HMS Niger (1892)

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Flagge
Alarm-Klasse
HMS Niger (1893)
HMS Niger (1893)
Übersicht
Typ Torpedokanonenboot
Minensucher
Einheiten 10+1
Bauwerft

Naval Construction & Armament, Barrow

Kiellegung 17. September 1891
Stapellauf 17. Dezember 1892
Auslieferung 25. April 1893
Namensgeber der afrikanische Fluss Niger
Verbleib 11. November 1914 torpediert und versenkt
Technische Daten
Verdrängung

810 ts

Länge

73,81 m über alles
70,1 m pp

Breite

8,23 m

Tiefgang

3,66 m

Besatzung

91 Mann

Antrieb

4 Lokomotivkessel,
2 Dreifach-Expansionsmaschinen,
bis 3500 PSi, 2 Wellen

Geschwindigkeit

18,7 kn (35 km/h)

Reichweite

2500 sm bei 10 kn

Bunkermenge

100 tn.l., maximal 160 tn.l.

Bewaffnung

2 × 120 mm-Schnellfeuerkanonen
4 × 47 mm (3-Pfünder)-Kanonen
3 × 18-Zoll-Torpedorohre
1 × fünfläufige Gardner Gun

Die fünfte HMS Niger der Royal Navy war ein 1893 fertiggestelltes Torpedo-Kanonenboot. Die Niger gehörte zu der elf Boote umfassenden Alarm-Klasse.

Wie etliche andere Boote der Klasse und des Typs wurde das Boot 1909 zum Minensuchboot umgerüstet. Niger ging im Ersten Weltkrieg schon am 11. November 1914 verloren. Das deutsche U-Boot U 12 unter Walter Forstmann torpedierte die Niger vor Deal in der Straße von Dover. Es war die erste Versenkung eines feindlichen Kriegsschiffs durch ein deutsches Schiff, das von den in Flandern gewonnenen Stützpunkten ausgelaufen war.

Baugeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Alarm-Klasse wurde 1889 von Sir William White als verbesserte Ausführung der vorangehenden Sharpshooter-Klasse entworfen. Die Boote hatten eine Länge von 242 ft (73,81 m) über alles, eine Breite von 27 ft (8,23 m) und verdrängten 810 tn. l. Angetrieben wurden die zehn Boote des Admiralitätsentwurfs durch zwei senkrechtstehende Dreifach-Expansionsmaschinen von 3500 PSi. Den Dampf für die Maschinen je zwei Lokomotivkessel und sie wirkten auf zwei Schrauben. Mit dem damals verbreiteten künstlichen Zug gaben die Maschinen den Booten eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 18,7 Knoten (kn) (34,6 km/h). Allerdings hatten die meisten Boote Schwierigkeiten, diese Geschwindigkeit tatsächlich zu erreichen. Die Boote verfügten über einen Kohlenvorrat von 100 bis 160 tn. l. und hatten eine Besatzung von 91 Mann.

Die Niger war eines der drei Boote der Klasse, die von Barrow Shipbuilding gefertigt wurden. Ihre Kiellegung war am 17. September 1891, der Stapellauf am 17. Dezember 1892[1] erfolgt. Abgeliefert wurde die Niger am 25. April 1893[2].

Bewaffnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fertiggestellt wurden die Boote mit zwei 4,7-inch (12 cm)- Schnellfeuerkanonen, vier 3-pounder-(47-mm-)Hotchkiss-Kanonen und einem Gardner-Maschinengewehr. Niger gehörte zu den Booten der Klasse, die Torpedorohre vom Kaliber 18 Zoll erhielten.[3] Sie verfügte wie die ebenfalls in Barrow gebauten Jason und Jaseur sowie Onyx von Laird und Speedy von Thornycroft über ein starres Rohr im Bug und zwei schwenkbare Einzelrohre an den Bootsseiten.[A 1] Wie ihre Schwesterschiffe kam das „torpedo gunboat“ gleichzeitig mit den ersten „torpedo boat destroyers“ (siehe HMS Havock) in Dienst, die sich als schneller und besser geeignet erwiesen, um die Schlachtflotte zu begleiten und gegen feindliche Torpedoboote zu schützen.[4]

Einsätze der Niger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Niger gehörte zu den Booten der Alarm-Klasse, die am 26. Juni 1897 an der Flottenparade im Spithead anlässlich des 60-jährigen Thronjubiläums von Königin Victoria teilnahmen[1]. 1900 fand eine Grundüberholung des Bootes bei Palmers in Jarrow statt, bei der das Boot eine neue Antriebsanlage mit Wasserrohrkesseln der Bauart Reed erhielt.[5] Das Boot wurde ab 1903 von der Torpedoschule HMS Vernon in Portsmouth als Trainingsschiff genutzt. Auch die Umrüstung zu einem Minensucher 1909 veränderte die Nutzung des Bootes bis 1914 nicht[1].

