Georgi Konstantinowitsch Schukow

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Schukow bei einer Rede in Moskau am 1. September 1941

Georgi Konstantinowitsch Schukow (russisch Георгий Константинович Жуков, wissenschaftliche Transliteration Georgij Konstantinovič Žukov; * 19. Novemberjul. / 1. Dezember 1896greg. in Strelkowka (heute Teil der Stadt Schukow), Ujesd Malojaroslawez, Gouvernement Kaluga, Russisches Kaiserreich; † 18. Juni 1974 in Moskau) war Generalstabschef der Roten Armee, Marschall der Sowjetunion und von 1955 bis 1957 sowjetischer Verteidigungsminister.

Schukow wurde als erfolgreicher Verteidiger in der Schlacht um Moskau (1941/42) sowie als Sieger der Schlacht von Stalingrad (1942/43) und der Schlacht um Berlin (1945) international bekannt. In der Nacht auf den 9. Mai 1945 nahm er in Berlin-Karlshorst als Vertreter der Sowjetunion die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht entgegen.

Leben

Jugend

Schukow als Unteroffizier, 1916
Marschall Timoschenko und Armeegeneral Schukow bei taktischen Übungen des Kiewer Militärbezirkes 1940
Schukow und Marschall Tschoibalsan, Chalchin-Gol 1939

Als Sohn streng christlich-orthodoxer Eltern in Strelkowka im Gouvernement Kaluga aufgewachsen, besuchte Georgi Schukow eine kirchliche Grundschule. Ab 1908 machte er bei seinem Onkel in Moskau eine Kürschnerlehre und bereitete sich an einer Abendrealschule (Городское училище) auf das Abitur vor, das er 1911 ablegte.

Erster Weltkrieg

1915 wurde er zu einem Dragonerregiment der Kaiserlich Russischen Armee eingezogen, wobei er seinen Schulabschluss verheimlichte. Diesen Schritt begründete er später damit, dass ihm sein Nachbar in Strelkowka, der Offizier war, als abschreckendes Beispiel gedient habe. Für seine Leistungen im Ersten Weltkrieg, in dem er vor allem als Aufklärer tätig war, erhielt er die Georgs-Kreuze 3. und 4. Klasse. Im Jahr 1917 als Sergeant verwundet, erlebte er die erste Phase der Revolution als Rekonvaleszent in seinem Heimatdorf und schloss sich Mitte 1918 den Bolschewiki an.

Eintritt in die Rote Armee

In der Roten Armee begann er als gewöhnlicher Schütze, stieg jedoch bald zum stellvertretenden Kompaniechef auf; 1919 führte er bereits eine Abteilung. 1919 wurde er bei Zarizyn (dem späteren Stalingrad, heute Wolgograd) verwundet.

Im Zuge der Niederschlagung des Bauernaufstands von Tambow wurde ihm am 31. August 1921 seine erste sowjetische Auszeichnung, der Rotbannerorden, verliehen.[1] Im Mai 1929 wurde ihm das Kommando über das 39. (Busuluker) Kavallerieregiment der 7. (Samaraer) Kavalleriedivision übertragen. Nachdem er 1924 die höhere Kavallerieschule in Leningrad besucht hatte, kehrte er zur Truppe zurück und erhielt dort das Kommando über die 2. Brigade der 7. (Samaraer) Kavalleriedivision, die vom späteren Marschall Rokossowski geführt wurde. Später wurde Schukow nach Moskau versetzt, wo er als Gehilfe des Kavallerieinspektors Budjonny, eines Mitglieds des Revolutionären Militärrates der UdSSR, seinen Dienst versah. Im März 1933 erhielt er das Kommando über die 4. Kavalleriedivision, die er zu Höchstleistungen trieb, was ihm den Leninorden und im Juli 1937 das Kommando des 3. Kavalleriekorps einbrachte. Nach sieben Monaten wurde Schukow zum Kommandeur des 6. Kosakenkorps ernannt.

