Ilvait

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Ilvait
Ilvaitkristall aus Serifos, Griechenland
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Ilv[1]

Andere Namen
Chemische Formel
  • CaFe3+Fe2+2O(Si2O7)(OH)[4]
  • CaFe2+2Fe3+[O|OH|Si2O7][5]
  • Ca(Fe,Mn)2+2Fe3+[O|OH|Si2O7][6]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Gruppensilikate (Sorosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/B.05
VIII/C.10-020[5]

9.BE.07
56.02.03.03
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe P21/a (Nr. 14, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/14.3[6]
Gitterparameter a = 13,01 Å; b = 8,80 Å; c = 5,85 Å
β = 90,2°[6]
Formeleinheiten Z = 4[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5,5 bis 6[7]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,99 bis 4,05; berechnet: 4,064[7]
Spaltbarkeit deutlich nach {001} und {010}[7]
Bruch; Tenazität uneben; spröde[7]
Farbe schwarz bis schwarzgrau
Strichfarbe schwarz mit Tendenz nach grün oder braun[7]
Transparenz undurchsichtig; in dünnen Schichten durchscheinend[7]
Glanz schwacher Metallglanz, matt
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,727[8]
nβ = 1,870[8]
nγ = 1,883[8]
Doppelbrechung δ = 0,156[8]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = gemessen: 20 bis 30°; berechnet: 30°[8]
Pleochroismus in dünnen Schichten stark:[8]
X = dunkelgrün
Y = gelb-braun bis dunkelbraun
Z = dunkelbraun

Ilvait ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca(Fe2+)2Fe3+[O|OH|Si2O7][5] und entwickelt meist prismatische Kristalle, aber auch radialstrahlige und körnige bis massige Mineral-Aggregate von schwarzer bis schwarzgrauer Farbe bei schwarzer Strichfarbe.

Mit einer Mohshärte von 5,5 bis 6 gehört Ilvait zu den mittelharten Mineralen, die sich mit einer Stahlfeile ritzen lassen. Die Flächen der üblicherweise undurchsichtigen Kristalle weisen einen schwachen Metallglanz auf. Bruchflächen oder Aggregatformen sind dagegen matt. In dünnen Schichten ist Ilvait durchscheinend und zeigt einen starken Pleochroismus, das heißt je nach der Richtung, aus der der Lichtstrahl durch den Kristall fällt, ändert das Mineral seine Farbe von Dunkelgrün über Gelb-Braun bis Dunkelbraun.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Ilvait am Torre di Rio, einem Kliff südlich des Hafens von Rio Marina auf der italienischen Insel Elba, und beschrieben 1811 durch Henrich Steffens, der das Mineral nach der alten Bezeichnung Elbas (Ilva, nach den dort früher lebenden Ilvaten) benannte, nachdem er den von den Franzosen gewählten Namen Jenit bzw. Yenit verwarf.[2]

Da der Ilvait bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Ilvait als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[4] Die ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Ilvait lautet „Ilv“.[1]

Ein Aufenthaltsort für das Typmaterial des Minerals ist nicht dokumentiert.[9]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Ilvait zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gruppensilikate (Sorosilikate)“, wo er zusammen mit Lawsonit die „Lawsonit-Ilvait-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/B.05 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/C.10-020. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Gruppensilikate“, wo Ilvait zusammen mit Cortesognoit, Hennomartinit, Itoigawait, Lawsonit, Manganilvait und Noelbensonit die unbenannte Gruppe VIII/C.10 bildet.[5]