Nach Ausbruch des Weltkriegs verlegte die Niger, wie die bei der Navigationsschule eingesetzte Torpedokanonenboote Dryad und Harrier der Dryad-Klasse, in die Downs, um die dort stattfindende Kontrolle neutraler Schiffe nach Konterbande zu sichern. Diese Aufgabe nahm das Boot auch noch Anfang November 1914 wahr.

Der Untergang der Niger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Niger lag etwa zwei Meilen vor der Pier von Deal vor Anker, als sie um die Mittagszeit des 11. Novembers 1914 von dem deutschen Unterseeboot U 12 torpediert wurde und sank. Das Boot lag nahe der Kontrollzone, wo Boote Kommandos zu den zu kontrollierenden Schiffen brachten. In der Nähe war auch das Kanonenboot Harrier vor Anker gegangen.

Gegen Mittag ertönte eine Explosion und schwarzer Rauch stieg von der Niger auf. Vom Ufer aus beobachteten zahlreiche Personen, wie das Schiff zu sinken begann. Bei starkem Wind und rauer See fuhren etwa 100 Boote auf die Niger zu, um der Besatzung Hilfe zu leisten, und nahmen die Überlebenden an Bord. Etwa 20 Minuten nach der Explosion sank das Schiff. Einige der Überlebenden, die beim Mittagessen überrascht worden waren und zum Teil nur leicht bekleidet waren, wurden ins Royal Marine Hospital gefahren. Ein Teil kam bei Helfern in Deal unter, 30 wurden nach Ramsgate weitertransportiert. Muir sagte aus, er habe den Torpedo sehen können, der sein Schiff zerstört habe, machte aber zumindest unmittelbar nach der Versenkung der Niger keine weiteren Angaben. Ein kleineres Schiff unter niederländischer Flagge hatte zwei oder drei Tage in der Nähe der Niger geankert und war kurz vor deren Torpedierung bei eigentlich ungeeignetem Wetter auf die See hinausgefahren. Es wurde spekuliert, dass dieses Fahrzeug unter falscher Flagge unterwegs gewesen war und vielleicht die Bewegungen des deutschen U-Boots gedeckt hatte.[6]

Alle Offiziere und 77 Mann der Besatzung überlebten den Untergang. 15 Mann konnten nicht gerettet werden[7] (andere Quellen nennen keine bzw. einen einzigen menschlichen Verlust[8][9]). Der bei der Explosion schwer verletzte[10] Kommandant, Lieutenant-Commander Arthur Thomas Muir[A 2], blieb auf der Brücke, bis alle anderen Besatzungsmitglieder das Schiff verlassen hatten.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Niger war das erste Schiff, das der U-Boot-Kommandant Walter Forstmann versenkte. Forstmann gehörte zu den erfolgreichsten Kommandanten der Kaiserlichen Marine im Ersten Weltkrieg.[11] Es war auch die erste Versenkung eines alliierten Kriegsschiffs durch ein im besetzten Flandern stationiertes deutsches Schiff.

Zum Zeitpunkt der Torpedierung war die Niger das Führungsschiff des Verbandes, der die Kontrolle passierender Schiffe durchzuführen hatte. Dieser wurde von Geoffrey Basil Spicer Simson befehligt, der später durch den Transport zweier Kriegsschiffe zum Tanganjikasee bekannt wurde.[12][13] Spicer Simson, der vor wenigen Wochen dieses Kommando übernommen hatte, befand sich zum Zeitpunkt der Torpedierung nicht an Bord, sondern speiste in Damengesellschaft in einem Hotel in Deal.

Das Wrack der Niger liegt auf Position 51° 13′ 14″ N, 1° 26′ 24″ OKoordinaten: 51° 13′ 14″ N, 1° 26′ 24″ O in einer Tiefe von 12 bis 14 Metern und ist mitunter Ziel von Wracktauchern.[14]

Die Torpedokanonenboote der Alarm-Klasse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die von Thornycroft gebaute Speedy

Von den zehn Booten, die nach dem Admiralitätsentwurf gefertigt wurden, entstanden vier auf der Staatswerft in Sheerness und auf der in Portsmouth die Antelope. Mit dem Bau der anderen fünf Boote wurden die Privatwerften Laird Brothers in Birkenhead und Barrow Shipbuilding[A 3] beauftragt. Dazu wurde der Klasse noch die Speedy zugerechnet, die bei John I. Thornycroft in Chiswick nach einem Werksentwurf entstand. Dieses Boot hatte eine abweichende Antriebsanlage mit Wasserrohrkesseln der Bauwerft und drei Schornsteine. Sie war das einzige Torpedokanonenboot der Royal Navy, das eine Geschwindigkeit von über 20 kn erreichte.[15]

