Inge Bell

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Inge Bell bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin 2019

Inge Bell (* 28. August 1967 in Kronstadt/Brașov, Rumänien) ist eine deutsche Journalistin, Menschenrechtsaktivistin, Unternehmensberaterin und Unternehmerin.[1] Sie war von Mai 2017 bis Juni 2023 zweite Vorsitzende der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes[2] und von 2021 bis Juli 2022 der bayerischen Vertretung der Hilfsorganisation Solwodi.[3] Seit Mai 2022 ist Inge Bell 1. Vorsitzende des sich in Gründung befindenden Vereins „Deutsches Institut für angewandte Kriminalitätsanalyse DIAKA e.V.“[4]

Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Inge Bell verbrachte ihre frühe Kindheit in Schäßburg/Sighișoara. Nach der Flucht[5] ihrer Familie nach Deutschland wuchs sie ab 1971 in München auf. Sie studierte Sprach- und Literaturwissenschaft.

Von 1997 bis 2010 arbeitete sie für die ARD. Im Auftrag des NDR drehte sie für den Weltspiegel von 2000 bis 2003 eine mehrteilige Reportage über ein bulgarisches Heim für behinderte Mädchen und Frauen. Die erste Reportage daraus wurde im April 2000 im ARD-Weltspiegel unter dem Titel Verbannt, vergessen, abgeschoben – Die Mädchen von Malko Scharkovo gesendet.[6]

Diese Ausstrahlung veranlasste den Landesdirektor des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) Ferdinand Esser zum ersten Auslandsengagement des LVR in seiner Geschichte, das zur Gründung des Vereins zur Förderung von Einrichtungen für Behinderte im Ausland e. V.[7] führte, der seitdem das Heim mit Geld- und Sachspenden unterstützt. Der zweite Teil von Inge Bells Reportage, Bulgarien: Das Behindertenheim am Ende Europas, wurde im Mai 2005 im Weltspiegel ausgestrahlt.[8]

Ab 2006 begann Inge Bell, freischaffend als Medien- und Kommunikationstrainerin zu arbeiten. 2012 gründete sie eine Firma, die Videos für Kommunikationstrainings produziert.[9] Sie ist, zusammen mit Stefan Baumgarth, Entwicklerin und Herausgeberin der Trainingsmethode „Eniqma Edition“.[10]

2014 kam Bell in die Geschäftsleitung von Kubon & Sagner.[11] 2016 gründete sie mit ihrem damaligen Geschäftspartner und heutigen Ehemann Stefan Baumgarth die Bell & Baumgarth GmbH als Holding. Neben der Bell Media GmbH, der Bridgehouse Bell GmbH und der Biblion Media GmbH wurde Kubon & Sagner Media GmbH eine hundertprozentige Tochter der Holding.[12] 2017 meldete die Kubon & Sagner Media GmbH Insolvenz an.[13]

Zwischen Mai 2017 und Juni 2023 war Inge Bell stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Terre des Femmes. 2020 erarbeitete der Vorstand unter Mitwirkung von Inge Bell ein „Positionspapier zu Transgender, Selbstbestimmung und Geschlecht“, das am 20. September 2020 von der Mitfrauenversammlung (=Mitgliederversammlung) von TdF beschlossen wurde. In dem Papier hieß es: „Terre des Femmes unterstützt Transgender in ihrem Recht, ihr empfundenes Geschlecht selbstbestimmt auszudrücken.“ Das Papier spricht von „biologischen Unterschieden (biologisch Geschlecht/Sex)“ [sic], aus denen „soziale Geschlechter (Gender) konstruiert“ würden. „Die Struktur patriarchaler Macht kann nicht bekämpft werden, wenn der Anlass der patriarchalen Geschlechterordnung – die Biologie (Sex) – mit Gender gleichgesetzt wird.“[14][15] Im Juni 2022 bestätigte die Mitfrauenversammlung diese Position. Nachdem das Papier starken Angriffen aus der LGBT-Bewegung ausgesetzt war und als transfeindlich kritisiert wurde, entschied der Vorstand von TDF kurz darauf, im Juli 2022, das Papier zurückzuziehen. Noch im selben Monat gründete Inge Bell gemeinsam mit über 70 weiteren TdF-Mitfrauen die Initiative „saveTDF“, der bis Juni 2023 über 400 Frauen beitraten, unter ihnen das Gründungsmitglied Ingrid Staehle.[15][16][17] Die Mitfrauenversammlung im Juni 2023 bestätigte mit knapper Mehrheit die Zurückziehung des Papiers. Inge Bell trat daraufhin mit zahlreichen anderen Mitgliedern aus Terre des Femmes aus.[18][19]

Gemeinsam mit weiteren ehemaligen Mitgliedern von Terres des Femmes gründete Bell 2022 in München das „Deutsche Institut für angewandte Kriminalitätsanalyse DIAKA e.V.“, dessen 1. Vorsitzende sie ist.[20]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Positionen und Kontroversen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Inge Bell bezeichnet ihre Position selbst als „Ich stehe scharf und klar für Frauenrechte“.[24] Sie thematisiert in der Öffentlichkeit immer wieder Menschenrechtsverletzungen an Mädchen und Frauen und tritt als Kritikerin vor allem gegen Prostitution und Frauenhandel, Sexismus, sexualisierte Gewalt und das muslimische „Kinderkopftuch“ ein.[25][26] Im Januar 2017 kritisierte Inge Bell ein Werbefoto der Allianzgeneralvertretung Kundler Berlin als sexistisch, was eine umfangreiche Medienberichterstattung auslöste.[27][28][29] Im Februar 2017 erwirkte die Allianzgeneralvertretung Kundler Berlin eine Einstweilige Verfügung gegen Inge Bell, ersetzte aber das kritisierte Bild.[30]

Im Mai 2017 wählte die Mitgliederversammlung von Terre des Femmes Inge Bell in den Vorstand und verabschiedete die Forderung nach dem Verbot des muslimischen Kinderkopftuchs.[31] Diese Forderung hatte bereits im Vorfeld vereinsintern für Kritik und „Unterwanderungsversuche“ gesorgt.[32]

Die baden-württembergische Grünen-Politikerin und Transfrau Maike Pfuderer, beleidigte Bell öffentlich als TERF und Bell klagte dagegen vor dem Landgericht München I. Das rechtskräftige Urteil untersagt Pfuderer unter Androhung von 250.000 Euro Ordnungsgeld oder Ordnungshaft, Bell weiterhin als TERF zu beleidigen oder zu behaupten, Bell würde mit Rechtspopulisten auftreten.[33]

Veröffentlichungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungen in Sammelbänden

  • Inge Bell: Maria – eigentlich gibt es sie nicht. In: Lea Ackermann, Reiner Engelmann (Hrsg.): Solidarität mit Frauen in Not. 20 Jahre SOLWODI. Horlemann, Berlin 2005, ISBN 3-89502-201-2, S. 82–89.
  • Inge Bell: Kinderprostitution in Tschechien. In: Reiner Engelmann, Urs M. Fiechtner (Hrsg.): Kinder ohne Kindheit. Ein Lesebuch für Kinderrechte. Sauerländer, Düsseldorf 2006, ISBN 3-7941-8045-3, S. 134–141.
  • Inge Bell, Maria von Welser, Fritz Köster: Drei Stimmen zu Solwodi. In: Lea Ackermann, Mary Kreutzer, Alicia Allgäuer (Hrsg.): In Freiheit leben, das war lange nur ein Traum. Mutige Frauen erzählen von ihrer Flucht aus Gewalt und moderner Sklaverei. Kösel-Verlag, München 2010, ISBN 978-3-466-30878-1, S. 23–30, urn:nbn:de:101:1-201111044946.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Inge Bell Consulting. In: ingebell.de. Abgerufen am 19. Oktober 2023.
  2. Vorstand Terre des Femmes (Memento vom 25. Oktober 2019 im Internet Archive).
  3. Inge Bell. Produzentin. Publizistin. Unternehmensberaterin (Memento vom 16. Mai 2022 im Internet Archive).
  4. DIAKA-Pressemitteilung. In: Deutsches Institut für angewandte Kriminalitätsanalyse. 9. Mai 2022, abgerufen am 19. Oktober 2023.
  5. Fairplay für Frauen: Frausein verteidigen! Inge Bell und Eva Engelken reden Klartext – Online-Diskussion am 16. September 2022 (ab 0:59:45) auf YouTube, 25. September 2022, abgerufen am 20. Oktober 2023 (Selbstauskunft; Laufzeit: 1:14:16 h).
  6. Homepage des Heims, abgerufen am 7. März 2019, auch im NDR-Archiv, Archiv-Nr. 1082210.
  7. Verein Bulgarienhilfe, Historie (Memento vom 4. November 2016 im Internet Archive). In: verein-behindertenhilfe-bulgarien.de, abgerufen am 7. März 2019.
  8. NDR-Archiv, Archiv-Nr. 1100684.
  9. Website Bell Media – Institut für anschauliches Lernen. In: bellmedia.info, abgerufen am 7. März 2019.
  10. Eniqma Edition. Impressum. Bell Media, abgerufen am 19. Oktober 2023.
  11. Inge Bell weitere Geschäftsführerin. Osteuropa-Spezialistin neu bei Kubon & Sagner. In: Börsenblatt, 2. Oktober 2014, abgerufen am 7. März 2019.
  12. Peter Lang übernimmt Slavistik-Programm. In: Börsenblatt, 15. August 2017, abgerufen am 7. März 2019.
  13. Kubon & Sagner Media meldet Insolvenz an. In: Börsenblatt. 28. Juli 2017, abgerufen am 7. März 2019.
  14. Positionspapier zu Transgender, Selbstbestimmung und Geschlecht von TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e. V. (PDF; 67,2 kB) In: fairplayfuerfrauen.org. 12. September 2020, abgerufen am 30. März 2023.
  15. a b Chantal Louis: Was ist los bei Terre des Femmes? In: Emma, 30. Juni 2023.
  16. #SaveTDF. Website Inge Bells und anderer. In: savetdf.info, abgerufen am 6. Juli 2023.
  17. Richtigstellung: #saveTDF – aber wovor? Stellungnahme des TDF−Vorstands zu den Vorwürfen. In: frauenrechte.de, 20. August 2022, abgerufen am 6. Juli 2023.
  18. Sabine Menkens, Terre des Femmes entzweit sich im Transgender-Streit: Die renommierte Frauenrechtsorganisation verzeichnet nach einer kontroversen Mitgliederversammlung zahlreiche Austritte. Wie sich eine feministische Organisation im Transgender-Streit zerlegt, Die Welt vom 9. Juni 2023.
  19. Jens-Christian Rabe: Frauenrechte: Wer ist eine Frau? Süddeutsche Zeitung, 6. Juli 2023.
  20. Webseite des Deutschen Instituts für angewandte Kriminalitätsanalyse (DIAKA). In: diaka.org. Abgerufen am 19. Oktober 2023.
  21. Preisträgerin 2007 – Inge Bell (Memento vom 16. November 2013 im Internet Archive)
  22. Als Mensch kann ich nicht wegsehen (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive) In: frauenrat.de.
  23. Bundesverdienstkreuz für „Frau Europas“ Inge Bell. In: netzwerk-ebd.de, Europäische Bewegung Deutschland, 13. März 2013, abgerufen am 7. März 2019.
  24. #unteilbar – ein Wolf im Schafspelz? In: wize.life. 13. Oktober 2018, abgerufen am 7. März 2019.
  25. Inge Bell: Prostitution ist Gewalt. Terre des Femmes fordert das Sexkauf-Verbot. Bewusstseinswandel gelingt nur durch Perspektivwechsel und durch Gesetze. In: Mittelbayerische Zeitung. 17. Juli 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. Juli 2018; abgerufen am 7. März 2019.
  26. Caroline Strang: @1@2Vorlage:Toter Link/www.swp.deWerbung. Ist diese Werbung sexy oder sexistisch? (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Februar 2022. Suche in Webarchiven) In: swp.de, 12. September 2017, abgerufen am 7. März 2019 (keine Mementos).
  27. Olga Scheer: Gleichberechtigung. Sexismus-Streit bei Allianz-Agentur. In: Spiegel Online. 4. März 2017, abgerufen am 7. März 2019.
  28. Allianz-Agent im Sexismuswirbel. In: finews.ch. 7. März 2017, abgerufen am 7. März 2019.
  29. Tamara Wernli: Absurder Frauenkampf. In: Basler Zeitung. 9. März 2017, abgerufen am 7. März 2019.
  30. Alice Schwarzer: Versicherung oder Escort-Agentur? In: Emma. 6. März 2017, abgerufen am 9. Dezember 2019.
  31. Recht auf Kindheit muss gewahrt bleiben: TERRE DES FEMMES fordert gesetzliches Kopftuchverbot bei Mädchen. In: frauenrechte.de, 22. Mai 2017, abgerufen am 7. März 2019.
  32. Alexandra Eul: Unterwandersungsversuch bei TdF. In: Emma. 26. Juni 2017, abgerufen am 7. März 2019.
  33. Debatte um Transgender Frauenrechtlerin siegt gegen Transfrau vor Gericht und protestiert gegen militante Minderheit, [Focus], 4. August 2023