Geheime Leiden

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Christus im Kerker auf dem Dreikant, 18. Jahrhundert.
Altarbild der Kapelle zum Heiligen Leiden in Loiching, Christus auf dem Dreikant

Als geheime Leiden werden in der neutestamentlichen Passionsgeschichte nicht enthaltene, gleichsam unbekannte und nur über Privatoffenbarungen niedergeschriebene Leiden Jesu Christi bezeichnet.

Die Ansicht, die Überlieferung durch die Evangelisten sei lückenhaft, findet sich bereits bei den mittelalterlichen Scholastikern (Anselm von Canterbury: Dialogus c10: PL 159, 282C; Pseudo-Bonaventura: Meditationes 10: 121, 11–13 ed. Stallings). Besonders in den volkssprachlichen Schriften in den Niederlanden wird die Vorstellung im 15. Jahrhundert weiterentwickelt (Johannes Brugman: Leven van Jezus) und der Begriff von der heimelike passie im Titel einer anonymen Schrift erstmals verwendet.[1]

Ihr Gedächtnis galt in der katholischen Volksfrömmigkeit des 17. und 18. Jahrhunderts als besonders wirksam zur Vergebung der Sünden. Man zählte dazu u. a. das Durchstoßen der Zunge („Sie durchstachen mich mit mancherlei Waffen“) und die Ankettung in Strecklage („Christus auf dem Dreikant“).[2] Zum Thema sind zahlreiche Andachtsbilder und -schriften überliefert wie der Gebetszettel „Die 15 Geheimen Leiden“ in verschiedenen Fassungen, der angeblich auf eine Privatoffenbarung der Klarisse Magdalena Beutler († 1458) zurückgeht.[1]

Die Beschäftigung der heiligen Crescentia mit den Kerkerleiden Christi erzeugte in ihrem Kreise eine erneute Aufmerksamkeit für die „geheimen Leiden“ und wird als Wurzelboden für die diesbezügliche Andacht und künstlerische Verarbeitung des Themas ab dem 18. Jahrhundert gesehen.[3]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Gerhard Müller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie. Studienausgabe. Bd. 27: Politik/Politologie-Publizistik/Presse. Berlin/New York: de Gruyter, 2000. Eintrag „Passionsfrömmigkeit“, S. 745. [1]
  2. Zentralinstitut für Sepulkralkultur Kassel (Hrsg.): Großes Lexikon der Bestattungs- und Friedhofskultur. Wörterbuch zur Sepulkralkultur. Bd. 1. Braunschweig: Thalacker, 2002. Eintrag „Geheime Leiden (Christi)“
  3. Elfriede Grabner: Verborgene Volksfrömmigkeit; Seite 77 im Artikel „Das Fortleben unbekannter Leidensmotive in Schrift und Bildbelegen“; Böhlau, 1997 ISBN 3-205-98760-8

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Friedrich Zoepfl: Das unbekannte Leiden Christi in der Frömmigkeit und Kunst des Volkes. In: Volk und Volkstum. Jahrbuch für Volkskunde 2, 1937. S. 317–336.
  • Fritz Markmiller: Ein Sonderbild der Geheimen Leiden. Zur Ikonographie von „Christus auf dem Dreikant“. In: Volkskunst 2, 1979. S. 176–184.
  • Fritz Markmiller: Neue Belege zur Bildgestalt der Geheimen Leiden Christi. In: Volkskunst 4, 1981. S. 98–105.
  • E. Grabner: Wort- und Bildzeugnisse zur Verehrung des „Geheimen Leidens Christi“. In: H. Eberhardt et al. (Hrsg.): Volksfrömmigkeit. Referate der Österreichischen Volkskundetagung 1989 in Graz. (= Buchreihe der Österreichischen Zeitschrift für Volkskunde NS 8). Wien, 1990. S. 127–136.
  • O. Moser: Die fünfzehn geheimen Leiden Christi. Nach einer mündlichen Überlieferung aus Kärnten. In: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 95, 1992. S. 483–494.
  • Nina Gockerell: „Sie durchstachen mich mit mancherlei Waffen...“. Neuerworbene Bildwerke zum Themenkreis der Geheimen Leiden als Ergänzung der Sammlung Kriss im Bayerischen Nationalmuseum. In: Frömmigkeit. Formen, Geschichte, Verhalten, Zeugnisse. Festschrift für Lenz Kriss-Rettenbeck. München, 1993. S. 161–194.
  • Nina Gockerell: Bilder und Zeichen der Frömmigkeit. München, 1995. S. 59–69, 84.