Pornofilm

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Darsteller und Team beim Dreh eines Pornofilms

Ein Pornofilm (oder pornografischer Film) ist die audiovisuelle Realisation der Pornografie im Medium Film. Pornografie wird oft definiert als unmittelbare und deutliche Darstellung menschlicher Sexualität und primärer Geschlechtsmerkmale, die die sexuelle Stimulierung des Konsumenten zum Ziel hat.

In der kunst- und filmwissenschaftlichen Auseinandersetzung ist dieser Definitionsversuch umstritten, wenngleich beispielsweise die Rechtswissenschaft unbedingt auf diese Definition angewiesen zu sein scheint. Die Abgrenzung zu Genrebegriffen wie Erotikfilm, der auch als Softporno bezeichnet wird, oder dem Sexfilm läuft ebenfalls über das Kriterium der Unmittelbarkeit und Deutlichkeit. Trotz allem sind die Genreübergänge fließend und nicht trennscharf zu ziehen.

Pornografische Filme sind in der Bundesrepublik Deutschland seit 1975 nicht mehr grundsätzlich strafrechtlich verboten. Sie unterliegen jedoch bestimmten jugendschutzrechtlichen Bestimmungen, die zum Beispiel die Bewerbung und den Verkauf reglementieren. Nach der derzeitigen Rechtslage schreibt der § 15 (2) JuSchG vor, dass pornografische Filme genau so wie indizierte Filme zu behandeln sind. Strafrechtlich verboten ist dagegen die so genannte harte Pornografie, also Gewaltpornografie, Tierpornografie, Kinderpornografie und (seit 2008) Jugendpornografie.

Geschichte

Erotische Filme

Zeitungsinserat eines Wanderkinos mit Hinweis auf „Herren-Vorstellung mit pikantem Programm“, 1903
Bilder aus einem Stummfilm aus dem Jahr 1906

Der älteste erhaltene Erotikfilm – Inhalt ist eine Entkleidungsszene – stammt von Eugène Pirou und Albert Kirchner, der für Pirou unter dem Künstlernamen „Léar“ Regie führte. Der Film Le Coucher de la Mariée von 1896 zeigte Mlle. Louise Willy beim Striptease.[1][2]

Die erste voyeuristische Szene dürfte allerdings bereits im Trickfilm autour d'une cabine (1893/1894) von Émile Reynaud zu sehen sein.[3] Georges Méliès Film Après le bal zeigt als ganzen Filminhalt nur die Entkleidung einer jungen Frau, die vom Ball zurückkehrt. Freilich waren zu dieser frühen Zeit die Filmaufnahmen nie länger als fünf bis zehn Minuten.

In den Erotikfilmen des deutschsprachigen Raums wurde Erotik häufig mit Humor kombiniert. Ein frühes Beispiel hierfür ist etwa der Film Endlich allein, der 1896 und 1897 in ganz Österreich-Ungarn erfolgreich lief. Hierbei ist ein Mann zu sehen, der seine Ehefrau heimlich auf der Toilette beobachtet und alle Anstrengungen unternimmt, um nicht entdeckt zu werden. Der Film war laut Bozner Zeitung so komisch, dass er „den ärgsten Hypochonder zum Lachen bringen“[4] musste. Je nach Einstellung zum Erotikfilm wurde in Zeitungskritiken entweder die Komik eines Films besonders hervorgehoben oder die freizügigen Darstellungen kritisiert. Bis Ende des ersten Jahrzehntes des 20. Jahrhunderts hatten stetig zunehmende Proteste von Bürgern in vielen Ländern bereits zu strengen Zensurmaßnahmen oder Aufführverboten geführt. 1910 wurde in Paris sogar eine internationale Konferenz zur Bekämpfung der Pornografie einberufen, da die im Umlauf befindliche Menge erotischer Darstellungen bereits so große Ausmaße erreicht hatte.[5]

Erste pornografische Stummfilme

A L'Ecu d'Or ou la bonne auberge (Zum goldenen Ecu oder Die gute Herberge) aus dem Jahr 1908 ist laut Patrick Robertsons Film Facts der früheste pornografische Film, der definitiv datiert werden kann (“the earliest pornographic motion picture which can definitely be dated is A L'Ecu d'Or ou la bonne auberge.”). Es ist ein französischer Film, der einen müden Soldaten beim Rendezvous mit einer Kellnerin in einer Kneipe zeigt. El Sartorio aus Argentinien könnte noch älter sein; der Film wird zwischen 1907 und 1912 datiert. Robertson weist darauf hin, dass „die ältesten erhaltenen Pornofilme in der amerikanischen Kinsey Collection enthalten sind“ (“the oldest surviving pornographic films are contained in America's Kinsey Collection”). Ein Film zeigt, wie früh pornografische Konventionen etabliert waren. Der deutsche Film Am Abend (1910) ist „ein zehnminütiger Film, der mit einer Frau beginnt, die alleine in ihrem Schlafzimmer masturbiert, und anschließend Szenen von ihr mit einem Mann beim reinen Sex, Fellatio und Analverkehr zeigt“ (“a ten-minute film which begins with a woman masturbating alone in her bedroom, and progresses to scenes of her with a man performing straight sex, fellatio and anal penetration”).[6] Die Ästhetik und Technik der Aufnahme legt jedoch ein späteres Entstehungsdatum nahe.

Die bedeutendste Sammlung historischer pornografischer Filme findet sich im Kinsey Institute for Sex, Gender and Reproduction an der Indiana University in Bloomington. Filme, die tatsächlich pornografische Handlungen aufwiesen, wurden häufig in adeligen Kreisen produziert und vertrieben.[7]

Erhalten hat sich kaum ein „pikanter“ oder pornografischer Film aus jener Zeit. Generell gelten ca. 80 Prozent der Stummfilmproduktion als verloren.

Tonfilmzeit

Cover des Pornofilms Farmer's daughters von 1974

Frühe pornographische Filme wurden oft stag films genannt (engl. stag ‚Hirsch‘, im metaphorischen Sinne „Junggeselle“), da diese Filme meist in Herrenklubs, in Bordellen und in Verbindungshäusern der Studenten gezeigt wurden, also an männerexklusiven Orten, zu denen Frauen kaum Zutritt hatten. Die Phase der stag films – meist in Form von fünf bis 20 Minuten langen Kurzfilmen – dauerte bis zum Ende der 1960er Jahre. Bis dahin blieb der pornografische Film trotz filmtechnischer Entwicklungen und bis auf wenige Ausnahmen stumm und schwarzweiß. Als sie in den 1940er Jahren verboten waren, wurden die stag films oder blue films viele Jahre lang von Amateuren im Untergrund gedreht. Die Produktion eines Films nahm viel Zeit und Ressourcen in Anspruch, wobei die Leute ihre Badewanne nutzten, um den Film zu waschen, als Produktionseinrichtungen (die oft an das organisierte Verbrechen gebunden waren) nicht zugänglich waren. Die Filme zirkulierten dann privat oder über reisende Händler, obwohl man mit Gefängnisstrafen rechnen musste, wenn man beim Betrachten oder als Besitzer erwischt wurde.[8]

In der Nachkriegszeit gab es weitere Entwicklungen, die die Entstehung eines Massenmarktes förderten. Die Einführung des 8-mm-Films und des Formats Super 8 sorgte für eine weite Verbreitung des Amateurfilms. Unternehmer entdeckten diesen Markt für sich. In Großbritannien waren die Produktionen von Harrison Marks Softpornos, wurden aber in den 1950er Jahren als schlüpfrig eingestuft. Auf dem Kontinent waren solche Filme expliziter. Lasse Braun war ein Pionier bei farbigen Qualitätsproduktionen, die er in den frühen Tagen mit Hilfe der diplomatischen Privilegien seines Vaters vertrieb. 1969 wurde die Pornografie in den Niederlanden legalisiert, was zu einer Explosion der kommerziell produzierten Pornografie führte. Da der Pornoproduzent nun einer legitimen Beschäftigung nachging, gab es für Geschäftsleute keine Beschränkungen bei Investitionen in vernünftige Ausrüstung, mit der man in der Lage war, Qualitätsprodukte in Massen und billig herzustellen. Große Mengen dieser neuen Pornografie, sowohl Magazine als auch Filme, wurden in andere Teile Europas geschmuggelt, wo man sie „unter dem Ladentisch“ verkaufte oder in nur für Mitglieder zugänglichen Kinos zeigte.

Als erster explizit pornografischer Film, der offiziell in US-Kinos gezeigt wurde, gilt Mona (auch bekannt als Mona the Virgin Nymph), eine 59-minütige Produktion aus dem Jahr 1970 von Bill Osco und Howard Ziehm, der anschließend mit einem relativ hohen Budget den Kultfilm Flesh Gordon drehte.[8][9] Der Film Boys in the Sand von 1971 war der erste allgemein erhältliche homosexuelle Pornofilm; er führte als erster Pornofilm Credits für die Besetzung und den Stab ein (allerdings zum größten Teil unter Pseudonymen), parodierte den Mainstream-Film The Boys in the Band und erhielt eine Kritik in The New York Times.[10] 1972 erreichten die Pornofilme in den USA einen Höhepunkt mit Deep Throat und Behind the Green Door, die von der Öffentlichkeit anerkannt und zum sozialen Phänomen wurden. 1973 folgte The Devil in Miss Jones, und viele sagten voraus, dass offenherzige Abbildungen von Sex auf der Leinwand bald alltäglich würden, aber die Kultur nahm eine andere Richtung, die solche Fantasien verhinderte. William Rotsler sagte 1973 zu diesem Thema: „Erotische Filme wird es weiterhin geben. Letzten Endes werden sie sich einfach mit dem filmischen Mainstream vermischen und als eigenes Subgenre verschwinden. Nichts kann das verhindern.“ (“Erotic films are here to stay. Eventually they will simply merge into the mainstream of motion pictures and disappear as a labeled sub-division. Nothing can stop this.”)[11] In Großbritannien wurde Deep Throat jedoch erst 2000 in der ungeschnittenen Version anerkannt und erst im Juni 2005 öffentlich gezeigt.[8][12][13]

Anfang der 1970er Jahre versuchte man durch die Aufnahme mit mehreren Kameras und die Aneinanderreihung einzelner „Nummern“ sexueller Darstellung den pornografischen Film zu verlängern. Es entstanden die ersten und heute noch gängigen „Featurefilme“ (Pornolangspielfilme).

Nachdem die Vorführung von Pornofilmen in Deutschland 1975 legalisiert wurde entstanden Sexkinos. In allen größeren Städten wurden PAM-Kinos eröffnet. Dabei stand PAM für Pub and Movies und wurde im Volksmund mit Papa auf Mama übersetzt. Die PAM-Kinos wurden offiziell als Gastronomiebetriebe geführt. Der Großteil des Eintrittpreises war angeblich für Getränke und so unterlief der Betreiber Auflagen der Behörden. Anfang der 1980er Jahre gab es in Deutschland 350 Sexkinos.

Nach der Einführung von Videos setzte ein Rückgang von Sexkinos ein.[14]

Heimvideo

In den 1980er Jahren ermöglichte das Aufkommen von Videosystem den vereinfachten privaten Konsum von Pornofilmen. So entschied auch die Pornoindustrie über das Vorankommen des Video-Formats VHS. Das von JVC entwickelte Format setzte sich gegen Konkurrenzsysteme durch, nachdem sich die Pornoproduktionsfirmen dazu entschieden, ihre Produkte mehrheitlich auf VHS zu vertreiben. Ähnliches wiederholte sich 2007 im Wettstreit zwischen Blu-ray und HD DVD, den erstere wiederum dank der Pornoindustrie für sich entscheiden konnte.[15][16]

Heutzutage wird von der „Porno(film)industrie“ gesprochen. Ihren Umfang mögen folgende Zahlen verdeutlichen: Im Jahr 1987 wurden in der Bundesrepublik Deutschland etwa 500.000 Pornovideos ausgeliehen; bis ins Jahr 1999 stieg diese Zahl auf etwa 80 Millionen an. 2006 erschienen alleine in Deutschland mehr als 1000 neue Pornofilme pro Monat, der Umsatz der Branche wird auf ungefähr 800 Millionen Euro jährlich geschätzt. Damit gilt Deutschland nach den USA als der zweitgrößte Pornomarkt der Welt.[17]

Internetkonsum und neue Technologien

Die Popularisierung und Demokratisierung des Internets in den 1990ern ermöglichte schnellen und einfach Zugriff auf Pornografie. Viele technische Neuerungen wurden von Firmen entwickelt, die pornografische Inhalte im Netz anboten.[18] Die Konferenz- und Buchreihe Arse Elektronika beschäftigt sich seit 2007 mit dieser mediengeschichtlichen Wechselwirkung, vor allem in Hinblick auf die Stimulation technologischer Entwicklung durch Pornografie.[19] Ein Schwerpunkt liegt auch in der Analyse neu aufkommender Technologien für Pornofilme, z. B. Virtual Reality und Interactive Fiction.[20] Johannes Grenzfurthner analysiert: „Von den tausende Jahre alten Höhlenzeichnungen einer Vulva bis zum neuesten Porno-Live-Stream – Technologie und Sexualität waren schon immer eng miteinander verbunden. Niemand kann vorhersagen, was die Zukunft bringen wird, aber der bisherige Lauf der Geschichte legt nahe, dass Sex auch in Zukunft eine essentielle Rolle in der technologischen Entwicklung spielen wird und dass Technologien und deren Anwendung die menschliche Sexualität gestalten. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass wir eine sexuell motivierte und Werkzeuge verwendende Spezies sind. Die Frage ist also nicht ob, sondern wie diese Interaktion die Menschheit weiter verändern wird.“[21]

Genres

Wie auch bei anderen Filmen gibt es bei Pornofilmen eine ganze Reihe verschiedener Produktionsarten:

  • Spielfilme: Meist eine einfache Geschichte, in der jede Gelegenheit zu sexuellen Darstellungen genutzt wird. Oft auch als Features bezeichnet.
  • Reality-Filme: Scheinbar aus dem Leben gegriffene Szenen, bei denen Einzelpersonen oder Paare auf der Straße oder an einem anderen Ort angesprochen und zu sexuellen Handlungen vor der (zum Teil angeblich versteckten) Kamera verführt werden.
  • Nummern-Filme: Die Porno-Variante des Episodenfilms: Eine Szene nach der anderen, in der nur sexuelle Handlungen gezeigt werden. Bei diesen Filmen wird komplett auf Rahmenhandlung verzichtet. Oft sind die Szenen aus verschiedenen anderen Filmen zusammengeschnitten worden. Nummern-Filme sind häufig auch Zusammenstellungen bestimmter Sexualpraktiken, oft auch als Vignettes bezeichnet.
  • Adaptionen großer Publikumserfolge des kulturellen Mainstreams: Wenn etwa aus Alice im Wunderland eine Alice im Spermaland, aus Clockwork Orange die Clockwork Orgy und aus Terminator Sperminator wird.
  • Zeichentrickfilme: Vor allem in Japan hat sich eine eigene Industrie für pornografische Trickfilme entwickelt. Außerhalb Japans werden Comics und Animationen im Manga- bzw. Anime-Stil, in denen sexuelle Handlungen dargestellt werden, als Hentai (japanisch für „Transformation“ bzw. „Abweichung“) bezeichnet. Hentai reicht von Softsex-Darstellungen bis zu sehr brutaler, harter Pornografie.
  • Gonzo: Meist Pornofilme ohne Handlung, die nur aus Sexszenen bestehen. Die Besonderheit von Gonzos ist, dass der Kameramann bzw. Regisseur nicht als neutraler Beobachter agiert, sondern für den Zuschauer ersichtlich in das Geschehen eingreift – indem er z. B. Anweisungen gibt, Dialoge mit den Darstellern führt oder selbst an sexuellen Handlungen teilnimmt und damit also auch zum Darsteller wird. Dieses Genre wurde von John Stagliano erfunden. Eine Unterart hiervon sind die so genannten P. O. V.-Filme (Point of View), in denen die Kameraführung aus der Position eines (meist) männlichen Darstellers erfolgt und dem Zuschauer eine aktive Teilnahme suggeriert. Eine Gonzodarstellerin ist in der Pornobranche der Gegensatz zu den Glamour-Pornosternchen. Vertreterinnen dieses Genres verfügen meist nicht über das perfekte Modelaussehen, sondern setzen stattdessen auf Natürlichkeit und Ausstrahlung.[22]
  • Artcore: Filme, die man eigentlich auch durchaus den Vignettes bis hin zu den Features zurechnen könnte. Sie zeichnen sich jedoch durch besonderes Augenmerk auf Kameraführung, besondere Schnitttechniken, Verwendung von Zeitlupe und Farbverfremdungen aus. Die markantesten Vertreter dieses Genres sind Andrew Blake, Michael Ninn, Christophe Mourthe und Philip Mond.

