Europäische Sonnenwende

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Europäische Sonnenwende

Europäische Sonnenwende (Heliotropium europaeum)

Systematik
Kerneudikotyledonen
Asteriden
Euasteriden I
Familie: Raublattgewächse (Boraginaceae)
Gattung: Sonnenwenden (Heliotropium)
Art: Europäische Sonnenwende
Wissenschaftlicher Name
Heliotropium europaeum
L.

Die Europäische Sonnenwende (Heliotropium europaeum)[1] ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Sonnenwenden (Heliotropium) innerhalb der Familie der Raublattgewächse (Boraginaceae). Sie ist die einzige Art dieser Gattung, die auch in Mitteleuropa vorkommt.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Illustration
Aus Wickeln zusammengesetzter Blütenstand

Vegetative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Europäischen Sonnenwende handelt es sich um eine einjährige, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von meist 20 bis 30 (5 bis 35) Zentimetern erreicht.[1] Die Pflanzenteile sind geruchlos.[1] Die oberirdischen Pflanzenteile sind weich und weiß behaart. Der stielrunde, hellgrüne Stängel ist meist ab der Basis an den Knoten weit verzweigt und dicht angedrückt, kurz behaart.[1]

Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Der Blattstiel ist 0,5 bis 2,5 Zentimeter lang. Die einfache und ganzrandige Blattspreite ist elliptisch bis spatelig und auf beiden Seiten behaart.[1][2]

Generative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blütezeit reicht von Juni bis September. Die Blütenstände sind einfach oder gelegentlich gegabelte Wickel, die sich während der Fruchtreife strecken. Die Wickel sind 2 bis 6 Zentimeter lang und dicht mit Blüten besetzt.[2] Im Gegensatz zu vielen anderen Heliotropium-Arten, deren Blüten sehr gut riechen, sind die Blüten der Europäischen Sonnenwende fast vollkommen geruchlos. Die zwittrigen Blüten weisen eine Länge von 3 bis 4 Millimetern auf und sind bei einem Durchmesser von 2 bis 5 Millimetern radiärsymmetrisch.[1] Die Blütenkrone ist weiß bis bläulich-weiß,[1] im Schlund oft auch etwas gelb. Der Kelch ist fast bis zum Grund in lanzettliche, dicht weichhaarige zuletzt sternförmig ausgebreitete Zipfel geteilt.[2] Die Staubblätter sind in die Kronröhre eingeschlossen.[2] Der Fruchtknoten ist vierteilig, hat einen kuzrzen Griffel und eine aufgesetzte, kegelförmige, pfriemlich verlängerte, vorn kurz zweispaltige Narbe.[2]

Die Klausenfrucht zerfällt erst bei Reife in bei einer Länge von 2,25 Millimetern ei-birnenförmige Klausen mit grob warziger Oberfläche.[1]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 32.[3]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Europäische Sonnenwende handelt es sich um einen Therophyten.[1]

Giftigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alle Pflanzenteile sind giftig.

Hauptwirkstoffe sind Cynoglossin[2] und Heliotrin.

Vergiftungserscheinungen: Cynoglossin steigert die Herzfrequenz, erweitert die Pupillen, lähmt das Atemzentrum und kann den Tod durch Herzstillstand in der Diastole hervorrufen.

Besonders bei Tieren kann es durch Beimengung von Heliotropium-Samen zu Vergiftungen kommen, die auch zum Tod führen können.

Habitus, Laubblätter und Blütenstände

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das ursprüngliche Areal der Europäischen Sonnenwende liegt wahrscheinlich im östlichen Mittelmeergebiet und in Vorderasien. Sie braucht nährstoffreichen, neutral bis basisch reagierenden Lehm- oder Lössboden, der meist kalkhaltig ist und Gegenden mit frühfrostarmem, sommerwarmem Klima. Die Europäische Sonnenwende wächst auf nährstoffreichen Äckern, Weinbergen, Ruderalstellen oder als Gartenunkraut. Da es sich um eine sehr wärmeliebende Art handelt, war sie in Mitteleuropa aber schon immer selten. In Deutschland kommt sie beständig nur in Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg vor und gilt dort als vom Aussterben bedroht bzw. stark gefährdet. Unbeständig findet sie sich in Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern.

Die Europäische Sonnenwende ist überregional eine Charakterart des Eragrostion-Verbands und lokal eine Charakterart des Geranio-Allietum aus dem Fumario-Euphorbion-Verband.[3] Sie steigt im Kanton Wallis bis 1370 Meter Meereshöhe auf.[2]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2 (mäßig trocken), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4+ (warm-kollin), Nährstoffzahl N = 4 (nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental), Salztoleranz 1 = tolerant.[4]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4.
  • Wolfgang Adler, Karl Oswald, Raimund Fischer: Exkursionsflora von Österreich. Hrsg.: Manfred A. Fischer. Eugen Ulmer, Stuttgart/Wien 1994, ISBN 3-8001-3461-6.
  • Christian Heitz: Schul- und Exkursionsflora für die Schweiz. Mit Berücksichtigung der Grenzgebiete. Bestimmungsbuch für die wildwachsenden Gefässpflanzen. Begründet von August Binz. 18. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Schwabe & Co., Basel 1986, ISBN 3-7965-0832-4.
  • Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Unter Mitarbeit von Theo Müller. 6., überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1990, ISBN 3-8001-3454-3.
  • Konrad von Weihe (Hrsg.): Illustrierte Flora. Deutschland und angrenzende Gebiete. Gefäßkryptogamen und Blütenpflanzen. Begründet von August Garcke. 23. Auflage. Paul Parey, Berlin/Hamburg 1972, ISBN 3-489-68034-0.
  • Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas. 2. Auflage. Band 4: Nachtschattengewächse bis Korbblütengewächse. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2000, ISBN 3-440-08048-X.
  • Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Vorkommen, Wirkung, Therapie, allergische und phototoxische Reaktionen. Mit Sonderteil über Gifttiere. 6., überarbeitete Auflage, Sonderausgabe. Nikol, Hamburg 2012, ISBN 978-3-86820-009-6.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i Heliotropium europaeum L., Europäische Sonnenwende. auf FloraWeb.de
  2. a b c d e f g Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 1. Auflage, unveränderter Textnachdruck Band V, Teil 3. Verlag Carl Hanser, München 1966. S. 2132–2133.
  3. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 777.
  4. Heliotropium europaeum L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 2. Januar 2023.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Europäische Sonnenwende (Heliotropium europaeum) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien