Heiligenverehrung

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Heiligenverehrung in Noto (San Corrado) (Sommer 2007)

Die Heiligenverehrung ist die Verehrung einzelner Menschen, von denen man glaubt, dass sie zur Heiligkeit berufen waren und die ein heiligmäßiges Leben geführt bzw. die Kriterien für die Heiligsprechung durch eine Glaubensgemeinschaft erfüllt haben.

Formen von Heiligenverehrung gibt es innerhalb des Christentums in der katholischen Kirche, den Ostkirchen, in der anglikanischen Kirche und in einigen protestantischen Denominationen; darüber hinaus auch im Hinduismus und im Buddhismus, im Islam und im Judentum.

Christentum

Bibel

Im Neuen Testament wird von Menschen als Heiligen fast immer in der Mehrzahl gesprochen (einzige Ausnahme: Johannes der Täufer als „gerechter und heiliger Mann“, (Mk 6,20 EU)). Die Christen werden als Heilige bezeichnet, z. B. schreibt der Apostel Paulus „an die Heiligen in Rom“ (Röm 1,7 EU).

Einige Schriftstellen – die aber den Begriff „Heilige“ nicht verwenden – werden als Hinweise auf Heiligenverehrung herangezogen, etwa 1 Kor 12,26 („wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle anderen mit ihm“), Hebr 13,7 („Denkt an eure Vorsteher, die euch das Wort Gottes verkündet haben; schaut auf das Ende ihres Lebens, und ahmt ihren Glauben nach“), Offb 6,9 („die Seelen aller, die hingeschlachtet worden waren wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses, das sie abgelegt hatten“).

Katholische und orthodoxe Kirche

In der christlichen Ikonographie werden die Heiligen meist mit einem Heiligenschein als Symbol ihrer Heiligkeit dargestellt. Auf dieser Darstellung des letzten Abendmahls ist Judas Iskariot daran erkennbar, dass er keinen Heiligenschein trägt.

Die Heiligenverehrung (lat. veneratio, auch Dulia, griech. δουλεία, douleia) ist in der katholischen und der orthodoxen Kirche die feierliche Ehrung einer Person und dadurch die Verherrlichung Gottes selbst, der die „heilige“ Person (nach seinem Ebenbild) erschaffen, in Gnade angenommen, mit Charismen reich beschenkt und nach Ablauf ihres irdischen Lebens bei sich vollendet hat.[1] Die Verehrung der Gnade Gottes, die in den Heiligen verwirklicht gesehen wird, wird häufig äußerlich in einer Form der respektvollen Verneigung vor einem Heiligenbild (Ikone) oder einer Reliquie zum Ausdruck gebracht, normalerweise verbunden mit dem Kreuzzeichen; auch ein Kuss der Ikone oder Reliquie, ein gegenseitiger Friedenskuss oder eine andere kulturell angemessene Weise des Zeigens von Ehre und Respekt kann erfolgen. Eine Art der Verehrung ist auch die Reliquienprozession. Eine Pflicht zur Heiligenverehrung gibt es in der katholischen Kirche nicht. Die Heiligenverehrung hängt eng mit dem Begriff der Gemeinschaft der Heiligen zusammen, die alle Christen im apostolischen Glaubensbekenntnis bezeugen.

Heilige haben einen Gedenktag im allgemeinen oder regionalen liturgischen Kalender. In der Regel ist es ihr Todestag („Geburtstag im Himmel“). An diesem Tag wird des oder der Heiligen in den liturgischen Texten der heiligen Messe und des Stundengebets gedacht. Der vielen unbekannten bzw. unerkannten Heiligen gedenkt die Kirche am Hochfest Allerheiligen.

Auch Orte (Kirchen, Berge, Quellen), Devotionalien und Zeiten (Feiertage, Fasttage) können als „heilig“ betrachtet werden, insofern an ihnen bzw. durch sie Gott Ehre erwiesen wird. Alle Kirchen, ob sie Heiligenverehrung praktizieren oder nicht, halten daran fest, dass Anbetung nur Gott allein gebührt.

Lutherische Kirchen

Der Begriff der Heiligenverehrung kann sehr weit gefasst werden, daher sind die Unterschiede zu beachten: Das ehrenvolle Andenken an das Wirken außergewöhnlicher Menschen stößt kaum auf Einwände. Die lutherische Kirche bekennt sich in der Augsburgischen Konfession dazu, der Heiligen zu gedenken. Im 21. Artikel heißt es, dass der Glaube gestärkt wird, wenn die Kirche sieht, wie Gott den Heiligen Gnade erwiesen hat. An den guten Werken der Heiligen soll die heutige Kirche sich ein Beispiel nehmen. Eine Anrufung der Heiligen wird jedoch bis heute abgelehnt, „denn es ist nur ein einziger Versöhner und Mittler gesetzt zwischen Gott und den Menschen, Jesus Christus (1 Tim 2,5 LUT)“ (21. Artikel der Augsburgischen Konfession). Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche gedenkt der Heiligen am 1. November, am Gedenktag der Heiligen.

Evangelische Kritik

In der evangelischen Theologie wird die Heiligenverehrung der katholischen und orthodoxen Kirche mehrheitlich als unbiblisch abgelehnt und kritisiert, dass die Verehrung von Menschen und die Anbetung Gottes vermischt werde. Die katholische Theologie betont in diesem Zusammenhang, dass Heilige nicht angebetet, sondern lediglich um ihre Fürsprache bei Gott angerufen werden.[2] Evangelische Theologen wie Wyclif, Martin Luther oder Johannes Calvin sahen durch die Anrufung von Heiligen als Mittler zu Gott das Vertrauen auf Jesus Christus als einzigen Mittler zwischen Gott und den Menschen (1 Tim 2,5 EU) beeinträchtigt.

Siehe auch

Literatur

  • Wolfgang Kosack: Der koptische Heiligenkalender. Deutsch – Koptisch – Arabisch nach den besten Quellen neu bearbeitet und vollständig herausgegeben mit Index Sanctorum koptischer Heiliger, Index der Namen auf Koptisch, Koptische Patriarchenliste, Geografische Liste. Christoph Brunner, Berlin 2012, ISBN 978-3-9524018-4-2.
  • Ernst Lucius: Die Anfänge des Heiligenkultes in der christlichen Kirche. Hrsg. von G. Anrich, Tübingen 1904.

Weblinks

Wiktionary: Heiligenkult – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelbelege

  1. Verlautbarungen des apostolischen Stuhls Nr. 160 (vom 17. Dezember 2001), Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie, Nr. 211, 212.
  2. Franz Stuhlhofer: Zu Heiligen beten? Aßlar 1988.