Hanns Breitenbach

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Selbstporträt von Hanns Breitenbach, vor 1929

Hanns Breitenbach (* 19. Juni 1890 in Fürth; † 25. Januar 1945[1] in Gleiwitz) war ein deutscher akademischer Bildhauer.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Trauernde von Hanns Breitenbach auf dem gleiwitzer Lindenfriedhof
Hl. Franziskus von Hanns Breitenbach auf dem Zentralfriedhof in Gleiwitz

Hanns Breitenbach war Sohn eines Fürther Spiegelfabrikanten und einer französischstämmigen Mutter, der ursprünglich in München schaffte, ehe er ab 1928 auftragsbedingt seine künstlerische Tätigkeit auf das oberschlesische Gleiwitz verlegte.

Obwohl sein Vater aus einer Hugenottenfamilie stammte, war er katholischen Glaubens. Breitenbachs Lebenslauf wird überschattet von einem gewaltsamen Tod, im Januar 1945, beim Einmarsch der Roten Armee in Gleiwitz.[2] Sein eigentlicher, vollständiger Name lautete Johannes-Jean-Nikolaus Breitenbach. In der Studienzeit war sein Vorname im entsprechenden Matrikelbuch[3] mit der Schreibweise Hans eingetragen. Später wurde überwiegend als Künstlername Hanns Breitenbach verwendet. In der Familie und im privaten Umfeld nannte man ihn Hannes. Alle diese Vornamenvarianten tauchen jedoch heute in biografischen Hinweisen über ihn auf.

Am Anfang der künstlerischen Laufbahn stand eine solide, handwerkliche Ausbildung in Holzbildhauerei in Fürth. Die folgenden 10 Studiensemester an der Kunstgewerbeschule in Nürnberg bestätigten seine Talente und schufen Grundlagen für eine weitere, künstlerische Ausbildung und Entwicklung. Im Jahre 1911 begann Breitenbach nochmals 13 Studiensemester an der Akademie der Bildenden Künste in München als Meisterschüler in der Bildhauerklasse bei Erwin Kurz. Zu seinen dortigen Lehrern gehörte auch Hermann Hahn.[4] Diese Lehrer beeinflussten sein späteres Schaffen hinsichtlich Sujet und Formgebung nachhaltig. Nach dem Studium blieb er in München und richtete als freiberuflicher Künstler sein Atelier in der Gabelsberger Straße ein.

In München begegnete er seiner späteren Ehefrau, Friedel Breitenbach,[5] geb. Josefek aus Gleiwitz, die dort Textiles Kunsthandwerk studierte. Das Paar heiratete im Jahre 1921. Sie war eine der Töchter des Gleiwitzer Hoch- und Betonbauunternehmers und Architekten, Robert Josefek, der zahlreiche Bauwerke in Gleiwitz ausführte, die damals viel Beachtung fanden und auch noch teilweise heute existieren. Eine wachsende Anzahl von Aufträgen aus Oberschlesien erforderten dort die Einrichtung eines zweiten Ateliers und 1928 die endgültige Verlagerung des Wohnsitzes nach Gleiwitz. Besonders in diesen Jahren entstanden zahlreiche Werke, von denen einige bis heute erhalten sind.

Das persönliche Auftreten von Breitenbach als Mensch und Künstler war von Bescheidenheit und Zurückhaltung geprägt. Künstlerisches Schaffen war für ihn Broterwerb und im höheren Sinne auch Lebensinhalt. Am Kriegsende 1945 brachte er es nicht fertig, sich von seiner Arbeit zu trennen und sich durch rechtzeitige Flucht der Gewalt zu entziehen. Seine Tochter Marianne Ottmann schrieb in einem autobiografischen Roman[6] zu seinem gewaltsamen Tod, dass er wegen der großen Kälte einen Motorradmantel trug und deshalb von den russischen Soldaten für einen Offizier gehalten wurde. Er wurde „auf offener Straße erschossen“.[7] Eine Grabstätte ist nicht bekannt.

Schaffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den zahlreichen Werken aus den verschiedensten Materialien spiegelt sich die Münchner Schule wider. Die Arbeiten reichten, ausgehend von Kleinkunst, Reliefs, Porträts, Vollplastiken bis zu Darstellungen in der Architektur. Bauplastiken und Denkmalsfiguren im sakralen oder öffentlichen Raum wurden oft als monumental ausgeführte Skulpturen geschaffen. Als Bildhauer konnte er auch sehr gut mit dem Zeichenstift und Malpinsel umgehen.

