Hubert von Meyerinck
Hubert(us) Georg Werner Harald von Meyerinck (* 23. August 1896 in Potsdam; † 13. Mai 1971 in Hamburg) war ein deutscher Schauspieler. Er war der Onkel von Gudrun Genest und der Großonkel von Corinna Genest, die ebenfalls Schauspielerinnen sind oder waren.
Leben und Wirken
Er wurde als einziger Sohn des Hauptmanns im Garde-Jäger-Bataillon und Gutsbesitzers Friedrich von Meyerinck (1858–1928) und dessen erster Ehefrau Caroline (geborene von Hoppenstedt, 1868–1940) geboren. Sein Großvater war der Generalleutnant Hubert von Meyerinck. Seit der frühen Scheidung der Eltern (die Ehe hielt von 1893 bis 1909) wuchs er auf dem Familiengut in Posen auf. Danach besuchte er ein Gymnasium in Godesberg und wurde nach dem Abitur während des Ersten Weltkrieges zum Militärdienst eingezogen.[1] Kurze Zeit diente er als Fahnenjunker in Karlsruhe, doch ein Lungenleiden, das mehrere Sanatoriumsaufenthalte nach sich zog, bedingte seine Entlassung.
Sein Debüt am Theater gab er 1917 am Berliner Schauspielhaus als Leutnant von Hagen in Paul Heyses Kolberg. Von 1918 bis 1920 hatte er ein Engagement an den Hamburger Kammerspielen und kehrte anschließend nach Berlin zurück, wo er erfolgreich in den Avantgarde-Stücken von Carl Sternheim auftrat. Er hatte Auftritte in verschiedenen Revuen und Kabaretts, darunter auch im berühmten Tingeltangel. Später spielte er am Deutschen Theater und am Lessingtheater Rollen wie den Eingebildeten Kranken, Mackie Messer, Mephisto und den Hauptmann von Köpenick.
1920 wurde von Meyerinck für den Stummfilm entdeckt. Der Mann mit Glatze, Oberlippenbärtchen, oft mit Monokel und hypnotischem Blick wurde zu einer unverkennbaren Gestalt des deutschen Films, auch indem er im Tonfilm seine charakteristische Stimme und seine schnarrende Artikulation zur Geltung brachte. Er spielte Männer mit einer allürenhaften Haltung, die sich häufig als Hochstapler oder als Schurken erwiesen. Auch während der NS-Zeit wirkte er in zahlreichen Filmen mit. Daneben war er am Theater immer wieder im klassischen Rollenfach zu sehen, so etwa als Mephisto oder als Malvolio.
„Anfänglich betonte von Meyerinck das Feminine seiner Erscheinung. In einem Paul-Wegener-Film tanzte er, angetan mit einem rosa Balletthöschen, dem Hermelincape seiner Mutter und einer blauen Seidenkappe als Kopfbedeckung auf dem Tisch. Seine aparten homoerotischen Nuancierungen dienten seinen Regisseuren später zur negativen Charakterzeichnung. Er wurde zum beliebtesten Filmschurken des deutschen Kinos.“
Nach den Erinnerungen seines ebenfalls homosexuellen Freundes und Kollegen Kurt von Ruffin legte sich von Meyerinck auch zu dieser Zeit keine große Zurückhaltung hinsichtlich seiner Neigung auf und stand gefährdeten Freunden bei.
„Hubert von Meyerinck, mein großer Freund, der ein herrlicher Kollege, ein herrlicher Mann war, hat gesagt (obwohl er selbst immer in Gefahr war, denn er war ja einer der muntersten): ‚Ich begleite dich auf den Alexanderplatz‘. Damals war das [Polizeirevier] am Alexanderplatz. Er ging wirklich mit mir dorthin, was eine edle Tat war. Er hat mir hinterher eine wunderschöne Krawatte geschenkt, die ich noch habe.“
„Ich erinnere mich an einen schwulen Schauspieler, den wir „Hubsi“ nannten, Hubert von Meyerinck. Er hat sich selbst dessen nie gerühmt, aber in der Kristallnacht ist er über den Kurfürstendamm gelaufen und hat gerufen: „Wer auch immer unter Ihnen jüdisch ist, folgen Sie mir.“ Er hat die Leute in seiner Wohnung versteckt. Ja, es hat sie gegeben, die anständigen Menschen, deren Worten man glauben konnte, daß es schwierig war, Widerständler zu werden in jener Zeit. Menschen wie Meyerinck waren herrlich, wunderbar.“
In späteren Jahren wurde er in Filmkomödien für skurrile Amtspersonen, Adelige, Generäle und verschlagene Hochstapler besetzt. Zusammen mit Ilja Richter und Peter Alexander bildete er eine feste Besetzung in den Filmreihen Wenn die tollen Tanten kommen und Graf Bobby. Bis zu seinem Lebensende brachte es „Hubsi“ oder „Knurpsi“, wie er von Freunden, Familie und Kollegen genannt wurde[5], auf mehr als 275 Filmeinsätze, womit er zu den meistbeschäftigten deutschen Filmschauspielern gehörte. 1950 zog er nach München, spielte aber auch an den Bühnen von Göttingen und Wuppertal.
1966 erhielt er ein Festengagement am Thalia Theater in Hamburg, wo er am 4. März 1971 seine letzte Vorstellung als Agamemnon in Die schöne Helena gab. Letzte Filmerfolge hatte Hubert von Meyerinck mit den Edgar-Wallace-Filmen Im Banne des Unheimlichen (1968), Der Gorilla von Soho (1968) und Der Mann mit dem Glasauge (1968), in denen er Sir Arthur, den schrulligen Chef von Scotland Yard, verkörperte. Insgesamt wirkte er von 1965 bis 1969 in fünf Wallace-Verfilmungen mit.
Sein Privatleben verstand von Meyerinck vor den Medien abzuschirmen. Seine Erinnerungen erschienen 1967 unter dem Titel Meine besten Freundinnen, in denen er über prominente Kolleginnen wie Marlene Dietrich oder Adele Sandrock, aber auch über seine geliebte Mutter berichtet, mit der er bis zu deren Tod in häuslicher Gemeinschaft gelebt hatte.[1] Hubert von Meyerinck starb an Herzversagen im Hamburger Bethanien-Krankenhaus. Sein Grab befindet sich auf dem evangelischen Friedhof der Gemeinde Schladen bei Goslar.[6]
Berlin ehrte ihn im August 1994 mit der Benennung des Meyerinckplatzes in Charlottenburg.
Auszeichnungen
- 1960 und 1961: Preis der deutschen Filmkritik für Ein Mann geht durch die Wand und Das Spukschloß im Spessart
- 1967: Bambi
- 1968: Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film
Filmografie (Auswahl)
- 1920: Die Todesmaske
- 1921: Sehnsucht
- 1921: Der Mann ohne Namen
- 1926: Manon Lescaut
- 1926: Die Flammen lügen
- 1926: Brennende Grenze
- 1927: Doña Juana
- 1928: Unter der Laterne
- 1929: Adieu, Mascotte
- 1929: Das brennende Herz
- 1929: Ludwig der Zweite, König von Bayern
- 1930: Das Flötenkonzert von Sans-souci
- 1930: Rosenmontag
- 1931: Der Raub der Mona Lisa
- 1932: Der schwarze Husar
- 1933: Manolescu, der Fürst der Diebe
- 1933: Ich und die Kaiserin
- 1933: Der Traum vom Rhein
- 1933: Ein Unsichtbarer geht durch die Stadt
- 1934: Die Welt ohne Maske
- 1934: Ich heirate meine Frau
- 1934: Die Insel
- 1935: Barcarole
- 1935: Henker, Frauen und Soldaten
- 1935: April, April!
- 1936: Spiel an Bord
- 1937: Der Unwiderstehliche
- 1937: Ein Volksfeind
- 1938: Nanu, Sie kennen Korff noch nicht?
- 1939: Bel Ami
- 1939: Salonwagen E 417
- 1939: Robert Koch, der Bekämpfer des Todes
- 1939: Der Florentiner Hut
- 1939: Kitty und die Weltkonferenz
- 1939: Hallo Janine
- 1940: Das Herz der Königin
- 1940: Trenck, der Pandur
- 1940: Die Rothschilds
- 1940: Ihr Privatsekretär
- 1941: Frau Luna
- 1941: Die keusche Geliebte
- 1941: Venus vor Gericht
- 1942: Der große Schatten
- 1942: Diesel
- 1943: Münchhausen
- 1945: Sag’ die Wahrheit (unvollendet)
- 1945: Das Mädchen Juanita
- 1945: Shiva und die Galgenblume (unvollendet)
- 1948: Die seltsamen Abenteuer des Herrn Fridolin B.
- 1949: Der große Mandarin
- 1949: Liebe 47
- 1949: Mordprozess Dr. Jordan
- 1950: Gute Nacht, Mary
- 1950: Liebe auf Eis
- 1951: Die Frauen des Herrn S.
- 1952: Die Diebin von Bagdad
- 1952: Klettermaxe
- 1952: Liebe im Finanzamt
- 1952: Das kann jedem passieren
- 1953: Fanfaren der Ehe
- 1953: Keine Angst vor großen Tieren
- 1954: Keine Angst vor Schwiegermüttern
- 1954: Die verschwundene Miniatur
- 1954: An jedem Finger zehn
- 1954: Columbus entdeckt Krähwinkel
- 1955: An der schönen blauen Donau
- 1955: Das Forsthaus in Tirol
- 1955: Ball im Savoy
- 1955: Musik, Musik und nur Musik
- 1955: Die Wirtin zur Goldenen Krone
- 1955: Liebe, Tanz und 1000 Schlager
- 1956: Dany, bitte schreiben Sie
- 1956: Santa Lucia
- 1956: IA in Oberbayern
- 1956: Die gestohlene Hose
- 1956: Der Hauptmann von Köpenick
- 1957: Der müde Theodor
- 1957: Der tolle Bomberg
- 1957: Ferien auf Immenhof
- 1957: Weißer Holunder
- 1957: Das Wirtshaus im Spessart
- 1957: Siebenmal in der Woche
- 1957: Das Glück liegt auf der Straße
- 1957: Wenn Frauen schwindeln
- 1957: Und abends in die Scala
- 1958: Der Stern von Santa Clara
- 1958: Der Czardas-König
- 1958: Das Mädchen Rosemarie
- 1958: Piefke, der Schrecken der Kompanie
- 1958: Liebe, Mädchen und Soldaten
- 1959: Ein Mann geht durch die Wand
- 1959: Ein Stern fällt vom Himmel
- 1959: Salem Aleikum
- 1959: Melodie und Rhythmus
- 1959: Bobby Dodd greift ein
- 1960: Das Spukschloß im Spessart
- 1960: Der Herr mit der schwarzen Melone
- 1961: Geheime Wege (The Secret Ways)
- 1961: Eins, Zwei, Drei (One, Two, Three)
- 1961: Davon träumen alle Mädchen
- 1961: Die Abenteuer des Grafen Bobby
- 1961: Junge Leute brauchen Liebe
- 1961: Freddy und der Millionär
- 1961: Robert und Bertram
- 1962: …und ewig knallen die Räuber
- 1962: Der verkaufte Großvater
- 1962: Wenn die Musik spielt am Wörthersee
- 1962: So toll wie anno dazumal
- 1962: Das schwarz-weiß-rote Himmelbett
- 1962: Hochzeitsnacht im Paradies
- 1963: Das Kriminalmuseum: Fünf Fotos
- 1963: … denn die Musik und die Liebe in Tirol
- 1963: Allotria in Zell am See
- 1964: Maibritt, das Mädchen von den Inseln
- 1965: Ich kauf mir lieber einen Tirolerhut
- 1965: Neues vom Hexer
- 1966: Der Bucklige von Soho
- 1966: Das sündige Dorf
- 1966: Brille und Bombe: Bei uns liegen Sie richtig!
- 1967: Herrliche Zeiten im Spessart
- 1967: Frank der Fünfte
- 1967: Wenn Ludwig ins Manöver zieht
- 1968: Im Banne des Unheimlichen
- 1968: Der Gorilla von Soho
- 1968: Otto ist auf Frauen scharf
- 1968: Ein dreifach Hoch dem Sanitätsgefreiten Neumann
- 1969: Der Mann mit dem Glasauge
- 1969: Dr. med. Fabian – Lachen ist die beste Medizin
- 1969: Charley’s Onkel
- 1970: Wenn die tollen Tanten kommen
- 1970: Nachbarn sind zum Ärgern da
- 1971: Dem Täter auf der Spur Tod am Steuer
Schriften
- Hubert von Meyerinck: Lieder im Abend (Gedichte) Voegels Verlag, Berlin 1922
- Hubert von Meyerinck: Meine berühmten Freundinnen. Erinnerungen. Econ-Verlag, Düsseldorf u. a. 1967 (Ungekürzte Ausgabe. (= dtv-Taschenbücher 611). Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1969).
Literatur
- Jürgen Kasten: Meyerinck, Hubert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 396 f. (Digitalisat).
Weblinks
- Hubert von Meyerinck bei IMDb
- Vorlage:Filmportal.de Name
- Hubert von Meyerinck bei cyranos.ch
- Hubert von Meyerinck In: Virtual History (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ a b Bernd-Ulrich Hergemöller: Mann für Mann. Ein biographisches Lexikon (= Suhrkamp-Taschenbuch 3266). Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-518-39766-4.
- ↑ Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars. Lexikon-Imprint-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-89602-229-6.
- ↑ Als schwuler Häftling in den KZs Columbiahaus und Lichtenburg 1935/36. Friedrich Kuhn interviewt Kurt von Ruffin im Herbst 1978 in Berlin. In: CAPRI. Zeitschrift für schwule Geschichte. Korrespondenz- und Mitteilungsblatt der „Freunde eines Schwulen Museums in Berlin e.V.“ Bd. 13, Heft 3, 1991, ISSN 1431-8024, S. 4–10, hier S. 9.
- ↑ DER SPIEGEL Special vom Juni 1997.
- ↑ O.V.: Hubert von Meyerinck. In: FIRST. Ausgabe 19, Mai 1990, ZDB-ID 1049278-1, S. 6.; O.V.: Hubert von Meyernick: „Wo soll ich jetzt ficken?“ In: Männer aktuell. August 1993, S. 68; Hermann J. Huber: Leben, Lieben, Legenden. Die 60 schillerndsten Kultstars der Schwulen. Fotokunstverlag, Berlin u. a. 1989, ISBN 3-922257-97-6.
- ↑ Das Grab von Hubert von Meyerinck.
Personendaten | |
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NAME | Meyerinck, Hubert von |
ALTERNATIVNAMEN | Meyerinck, Hubert Georg Werner Harald von (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schauspieler |
GEBURTSDATUM | 23. August 1896 |
GEBURTSORT | Potsdam |
STERBEDATUM | 13. Mai 1971 |
STERBEORT | Hamburg |