Hypoxie-induzierter Faktor

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Hypoxie-induzierter Faktor 1, α-Untereinheit
Hypoxie-induzierter Faktor 1, α-Untereinheit
nach PDB 1H2K

Vorhandene Strukturdaten: 1d7g, 1h2k, 1h2l, 1h2m, 1l3e, 1l8c, 1lm8, 1lq8, 2ilm, 4ZPR

Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 826 Aminosäuren; 92,7 kDa
Isoformen 2
Bezeichner
Gen-Namen HIF1A ; HIF-1alpha; HIF1-ALPHA; MOP1; PASD8
Externe IDs
Vorkommen
Übergeordnetes Taxon Chordatiere
Orthologe
Mensch Maus
Entrez 3091 15251
Ensembl ENSG00000100644 ENSMUSG00000021109
UniProt Q16665 Q61221
Refseq (mRNA) NM_001530 NM_010431
Refseq (Protein) NP_001521 NP_034561
Genlocus Chr 14: 61.23 – 61.28 Mb Chr 12: 75 – 75.05 Mb
PubMed-Suche 3091 15251

Nobelpreis für Physiologie/ Medizin 2019: Zelluläre Anpassungsmechanismen an die Verfügbarkeit von Sauerstoff. Bei normaler zellulärer Verfügbarkeit von Sauerstoff wird Hif-1 alpha an zwei Prolin-Resten hydroxyliert und nach der Bindung an VHL und Ubiquitin im Proteasom abgebaut. Bei Sauerstoffmangel transloziert Hif-1 alpha in den Zellkern, wo es als Komplex mit Hif-1 beta an HRE bindet und Gene aktiviert, die z. B. Erythropoese, Glykolyse und Angiogenese steuern.

Hypoxie-induzierter Faktor (HIF) ist ein Transkriptionsfaktor und Hypoxie-induzierbarer Faktor, der die Versorgung der Zelle mit Sauerstoff reguliert, indem er eine Balance zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffversorgung herstellt. Seine Entdeckung wurde 2019 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin prämiert.[1] Das Protein wurde erstmals in der englischsprachigen wissenschaftlichen Literatur als Hypoxia-Inducible Factor beschrieben,[2] daher ist auch die wörtliche Übersetzung Hypoxie-induzierbarer Faktor in der deutschen Literatur gebräuchlich.[1]

HIF besteht aus einer labilen α-Untereinheit, die in den drei Isoformen HIF-1α, HIF-2α und HIF-3α existiert, und einer β-Untereinheit.

Bei normaler Sauerstoffversorgung (Normoxie) ist die α-Untereinheit an zwei spezifischen Prolyl-Resten hydroxyliert. Diese Hydroxylierung führt dazu, dass HIFα über das Von-Hippel-Lindau-Tumorsuppressor-Protein (pVHL) abgebaut wird.

Bei mangelnder Sauerstoffversorgung (Hypoxie) ist die Hydroxylierung von HIF-α gehemmt. Der so stabilisierte Transkriptionsfaktor aktiviert das Erythropoetin-Gen und eine Reihe weiterer Gene, die zur Anpassung der Zelle an eine mangelnde Sauerstoffversorgung erforderlich sind. Weiterhin deuten verschiedene Experimente auf HIF-induzierte Expression von Wachstumsfaktoren der Gruppe Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) hin.[3][4]

Gewebereparatur, Regeneration und Verjüngung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter normalen Umständen wird HIF-1a nach einer Verletzung oder bei Zellstress aller Art durch Prolylhydroxylasen (PHDs) abgebaut. Im Juni 2015 fanden Wissenschaftler heraus, dass die fortgesetzte Hochregulierung von HIF-1a über PHD-Inhibitoren verlorenes oder beschädigtes Gewebe bei Säugetieren mit einer Reparaturreaktion regeneriert. Die Herunterregulierung von Hif-1a hingegen führt zu einer Heilung mit einer Narbenreaktion bei Säugetieren mit einer vorherigen regenerativen Reaktion auf den Gewebeverlust. Die Regulierung von HIF-1a kann entweder den Schlüsselprozess der Regeneration von Säugetieren ausschalten oder einschalten.[5] Wenig später wurde die regenerative Wirkung einer HIF-1a Modulation auf gealterte Hautzellen beschrieben[6][7] und an Patienten ein verjüngender Effekt gealterter Gesichtshaut belegt.[8] HIF Modulation wurde auch mit einer positiven Wirkung bei anlagebedingtem Haarausfall in Verbindung gebracht.[9][10] Das 2016 vom Mediziner Dominik Duscher und Pharmakologen Dominik Thor in Wien gegründete Biotech Unternehmen Tomorrowlabs GmbH[11] macht sich diesen Mechanismus zunutze. Basierend auf dem zum Patent angemeldeten HSF ("HIF stärkender Faktor") Wirkstoff wurden Produkte entwickelt, die Haut- und Haarregeneration fördern sollen.[12][13][14]

HIF1a(rot) durch CoCl2 induziert, sammelt sich im Zellkern an. Immunfluoreszenz mit Maus Endothelzellen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Medizin-Nobelpreis 2019: Der Sauerstoffsensor des Lebens. Abgerufen am 3. Dezember 2020.
  2. G. L. Semenza: HIF-1 and mechanisms of hypoxia sensing. In: Current Opinion in Cell Biology. Band 13, Nr. 2, April 2001, ISSN 0955-0674, S. 167–171, doi:10.1016/s0955-0674(00)00194-0, PMID 11248550 (nih.gov [abgerufen am 5. Januar 2024]).
  3. K. M. Mohamed, A. Le u. a.: Correlation between VEGF and HIF-1alpha expression in human oral squamous cell carcinoma. In: Experimental and molecular pathology Band 76, Nummer 2, April 2004, S. 143–152. doi:10.1016/j.yexmp.2003.10.005. PMID 15010293.
  4. D. Shweiki, A. Itin u. a.: Vascular endothelial growth factor induced by hypoxia may mediate hypoxia-initiated angiogenesis. In: Nature Band 359, Nummer 6398, Oktober 1992, S. 843–845. doi:10.1038/359843a0. PMID 1279431.
  5. Scientist at LIMR leads study demonstrating drug-induced tissue regeneration. Abgerufen am 3. Dezember 2020 (englisch).
  6. Andrea Pagani, Matthias M. Aitzetmüller, Elizabeth A. Brett, Viktoria König, Raphael Wenny: Skin Rejuvenation through HIF-1α Modulation. In: Plastic and Reconstructive Surgery. Band 141, Nr. 4, April 2018, ISSN 0032-1052, S. 600e, doi:10.1097/PRS.0000000000004256 (lww.com [abgerufen am 3. Dezember 2020]).
  7. Andrea Pagani, B. Manuela Kirsch, Ursula Hopfner, Matthias M. Aitzetmueller, Elizabeth A. Brett: Deferiprone Stimulates Aged Dermal Fibroblasts Via HIF-1α Modulation. In: Aesthetic Surgery Journal. 1. Juni 2020, ISSN 1527-330X, doi:10.1093/asj/sjaa142, PMID 32479616.
  8. Dominik Duscher, Zeshaan N. Maan, Michael S. Hu, Dominik Thor: A single-center blinded randomized clinical trial to evaluate the anti-aging effects of a novel HSF™-based skin care formulation. In: Journal of Cosmetic Dermatology. Band 19, Nr. 11, 2020, ISSN 1473-2165, S. 2936–2945, doi:10.1111/jocd.13356.
  9. Khosrow Siamak Houschyar, Mimi R. Borrelli, Christian Tapking, Daniel Popp, Behrus Puladi: Molecular Mechanisms of Hair Growth and Regeneration: Current Understanding and Novel Paradigms. In: Dermatology. Band 236, Nr. 4, 2020, ISSN 1018-8665, S. 271–280, doi:10.1159/000506155, PMID 32163945.
  10. Hoffungsvoller Ansatz für Anti-Aging Skin Care und Haarregeneration. Abgerufen am 3. Dezember 2020.
  11. Tomorrowlabs: Tomorrowlabs. Abgerufen am 3. Dezember 2020.
  12. Tomorrowlabs - Anti-Aging mit patentiertem Wirkprinzip. In: Lifechange.AT. 2. Oktober 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. November 2020; abgerufen am 3. Dezember 2020 (deutsch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lifechange.at
  13. Kosmetikbranche: Wie das Beauty-Start-up Tomorrowlabs den Markt erobert. Abgerufen am 3. Dezember 2020.
  14. Ein Protein gegen das Altern und für das Geldverdienen. Abgerufen am 3. Dezember 2020.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Percy, Melanie J. et al.: A Gain-of-Function Mutation in the HIF2A Gene in Familial Erythrocytosis. In: N Engl J Med. Nr. 358, 2008, S. 162–168 (Abstract).
  • Frontiers in Nephrology: Thomas O. Daniel et al.: Integrating Renal Hypoxic Signals in Development and Disease. In: J Am Soc Nephrol. Nr. 14, 2003, S. 2693–2694 (Artikel). – Serie von Übersichtsartikeln zu Grundlagen und medizinischer Bedeutung des Sauerstoff-Sensor-Systems.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]