Säuberungen und Krieg gegen Japan

Ab 1937 begannen die stalinistischen Säuberungen innerhalb der Roten Armee, die manchen von Schukow geschätzten Offizieren Dienststellung und Leben kosteten. Ende 1938 trug man Schukow den Posten des Stellvertretenden Befehlshabers des Weißrussischen Wehrkreises an. Am 1. Juni 1939 erhielt er den Auftrag, das Kommando über die sowjetischen Streitkräfte (verstärktes 57. Sonderkorps) und die Mongolische Revolutionäre Volksarmee an der mandschurisch-mongolischen Grenze zu übernehmen und der dort stationierten 6. Armee der Kwantung-Armee, mit der es laufend zu Grenzzwischenfällen am Chalchin-Gol kam, einen entscheidenden Schlag zu versetzen (Schlacht am Chalchin Gol).

Schukow führte den Befehl am 20. August 1939 aus und war so erfolgreich, dass die geschlagenen Japaner unverzüglich bereit waren, die Auseinandersetzung im Sinne Moskaus zu beenden. Schukow wurde mit dem Stern eines „Helden der Sowjetunion“ ausgezeichnet (insgesamt erhielt er diese Ehrung viermal). Bei der Wiedereinführung des Dienstgradsystems im Mai 1940 erhielt er den Rang eines Armeegenerals. Im Juni 1940 ernannte ihn Stalin zum Befehlshaber des Kiewer Besonderen Militärbezirks, des größten Militärbezirks des Landes, der zwei Armeen umfasste. Unmittelbar danach hatte Schukow am 28. Juni den Oberbefehl bei der kampflosen Besetzung der rumänischen Territorien Bessarabien und Nordbukowina, welche die Sowjetunion anschließend annektierte.

"Großer Vaterländischer Krieg"

Hintergrund

Schukow hatte etwa ein halbes Jahr Zeit, sich einzuarbeiten – eine Zeit, in der sich immer deutlicher ein deutscher Aufmarsch gegen die Sowjetunion abzeichnete. Am 29. Dezember 1940 – elf Tage nachdem Adolf Hitler mit der Weisung Nr. 21 die Vorbereitung auf das Unternehmen Barbarossa, den Angriff auf die Sowjetunion, befohlen hatte – unterrichtete der deutsche Diplomat Rudolf von Scheliha den sowjetischen Militärattaché in Berlin, General Wassili Tupikow, über den Inhalt dieser Weisung.[2] Obwohl man im Kreml ein Täuschungsmanöver nicht ausschloss, wurden alle Maßnahmen getroffen, einem solchen Angriff erfolgreich zu begegnen. Vorwürfe, es hätte keine entsprechenden Pläne gegeben, weist Schukow zurück:

„In Wirklichkeit gab es im Generalstab natürlich Operations- und Mobilmachungspläne der Streitkräfte. Sie wurden laufend ausgebaut und ununterbrochen korrigiert, dann unverzüglich der Führung des Landes unterbreitet und nach ihrer Bestätigung sogleich auf die Wehrkreise aufgeteilt.“[3]

Diese Darstellung widerspricht dem aktuellen Forschungsstand, der von schweren Fehlern bei der Vorbereitung auf einen deutschen Angriff bei der Roten Armee ausgeht – obwohl Josef Stalin durch den Agenten Richard Sorge und andere Quellen definitiv von den deutschen Kriegsplanungen Kenntnis hatte.

Nach einer Serie von Kriegsspielen, in denen Schukow erfolgreich die Möglichkeit eines sowjetischen Angriffs auf den deutschen Machtbereich demonstriert hatte, wurde er im Februar 1941 von Stalin zum Chef des Generalstabs und stellvertretenden Verteidigungsminister ernannt. In dieser Position war er für die Ausarbeitung der Pläne zum sowjetischen Aufmarsch an den westlichen Grenzen verantwortlich. Ein von seinem untergebenen General Wassilewski ausgearbeiteter und von Schukow und Verteidigungsminister Timoschenko unterstützter Plan zu einem präventiven Angriff auf erkannte deutsche Truppenmassierungen an den sowjetischen Grenzen wurde offenbar im Mai von Stalin abgelehnt.