Sub-Genres

Sub-Genres im pornographischen Film bzw. Videoclip haben sich insbesondere durch das Aufkommen der Online-Pornportale stark ausdifferenziert. Statt wenigen, statischen Analogien zu Filmgenres, der sexuellen Orientierung (Gay, Lesbian etc.) oder Fetischinteressen (BDSM, Bondage …) bilden gängige Überkategorien der Plattformen gezeigte Praktiken sowie Attribute der Darsteller ab (Lesbian, Japanese, MILF, Ebony, Hentai, Anal, Mature, Threesome …).[23] Während eine Reihe solcher Überkategorien in der Regel vom Portal vorgegeben sind, können Contentersteller und/oder Konsumierende Inhalte mit weiteren, granulareren Bezeichnungen versehen. Granularer ergeben sich zahlreiche Unterkategorien, die auch Nischen- und Fetischinteressen fast beliebig detailliert abbilden.[24]

Auch hier werden Praktiken und Attribute gemischt, hinzu kommen Genre- und weitere Kategorienbezeichnungen. Mazières et al. beobachten allgemeine Attribute der Darstellenden (wie „blonde“, „gothic“, „mature“, „midget“) ebenso wie sexuell konnotierte Attribute („big boobs“), Praktiken („anal“, „group sex“ …) bis hin zu Nationalitäten („german“, „czech“, „japanese“) und Settings („beach“, „voyeur“ …). Sie konstatieren einmal eine starke Fokussierung auf wenige Hauptbegriffe, die einen sehr großen Anteil der angebotenen Clips abbilden („amateur“, „blowjob“ …) sowie eine zusätzliche, stark ausdifferenzierte Nischenbildung, die immer spezifischere Interessen/Darstellungen abbilden und auffindbar machen kann.[24]

Diese von Produzierenden und Nutzern geleistete Kategorisierung wird von den Plattformbetreibern direkt und indirekt genutzt: häufig gewählte Kategorien werden prominenter platziert und häufig gesuchte Begriffe als Kategorie angelegt.[25] Statt einer überschaubaren Zahl an statischen „Sub-Genres“ hat sich so inzwischen eine dynamische Kategorisierung von Pornovideos und -Clips gebildet, die sich zum einen permanent verändert sowie teils starke geographische Unterschiede aufweist.

Feministische Pornofilme

In den letzten Jahren hat sich eine breite Diskussion über Feministische Pornografie entwickelt. Festivals wie PorYes, Porn Film Festival Vienna und das Pornfilmfestival Berlin zeigen regelmäßig Filme des Genres und dienen als diskursive Plattformen der feministischen Pornoszene. Der kanadische Feminist Porn Award zeichnet herausragende Produktionen aus.

In der Hardcore-Szene sind in den 2000er Jahren einige Filme gedreht worden, die heterosexuelle Frauen als Konsumentengruppe ansprechen sollen. Hierbei wird, zum Teil unter weiblicher Regie, mehr Wert auf eine sich langsam aufbauende und relativ anspruchsvolle Handlung gelegt, wobei zumeist auch auf die üblichen ausführlichen Nahaufnahmen der Geschlechtsorgane verzichtet wird und speziell die so genannten Facial-Szenen fast völlig fehlen. Als Richtlinie für die Filme dient das Puzzy Power Manifesto der dänischen Pornofilm-Firma Zentropa. Für die Filme hat sich inzwischen der Begriff Heartcore beziehungsweise HeartCore etabliert. Hervorzuheben sind zum Beispiel die unter der Schirmherrschaft von Lars von Trier und seiner dänischen Firma Puzzy Power produzierten Filme Pink Prison (deutscher Magma-Titel: Hinter Gittern gevögelt), Constance (im Tabu-Love-Vertrieb; Hauptakteurin in beiden Produktionen ist die Dänin Katja Kean) und All About Anna – A HeartCore Feature.

Kommerzielle Aspekte

Weltweit erwirtschaftet Pornographie einem Umsatz von fast 100 Milliarden Dollar und umfasst die Produktion verschiedener Medien und damit verbundener Produkte und Dienstleistungen. Die Branche beschäftigt tausende von Darstellern sowie Support- und Produktionsmitarbeiter. Es folgen weiterhin Branchenpublikationen und Fachverbände sowie die Mainstream-Presse, private Organisationen (Watchdog-Gruppen), Regierungsstellen und politische Organisationen. Pornographische Filme können auf DVD verkauft oder vermietet werden, über Internet und spezielle Kanäle und Pay-per-View über Kabel und Satellit sowie in Erwachsenen-Kinos gezeigt werden. Ab der Jahrtausendwende hat die weit verbreitete Verfügbarkeit illegal kopierter Inhalte sowie Amateurpornografie im Internet die Rentabilität der pornografischen Filmindustrie geschmälert.

Die globale pornografische Filmindustrie wird von den Vereinigten Staaten dominiert, wobei das San Fernando Valley in Los Angeles, das Zentrum der Branche ist. Da dies der Fall ist, beziehen sich die meisten Zahlen zur Größe der Branche ausschließlich auf die Vereinigten Staaten. Zahlreiche weitere pornographische Filmstudios befinden sich auch in Houston, Las Vegas, New York City, Phoenix und Miami. Diese produzieren in erster Linie Amateur- oder „unabhängige“ Pornofilme.

Gesundheitliche Aspekte in der Pornobranche

In Pornos werden heterosexuelle Praktiken meist ohne Kondome durchgeführt. In Schwulenpornos hingegen ist der Gebrauch von Kondomen beim Analverkehr inzwischen die Regel; ungeschützten Verkehr bezeichnet man in diesem Zusammenhang als barebacking (engl. für „ohne Sattel“). Insgesamt verwendeten nach einer Studie der Adult Industry Medical Health Care Foundation um das Jahr 2000 nur etwa 17 Prozent der Pornodarsteller Kondome.[26][27]

Zwar sind in der Pornobranche regelmäßige HIV-Tests üblich. Die Tests sind verpflichtend, werden aber nicht unbedingt vor jeder neuen Produktion kontrolliert. Somit haben die Darsteller ein erhöhtes Risiko, sich mit HIV oder anderen Krankheiten wie Hepatitis B, Gonorrhoe, Syphilis oder Chlamydien anzustecken.

Nachdem im Jahr 2004 die Infektion zweier Pornodarsteller in den USA bekannt wurde,[28] erwog das kalifornische Gesundheitsministerium die Einführung einer Kondompflicht für Pornoproduktionen. Die Filmproduzenten reagierten, indem sie auf PCR-Tests wechselten. Diese senken die Nachweisschwelle auf ca. eine Woche nach einer Infektion, sind aber gegenüber den Antikörper-basierten Tests wie Western Blot erheblich teurer.

