Igel-Stachelbart

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Igel-Stachelbart

Igel-Stachelbart (Hericium erinaceus)

Systematik
Klasse: Agaricomycetes
Unterklasse: unsichere Stellung (incertae sedis)
Ordnung: Täublingsartige (Russulales)
Familie: Stachelbartverwandte (Hericiaceae)
Gattung: Stachelbärte (Hericium)
Art: Igel-Stachelbart
Wissenschaftlicher Name
Hericium erinaceus
(Bull.) Pers.

Der Igel-Stachelbart (Hericium erinaceus), auch Affenkopfpilz, Löwenmähne, jap. Yamabushitake, frz. Pompon blanc genannt, ist eine Pilzart aus der Ordnung der Täublingsartigen.

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Junge Fruchtkörper des Igel-Stachelbarts
Blick in das Innere eines jungen Igel-Stachelbarts
Ausschnittsvergrößerung der Stacheln

Makroskopische Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Fruchtkörper ist beigefarben, manchmal auch leicht rötlich und kann Größen von bis zu 30 cm erreichen. Die Pilze sind meist kurz gestielt und werden 10–25 cm dick. Die Oberseite ist faserig aufgerissen. An der Unterseite befinden sich weiche, dicht stehende Stacheln. Sie werden 2–5 cm lang und 1,5–2 mm dick; deren Oberfläche ist bereift. Das Fleisch ist weißlich und besitzt eine zähe, etwas faserige Konsistenz. Das Sporenpulver ist weiß.

Mikroskopische Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sporen sind farblos, rundlich und besitzen eine glatte oder leicht warzige Oberfläche. Sie messen 5–7 × 4–6 Mikrometer.

Genetische Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heterothallie und bifaktorieller Kreuzungsmechanismus sind Merkmale seiner Genetik.[1]:5

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Igel-Stachelbart ist ein seltener Pilz, der als Wundparasit an älteren Laubbäumen, zumeist Eichen und Buchen, wächst.[2] Er ist sowohl an stehenden als auch an liegenden alten Baumstämmen und Stümpfen zu finden. Der Pilz wächst bevorzugt in Wäldern mit hoher Luftfeuchtigkeit.

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Igel-Stachelbart ist in der Holarktis anzutreffen, wo er eine temperate Verbreitung findet. In Europa ist der Pilz weit verbreitet, aber überall selten. Er kommt von Frankreich und Großbritannien bis Ungarn sowie von Dänemark und Südnorwegen bis nach Österreich und der Schweiz vor. In Deutschland wächst der Igel-Stachelbart sehr dünn gestreut, ist jedoch in fast allen Bundesländern mindestens einmal nachgewiesen.

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Speisewert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Gegensatz zu den meisten Stachelpilzen ist der Pom-Pom-Pilz essbar. Zur Zubereitung wird er in Würfel geschnitten und in Butter oder Öl angebraten. In Scheiben geschnitten kann der Pilz auch paniert und wie ein vegetarisches Schnitzel zubereitet werden. In der Konsistenz ähnelt der Pilz Meeresfrüchten. Sein Geschmack erinnert an Kalbs- oder Geflügelfleisch mit leicht fruchtigen Aromen von Kokosnuss und Zitronengras, die auf 4-Octanolid bzw. Limonen zurückzuführen sind.

Nährwert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bezogen auf den Mineralstoffgehalt ist der Igelstachelbart anderen Pilzen gleichwertig. Er enthält jedoch überdurchschnittlich viele essenzielle freie Aminosäuren. In einer Studie nachgewiesen wurde ein Gehalt von 16 %. Insgesamt konnten 19 freie Aminosäuren nachgewiesen werden; fast alle für den Menschen essenziellen Aminosäuren waren enthalten (mit Ausnahme von Methionin und Tryptophan).[1]:124–125

Kultivierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In China werden zum Anbau des Igelstachelbarts Behälter aus Kunststoff oder Glas verwendet. Als Nährboden dienen Sägemehl, Altpapier, Reisstroh, Maiskolben, Zuckerrohr- und Baumwollabfälle. Zusätze von Kleie, Gips oder Saccharose sind üblich; insbesondere Weizenkleie führt zu kräftigen und schnell wachsenden Myzelen. Eine Gefahr ist mit zunehmendem Alter der Grünschimmel (Trichoderma). Permethrinbehandlung nach Trauermückenbefall ist nicht empfehlenswert, da sich das Insektizid im Pilz in hohen Mengen ablagert.[1]:121 ff. Das Myzel wächst in einem sauren pH-Bereich zwischen 4 und 5,5 am besten.[1]:8 ff.

Traditionelle Medizin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der chinesischen Medizin gilt der Affenkopfpilz als heilsam bei Magen- und Atembeschwerden, Nervenleiden, hohem Cholesterinspiegel, Krebs und geschwächtem Immunsystem. Einige der ihm nachgesagten Wirkungen sind in Tierversuchen wissenschaftlich bestätigt worden.[3][4] Auch mit Patienten mit leichter Demenz wurden erste Studien zur Steigerung der kognitiven Funktionen durchgeführt.[5]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Renate Eisenhut: Untersuchungen zur Anbautechnologie und zum ernährungsphysiologischen Wert des Speisepilzes Hericium erinaceus (Bull.:Fr.) Pers. Hartung-Gorre, 1994, ISBN 3-89191-852-6.
  2. Hermann T. Jahn: Pilze, die an Holz wachsen. Busse, Herford 1979, ISBN 3-87120-853-1, S. 78.
  3. Jinn Chyi Wang, Shu Hui Hu, Jih Terng Wang, Ker Shaw Chen, Yi Chen Chia: Hypoglycemic effect of extract of Hericium erinaceus. In: Journal of the Science of Food and Agriculture. Band 85, Nr. 4, 2005, S. 641–646, doi:10.1002/jsfa.1928.
  4. Mya N. Rodriguez, Stephen L. P. Lippi: Lion's Mane (Hericium erinaceus) Exerts Anxiolytic Effects in the rTg4510 Tau Mouse Model. In: Behavioral Sciences (Basel, Switzerland). Band 12, Nr. 7, 15. Juli 2022, ISSN 2076-328X, S. 235, doi:10.3390/bs12070235, PMID 35877305, PMC 9312024 (freier Volltext).
  5. Koichiro Mori, Satoshi Inatomi, Kenzi Ouchi, Yoshihito Azumi, Takashi Tuchida: Improving effects of the mushroom Yamabushitake (Hericium erinaceus) on mild cognitive impairment: a double-blind placebo-controlled clinical trial. In: Phytotherapy research: PTR. Band 23, Nr. 3, März 2009, ISSN 1099-1573, S. 367–372, doi:10.1002/ptr.2634, PMID 18844328.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Igel-Stachelbart (Hericium erinaceus) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien