Gesetz über die Sterbehilfe (Belgien)

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Basisdaten
Titel: Gesetz über die Sterbehilfe
Art: Föderales Gesetz (Belgien)
Geltungsbereich: Königreich Belgien
Rechtsmaterie: Strafrecht, Medizinrecht
Erlassen am: 28. Mai 2002
(B.S. vom 22. Juni 2002, S. 28515; deutsch: B.S. vom 12. Juni 2003, S. 31821[1])
Inkrafttreten am: 23. September 2002
Letzte Änderung durch: Gesetz vom 28. Februar 2014
(B.S. vom 12. März 2014, S. 21053)[2]
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
22. März 2014
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Gesetz über die Sterbehilfe (niederländisch Wet betreffende de euthanasie; französisch Loi relative à l’euthanasie) ist ein 2002 in Kraft getretenes Gesetz des Königreichs Belgien, das die aktive Sterbehilfe zulässt.

Gesetzesinhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Bestimmungen des Gesetzes ist die Sterbehilfe unter drei Bedingungen erlaubt:

  • Der Patient muss volljährig (oder ein für mündig erklärter Minderjähriger) und zum Zeitpunkt der Bitte um Sterbehilfe handlungsfähig und bei Bewusstsein sein.
  • Die Bitte um Sterbehilfe muss freiwillig, überlegt und wiederholt formuliert worden und darf nicht durch Druck von außen zustande gekommen sein.
  • Der Patient muss sich in einer medizinisch aussichtslosen Lage befinden und sich auf eine anhaltende, unerträgliche körperliche oder psychische Qual berufen, die nicht gelindert werden kann und die Folge eines schlimmen und unheilbaren unfall- oder krankheitsbedingten Leidens ist.

Der Arzt, der die Sterbehilfe ausführt, muss dies freiwillig tun, niemand kann dazu gezwungen werden.

Das Vorgehen des Arztes ist gesetzlich streng vorgegeben. Es werden Beratungen über den Zustand des Patienten und die Möglichkeiten der Palliativmedizin als gesetzlich vorgeschriebene Bedingungen gefordert. Die Konsultation eines zweiten unabhängigen Arztes und die Einhaltung einer mindestens einmonatigen Wartezeit zwischen der schriftlichen Anfrage des Patienten und der Leistung der Sterbehilfe sind vorgeschrieben.

Ein Arzt, der Sterbehilfe durchgeführt hat, muss danach der Föderalen Kontroll- und Bewertungskommission einen Bericht vorlegen. Die Kommission, die sich aus acht Doktoren der Medizin, davon vier Professoren an einer belgischen Universität, vier Juristen und vier Personen „aus Kreisen, die mit der Problematik unheilbar erkrankter Patienten befasst sind“, zusammensetzt, hat die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu prüfen.

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gesetz, das sich am niederländischen Sterbehilfegesetz orientiert, wurde nach einer zweijährigen Debatte, die zu einer Entkriminalisierung der aktiven Sterbehilfe führte, am 28. Mai 2002 verabschiedet. Es wurde am 22. Juni 2002 im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht und trat am 23. September 2002 in Kraft.

Am 10. November 2005 wurde ein ergänzendes Gesetz erlassen, das Bestimmungen in Bezug auf die Rolle des Apothekers und den Gebrauch und die Verfügbarkeit todbringender Substanzen enthält. Diese stellen klar, dass ein Apotheker, der eine todbringende Substanz auf der Grundlage einer Verschreibung infolge des Sterbehilfegesetzes abgibt, keine Straftat begeht. Der Apotheker muss die Substanz dem Arzt persönlich aushändigen.

Am 13. Dezember 2013 beschloss der belgische Senat eine Ausweitung des Gesetzes auf Minderjährige.[1] Die seit 2002 gültigen Regelungen sollen für Minderjährige verschärft werden, so soll eine aktive Sterbehilfe nur bei unerträglichen und nicht zu lindernden körperlichen Schmerzen, nicht aber bei psychischen Leiden zulässig sein. Neben dem erklärten Willen der Minderjährigen sei eine schriftliche Zustimmung der Eltern genauso notwendig wie ärztliche und jugend­psychiatrische Gutachten. Die aktive Sterbehilfe für Kinder und Jugendliche wurde in Belgien intensiv diskutiert, vor allem die großen Religionsgemeinschaften sprachen sich gegen die Ausweitung des Gesetzes aus.[2] Die belgische Abgeordnetenkammer stimmte dem Gesetz am 13. Februar 2014 zu[3] und es wurde am 28. Februar 2014 vom König ausgefertigt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Belgien: Gesetz über die Sterbehilfe (2002). In: Jörn Lorenz: Sterbehilfe – Ein Gesetzentwurf. Baden-Baden 2008, ISBN 978-3-8329-3822-2 u. Zürich/St. Gallen 2008, ISBN 978-3-03751-115-2, S. 271–288
  • Königlicher Erlass vom 10. Februar 2003 – offizielle deutsche Übersetzung des Gesetzes vom 28. Mai 2002 über die Sterbehilfe. In: Belgisches Staatsblatt, 2. Ausg. vom 12. Juni 2003, S. 31821
  • Königlicher Erlass vom 27. Januar 2006 – offizielle deutsche Übersetzung des Gesetzes vom 10. November 2005 zur Ergänzung des Gesetzes vom 28. Mai 2002 über die Sterbehilfe. In: Belgisches Staatsblatt vom 12. April 2006, S. 20192
  • Wet betreffende de euthanasie/Loi relative à` l’euthanasie. In: Belgisches Staatsblatt vom 22. Juni 2002, S. 28515
  • Loi complétant la loi du 28 mai 2002 relative à l’euthanasie par des dispositions concernant le rôle du pharmacien et l’utilisation et la disponibilité des substances euthanasiantes. In: Belgisches Staatsblatt vom 13. Dezember 2005, S. 53613
  • Erratum. In: Belgisches Staatsblatt vom 25. September 2006, S. 49892
  • Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes vom 28. Mai 2002 über die Sterbehilfe im Hinblick auf die Ausweitung auf Minderjährige. Dokument der belgischen Abgeordnetenkammer 53K3245001 (frz./ndl. – angenommener Text)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Michael Stabenow: Belgien erlaubt Sterbehilfe für Kinder. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 13. Dezember 2013 (online).
  2. Belgien will Sterbehilfe für Kinder erlauben. In: Zeit Online. 27. November 2013, abgerufen am 23. Oktober 2019.
  3. Belgien erlaubt Sterbehilfe auch für Kinder. In: FAZ.net (Frankfurter Allgemeine Zeitung). 14. Februar 2014, abgerufen am 23. Oktober 2019.