Urheberrecht

Im Juni 2013 urteilte das Landgericht München I, dass Pornofilme in Deutschland nicht urheberrechtlich geschützt sind, wenn sie „lediglich sexuelle Vorgänge in primitiver Weise“ zeigen und es daher „an einer persönlichen geistigen Schöpfung“ fehlt. Eine US-amerikanische Porno-Produktionsfirma wollte vom Provider die IP-Adressen von zwei Nutzern, die zwei Filme heruntergeladen haben sollen. Andere Gerichte hatten in früheren Urteilen die erforderliche Schöpfungshöhe, auch bei Pornofilmen ohne sonstige Handlung bejaht.[29]

Literatur

  • Werner Faulstich: Die Kultur der Pornographie. Kleine Einführung in Geschichte, Medien, Ästhetik, Markt und Bedeutung. Wissenschaftler-Verlag, Bardowick 1994, ISBN 3-89153-028-5 (= IfAM-Arbeitsberichte des Institut für Angewandte Medienforschung Lüneburg, Band 13).
  • Johannes Gernert: Generation Porno. Jugend, Sex, Internet. Fackelträger, Köln 2010, ISBN 978-3-7716-4439-0.
  • Kurt Haemmerling: Sittengeschichte des Kinos. Aretz, Dresden 1926
  • Christian Keßler: Die läufige Leinwand. Der amerikanische Hardcorefilm von 1970 bis 1985. Martin Schmitz Verlag, 2011, ISBN 978-3-927795-56-3.
  • Arthur Knight, Hollis Alpert: The history of sex in cinema. Teil 17, The stag film. In: Playboy. November 1967.
  • Al di Lauro, Gerald Rabkin: Dirty movies. An illustrated history of the stag film. Chelsea House, New York 1976, ISBN 0-87754-046-2.
  • Jakob M. Pastötter: Erotic Home Entertainment und Zivilisationsprozeß. Analyse des postindustriellen Phänomens „Hardcore.Pornographie“. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-8244-4534-4 (Dissertation Humboldt-Universität Berlin 2003, 191 Seiten, unter dem Titel: Das @postindustrielle Phänomen „Erotic Home Entertainment“ und der Prozeß der Zivilisation).
  • Arthur Maria Rabenalt: Die perforierte Unzucht. Geschichte des Pornofilms. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1982, ISBN 3-404-60065-7.
  • Stefan Rechmeier: Das etwas humorvolle Lexikon des deutschen Erotikfilms. Wo der Wildbach durch das Höschen rauscht. MPW, Hille 2005, ISBN 3-931608-66-2.[30]
  • Georg Seeßlen: Der pornographische Film. Ullstein, Berlin 1994, ISBN 3-548-35291-X.
  • Linda Williams: Hard Core. Macht, Lust und die Traditionen des pornographischen Films. Stroemfeld, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-86109-103-8.
  • Linda Williams (Hrsg.): Porn studies. Duke University Press, Durham 2005, ISBN 0-8223-3312-0.
  • Enrico Wolf: Bewegte Körper – bewegte Bilder: der pornografische Film: Genrediskussion, Geschichte, Narrativik. Mit einer detaillierten Filmografie im Anhang (= Diskurs Film Bibliothek, Band 17 ISSN 1860-4536). Diskurs-Film-Verlag Schaudig & Ledig, München 2008, ISBN 978-3-926372-67-3 (Dissertation Universität Leipzig 2006, 342 Seiten).

Weblinks

Commons: Pornofilm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Pornofilm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Stephen Bottomore, Stephen Herbert, Luke McKernan (Hrsg.): Léar (Albert Kirchner). Who's Who of Victorian Cinema (British Film Institute), 1996.
  2. Stephen Bottomore, Stephen Herbert, Luke McKernan (Hrsg.): Eugène Pirou. Who's Who of Victorian Cinema (British Film Institute), 1996.
  3. Caneppele, S. 12.
  4. Bozner Zeitung, Nr. 297, 30. Dezember 1898. In: Caneppele, S. 20
  5. Brixener Chronik, Nr. 57, 14. Mai 1910, S. 10: Internationales Vorgehen gegen die Pornographie. In: Caneppele, S. 30
  6. Patrick Robertson: Film Facts. Billboard Books, Dezember 2001, ISBN 0-8230-7943-0, S. 256.
  7. Caneppele, S. 31
  8. a b c Richard Corliss: That Old Feeling: When Porno Was Chic. Time magazine (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive). 29. März 2005
  9. Rachel Mehendale: Is porn a problem? The Daily Texan. 9. Februar 2006. S. 17, 22.
  10. Roger Edmonson, Cal Culver, Casey Donovan: Boy in the Sand: Casey Donovan, All-American Sex Star. Alyson Books, Oktober 1998, ISBN 1-55583-457-4, S. 264.
  11. Eric Schaefer: Dirty Little Secrets: Scholars, Archivists, and Dirty Movies. In: The Moving Image, Band 5, Herbst 2005. S. 79–105
  12. Simon Hattenstone: After 33 years, Deep Throat, the film that shocked the US, gets its first British showing. In: The Guardian. 11. Juni 2005.
  13. Porn film on 'landmark 100' list. BBC News. 5. Oktober 2006
  14. Nora Blossong: Rotlicht. Carl Hanser Verlag, München 2017. S. 99
  15. Fucking Machines – Wie Sex die Tech-Szene beeinflusst. 13. Dezember 2016, abgerufen am 26. Februar 2019 (deutsch).
  16. Johannes Grenzfurthner, Günther Friesinger, Daniel Fabry: pr0nnovation? Pornography and Technological Innovation. RE/Search, edition mono/monochrom, ISBN 978-1-889307-20-6 (edition-mono.at [abgerufen am 24. Februar 2019]).
  17. Das Ende des Pornofilm-Verleihs. spiegel.de, 13. Februar 2007
  18. »Sex & Pornografie haben schon immer technische Innovationen gefördert«. 30. April 2014, abgerufen am 26. Februar 2019.
  19. Johannes Grenzfurthner, Günther Friesinger, Daniel Fabry: pr0nnovation? Pornography and Technological Innovation. RE/Search, edition mono/monochrom, ISBN 978-1-889307-20-6 (edition-mono.at [abgerufen am 24. Februar 2019]).
  20. Johannes Grenzfurthner, Günther Friesinger, Daniel Fabry: Screw The System – Explorations of Spaces, Games and Politics through Sexuality and Technology. RE/Search, edition mono/monochrom, ISBN 978-3-902796-16-5 (edition-mono.at [abgerufen am 24. Februar 2019]).
  21. Bayerischer Rundfunk: Sessions: Netzkongress 2013 – Das Programm. 27. November 2013 (br.de [abgerufen am 26. Februar 2019]).
  22. Chauntelle Anne Tibbals: Gonzo, trannys, and teens – current trends in US adult content production, distribution, and consumption. In: Porn Studies. Band 1, Nr. 1-2, 2. Januar 2014, ISSN 2326-8743, S. 127–135, doi:10.1080/23268743.2013.863659.
  23. Dan J. Miller, Kerry Anne McBain: The Content of Contemporary, Mainstream Pornography: A Literature Review of Content Analytic Studies. In: American Journal of Sexuality Education. Band 17, Nr. 2, 3. April 2022, ISSN 1554-6128, S. 219–256, doi:10.1080/15546128.2021.2019648.
  24. a b Antoine Mazières, Mathieu Trachman, Jean-Philippe Cointet, Baptiste Coulmont, Christophe Prieur: Deep tags: toward a quantitative analysis of online pornography. In: Porn Studies. Band 1, Nr. 1-2, 2. Januar 2014, ISSN 2326-8743, S. 80–95, doi:10.1080/23268743.2014.888214.
  25. Richard Joos: Wie funktioniert der Pornografiemarkt im Internet? In: Zeitschrift für Sexualforschung. Band 30. Georg Thieme Verlag, 2017, S. 58 ff., doi:10.1055/s-0043-101609.
  26. Stephen Lemons: Sex with latex. 21. Juli 2000
  27. Safety urged on the sex set. LA Daily News, 17. August 2004.
  28. Porno-Industrie zittert vor Aids – Aids im Pornofilm. 5. September 2012, archiviert vom Original am 5. September 2012; abgerufen am 17. März 2020.
  29. Urteil: Kein Urheberrechtsschutz für Pornos heise online, 29. Juni 2013; abgerufen am 26. Februar 2020.
  30. Trotz des Titels wird auch das Hardcore-Genre umfassend abgedeckt.