Schukow und Timoschenko mussten am Vorabend des Krieges oft mehrfach bei Stalin vorsprechen, um sich von diesem Maßnahmen zur Erhöhung der Gefechtsbereitschaft genehmigen zu lassen. Stalin war zu dieser Zeit überzeugt, die Deutschen keinesfalls provozieren zu dürfen, um diesen keinen Kriegsvorwand zu liefern. Daher schob er selbst geringfügige Entscheidungen immer wieder auf. Stalin selbst rechtfertigte dies später gegenüber Churchill wie folgt:

„Ich rechnete mit einem Monat (...Aufschub...) und hoffte auf sechs.“

Erst in der Nacht zum 22. Juni 1941 um 00:30 Uhr wurde der Befehl zur vollen Gefechtsbereitschaft an die Truppe gegeben.

Kriegsbeginn und Schlacht um Moskau

Schukow im Oktober 1941

Zu Kriegsbeginn befand sich Schukow in Moskau und wurde als Oberbefehlshaber damit beauftragt, die Operationen der Südwestfront und der Südfront zu koordinieren. Dabei kam es im Raum Rowno, Dubno und Luzk zu der bis dahin größten Panzerschlacht der Geschichte. Dabei standen sich etwa 700 Panzer der deutschen Panzergruppe 1 und die ca. 2800 Panzer von fünf Mechanisierten Korps der beiden sowjetischen Fronten gegenüber. Da es auf sowjetischer Seite zu keiner klaren Schwergewichtsbildung kam, verlor Schukow trotz überlegener Kräfte wegen der größeren Kriegserfahrung der deutschen Truppen sowie deren massiver Luftunterstützung die Schlacht. Ende Juli wurde er als Chef des Generalstabs abgesetzt und mit dem Oberbefehl der neugebildeten Reservefront betraut.

Schukows nächster Einsatz war bei Jelnja. Er hatte in diesem Gebiet eine Gegenoffensive vorgeschlagen, als es bei Woronesch zu einer Krise gekommen war, woraufhin es beinahe zum Zerwürfnis mit Stalin gekommen wäre. Laut Dimitri Wolkogonow entgegnete ihm Stalin: „Was reden Sie für Unsinn, unsere Truppen können sich nicht einmal verteidigen“. Die Offensive bei Jelnja wird als erste überhaupt erfolgreiche Offensive seitens der Roten Armee angesehen. Schukow wurde nach längeren Kämpfen im Rahmen der Kesselschlacht bei Smolensk kurz vor der Einschließung und Vernichtung seiner Kräfte abberufen. Im September 1941 kommandierte er die Leningrader Front und organisierte die Verteidigung der Stadt, die zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr deutsches Angriffsziel war. Dabei scheute er sich nicht, Befehle aufzuheben, die von Stalin persönlich autorisiert waren. So waren zum Beispiel die Schiffe der Baltischen Rotbannerflotte zur Selbstversenkung vorbereitet worden, damit sie nicht den Deutschen in die Hände fallen sollten. Schukow hob den Befehl auf mit der Begründung „Wenn diese Schiffe sinken, dann nur im Kampf“.

Am 10. Oktober des Jahres, während der Doppelschlacht bei Wjasma und Brjansk, erhielt er den Befehl über die vereinigte West- und Reservefront, konnte aber nach der bereits erfolgten Einschließung mehrerer Armeen deren neuerliche Niederlage nicht mehr verhindern. In der Folge organisierte er während der Schlacht um Moskau die Verteidigung Moskaus und führte die Westfront in der am 6. Dezember 1941 begonnenen erfolgreichen Gegenoffensive, die Schukows militärische Reputation begründete.

1942

Im Jahr 1942 kommandierte Schukow weiterhin die mit zehn Armeen überaus starke Westfront. Zusätzlich trug er die Verantwortung für die Kalininer Front unter Armeegeneral Konew, der über fünf Armeen verfügte. Schukow griff mit diesen Kräften von Januar bis August im Bereich RschewSytschowka an, konnte trotz schwerer Verluste aber nur unbedeutende Geländegewinne erzielen. In der ersten Septemberhälfte war er zeitweilig Repräsentant der Stawka bei der Stalingrader Front, wo er eine Offensive gegen die deutsche 6. Armee leitete, die letztendlich nicht zu dem erhofften Erfolg führte. Zusammen mit dem Chef des Generalstabs, Generaloberst Alexander Wassilewski, arbeitete er danach den Plan zur Vorbereitung einer großangelegten Umfassungsoperation bei Stalingrad aus, der Operation Uranus. Als am 19. November diese Gegenoffensive der Roten Armee begann, von der man die Einschließung von sieben deutschen Divisionen erwartete, koordinierte allerdings Wassilewski und nicht Schukow diese Operation. Schukow griff zu diesem Zeitpunkt zeitlich etwas nachgestaffelt erneut im Raum Rschew–Sytschowka an (Unternehmen Mars). Während Wassilewskis Angriff jedoch ein voller Erfolg wurde und die Kriegswende einleitete, hatte die Rote Armee zwar im Unternehmen Mars das vom Hauptquartier gestellte Ziel, die Beseitigung des Brückenkopfes Rschew, nicht erreicht, durch ihre Aktionen aber das deutsche Oberkommando gehindert, von diesem Abschnitt beträchtliche Verstärkungen in den Raum Stalingrad abzuziehen. Im Gegenteil: das Hitler-Kommando musste, um das Aufmarschgebiet Rschew-Wjasma zu halten, in diesem Raum zusätzlich vier Panzerdivisionen und eine motorisierte Division einsetzen.

1943

Am 18. Januar 1943 wurde Schukow als erstem sowjetischen General während des Krieges der Rang eines „Marschalls der Sowjetunion“ verliehen. Die beiden bei Stalingrad siegreichen Fronten (Zentralfront und Woronescher Front) stießen im Frühjahr 1943 weit nach Westen vor, erlitten dabei jedoch schwere Verluste und mussten aufgefrischt werden. Der durch einen deutschen Gegenangriff während der Schlacht um Charkow entstandene Frontbogen um Kursk wurde Ziel der deutschen Sommeroffensive. Auch bei dieser letztendlich erfolgreichen Schlacht der Roten Armee, bei der die deutsche Seite endgültig die militärische Initiative an der Ostfront verlor, zählte sich Schukow zu den Entscheidungsträgern. Insbesondere sagte Schukow frühzeitig einen deutschen massiven Angriff auf den Kursker Frontbogen voraus und schlug eine defensive Strategie vor, um nach der Brechung der deutschen Angriffswellen mit bereitgestellten Reserven zur Gegenoffensive überzugehen. Dies wurde mit der Belgorod-Charkower Operation und der Orjoler Operation verwirklicht.

Ab August 1943 koordinierte Schukow das Vorgehen der Woronescher und Steppenfront während der Schlacht am Dnepr und der Rückeroberung Kiews im November. Danach leitete er die Schitomir-Berditschewer Operation.

1944

Nach der Einkesselung einer größeren deutschen Gruppierung bei Korsun und der schweren Verwundung Watutins wurde er mit der Führung von dessen 1. Ukrainischer Front beauftragt. Im Zuge der Proskurow-Czernowitzer Operation erreichten seine Truppen im April die Karpaten. Am 10. April erhielt Schukow als erster Träger dieser Auszeichnung den höchsten sowjetischen Militärorden, den Siegesorden.

Der Sommer 1944 sah mit dem Zusammenbruch der deutschen Heeresgruppe Mitte infolge der Operation Bagration große sowjetische Erfolge. In dieser Operation koordinierte Schukow das Zusammenwirken der 1. und 2. Weißrussischen Front und später auch der 1. Ukrainischen Front während der Lwiw-Sandomierz-Operation. Im August 1944 bekam Schukow einen Sonderauftrag des Staatlichen Verteidigungskomitees. Er flog zum Stab der 3. Ukrainischen Front und diese Front auf einen Krieg mit Bulgarien vorzubereiten.

