erhalten
1904 Bubenheim Ev. Kirche I/P 8 in einem historischen Gehäuse von Stumm (um 1770); mechanische Schleiflade[24]
1906 Anspach Ev. Kirche I/P 9 1970 ersetzt[25]
1908 Dorfweil Ev. Kirche I/P 7 pneumatische Traktur; erhalten[26]
1910 Burg-Gemünden Ev. Kirche II/P 10 1970 Umdisponierung durch Nicolaus & Förster[27]
1914–1915 Romrod Ev. Stadtkirche
I/P 8 hinter Gehäuse von Georg Henrich Wagner (1685, Zuschreibung) mit pneumatischen Kegelladen, Firmenschild von Theodor Karl Bernhard; erhalten[28]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans Martin Balz, Reinhardt Menger: Alte Orgeln in Hessen und Nassau (= Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde. Band 72). 2. Auflage. Merseburger, Kassel 1997, ISBN 3-87537-169-0.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 6). Band 1: Mainz und Vororte - Rheinhessen - Worms und Vororte. Schott, Mainz 1967, ISBN 978-3-7957-1306-5.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,1). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1: A–K. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,2). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 2: L–Z. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1370-6.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,1). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 1: A–L. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1330-7.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,2). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 2: M–Z. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1331-5.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 40). Band 4: Regierungsbezirke Koblenz und Trier, Kreise Altenkirchen und Neuwied. Schott, Mainz 2005, ISBN 978-3-7957-1342-3.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 18.
  2. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 2: M–Z. 1988, S. 989.
  3. Orgel in Laubach, abgerufen am 11. April 2018.
  4. Bösken, Fischer, Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 4/1. 2005, S. 367–369.
  5. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 428 f.
  6. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 1. 1967, S. 370 f.
  7. Orgel in Langen, abgerufen am 11. April 2018.
  8. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 2: M–Z. 1988, S. 945 ff.
  9. Orgel in Burkhards, 11. April 2018.
  10. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 137 f.
  11. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 2: M–Z. 1988, S. 683.
  12. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 221 f.
  13. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 112 f.
  14. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 71.
  15. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 494.
  16. Orgel in Bubenheim, St. Remigius, abgerufen am 9. August 2022.
  17. Orgel in Dietzenbach, abgerufen am 11. April 2018.
  18. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2: L–Z. 1975, S. 785.
  19. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 2: M–Z. 1988, S. 639.
  20. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 593.
  21. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2: L–Z. 1975, S. 649.
  22. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 2: M–Z. 1988, S. 702 f.
  23. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1: A–K. 1975, S. 197.
  24. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 1. 1967, S. 265.
  25. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1: A–K. 1975, S. 29.
  26. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1: A–K. 1975, S. 135.
  27. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 200 f.
  28. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 2: M–Z. 1988, S. 827.