Hellmuth Karasek

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Hellmuth Karasek (2013)

Hellmuth Karasek (* 4. Januar 1934 in Brünn, Tschechoslowakei; † 29. September 2015 in Hamburg) war ein deutscher Journalist, Buchautor, Film- und Literaturkritiker und Professor für Theaterwissenschaft. Er schrieb auch drei Theaterstücke unter dem Pseudonym Daniel Doppler. Einem breiten Publikum wurde er als Teilnehmer der im ZDF ausgestrahlten Fernsehsendung Das Literarische Quartett bekannt.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Familie Karasek floh 1944 während des Zweiten Weltkriegs vor der Roten Armee aus dem schlesischen Bielitz nach Mitteldeutschland und gelangte über Zwischenstationen nach Bernburg (Saale). Zuvor war Karasek Mitglied der Hitlerjugend und einige Monate Schüler einer Nationalpolitischen Erziehungsanstalt (Napola). Seine Eltern waren Sympathisanten des NS-Regimes; später sagte er: „Mit der Ideologie hatte ich nichts am Hut, aber ich war so unsportlich und ein Mamasöhnchen, sodass ich in der Napola dann gnadenlos geschliffen wurde.“[1]

Seiner Zeit von 1948 bis 1952 an der Oberschule in Bernburg (heute wieder Gymnasium Carolinum) setzte er in seinem Buch Auf der Flucht als Zeitdokument ein literarisches Denkmal.[2] Hierin schildert er insbesondere zeittypische Erlebnisse in der politisch schwierigen Zeit des Stalinismus mit seinen Lehrern Martin („Mope“) Kersten, Edgar Kämpfe, Gertrud Mehlhose und Walter Kühlhorn. Nach dem Abitur 1952 als bester Schüler siedelte Karasek aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland über. Sein Studium der Germanistik, Geschichtswissenschaft und Anglistik an der Universität Tübingen beendete er mit der Promotion. Über seine Vergangenheit äußerte sich Karasek gegenüber der Deutschen Presse-Agentur wie folgt: „Ich habe in zwei Diktaturen gelebt. Die erste habe ich gemocht und erst später gemerkt, dass das ein Schweineregime war. Die zweite habe ich von Anfang an gehasst.“[3] Neun Monate lebte Karasek 1959 als Junglehrer in Ebersberg und unterrichtete Deutsch an der Außenstelle des Grafinger Goethe-Instituts. Im Oktober zog er nach Stuttgart.[4]

Karasek begann seine journalistische Laufbahn bei der Stuttgarter Zeitung. Danach war er ein Jahr lang Chefdramaturg am Württembergischen Staatstheater Stuttgart und ab 1967 Literatur- und Theaterkritiker bei der Wochenzeitung Die Zeit. Von 1974 bis 1996 leitete er beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel das Kulturressort, wo er auch die Nennung von Autorennamen einführte.[5] Nach seinem Bruch mit dem Spiegel aufgrund eines Nichtabdrucks seiner Kritik zum Film Rossini verarbeitete er 1998 in Das Magazin seine Erfahrung in einem Schlüsselroman.

Nach der Tätigkeit beim Spiegel war er von Januar 1997 bis Ende September 2004 Mitherausgeber der Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel. Karasek arbeitete daraufhin unter anderem für die Zeitungen Die Welt, Welt am Sonntag und Berliner Morgenpost der Axel Springer SE.[6]

Karasek war auch häufig in verschiedenen Fernsehsendungen zu sehen. Von 1988 bis 2001 war er ständiger Teilnehmer der ZDF-Sendung Das Literarische Quartett, die unter der Leitung von Marcel Reich-Ranicki stand.

