Helmut Heinze (Bildhauer)

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Helmut Heinze (2. v. r.) erklärt auf der IX. Kunstausstellung der DDR 1982 seine Skulptur Knabenakt (l.)

Helmut Heinze (* 24. April 1932 in Mulda) ist ein deutscher Bildhauer. Er lehrte von 1979 bis 1997 als Professor für Plastik an der Hochschule für Bildende Künste Dresden.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pinguine, Hoyerswerda 1958
Ballspieler (mit Wilhelm Landgraf), Dresden 1971
Porträtstele Albert Fraenkel, Heidelberg 2004

Heinze kam 1932 als Sohn eines Eisenbahners[1] in Mulda zur Welt, wuchs jedoch in Dresden auf, wo er die Volks- und Oberschule besuchte. Er nahm während der Schulzeit Zeichenkurse bei Etha Richter.[2] Nach Ende der Schulzeit begann er 1950 ein Studium an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, wo er bei Erich Fraaß und Walter Arnold lernte. Zu dieser Zeit schuf Heinze erste eigene Grafiken und Plastiken. Er kam in Kontakt mit Gerhard Richter, der zu der Zeit ebenfalls in Dresden studierte; Briefe Richters an Heinze aus der Zeit um 1960 wurden 2008 vom Gerhard-Richter-Archiv der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden erworben.[3] Zudem lernte er Rudolf Nehmer kennen, der ihn mit Dresdner Künstlern der Zeit bekannt machte. Heinze schuf 1957 eine Porträtplastik Nehmers; Nehmer integrierte Heinzes Plastiken Flötenspiel und Gesang in sein 1973 geschaffenes Gemälde Natur und Kunst.[4]

Heinze unterbrach 1953 sein Studium und ließ sich bei Werner Hempel zum Steinbildhauer ausbilden. Bis 1955 war er an Restaurierungen der Dresdner Kreuzkirche und des Meißner Doms beteiligt. Erst 1955 führte er sein Studium fort. Im Jahr 1956 heiratete Heinze die Kostümbildnerin Erika Simmank; der Ehe entstammen zwei Söhne (* 1959, 1962). Heinze schloss 1957 sein Studium ab und begann als freischaffender Künstler tätig zu werden. Sein erstes Atelier befand sich in der Villa Gustav Ziller auf dem Augustusweg in Radebeul. Im Auftrag der Stadt Hoyerswerda schuf Heinze 1957 die Tierplastik Sitzender Hund; weitere Aufträge für Werke im öffentlichen Raum folgten.

Im Jahr 1961 erhielt Heinze einen Lehrauftrag für Aktzeichnen an der Fachrichtung Architektur der Technischen Hochschule Dresden. Er war in dieser Zeit wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Walter Howard (Professur für Bauplastik). Im Jahr 1969 wurde er Dozent an der Fachrichtung Architektur der TU Dresden und lehrte Grundlagen der Gestaltung. Mit Wilhelm Landgraf entstand 1971 die Figurengruppe Ballspieler (auch: Studenten beim Sport[5]) vor den Studentenwohnheimen Wundtstraße der TU Dresden. Ab 1972 war Heinze als Dozent für Plastik an der Hochschule für Bildende Künste Dresden tätig, leitete ab 1976 die Abteilung Plastik[6] und wurde 1979 zum Professor für Plastik berufen. Zu seinen Schülern an der HfBK gehörte unter anderem Thomas Jastram und Robert Metzkes. Heinze erhielt 1981 eine Einzelausstellung seiner Werke an der Hochschule und wurde mit dem Kunstpreis der DDR ausgezeichnet. Im Jahr 1984 erhielt Heinze den Martin-Andersen-Nexö-Kunstpreis der Stadt Dresden.

Heinze reiste 1988 erstmals nach Italien; eine zweite Italienreise folgte 1992.[2] Im Jahr 1991 wurde er zum Mitglied der Sächsischen Hochschulkommission berufen, der er bis 1993 angehörte. In dieser Funktion war er an der Neuordnung des sächsischen Hochschulbetriebs nach der Wende beteiligt. Ab 1995 gehörte er der Kunstkommission der Stadt Dresden an. Heinze wurde 1997 als Professor der Hochschule für Bildende Künste Dresden emeritiert; er zog im Folgejahr von Dresden nach Kreischa. Bis 2012 arbeitete Heinze im Auftrag der Stiftung Frauenkirche Dresden an einem Denkmal für die zivilen Opfer von Luftangriffen. Das 2,77 Meter hohe, siebenfigürige Werk Chor der Überlebenden wurde im Mai 2012 in der Ruine der Coventry Cathedral in Coventry aufgestellt[7] und gilt als Zeichen der Versöhnung.[8] Heinze hatte sich bereits seit den 1960er-Jahren mit Entwürfen für ein Denkmal für die Opfer der Luftangriffe auf Dresden beschäftigt.[9] Aus Anlass seines 80. Geburtstags würdigen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden Heinze mit einer Personalausstellung mit dem Titel Figur und Porträt im Albertinum.[10]

Werke Heinzes befinden sich unter anderem im Besitz der Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, des Stadtmuseums Dresden, der Staatlichen Galerie Moritzburg/Halle, des Museums der bildenden Künste Leipzig sowie der Skulpturensammlung der Kunstsammlungen Chemnitz – Museum am Theaterplatz.[11]

Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heinzes zentrales Grundthema ist die „Figur, vom Statuettentorso bis zur überlebensgroßen Statue“.[12] Häufig schuf Heinze dabei Standbilder, unter anderem Jünglingsfiguren.

„Helmut Heinze ... zeigte ... frühzeitig eine Hinwendung zum Porträt. Empfindsamkeit verbindet sich bei ihm mit Formstrenge; der Betrachter wird in intensiv-stille Dialoge mit dem Dargestellten einbezogen. In den letzten Jahren dominiert die Auseinandersetzung mit Knaben- und Jünglingsfiguren in gestreckter Proportionierung und verhaltenem Bewegungsgestus. Die Rhythmisierung von äußerem Bau und behutsamer Binnenzeichnung fügt sich zu einem Formgehäuse subtilster Ausdeutung und suggeriert die Spanne zwischen unverletzter Geschlossenheit und verletzlicher Offenheit.“[13]

Charakteristisch ist eine im Laufe der Jahre sich entwickelnde „Reduktion der Bildsubstanz, ein Kargwerden der Formsprache“.[12] War Heinze zunächst unter anderem von Gerhard Marcks beeinflusst, dessen Atelier in Köln er 1956 besuchte,[14] wandte er sich in späteren Jahren eher Künstlern wie Wilhelm Lehmbruck zu: „Die wie gotische Plastiken in die Länge gezogenen, dünnen Gestalten Lehmbrucks, die so viel Innerlichkeit offenbaren, zogen Heinze an“.[15] Seine Werke waren so zunehmend „mehr einer Ideenkunst verhaftet […], als einer Anschauungskunst.“[14]

Typisch für Heinzes Skulpturen ist eine Transformation der Psyche in die Körperlichkeit der Darstellung: Der Mensch sei „psychisierte Materie“ und der Geist des Menschen selbst könne nicht dargestellt werden, sondern vom Bildhauer nur „durch einen Träger“ sichtbar gemacht werden.[16] Zurückgehend auf Hans Steger, den er 1955 kennengelernt hatte und der Bildhauerei auch als angewandte Psychologie begriff, schuf Heinze Skulpturen mit „partikelhaften Kräuselungen und schütteren Oberflächen“, blieb jedoch in der Darstellung selbst realistisch.[17]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1976: Galerie im Filmtheater Prager Straße, Dresden
  • 1981: Helmut Heinze. Plastik. Hochschule für Bildende Künste, Dresden
  • 1987: Wort und Werk Kunstausstellungen Leipzig
  • 1988: Kleine Galerie Arneburg
  • 1993: Plastiken, Zeichnungen und Fundstücke; Kunstausstellung Kühl, Dresden
  • 2002: Plastiken und Zeichnungen Heinzes anlässlich des 70. Geburtstages; Ernst-Rietschel-Kulturring, Pulsnitz
  • 2010: Porträts, Plastiken, Fundstücke und Zeichnungen; Galerie am Plan, Pirna
  • 2012: Retrospektive; Kunstausstellung Kühl, Dresden
  • 2012: Chor der Überlebenden – Entwürfe für die Opfer der Bombenangriffe auf Coventry und Dresden; Galerie im Geburtshaus Ernst Rietschels, Pulsnitz
  • 2012: Figur und Porträt. Sonderausstellung; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinze, Helmut. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin, 2010, S. 334
  • Helmut Heinze. Plastiken, Zeichnungen, Fundstücke. Ernst-Rietschel-Kulturring, Pulsnitz 1997.
  • Heiner Protzmann. Statuarik als Frage an die Zukunft. in Bildende Kunst, Heft 8, 1982
  • M(agdalena?) George. Blick ins Atelier – Helmut Heinze. in Bildende Kunst, Heft 4, 1979
  • Gabriele Muschter. Das Künstlerporträt – Werkstattgespräch mit Helmut Heinze. in Sonntag Nr. 29, 1975

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Helmut Heinze – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Elmar Jansen: Kein Eremit: Der Bildhauer Helmut Heinze wird heute 70. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 25. April 2002, S. 11.
  2. a b Biographie. In: Helmut Heinze. Plastiken, Zeichnungen, Fundstücke. Ernst-Rietschel-Kulturring, Pulsnitz 1997.
  3. Gerhard Richters Düsseldorfer Briefe. In: Rheinische Post. 7. Februar 2011.
  4. Helmut Heinze: Erinnerungen an meine frühen Begegnungen mit Rudolf Nehmer. In: Gundula Voigt, Paul Voigt (Hrsg.): Rudolf Nehmer zum 100. Geburtstag. Voigt & Voigt, Dresden 2012, S. 5–9.
  5. Prof. Jürgen Schieferdecker: Weite Spanne der Gestaltungsmittel fällt ins Auge – Sammlungen und Kunstbesitz an der TU: Baugebundene Kunst. In: Universitätsjournal 3/96, Februar 1996, S. 10.
  6. Biographie. In: Hochschule für Bildende Künste Sachsen: Helmut Heinze. Plastik. Ausstellung. Polydruck, Dresden 1981, S. 1.
  7. Birgit Grimm: Geboren aus der Glut. In: Sächsische Zeitung, 27. April 2012, S. 16.
  8. Bronzeplastik für Coventry. In: Sächsische Zeitung. 14. Mai 2012, S. 15.
  9. Frank Sühnel: Das Dresdner Inferno blieb immer im Kopf. In: Sächsische Zeitung. 30. April 2012, S. 15.
  10. Lisa Werner-Art: Das Zeigen der Zerbrechlichkeit. Reminiszenz an Helmut Heinze zu dessen 80. Geburtstag im Albertinum. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 13. Juni 2012, S. 10.
  11. Arbeiten im öffentlichen Besitz. In: Helmut Heinze. Plastiken, Zeichnungen, Fundstücke. Ernst-Rietschel-Kulturring, Pulsnitz 1997.
  12. a b Heiner Protzmann: Helmut Heinze, Bildhauer. In: Helmut Heinze. Plastiken, Zeichnungen, Fundstücke. Ernst-Rietschel-Kulturring, Pulsnitz 1997.
  13. Gerlint Söder: Bildhauerkunst aus Dresden. Hrsg.: Zentrum für Kunstausstellungen der DDR. Elefanten Press, Berlin 1987, S. 193–194.
  14. a b Elsa Niemann: Ringen um einen neuen Menschentypus. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 25. April 1997, S. 8.
  15. Gert Claußnitzer: Vertreter einer vergeistigten Formensprache. In: Sächsische Zeitung. 25. April 1997, S. 18.
  16. Dietrich Schubert: Bildnerei zwischen Einfühlung und Abstraktion. Über Helmut Heinze. In: Wulf Kirsten, Hans-Peter Lühr (Hrsg.): Künstler in Dresden im 20. Jahrhundert. Literarische Porträts. Verlag der Kunst, Dresden 2005, S. 143.
  17. Heinz Weißflog: Tiefe und Einfachheit. Ulrich Eisenfeld und Helmut Heinze in der Kunstausstellung Kühl. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 23. Oktober 2004, S. 19.