Gerlinde Stobrawa

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Gerlinde Stobrawa, geborene Kautz, (* 23. Januar 1949 in Altkünkendorf, Landkreis Angermünde) ist eine deutsche Politikerin (Die Linke). Sie war von 1990 bis 2012 Mitglied des Landtages Brandenburg und von 2005 bis 2009 dessen Vizepräsidentin. Sie war inoffizielle Mitarbeiterin der DDR-Staatssicherheit.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stobrawa studierte von 1965 bis 1968 am Institut für Lehrerbildung in Neuzelle Pädagogik und arbeitete von 1968 bis 1974 als Unterstufenlehrerin und stellvertretende Direktorin. Zwischen 1974 und 1984 war sie Mitarbeiterin und später Bezirksvorsitzende der Pionierorganisation Ernst Thälmann. Von 1984 bis 1989 war sie Mitarbeiterin beim Rat des Bezirkes Frankfurt (Oder), dabei 1985 bis 1986 und 1987 bis 1989 Mitglied des Rates für Jugendfragen, Körperkultur und Sport. Zwischen 1986 und 1987 absolvierte sie ein Studium an der Parteihochschule Karl Marx in Berlin, wo sie das Diplom als Gesellschaftswissenschaftlerin erlangte. Von 1986 bis 1990 war sie Abgeordnete des Bezirkstages Frankfurt (Oder).[1] Von Dezember 1989 bis 1990 war sie 1. Stellvertreterin des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes.

Stobrawa ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stobrawa trat nach widersprüchlicher Eigenangabe 1968[2] oder 1970[3] der SED bei und blieb auch nach der Transformation[4] zur PDS und der Fusion zur Partei „Die Linke“ Mitglied. Sie war von 1999 bis 2003 Mitglied des Kreistages Oder-Spree und von 2003 bis 2013 ehrenamtliche Bürgermeisterin von Bad Saarow.

Seit den ersten Landtagswahlen Oktober 1990 war sie Mitglied des Brandenburger Landtages. Dort war sie 1991/1992 Mitglied des Ersten und des Zweiten Brandenburger Verfassungsausschusses und von 1999 bis 2004 Vorsitzende des Ausschusses für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik. 2004 bis 2009 war sie stellvertretende Vorsitzende dieses Ausschusses. Von 2005 bis 2009 war sie Vizepräsidentin des Landtages. Stobrawa war zuletzt Europapolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.

Am 10. Dezember 2012 legte Stobrawa ihr Mandat als Abgeordnete nieder.[5]

Inoffizielle Mitarbeiterin der DDR-Staatssicherheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit November 1991 ist bekannt, dass Stobrawa seit September 1987 als IM Marisa für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätig war. Die entsprechende Karteikarte wurde bei der Überprüfung des Landtages auf Stasi-Mitarbeit gefunden. Dort wurde sie zur Bespitzelung eines Mitarbeiters beim Rat des Bezirkes Frankfurt (Oder) eingesetzt. Ab März 1988 unterstand sie der Abteilung XX (Kultur, Kirche, Untergrund) des MfS. Seit Januar 1989 wurde sie sogar als Inoffizieller Mitarbeiter im besonderen Einsatz (IME) geführt.[6] 1991 hatte die sogenannte Ehrenkommission Stobrawa als Grenzfall eingestuft, allerdings stand zu diesem Zeitpunkt nur ein Teil der bisher aufgefundenen Akten zur Verfügung. Nach wie vor fehlt eine unterschriebene Verpflichtungserklärung.[6] Stobrawa bestreitet die Vorwürfe, gab jedoch zugleich an, sie nicht ausräumen zu können. In der Folge ließ sie ihr Amt als Landtagsvizepräsidentin zunächst ab dem 27. November 2009 ruhen[7] und trat am 30. November 2009 von diesem Posten zurück, ohne jedoch ihr Landtagsmandat niederzulegen[8].

Stobrawa begründet ihre damalige Zusammenarbeit mit dem MfS damit, dass sie im Rat des Bezirkes für den Jugendaustausch mit Polen sowie für Ferienaufenthalte von Kindern aus Israel, Syrien, von der PLO sowie aus der Bundesrepublik zuständig war. Sicherheitsrelevante Fragen mussten in diesem Zusammenhang mit dem MfS abgestimmt werden.[9] Am 17. Dezember 2009 hat Stobrawa alle ihr von der BStU übergebenen Dokumente auf ihrer Website veröffentlicht.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Präsident des Landtages Brandenburg (Hg.): Landtag Brandenburg: Namen – Daten – Fakten. 3. Wahlperiode 1999 – 2004. 5. Auflage. Potsdam 2004, hier: S. 33.
  • Präsident des Landtages Brandenburg (Hg.): Landtag Brandenburg: Namen – Daten – Fakten. 4. Wahlperiode 2004 – 2009. 3. Auflage. Potsdam 2007, hier: S. 99.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kandidatenliste in der Bezirkszeitung Neuer Tag, 13. Mai 1986, S. 4.
  2. Präsident des Landtages Brandenburg (Hrsg.): Landtag Brandenburg: Namen – Daten – Fakten, 5. Wahlperiode 2009–2014, 4., überarbeitete und ergänzte Auflage, Stand März 2013, S. 104
  3. Holzapfel, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Landtag Brandenburg: 1. Wahlperiode 1990–1994 (Volkshandbuch), 3., durchgesehene Auflage, Stand Dezember 1993, Neue Darmstädter Verlagsanstalt, Rheinbreitbach 1993, ISBN 3-87576-323-8, S. 77
  4. Andersen, Uwe/Wichard Woyke (Hg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 5., aktualisierte Auflage, Opladen 2003. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2003, dort online verfügbar und abgerufen am 4. April 2012
  5. Gerlinde Stobrawa hat ihr Abgeordnetenmandat niedergelegt. Archiviert vom Original; abgerufen am 7. Juni 2023 (Pressemitteilung beim Landtag Brandenburg).
  6. a b Uwe Müller, Gudrun Mallwitz: IM "Marisa" – Rückzug auf Raten. In: Berliner Morgenpost. 27. November 2009, abgerufen am 7. Juni 2023.
  7. Vgl. Stobrawa lässt Amt als Landtagsvizepräsidentin in Brandenburg ruhen@1@2Vorlage:Toter Link/www.news-adhoc.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven).
  8. Stobrawa tritt als Landtags-Vize zurück@1@2Vorlage:Toter Link/www.rbb-online.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven).
  9. Gerlinde Stobrawa: Erklärung. (PDF; 76 kB) Archiviert vom Original; abgerufen am 7. Juni 2023.