Hermann von Schulze-Gävernitz

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Porträt Hermann von Schulze-Gävernitz aus Illustriertes Unterhaltungs-Blatt, wöchentliche Beilage zum Darmstädter Tagblatt. Darmstadt, 1888

Hermann Johann Friedrich von Schulze-Gävernitz, Nobilitierung 1888, Badischer Adel, (* 24. September 1824 in Jena; † 27. Oktober 1888 in Heidelberg) war ein deutscher Rechtswissenschaftler, Staatsrechtler und Rechtshistoriker.[1] Er war die unbestrittene Autorität des Fürstenrechts.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grabanlage des Ehepaares Hermann und Louise von Schulze-Gävernitz auf dem Heidelberger Bergfriedhof, geschmückt von zwei Hochrelief Tondos aus Bronze mit den Bildnissen des Paares im Profil zugewandt

Als Sohn des Nationalökonomen und Landwirts Friedrich Gottlob Schulze studierte er Rechtswissenschaft an der Universität Jena. 1842 wurde er Mitglied der Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller.[3] Er promovierte zum Dr. iur. und habilitierte sich 1847 in Jena.[4]

Er begrüßte begeistert die Deutsche Revolution 1848/1849 und war davon überzeugt, dass nur Preußen einen deutschen Nationalstaat schaffen könne.[2] 1851 bereiste er England, Frankreich und Belgien.

1857 folgte er dem Ruf der Königliche Universität zu Breslau auf ihren Lehrstuhl für Staatsrecht. Der Besuch seiner patriotischen Vorlesungen wurde den Burschenschaftern zur Pflicht gemacht.[2] 1863 heiratete er Louise Milde, die Tochter des preußischen Politikers und Industriellen Karl August Milde. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor. Ein Sohn war der spätere Nationalökonom und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz. Eine Tochter heiratete den Theologen Hans Hinrich Wendt.[2]

Für das akademische Jahr 1873/74 zum Rektor der Universität Breslau gewählt, befasste Schulze sich in seiner Rektoratsrede am 15. Oktober 1873 mit dem Rechtsschutz auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts.[5] Nach dem Deutschen Krieg widmete er sich dem Staatsrecht des Norddeutschen Bundes, den er (zu Recht) als Provisorium ansah.[6] Er schrieb Lebensbilder Robert von Mohls und seines Vaters.

Obwohl er in Krainsdorf in der Grafschaft Glatz ein Rittergut erworben hatte, wechselte er 1878 an die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Von 1881 bis 1888 vertrat er die Universität in der Ersten Kammer der Badische Ständeversammlung. Mit 64 Jahren starb er im Amt.

Preußen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Altliberaler wurde er Mitglied der Nationalliberalen Partei, die ihn als Kandidaten für den Preußischen Landtag aufstellte. Die Rede für seinen Freund Leo Molinari wurde von Gustav Freytag als Meisterwerk gerühmt.[2]

Wie kein anderer befasste Schulze sich mit dem Recht von Dynastien, nicht nur im Königreich Preußen, sondern auch im Königreich Portugal, im Fürstentum Lippe und im Herzogtum Oels.[7][8] 1866 veröffentlichte er eine Artikelreihe in der Schlesischen Zeitung, die als Sammelband erschien.[9]

Für seine maßgeblichen Arbeiten zum Fürstentum Neuenburg erhielt er den Roten Adlerorden.[2] 1869 wurde er Preußischer Kronsyndikus und – aufgrund der Verfassung Preußens – lebenslanges Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Kurz vor seinem Tode im Dreikaiserjahr (wie viele bedeutende Hochschullehrer) nobilitiert, fügte er seinem Namen den väterlichen Gutshof Gävernitz hinzu.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Staatshaushalt des neuen deutschen Reiches.
  • Der Freiherr vom Stein und seine Bedeutung für Deutschlands Wiedergeburt. Jena 1850
  • Das Recht des Erstgeborenen in den deutschen Fürstenhäusern und seine Bedeutung für die deutsche Staatsentwicklung. 1851
  • Die staatsrechtliche Stellung des Fürstentums Neuenburg in ihrer geschichtlichen Entwickelung und staatsrechtlichen Bedeutung. Jena 1854
  • Hausgesetze der regierenden deutschen Fürstenhäuser mit geschichtlich-staatsrechtlichen Einleitungen. 1862
  • Johann Jakob Moser. Der Vater des deutschen Staatsrechts. Berlin 1869
  • Das Erb- und Familienrecht der deutschen Dynastien des Mittelalters. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Fürstenrechts, Carl Gustav Homeyer gewidmet. Halle (Saale) 1871
  • Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, 2 Bde.
    • Band 1: Das deutsche Landesstaatsrecht, Breitkopf & Härtel, Leipzig 1881 (google-books.de).
    • Band 2: Das deutsche Reichsstaatsrecht, Breitkopf & Härtel, Leipzig 1886 (google-books.de)
  • Das preussische Staatsrecht – auf Grundlage des deutschen Staatsrechts. Leipzig 1870–1877

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks und Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hermann von Schulze-Gävernitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Dorothee Gottwald: Schulze-Gaevernitz, Hermann Johann Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 721 f. (Digitalisat).
  2. a b c d e f Badische Biographie (BLB)
  3. Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 5: R–S. Winter, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1256-9, S. 294
  4. Nationalöconomische Bilder aus Englands Volksleben. Mit besonderer Berücksichtigung der landwirtschaftlichen und industriellen Verhältnisse. Habilitationsschrift
  5. Rektoratsreden (HKM)
  6. Die Krisis des deutschen Staatsrechts, 1867
  7. Die legitime Thronfolge im Königreiche Portugal. Vertheidigung der Rechte des Hauses Sachsen-Koburg-Gotha gegen die vermeintlichen Ansprüche des Dom Miguel von Braganza und seiner Descendenz (1854)
  8. Die Succession im Fürstentum Oels (1868)
  9. Die Friedensbestimmungen von Nikolsburg und Prag, in ihrem Verhältnis zur Neugestaltung Deutschlands, geschichtlich und politisch erörtert (Breslau 1866)