Weiter wirkte Karasek an Ausgaben der RTL-Show Die 5-Millionen-SKL-Show als prominenter Pate der Kandidaten mit. Über seine häufig auch kritisierte Fernsehtätigkeit sagte Karasek selbst, er könne an seinen Fernsehauftritten nichts Ehrenrühriges sehen und dass ihn das Fernsehen am meisten geprägt habe;[7] außerdem stellte er fest, dass „eine gute Pointe besser als eine schlechte Welt“ sei. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung nannte ihn 2004 diesbezüglich einen „publizistisch schillernden Turbokarpfen im Teich der grauen Hechte“.[8]

Hellmuth Karasek und seine Frau Armgard Seegers (2012)

1992 wurde Karasek Honorarprofessor am theaterwissenschaftlichen Institut der Universität Hamburg. Außerdem war er Unterstützer des Zentrums gegen Vertreibungen.[9]

Im August 2015 publizierte er auf YouTube einen Werbespot für den Ikea-Katalog in Form einer ironisch gemeinten Buchrezension.[10]

Privatleben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seine erste Frau, die aus Venezuela stammende Musikstudentin Marvela Ines Mejia-Perez, hatte Karasek 1959 in Ebersberg geheiratet.[4] Der Ehe entstammten der Theaterregisseur und Intendant Daniel Karasek sowie der Journalist und Schriftsteller Manuel Karasek. In zweiter Ehe war Karasek ab 1982 mit Armgard Seegers (* 1953)[11] verheiratet;[12] mit ihr hatte er zwei weitere Kinder, die Anwältin, Schriftstellerin und Moderatorin Laura Karasek (* 1982) und den Fernsehjournalisten Niko Karasek (* 1985).[13] Sein jüngerer Bruder war der Schriftsteller Horst Karasek. Karasek war zudem der Onkel von Thomas Mars, Leadsänger der französischen Indie-Pop-Band Phoenix und Ehemann der Regisseurin Sofia Coppola.[14]

Grab von Hellmuth Karasek auf dem Friedhof Ohlsdorf

Hellmuth Karasek lebte zuletzt in Hamburg-Harvestehude.[15] Mit 81 Jahren erlag er einem Gallengangskarzinom.[16] Er wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg bestattet.

Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hörbücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herausgeber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hellmuth Karasek (2011)

Übersetzer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hellmuth Karasek – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Zitatenschatz und zweite Geige. (Memento vom 1. Oktober 2015 im Internet Archive) Nachruf in tagesschau.de vom 30. September 2015
  2. Auf der Flucht. Erinnerungen. Ullstein, Berlin, Taschenbuchausgabe 2006, ISBN 3-548-36817-4, S. 176–189 und 200–225.
  3. Hellmuth Karasek feiert 80. Geburtstag. In: Deutsche Welle. 3. Januar 2014.
  4. a b Süddeutsche Zeitung Ebersberg: Goethe am Klostersee, 9. Oktober 2015, abgerufen am 11. Oktober 2015.
  5. Peter von Becker: Deutschlands erster Pop-Journalist. In: Der Tagesspiegel. 4. Januar 2014.
  6. Thomas Lückerath: Hellmuth Karasek wechselt zu Springer. In: DWDL.de. 10. August 2004, abgerufen am 7. Juni 2022.
  7. Hellmuth Karasek ist tot. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 30. September 2015.
  8. Wortgewandter Plauderer. In: Süddeutsche Zeitung. 30. September 2015.
  9. Menschen an unserer Seite. In: Zentrum gegen Vertreibungen, abgerufen am 5. Mai 2017.
  10. David Hugendick: Der große Schwärmer. In: Die Zeit. 30. September 2015.
  11. Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Abgerufen am 13. Juli 2022.
  12. Hellmuth Karasek | Dieter Wunderlich: Buchtipps und mehr. Abgerufen am 13. Juli 2022 (deutsch).
  13. Ewig unterschätzt: Wie Laura Karasek aus dem Schatten ihres Vaters tritt. In: Handelsblatt, 2. November 2019, abgerufen am 30. August 2020.
  14. Hellmuth Karasek: Hellmuth Karasek über Phoenix: Thomas, mein Neffe, der Pop-Star. In: Rolling Stone Deutschland. 30. September 2015, abgerufen am 4. Dezember 2020.
  15. Trauer: Literaturkritiker Hellmuth Karasek in Hamburg gestorben. In: abendblatt.de. Hamburger Abendblatt, 30. September 2015. Abgerufen am 26. Juni 2017.
  16. Literaturkritiker Hellmuth Karasek ist tot. In: Focus, 30. September 2015.
  17. Quelle: Bundespräsidialamt