Name Bauwerft Stapellauf in Dienst Schicksal
HMS Jason Barrow Shipbuilding,
Barrow-in-Furness
14.05.1892 11.07.1893 1909 Minensucher, 7. April 1917 nach Minentreffer gesunken
HMS Circe Sheerness Dockyard, Sheerness 14.06.1892 11.02.1893 1909 Minensuchboot, Juli 1920 zum Abbruch verkauft
HMS Hebe Sheerness Dockyard 15.06.1892 9.10.1894 1909 Minensuchboot, Mai 1910 U-Boot-Tender, Oktober 1919 zum Abbruch verkauft
HMS Onyx Laird Brothers,
Birkenhead
7.09.1892 1.1894 1907 U-Boot-Tender, nach Kriegsende in Vulcan II umbenannt, August 1924 zum Abbruch verkauft
HMS Leda Sheerness Dockyard 13.09.1892 22.03.1894 1909 Minensuchboot, Juli 1920 zum Abbruch verkauft, 1922 in Deutschland verschrottet
HMS Alarm Sheerness Dockyard 13.09.1892 3.1894 im April 1907 zum Abbruch verkauft
HMS Jaseur Barrow Shipbuilding 24.09.1892 13.02.1893 im Juli 1905 zum Abbruch verkauft
HMS Renard Laird Brothers 6.12.1892 1.1894 im April 1905 zum Abbruch verkauft
HMS Niger Barrow Shipbuilding 17.12.1892 25.04.1893 1909 Minensuchboot, 11. November 1914 torpediert und gesunken
HMS Speedy Thornycroft,
Chiswick
18.05.1893 20.02.1894 Entwurf der Bauwerft, 1909 Minensuchboot, 3. September 1914 nach Minentreffer gesunken
HMS Antelope Devonport Dockyard,
Plymouth
12.07.1893 18.07.1894 August 1910 Hafenschiff, Mai 1919 zum Abbruch verkauft

Erneute Namensverwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Den Namen des afrikanischen Flusses Niger, den 1759 erstmals ein Schiff der Royal Navy erhielt, führten nach dem Torpedokanonenboot noch zwei weitere Einheiten der Royal Navy:

  • 1936 erhielt die Navy mit der bei White gebauten Minensuch-Sloop Niger (J73) der Halcyon-Klasse wieder eine Einheit mit diesem Namen. Sie sank am 4. Juni 1942 nahe Island durch einen Minentreffer (148 Tote), als sie durch einen Navigationsfehler in ein britisches Minenfeld lief.
  • Im September 1945 erhielt dann noch ein neuer Minensucher der Algerine-Klasse den Namen Niger (J442), der 1966 verschrottet wurde.

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Index of 19th Century Naval Vessels and some of their movements: HMS Niger, 1892 (Memento des Originals vom 2. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pbenyon.plus.com
  2. http://www.worldnavalships.com/directory/shipinfo.php?ShipID=2003
  3. Alarm Class Torpedo Gunboat (1892), Armament
  4. Preston: Destroyers, S. 9ff.
  5. The Times, 7 July 1900:Naval & Military intelligence, page 6
  6. The Times, London, 12. November 1914, S. 8
  7. Casualty Lists of the Royal Navy and Dominion Navies, Wednesday, 11 November 1914 15 Tote benannt
  8. HMS Niger Torpedo Gun Boat „There were no casualties“.
  9. Ships hit during WWI: HMS Niger „casualties:1“
  10. http://www.gutenberg.org/files/18333/18333-h/18333-h.htm
  11. Archivlink (Memento des Originals vom 2. Dezember 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.u-boot-net.de
  12. http://www.warwickandwarwick.com/pages/medals.htm
  13. Hans-Volker Gretschel, Eine Frage der Zeit oder die Endlose Fahrt der 'Liemba'. Alex Capus' Afrikaroman, in: Hannelore van Ryneveld und Janina Wozniak (Hg.), Einzelgang und Rückkehr im Wandel der Zeit. Unknown Passages - New Beginnings. Festschrift für Gunther Pakendorf, African Sun Media 2010, ISBN 978-1-920338-46-6, S. 111–130, hier S. 114
  14. http://www.wrecksite.eu/wreck.aspx?11620
  15. Alarm Class Torpedo Gunboat (1892)

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die anderen sechs Boote der Klasse erhielten fünf Torpedorohre vom Kaliber 14 Zoll. Ein starres Bugrohr und zwei schwenkbare Zwillingssätze an den Bootsseiten; für diese wurden drei Torpedos zum Nachladen mitgeführt.
  2. Mitunter wird der Name fälschlicherweise mit A. P. Muir angegeben.
  3. In den meisten Unterlagen wird die Naval Construction and Armaments Company in Barrow-in-Furness als Bauwerft genannt, eine Bezeichnung, die m. E. erst bei der Übernahme durch Vickers 1897 entstand

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Roger Chesneau, Eugène M. Koleśnik, N. J. M. Campbell: Conway's All the World's Fighting Ships, 1860–1905. Naval Institute Press, Annapolis, Md. 1979, ISBN 0-85177-133-5.
  • Bodo Herzog: 60 Jahre deutsche U-Boote 1906-1966, J.F.Lehmanns Verlag, München 1968
  • Antony Preston: Destroyers, Hamlyn, London u. a. 1977, ISBN 0-600-32955-0

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Alarm-Klasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien