Gerichtsbezirk Reichenberg

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Ehemaliger Gerichtsbezirk
Reichenberg
(tschechisch: soudní okres Liberec)
Basisdaten
Kronland Böhmen
Bezirke
Sitz des Gerichts Reichenberg (Liberec)
Vorlage:Infobox Gerichtsbezirk/Wartung/Keine Kennziffer
zuständiges Landesgericht  Reichenberg
Fläche 172,32 km2
(1910)
Einwohner 100.157
Aufgelöst 1919
Abgetreten an Tschechoslowakei


Der Gerichtsbezirk Reichenberg (tschechisch: soudní okres Liberec) war ein dem Bezirksgericht Reichenberg unterstehender Gerichtsbezirk im Kronland Böhmen. Er umfasste Gebiete im Norden Böhmens im Okres Liberec. Zentrum des Gerichtsbezirks war die Stadt Reichenberg (Liberec). Das Gebiet gehörte seit 1918 zur neu gegründeten Tschechoslowakei und ist seit 1993 Teil der Tschechischen Republik.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ursprüngliche Patrimonialgerichtsbarkeit wurde im Kaisertum Österreich nach den Revolutionsjahren 1848/49 aufgehoben. An ihre Stelle traten die Bezirks-, Landes- und Oberlandesgerichte, die nach den Grundzügen des Justizministers geplant und deren Schaffung am 6. Juli 1849 von Kaiser Franz Joseph I. genehmigt wurde.[1] Der Gerichtsbezirk Reichenberg gehörte zunächst zum Bunzlauer Kreis und umfasste 1854 die 27 Katastralgemeinden Althabendorf, Altharzdorf, Altpaulsdorf, Berzdorf, Dörfel, Eichicht, Friedrichswald, Heinersdorf, Jaberlich, Jermanic, Katharinberg, Kunnersdorf, Langenbruck, Lubokey, Maffersdorf bei Reichenberg, Maffersdorf (Böhmisch Aicha), Münkendorf, Oberhanichen, Ratschendorf, Reichenberg, Rosenthal I, Rosenthal II, Röchlitz, Ruppersdorf, Schimsdorf, Schönborn und Voigtsbach.[2]

Der Gerichtsbezirk Reichenberg bildete im Zuge der Trennung der politischen von der judikativen Verwaltung[3] ab 1868 gemeinsam mit dem Gerichtsbezirk Kratzau (Chrastava) den Bezirk Reichenberg.[4]

Im Gerichtsbezirk Reichenberg lebten 1869 62.840 Menschen,[5] 1900 waren es 90.440 Personen.[6]

Der Gerichtsbezirk Reichenberg wies 1910 eine Bevölkerung von 100.157 Personen auf, von denen 90.834 Deutsch (90,7 %) und 7.230 Tschechisch (7,2 %)[7] als Umgangssprache angaben. Im Gerichtsbezirk lebten zudem 2.093 Anderssprachige oder Staatsfremde.[8]

Durch die Grenzbestimmungen des am 10. September 1919 abgeschlossenen Vertrages von Saint-Germain kam der Gerichtsbezirk Reichenberg vollständig zur neugegründeten Tschechoslowakei, wobei die Gerichtseinteilung bis 1938 im Wesentlichen bestehen blieb. Nach dem Münchner Abkommen wurde das Gebiet Teil dem Landkreis Reichenberg bzw. dem Sudetenland zugeschlagen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet Teil des Okres Liberec, zu dem es bis heute gehört. Nachdem die Bezirksbehörden im Zuge einer Verwaltungsreform 2003 ihre Verwaltungskompetenzen verloren, werden diese von den Gemeinden bzw. dem Liberecký kraj wahrgenommen, zudem das Gebiet um Liberec seit Beginn des 21. Jahrhunderts mit anderen Bezirken zusammengefasst wurde.

Gerichtssprengel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gerichtssprengel umfasste 1910 die 37 Gemeinden Althabendorf (Starý Habendorf), Altharzdorf (Starý Harzdorf), Altpaulsdorf (Starý Paulsdorf), Berzdorf (Suchá), Dörfel (Vesec), Eichicht (Doubí), Franzendorf (Františkov), Friedrichswald (Bedřichov), Gränzendorf (Hraničná), Heinersdorf (Jindřichovice), Hermannsthal (Jeřmanice), Jaberlich (Javorník), Johannesthal (Janův Důl), Karolinsfeld (Karlinky), Katharinberg (Kateřinky), Kunnersdorf (Kunratice), Langenbruck (Dlouhý Most), Liebenau (Hodkovice), Lubokey (Hluboká), Maffersdorf (Vratislavice), Münkendorf (Minkovice), Neupaulsdorf (Nové Pavlovice), Niederhanichen (Dolní Hanichen), Oberhanichen (Horní Hanychov), Oberrosenthal (Horní Růžodol), Pelkowitz (Pelíkovice), Ratschendorf (Radčice), Reichenberg (Liberec), Röchlitz (Rochlice), Rosenthal I (Růžodol I), Rudolfsthal (Rudolfov), Ruppersdorf (Ruprechtice), Saskal (Záskalí), Schimsdorf (Šimonovice), Schönborn (Krásná Studánka), Schwarau (Svárov) und Voigtsbach (Fojtka).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Landes-Gesetz- und Regierungs-Blatt für das Kronland Böhmen (Dritte Abtheilung des Ergänzungs-Bandes) 1849, Nr. 110: „Organisirung der Gerichte in dem Kronlande Böhmen.“
  2. Landes-Regierungs-Blatt für das Königreich Böhmen 1854, I. Abtheilung, XLVII. Stück, Nr. 277: „Verordnung der Ministerien des Inneren, der Justiz und der Finanzen vom 9. Oktober 1854, betreffen die politische und gerichtliche Organisirung des Königreichs Böhmen“.
  3. Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XVII. Stück, Nr. 44. „Gesetz vom 19. Mai 1868 über die Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden in den Königreichen ...“.
  4. Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XLI. Stück, Nr. 101: Verordnung vom 10. Juli 1868, die Durchführung des Gesetzes vom 19. Mai 1868 (Reichs-Gesetz-Blatt Nr. 44) in Böhmen, Dalmatien, Oesterreich unter und ob der Enns, Steiermark, Kärnthen, Bukowina, Mähren, Schlesien, Tirol und Vorarlberg, Istrien, Görz und Gradiska betreffend.
  5. Böhmische k. k. Statthalterei (Hrsg.): Orts-Repertorium des Königreiches Böhmen. Mit Benützung der von der k .k. statistischen Central-Commission zusammengestellten Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1869 herausgegeben. Prag 1872, S. 5, 11.
  6. C.k. místodržitelství (Hrsg.): Seznam míst v Království českém. K rozkazu c. k. místodržitelství na základě úřadních udání sestaven. Prag 1907, S. 2, 271.
  7. In der Volkszählung wurden Personen mit böhmischer, mährischer und slowakischer Umgangssprache zusammengefasst.
  8. k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Spezialortsrepertorium von Böhmen. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Wien 1915, S. 363.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Spezialortsrepertorium von Böhmen. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Wien 1915 (Spezialortsrepertorien der österreichischen Länder)