Die genaue, ausmodellierte, formgetreue Darstellung von Menschen, gepaart mit hervorragendem handwerklichen Können, kennzeichnen seine Werke. Die Figuren orientieren sich vielfach an klassischen Vorbildern und erscheinen auch gelegentlich überhöht heroisierend. Ein Betrachter kann jedoch Vereinfachungen, verschliffene, klare Linienführungen und eine geschlossene, ausdrucksstarke Formensprache des Gesamtkunstwerkes erkennen. Maßvolle Gestik und die Symbolik der Figuren schaffen Spannungen und vereinen progressive wie konservative Tendenzen. Besonders die Figur der „Trauernden“ für ein Denkmal auf dem Gleiwitzer Lindenfriedhof[8] drückt solche Akzente deutlich aus.

Mit dem wachsenden Einfluss der Nationalsozialisten wurde es für Künstler schwieriger, öffentliche Aufträge zu erhalten. Die Mitgliedschaft in der NSDAP[9] sowie einige Werke, die heute als Nazi-Kunst eingestuft werden, ermöglichten eine Teilnahme an den ideologisch ausgerichteten, regionalen Kunstausstellungen, die er als Freiberufler aus Existenzgründen nicht übergehen konnte. Bekannt ist die Teilnahme an Kunstausstellungen in Gleiwitz (1930,1935), Stuttgart (1937) und Beuthen (1943).

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Breitenbachs umfangreiches Gesamtwerk ist nicht erfasst. Vieles ist durch Kriegswirren verloren gegangen, wurde nach 1945 zerstört oder der weitere Verbleib ist nicht festzustellen. Die noch erhaltene Werke sind heute überwiegend in Gliwice auffindbar. Soweit möglich, werden Standorte, Entstehungsjahr, Material und Erhaltungszustand mit angegeben.

Auffindbare Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marienfigur mit Jesus von Hanns Breitenbach an der Fassade der Kirche zum Heiligen Erzengel Michael in Gliwice
Spendenplakette zur Erneuerung der Allerheiligenkirche
Plakette 100 Jahre Komposition „Deutschlandlied
St.-Georg-Skulptur an der Antoniuskirche in Richtersdorf, Gleiwitz

Zerstörte, verschollene Werke oder keine Angaben bekannt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Denkmal des Reserve-Infanterieregiments Nr. 23,[17][18] 1928, nach Wettbewerb,[19] Oppeln, 1945 zerstört[20]
  • Porträt Prälat Ulitzka[17]
  • Porträt Lukaschek[17]
  • Ägyptische Tänzerin[17]
  • Aschenbrödel,[17] Terrakotta
  • Mädchen mit Tuch[17]
  • St. Georg,[17] Bauplastik in Gleiwitz/Petersdorf
  • St. Josef,[17] Bauplastik, Gleiwitz
  • 3 Bronzebüsten für Gedenkhalle: „Infanterieregiment Nr.22“,[21] (Soldaten verschiedenen Alters), 1931, Gleiwitz
  • Brunnen an der Hardenbergschule Gleiwitz, (A-B-C-Brunnen) 1935, Buntsandstein[22]
  • Stehendes Mädchen[23]
  • Sterbender Krieger,[23] Bronze
  • Bergmann[24]
  • Antoniusbrünnlein, Zentralfriedhof Gleiwitz
  • Traditions- und Gefallenendenkmal Marineverein „Möwe“, Sprottau,[25] 1929

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rudolf Schlegel: Gleiwitz – ein heimatliches Geschichtenbuch. Laumann, Dülmen 1982, ISBN 3-87466-033-8, S. 307.
  2. Walter Kempowski: Das Echolot – Fuga Furiosa, 12. Januar bis 14. Februar 1945. Albrecht Knaus, München 1999, ISBN 3-8135-1995-3, S. 58.
  3. Matrikelbuch der „Akademie der Bildenden Künste“ München, 1884–1920, Nr. 04088
  4. Aus der Werkstatt eines Gleiwitzer Bildhauers. Oberschlesien im Bild, Gleiwitz 1928:36, S. 2.
  5. Marjorie-Wiki: Friedel Breitenbach, abgerufen am 17. April 2013
  6. Marianne Ottmann: Muntjak. Books on Demand GmbH, Norderstedt 2001, ISBN 3-8311-2675-5, S. 78.
  7. Anke Breitmaier: Gegen das Vergessen anschreiben. Marianne Ottmann aus Rommelshausen war 1945 als Zwangsarbeiterin in Auschwitz interniert. In: Stuttgarter Nachrichten/ Fellbacher Zeitung, Nr. 77/1998, S. 26.
  8. Pamiątki Gliwickich Pogromów – cd. (Memento des Originals vom 11. Februar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gliwiczanie.pl Cmentarz Lipowy: Bild Nr. 9–11, abgerufen am 17. April 2013
  9. Ewa Chojecka: Sztuka Górnego Śląska od średniowiecza do końca XX wieku. Muzeum Śląskie, Katowice 2004, ISBN 83-87455-77-6, S. 376.
  10. Dekorative Kunst: Illustrierte Zeitschrift für angewandte Kunst, Bd. 33, Verlag F. Bruckmann, München 1924, S. XVIII.
  11. Das Ehrenmal im Heldenfriedhof in Gleiwitz. Oberschlesien im Bild, Gleiwitz 1927:46, S. 4.
  12. Sankt-Georg-Gefallenendenkmal in Richtersdorf. Oberschlesien im Bild, Gleiwitz 1931:19, S. 4.
  13. Liste der Denkmale in Gliwice
  14. Śladami historii (PDF; 1,1 MB). Miejski serwis informcyjny Gliwice, Nr. 50/2007, S. 8, abgerufen am 17. April 2013
  15. Ein Baustein zur Erneuerung der Gleiwitzer Allerheiligenkirche. Oberschlesien im Bild, Gleiwitz 1930:39, S. 5–6.
  16. Muzeum w Gliwicach, abgerufen am 17. April 2013
  17. a b c d e f g h Aus der Werkstatt eines Gleiwitzer Bildhauers. Oberschlesien im Bild, Gleiwitz 1928:36, S. 2–3.
  18. Bild: Weihe des Gefallenendenkmals der 23er in Oppeln. Oberschlesien im Bild, Gleiwitz 1928:41, S. 6.
  19. Rudolf Schlegel: Gleiwitz – ein heimatliches Geschichtenbuch. Laumann, Dülmen 1982, ISBN 3-87466-033-8, S. 306.
  20. Fotodokumentation von der Einweihung bis zur Zerstörung, abgerufen am 11. Februar 2016
  21. Störtkul, Stüben, Wegner: Das östliche Europa und die Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg (Schriften des Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im Östlichen Europa). Verlag Oldenbourg, München 2010, ISBN 978-3-486-59797-4, S. 204.
  22. Fontanna ABC, Fotografie
  23. a b Jahresausstellung des Bundes für bildende Kunst in Oberschlesien. Oberschlesien im Bild, Gleiwitz 1930:47, S. 6.
  24. Aus der Ausstellung des Künstlerbundes Oberschlesien. Oberschlesien im Bild, Gleiwitz 1935:17, S. 3.
  25. Pomnik pamięci marynarzy z okrętu „Mewa“ (dawny). Abgerufen am 25. April 2013

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Marianne Ottmann: Muntjak. Books on Demand GmbH, Norderstedt 2001, ISBN 3-8311-2675-5.
  • Rudolf Schlegel: Gleiwitz – ein heimatliches Geschichtenbuch. Laumann, Dülmen 1982, ISBN 3-87466-033-8.
  • Ksenia Stanicka-Brzezicka: Artystki śląskie ok. 1880–1945. Marszalek, Toruń 2006, ISBN 83-7441-377-8.
  • Horst Bienek: Beschreibung einer Provinz. Hanser, München, Wien 1983, ISBN 3-446-13780-7.
  • Martin Papenbrock, Anette Sohn: Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in deutschen Ausstellungen: eine kommentierte Bibliographie. Ausstellungen deutscher Gegenwartskunst in der NS-Zeit. VDG, Weimar 2000, ISBN 3-89739-041-8.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Tomasz Marcin Dudzińki: Gruß aus Gleiwitz, Teil VII. Abgerufen am 18. April 2013
  • Kulturportal West-Ost, Ostdeutsche Biographie: Hanns Breitenbach. Abgerufen am 18. April 2013