Auch die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Ilvait in die Abteilung der „Gruppensilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen und der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Si2O7-Gruppen mit zusätzlichen Anionen; Kationen in oktaedrischer [6]er- und größerer Koordination“ zu finden ist, wo es als Namensgeber die „Ilvaitgruppe“ mit der System-Nr. 9.BE.07 und dem weiteren Mitglied Manganilvait bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Ilvait ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen und O, OH, F und H2O“ ein. Hier ist er zusammen mit Hennomartinit, Itoigawait, Lawsonit, Manganilvait, Noelbensonit in der „Lawsonit-Ilvait-Gruppe“ mit der System-Nr. 56.02.03 innerhalb der Unterabteilung „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen und O, OH, F und H2O mit Kationen in [4] und/oder >[4]-Koordination“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ilvait kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/a (Raumgruppen-Nr. 14, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/14.3 mit den Gitterparametern a = 13,01 Å; b = 8,80 Å; c = 5,85 Å und β = 90,2° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[6]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor dem Lötrohr schmilzt Ilvait leicht zu einer schwarzen, glasartigen und magnetischen Kugel. In Salzsäure (HCl) zersetzt sich Ilvait.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ilvait mit Calcit (weiß) und Quarz (farblos im Hintergrund) aus Dalnegorsk, Russland
(Größe: 4,5 cm × 3,5 cm × 3,1 cm)

Ilvait bildet sich in kontaktmetasomatischen Gesteinen und Eisenlagerstätten, in metamorphen Limoniten und Dolomit. Begleitminerale sind unter anderem Quarz, Magnetit, Hedenbergit, Sphalerit und Fluorit.

Als relativ seltene Mineralbildung kann Ilvait an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein kann, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit sind bisher etwas mehr als 200 Fundorte dokumentiert (Stand 2023).[11] Neben seiner Typlokalität bei Rio Marina trat das Mineral in Italien noch an mehreren Orten der Provinzen Livorno und Grosseto in der Toskana, auf Sardinien und am Monzoni in Trentino sowie in den Provinzen Salerno (Kampanien), Genua (Ligurien), Sondrio und Varese (Lombardei), Turin und Verbano-Cusio-Ossola (Piemont) auf.

Erwähnenswert aufgrund außergewöhnlicher Ilvaitfunde ist unter anderem die Insel Serifos in Griechenland, wo bis zu 30 cm lange Kristalle gefunden wurden. An seiner Typlokalität Rio Marina traten immerhin noch bis zu 10 cm lange Kristalle zutage.

In Deutschland fand sich Ilvait unter anderem bei Seelbach (Herborn) in Hessen, bei Bad Harzburg und Clausthal-Zellerfeld in Niedersachsen, bei Ahrbrück in Rheinland-Pfalz sowie an mehreren Orten des sächsischen Erzgebirges.

In Österreich wurde das Mineral bisher nur bei Freienberg in der Steiermark und an der Islitz Alp im Umbaltal in Tirol gefunden und in der Schweiz bisher nur bei Marmorera (Graubünden) und im Binntal (Wallis).

Weitere Fundorte sind Argentinien, Australien, Bolivien, Bulgarien, Chile, China, Kanada, Frankreich, Grönland, Island, Indien, Japan, Kosovo, Mexiko, Mongolei, Neuseeland, Norwegen, Rumänien, Russland, Slowakei, Südafrika, Schweden, die Ukraine, England im Vereinigten Königreich (Großbritannien) sowie die Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[12]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ilvaite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 14. Juni 2023]).
  2. a b c d Steffen Heinrichs: Vollständiges Handbuch der Oryktognosie. Curtsche Buchhandlung, Halle 1811, S. 356–358 (rruff.info [PDF; 218 kB; abgerufen am 14. Juni 2023]).
  3. a b Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 693 (Erstausgabe: 1891).
  4. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2023, abgerufen am 14. Juni 2023 (englisch).
  5. a b c d Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 574 (englisch).
  7. a b c d e f Ilvait. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 79 kB; abgerufen am 14. Juni 2023]).
  8. a b c d e f Ilvaite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 14. Juni 2023 (englisch).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – I. (PDF 95 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 14. Juni 2023.
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 14. Juni 2023 (englisch).
  11. Localities for Ilvaite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 14. Juni 2023 (englisch).
  12. Fundortliste für Ilvait beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 14. Juni 2023.