Heinrich Andreas Contius

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Heinrich Andreas Contius, auch Cuntius (* 1708 in Halle an der Saale, Herzogtum Magdeburg; † 1795 in Wolmar, Gouvernement Livland) gilt als der bedeutendste Orgelbauer im Baltikum im 18. Jahrhundert.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heinrich Andreas Contius wurde 1708 als Sohn des Orgelbauers Christoph Cuntzius in Halle geboren. 1732 ist er als Geselle von Joachim Wagner nachgewiesen.[2] Seine eigene Werkstatt hatte er zunächst in Altenburg. Seit 1736/37 wirkte Contius in Halle und Umgebung. Von 1748 ist ein Empfehlungsschreiben von Johann Sebastian Bach zu seinen Gunsten für den geplanten Orgelneubau in der Unterkirche in Frankfurt (Oder) bekannt, danach ein Schreiben an Contius selber.[3][4] Den Auftrag erhielt er aber nicht.

1760 kam Heinrich Andreas Contius nach Riga im russländischen Gouvernement Livland, wo er eine Orgel für die St.-Jakobs-Kirche baute.[5] Danach wirkte er in Reval im Gouvernement Estland. 1771 kehrte er nach Riga zurück und erhielt 1773 den Auftrag für einen Neubau in der großen Dreifaltigkeitskirche in Libau im Herzogtum Kurland, der 1779 fertiggestellt wurde.[5] In Wolmar in Livland eröffnete Contius zusammen mit Johann Andreas Stein d. J. (1752–1821) aus Heidelsheim (Baden) eine Werkstatt, der danach weitere Orgeln baute (1787 Cēsis, St. Johannis, 1788 Wohlfahrtskirche in Ēvele).[6]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Heinrich Andreas Contius sind einige Orgelneubauten, sowie Reparaturen und ein Wartungsauftrag im Herzogtum Magdeburg, in Kurland und Estland bekannt. Erhalten sind der größte Teil der Orgel in Liepāja (Libau), sowie der Prospekt in der St.-Jakobs-Kathedrale in Riga. Eine Replik der Orgel in Libau wird seit 2016 im belgischen Leuven (Löwen) gebaut.

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1739 Halle (Saale) St. Ulrich Erneuerung der Orgel
1743 Halle (Saale) St. Bartholomäus II/P 22 Neubau[7], 1904 ersetzt, Prospekt erhalten[8]
1744 Glaucha St. Georgen II/P 28 Neubau nach Kirchenbrand, 1862/63 ersetzt[9]
1750 Dieskau St. Anna II/P 22 Neubau, 1931 verbrannt[10]
1751 Wallwitz Neubau? (Ungewiss ob dieser zustande kam)[11]
1759 Merseburg St. Maximi Anschlag zur Reparatur mit 120 Taler, nicht ausgeführt
1762 (?) Merseburg Dom Aufsicht und Wartung der Schloss- und Domorgel[12]
1760–1763 Riga St. Jakobi
II/P 25 Prospekt erhalten, Neubau
1768 Reval St. Nikolai III Renovierung der Orgel von 1668
1773–1779 Liepāja Dreifaltigkeitskirche
II/P 38 Neubau in Prospekt und mit Teilen der Orgel von Johann Heinrich Joachim von etwa 1750, mehrfach erweitert, zuletzt von Barnim Grüneberg 1885 zur damals größten Orgel der Welt mit IV/P, 131, erhalten → Orgel[13]; seit 2016 Replik in Sint Michiel in Leuven (Belgien)[14]
1780 Wolmar St. Simonis
1783 Riga Reformierte Kirche II/P 14 Neubau, nicht erhalten

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alexander Fiseisky: Die Geschichte der Orgel und der Orgelmusik in Estland. In: Acta Organologica, 29, 2006, 11–32.
  • Alexander Fiselsky: Die Geschichte der Orgel in Lettland. In: Acta Organologica, 28, 2004. S. 11–36. Zusammenfassung
  • Elita Grosmane: Die Tätigkeit des Orgelbauers Heinrich Andreas Contius in Deutschland und Lettland. In: Lars Olof Larsson (Hrsg.): Studien zur Kunstgeschichte im Baltikum. Homburger Gespräche 1999–2001. Nr. 18. Kiel 2003, S. 43–63.
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 1: Thüringen und Umgebung. Pape Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heinrich Andreas Contius, Orgelverzeichnis Schmidt

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Alexander Fiseisky: Die Geschichte der Orgel und der Orgelmusik in Estland. In: Acta Organologica, 29, 2006, 11–32.
  2. Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 1: Thüringen und Umgebung. 2009. S. 45.
  3. Werner Neumann: Schriftstücke von der Hand Johann Sebastian Bachs. Band 2. Bärenreiter, Kassel 2012. S. 51, führt den undatierten Brief an Contius an
  4. Christoph Wolff, Markus Zepf: Die Orgeln J. S. Bachs. Ein Handbuch. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2006, ISBN 3-374-02407-6, S. ~XXV. (englisch The Organs of J. S. Bach. A Handbook. University of Illinois Press, 2012 S. XXV) Brief vom 12. Januar 1748 erwähnt
  5. a b Imants Lancmanis: Libau. Eine baltische Hafenstadt zwischen Barock und Klassizismus. Böhlau, Köln 2007, ISBN 978-3-412-02806-0, S. 63.
  6. Alexander Fiseisky: Die Geschichte der Orgel in Lettland. In: Acta Organologica, 28, 2004. S. 11–36. Zusammenfassung (Memento des Originals vom 25. Mai 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gdo.de
  7. Holger Brülls / Thomas Dietzsch: Architekturführer Halle an der Saale. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-496-01202-1.
  8. Johannes Richter: Halle (Saale) / Giebichenstein – St. Bartholomäus – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. Abgerufen am 7. Januar 2023 (mit Disposition der Contius-Orgel).
  9. Johannes Richter: Halle (Saale) / Südl. Innenstadt – St. Georgen (Glaucha) – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. Abgerufen am 10. Januar 2024 (mit Disposition der Contius-Orgel).
  10. Johannes Richter: Kabelsketal / Dieskau – Schlosskirche St. Anna – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. Abgerufen am 7. Januar 2023 (Orgel).
  11. Johannes Richter: Petersberg / Wallwitz – Dorfkirche – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. Abgerufen am 7. Januar 2023.
  12. Holger Brülls: Ladegast-Orgeln in Sachsen-Anhalt. Imhof, Petersberg 2005, ISBN 3-86568-020-8, S. 215.
  13. Orgel Trisvienibasfonds.lv (deutsch)
  14. Informationen Contiusfoundation, 2016 (niederländisch, englisch, französisch)