Satz von Hahn-Banach

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Der Satz von Hahn-Banach (nach Hans Hahn und Stefan Banach) aus dem mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis ist einer der Ausgangspunkte der Funktionalanalysis. Er sichert die Existenz von ausreichend vielen stetigen, linearen Funktionalen auf normierten Vektorräumen oder allgemeiner auf lokalkonvexen Räumen. Die Untersuchung eines Raums mithilfe der darauf definierten stetigen, linearen Funktionale führt zu einer weitreichenden Dualitätstheorie, die auf allgemeinen topologischen Vektorräumen in dieser Form nicht möglich ist, da eine zum Satz von Hahn-Banach analoge Aussage dort nicht gilt.

Darüber hinaus ist der Satz von Hahn-Banach die Grundlage für viele nicht-konstruktive Existenzbeweise wie z. B. im Trennungssatz oder im Satz von Krein-Milman.

Der Satz wurde im Wesentlichen schon 1912[1][2] von Eduard Helly bewiesen. Hahn erwähnt Helly in seiner Arbeit von 1927 nicht, wohl aber Banach in seiner Arbeit von 1929, wenn auch nicht in Zusammenhang mit dem Satz selbst.[3] Beide verwenden aber die Ungleichung von Helly. Die Benennung nach Hahn und Banach tauchte zuerst in einer Arbeit von Frederic Bohnenblust und A. Sobcyzk, die den Satz auf komplexe Räume übertrugen.[4] Ein anderer Beweis des Satzes von Hahn-Banach, der nicht die Ungleichung von Helly verwendet, wurde 1941 von Jean Dieudonné gegeben.[5]

Die geometrische Form des Satzes von Hahn-Banach findet sich in der Literatur auch unter dem Namen Satz von Minkowski-Ascoli-Mazur oder Satz von Ascoli-Mazur.[6]

Endlichdimensionaler Fall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stellt man Vektoren eines endlichdimensionalen reellen oder komplexen Vektorraums bzgl. einer fest gewählten Basis in der Form eines Zeilenvektors dar, so kann man die jeweiligen -ten Einträge dieser Zeilenvektoren als Funktionen

auffassen (dabei ist der Grundkörper bzw. ). Ein wesentlicher Teil der Bedeutung einer solchen aus der linearen Algebra bekannten Koordinatendarstellung liegt nun darin, dass zwei Vektoren genau dann gleich sind, wenn alle ihre Koordinaten übereinstimmen:

Die Koordinatenfunktionen trennen daher die Punkte, d. h., sind verschiedene Vektoren, dann gibt es einen Index , so dass ist. Die sind stetige lineare Funktionale auf dem Koordinatenraum.

In unendlichdimensionalen Räumen gibt es i. d. R. keine den Koordinatenfunktionen vergleichbare Konstruktion, wenn man dabei auf Stetigkeit der Koordinaten besteht. Der Satz von Hahn-Banach impliziert aber, dass die Menge aller stetigen linearen Funktionale auf einem normierten Raum (oder allgemeiner auf einem lokalkonvexen Raum) die Punkte trennt.

Formulierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es sei ein Vektorraum über .

Es seien nun

  • ein linearer Unterraum;
  • eine sublineare Abbildung;
  • ein lineares Funktional, für das für alle gilt.

Dann gibt es ein lineares Funktional , so dass

  • und

für alle gilt.

Beweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wir beweisen den Satz für , der allgemeine Fall folgt dann als Korollar. Wir werden die Menge aller Fortsetzungen von auf Teilräumen mit , für die für alle gilt, betrachten. Dann zeigen wir mit dem Lemma von Zorn, dass die Menge aller solchen Fortsetzungen maximale Elemente besitzt und dass ein solches maximales Element eine gesuchte Fortsetzung ist. Betrachte also die Menge aller geeigneten Fortsetzungen:

Wir definieren folgende Halbordnung auf  :

Sei eine Kette, wir müssen zeigen, dass sie eine obere Schranke besitzt. Sei dafür und definiert über für jedes . Dann ist denn ist, da total geordnet ist, ein Untervektorraum. Es ist klar, dass eine obere Schranke ist. Nach dem Lemma von Zorn besitzt also ein maximales Element .

Es bleibt zu zeigen, dass . Wir nehmen an, das sei nicht so, und führen das zu einem Widerspruch. Wähle und definiere und . Wir zeigen nun die Existenz eines , so dass , dies steht dann im Widerspruch zur Maximalität von . Wir suchen also ein , so dass :

Wegen der positiven Homogenität von ist dies äquivalent zu:

Ein solches existiert also genau dann, wenn:

Dies folgt aber direkt aus:

.

Damit ist ein der gewünschten Art gefunden, was im Widerspruch zur Maximalität von und damit zur getroffenen Annahme steht. Also ist und das maximale Element eine gesuchte Fortsetzung.

Korollare[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Häufig ist eine der folgenden Aussagen, die leicht aus obigem Satz hergeleitet werden können, gemeint, wenn der Satz von Hahn-Banach zitiert wird:

  • Ist ein normierter Raum, so gibt es für jedes ein lineares Funktional mit Norm , für das gilt. Sind verschiedene Vektoren, so erhält man die oben erwähnte Eigenschaft der Punktetrennung, indem man dies auf anwendet.
  • Ist allgemeiner ein normierter Raum, ein Unterraum, und liegt nicht im Abschluss von , so gibt es ein lineares Funktional mit Norm , das auf verschwindet und für das gilt.
  • Ist ein normierter Raum, ein Teilraum und ein stetiges lineares Funktional auf , so kann zu einem stetigen linearen Funktional derselben Norm auf ganz fortgesetzt werden. Anders ausgedrückt: Die Einschränkung von Funktionalen ist eine surjektive Abbildung der Dualräume.
  • Ist ein normierter Raum, so ist ein Unterraum genau dann dicht in , falls aus und stets folgt.[7]
  • Weitere Folgerungen geometrischer Art finden sich im Artikel Trennungssatz.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Helly, Über lineare Funktionaloperatoren, Sitzungsberichte Akad. Wiss. Wien, Band 121, 1912, S. 265–297
  2. Harry Hochstadt: Eduard Helly, father of the Hahn-Banach theorem, The Mathematical Intelligencer, Band 2, 1980, Nr. 3, S. 123–125. Nach Hochstadt ist Helly's Beweis vollständig modern in der Form und identisch mit dem Standardbeweis.
  3. Helly benutzte den Satz von Hahn-Banach als Lemma für einen Beweis eines Satzes von Riesz, auf den sich Banach in der Referenz zu Helly bezog.
  4. Bohnenblust, Sobcyzk, Extensions of functionals on complete linear spaces, Bull. AMS, Band 44, 1938, S. 91–93. Sie verweisen darauf das ihr Beweis identisch mit dem von Francis J. Murray von 1936 ist (Murray, Linear transformations in , p >1, Trans. AMS, Band 39, 1936, S. 83–100), der sich wiederum auf Banach bezieht aber nicht von Satz von Hahn-Banach spricht.
  5. Dieudonné, Sur le Théoréme de Hahn-Banach, La Rev. Sci. 79, 1941, S. 642–643.
  6. Semen Kutateladze: Fundamentals of Functional Analysis. Band 12, 1996, ISBN 978-90-481-4661-1, S. 40, doi:10.1007/978-94-015-8755-6 (researchgate.net).
  7. Dirk Werner: Funktionalanalysis, Springer, 2000, Korollar III.1.9