1945

Schukow unterzeichnet für das Oberkommando der Roten Armee die Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Berlin

Ab November 1944 kommandierte Schukow die 1. Weißrussische Front, die Rokossowski hatte abgeben müssen. Mit ihr und der 1. Ukrainischen Front führte er Anfang 1945 die Weichsel-Oder-Operation durch, während der Warschau eingenommen und die deutsche Heeresgruppe A zerschlagen wurde. Im April und Mai 1945 schlug er mit Unterstützung von Rokossowskis 2. Weißrussischer Front und Konews 1. Ukrainischer Front die Schlacht um Berlin, das er unter schweren Verlusten (vor allem an Panzern) einnahm. In der Nacht zum 9. Mai unterzeichnete Schukow für die sowjetische Seite die Urkunde über die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht.

Am 24. Juni 1945 nahm er in Moskau als Vertreter Stalins, auf einem Achal-Tekkiner-Schimmel sitzend, die Siegesparade ab.

Nachkriegszeit

Datei:Bundesarchiv Bild 183-14059-0018, Berlin, Oberbefehlshaber der vier Verbündeten.jpg
Die Oberbefehlshaber der vier Verbündeten am 5. Juni 1945 in Berlin: Bernard Montgomery, Dwight D. Eisenhower, Georgi Schukow und Jean de Lattre de Tassigny.
Präsident Pieck empfing die Sowjetische Regierungsdelegation.

Vom 9. Juni 1945 bis 12. März 1946 vertrat Schukow als Oberbefehlshaber der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland und Oberster Chef der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) die Sowjetunion im Alliierten Kontrollrat und trug damit die Gesamtverantwortung für die sowjetische Besatzungspolitik in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ).[4] Später wurde er stellvertretender Verteidigungsminister und bekleidete den neueingerichteten Posten des Oberbefehlshabers der Landstreitkräfte. Weil Schukow seinen Ruhm ungeniert genoss, öffentlich Huldigungen entgegennahm, ohne Stalin dabei zu erwähnen, wurde dieser misstrauisch und ließ 1946 sieben Eisenbahnwaggons mit Möbeln beschlagnahmen, die Schukow als persönliche Beute aus Deutschland in die Sowjetunion überführen wollte, und degradierte ihn am 3. Juni 1946 zum Kommandeur des Militärbezirks Odessa. Als sich erwies, dass Schukows Popularität dadurch keinen wesentlichen Schaden erlitt, befahl Stalin 1948 dem Minister für Staatssicherheit Abakumow, Schukows Moskauer Wohnung und sein Landhaus konspirativ durchsuchen zu lassen. Dort fanden die Tschekisten „nicht ein einziges Produkt sowjetischer Herkunft“, sondern große Mengen im besetzten Deutschland geraubter Gegenstände, darunter goldene Uhren, wertvolle Teppiche, Möbel und Gemälde.[5] Als eine Durchsuchung in Odessa das gleiche Ergebnis hatte, musste Schukow sein gesamtes Diebesgut abgeben, wurde seiner Funktionen entbunden und in den Militärbezirk Ural versetzt. Nach Stalins Tod wurde Schukow zurückbeordert und erneut stellvertretender Verteidigungsminister und Chef der Landstreitkräfte.

In den Machtkampf zwischen Chruschtschow und Beria griff Schukow zugunsten Chruschtschows ein. Nach seinen Angaben[6] war er es, der Beria im Verlauf einer Sitzung im Kreml festnahm. Statt Beria wurde Schukow ins Zentralkomitee der KPdSU berufen. Von Juni bis Oktober 1957 war er Mitglied des Präsidiums des ZK der KPdSU, am 9. Februar 1955 wurde er Verteidigungsminister. In dieser Funktion war er für das völkerrechtswidrige Eingreifen sowjetischer Truppen in den Ungarischen Volksaufstand 1956 militärisch verantwortlich, sprach sich allerdings zunächst dagegen aus, als schwere Kämpfe drohten. Als jedoch Imre Nagy von einem Austritt aus dem Warschauer Pakt zu sprechen begann, stimmte er der Intervention zu.

Als Chruschtschow zum Abschluss des XX. Parteitages der KPdSU in seiner Geheimrede mit dem Stalinismus und dessen Verbrechen abrechnete, stieß dieses Vorgehen auf erhebliche Kritik hoher Funktionäre der KPdSU, die im Jahr darauf unter Führung von Molotow für die Absetzung von Chruschtschow plädierten. Letzterer wandte sich erneut um Hilfe an Schukow, der bei einer entscheidenden Sitzung im Zentralkomitee der Partei im Juni 1957 das Blatt wendete, indem er mit dem Eingreifen der Armee zugunsten Chruschtschows drohte. Als Chruschtschow etwas später begann, Armee und Flotte aus Kostengründen zu verkleinern und dafür die strategischen Nuklearstreitkräfte als eigentliches Abschreckungsmittel zu etablieren, leistete Schukow Widerstand. In der Gewissheit seiner Macht brüskierte er den Parteichef mehrmals. Als sich Chruschtschow in seiner Autorität ernsthaft bedroht sah, nutzte er eine Jugoslawien-Reise Schukows und entfernte ihn am 26. Oktober 1957 aus seinem Ministeramt und dem Präsidium des ZK der KPdSU und versetzte ihn ein Jahr später in den Ruhestand.

Marschall Schukow war verheiratet und hatte vier Töchter, die in Moskau leben. Schukow starb am 18. Juni 1974 in Moskau im Alter von 77 Jahren. Seine Urne wurde an der Kremlmauer in Moskau beigesetzt.

Auszeichnungen

Russische Auszeichnungen

Sowjetische Auszeichnungen

Orden Held der Sowjetunion
  • Viermal Medaille "Goldener Stern" zum Ehrentitel Held der Sowjetunion (29. August 1939, 29. Juli 1944, 1. Juni 1945, 1. Dezember 1956)
  • 6 Leninorden (16. August 1936, 29. August 1939, 21. Februar 1945, 1. Dezember 1956, 1. Dezember 1966, 1. Dezember 1971)
  • 2 Siegesorden Erstauszeichnung und nochmals als fünfte Person (Nr. 1 am 10. April 1944, Nr. 5 am 30. März 1945)
  • 3 Rotbannerorden (31. August 1921, 3. November 1944, 20. Juni 1949)
  • 2 Suworoworden 1. Klasse, Erstauszeichnung (Nr. 1 am 28. Januar 1943, Nr. 39 am 28. Juli 1943)
  • Orden der Oktoberrevolution (22. Februar 1968)
  • Die Ehrenwaffe—persönlicher Säbel mit goldener Abbildung des Staatswappen der Sowjetunion (22. Februar 1968)
  • Die Medaille „Zum 100-sten Geburtstag von Wladimir Iljitsch Lenin“
  • Die Medaille „20 Jahre Rote Arbeiter- und Bauernarmee“
  • Die Medaille „Für die Verteidigung Moskaus“
  • Die Medaille „Für die Verteidigung Leningrads“
  • Die Medaille „Für die Verteidigung Stalingrads“
  • Die Medaille „Für die Verteidigung des Kaukasus“
  • Die Medaille „Für den Sieg über das Deutschland im Großen Vaterländischen Krieg im Jahren 1941–1945“
  • Die Medaille „Für den Sieg über Japan“
  • Die Medaille „Für die Einnahme Berlins“
  • Die Medaille „Für die Befreiung Warschaus“
  • Die Medaille „20. Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg 1941–1945“
  • Die Medaille „800 Jahre Moskau“
  • Die Medaille „250 Jahre Leningrad“
  • Die Medaille „30 Jahre Sowjetische Armee und Flotte“
  • Die Medaille „40 Jahre Streitkräfte der UdSSR“
  • Die Medaille „50 Jahre Streitkräfte der UdSSR“

Ausländische Auszeichnungen

12. Juli 1945 Feldmarschall Montgomery zeichnete Marschall Schukow mit dem Bathorden erster Klasse aus

(Held der Mongolischen Volksrepublik, 18 Orden, 10 Medaillen und Ehrentitel "Der italienische Partisan")

Gesellschaftliche Rezeption Schukows

Verehrung

Georgi Schukow auf einer sowjetischen Briefmarke
Ehrenmal für Marschall Schukow in Schukow in der Oblast Kaluga
Russischer Präsident Dmitri Medwedew bei Kranzniederlegung am Monument von Marschall Schukow in Ulan Bator, während des Staatsbesuches in der Mongolei in August 2009.
Russischer Präsident Dmitri Medwedew und Mongolischer Präsident Tsakhiagiin Elbegdorj beim Besuch des Monumentes von Marschall Schukow in Ulan Bator, in der Nähe des Schukow-Museums in der Schukow -Straße im Andenken an die Schlacht am Chalchin Gol.

Schukow wurde in der Sowjetunion als einer der erfolgreichsten Feldherren des Zweiten Weltkrieges betrachtet und dementsprechend verehrt. Schukows Memoiren, die 1969 erschienen, wurden bislang 12-mal neu aufgelegt, zuletzt zum sechzigsten Jubiläum der Schlacht um Moskau 2002. 1980 wurde der Asteroid (2132) Zhukov nach ihm benannt.[7] In den 1990er Jahren ließ ihm Boris Jelzin nicht nur im Stadtzentrum Moskaus vor dem historischen Museum ein Reiterstandbild errichten, er stiftete ihm zu Ehren im Jahre 1994 überdies den einklassigen militärischen Georgi-Schukow-Orden.

Kontroversen

In seiner Erzählung „Ein Heldenleben“ stellt Alexander Solschenizyn den Aufstieg von Georgi Schukow in der Sowjetunion dar. Ein Schlüsselerlebnis verortet Solschenizyn in der Niederschlagung des Bauernaufstands von Tambow, an dem Schukow 1920/21 als Unteroffizier teilnahm. Dort habe sich Schukow rücksichtsloses Vorgehen als Schlüsselqualität angeeignet. Solschenizyn zeichnet Schukow als an seinem Lebensende resignierten Mann, der von der KPdSU gegängelt wird und sich fragt, ob er nicht selbst den Griff nach der Macht hätte wagen können.

Schukow wird von zahlreichen Historikern des sinnlosen „Verheizens“ eigener Truppen beschuldigt. Schukow äußerte unverhohlen, dass ihm Verluste gleichgültig waren: „Wenn wir auf ein Minenfeld stoßen, greifen unsere Soldaten so an, als ob es gar nicht da wäre.“[8] Bei der Weichsel-Oder-Operation und beim Vorrücken auf Berlin geschah dies angeblich zur Umsetzung von Stalins Vorgabe, als erster Alliierter in der Reichshauptstadt einzuziehen.

1954 befehligte Schukow einen Kernwaffentest nordwestlich von Orenburg. Er selbst beobachtete die Explosion aus einem unterirdischen Bunker, während 5.000 Soldaten ein Übungsgefecht durchführen mussten und 40.000 Soldaten rund 8 Kilometer vom Epizentrum stationiert waren. Die Anzahl dabei getöteter, verletzter oder in ihrer Gesundheit geschädigter Soldaten ist bis heute nicht bekannt.

Historische Bedeutung aus Autorensicht

Der Vorsitzende des sowjetischen Schriftstellerverbandes, der Roman- und Sachbuchautor Wladimir Karpow erblickte 2005 in seinem nur in der Sowjetunion erschienenen Werk Маршал Жуков, его соратники и противники в годы войны и мира (Marschall Schukow, Mitstreiter und Gegner in Kriegs- und Friedenszeiten) die historische Bedeutung von Marschall Schukow darin, dass dieser ähnlich wie Feldmarschall Michail Illarionowitsch Kutusow in Russland eine große Invasionsarmee in ihrem Einmarsch in die Sowjetunion stoppte, vertrieb und schlug.

Werke

  • Erinnerungen und Gedanken (Воспоминания и размышления, 1969/1992/2002)
  • Vospominanija komandujustschego frontom, in: Bitwa sa Moskwu (Moskau 1966)

Zitate

„Ich glaube, ich gehe nicht fehl, wenn ich sage, dass G. K. Schukow im Großen Vaterländischen Krieg unter den Heerführern der größte gewesen ist.“

Alexander Wassilewski: Sache des ganzen Lebens. Berlin 1988

„Schukow gilt als der größte militärische Befehlshaber des zwanzigsten Jahrhunderts.“

David Chandler, Leiter der Abteilung für Kriegsstudien der Königlichen Militärakademie Sandhurst, Die großen Feldherren: Georgi Schukow und die Schlacht von Berlin

„Wo du Schukow findest, findest du den Sieg.“

Major Vladimir Lukin, Militärhistorisches Institut Moskau, Die großen Feldherren: Georgi Schukow und die Schlacht von Berlin

„[…] Aber Marschall Schukow liebte es eben nicht, für die Fehler seiner Untergebenen mitverantwortlich gemacht zu werden.“

Wassili Tschuikow: Das Ende des Dritten Reiches. München 1966

„Sein (G. K. Schukow) Dienst am Vaterland funkelt als Juwel in der Krone des grössten Sieges des Sowjetvolkes.“

Andrei Gromyko: Erinnerungen (Internationale Ausgabe)

„Der Krieg in Europa endete mit dem Sieg und niemand konnte besser als Marschall Schukow siegen.“

Dwight D. Eisenhower: (1948) Crusade in Europe, New York

Trivia

Nachdem Schukow durch Eisenhower Ende der 1940er Jahre Coca-Cola kennenlernte, stieß er die Produktion von Weißer Cola, die wie Wodka aussah, an, da er nicht mit dem Symbol des amerikanischen Imperialismus gesehen werden wollte.

Literatur

Film

  • Juri Oserow Befreiung 1969–72
  • Juri Oserow Die Schlacht um Moskau 1983–85
  • Juri Oserow Der Große Heerführer Georgi Schukow 1995
  • Die großen Feldherren – Georgi Schukow und die Schlacht von Berlin / Seventh Art Productions, Brighton, England
  • THE GREAT COMMANDERS Part Six: Georgi Zhukov Brian Cox
  • Wolfgang Schoen, Holger Hillesheim, Susanne Stenner, Günter Moritz, Ingeborg Jacobs: Vier Kriegsherren gegen Hitler – Georgi K. Shukow: Verurteilt zum Sieg. tvschoenfilm, D 2001[9]

Denkmäler

Weblinks

Commons: Georgi Konstantinowitsch Schukow – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Albert Axell : Marshall Zhukov – The Man who beat Hitler, London, 2003 S. 41.
  2. Gabriel Gorodetsky: Die Große Täuschung. Siedler: Berlin 2001, S. 170-1; David E. Murphy, What Stalin Knew. The Enigma of Barbarossa. Yale University Press: New Haven, London 2005, S. 264.
  3. Schukow. Erinnerungen. S. 209.
  4. Biographische Lexika Bundesstiftung Aufarbeitung, zuletzt eingesehen am 18. Oktober 2016
  5. Das Zitat aus dem Bericht der Tschekisten bei Jörg Baberowski: Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt, Verlag C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63254-9, S. 478, mit Nachweis. Dort auch das Folgende.
  6. Schukow: „Eine riskante Operation“, in: Vladimir F. Nekrassow (Hg.) Beria. Henker in Stalins Diensten. Dieser Band enthält allerdings auch eine andere Darstellung der Festnahme durch Kirill Moskalenko.
  7. Minor Planet Circ. 5283
  8. Boris Schumatsky: Die kleinen Diebe des grossen Sieges. In: Neue Zürcher Zeitung, 9. Mai 2014, S. 45.
  9. tvschoenfilm.com – Vier Kriegsherren gegen Hitler