Johann Jakob Froberger

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Autograph von Froberger (1649 datiert)
Gedenkstein für Froberger vor dem Schloss Héricourt

Johann Jakob Froberger (* 18. Mai 1616 in Stuttgart; † 6. (7.) Mai 1667 auf Schloss Héricourt bei Mömpelgard, Grafschaft Württemberg-Mömpelgard) war ein deutscher Komponist, Organist und Cembalist des Barock.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Jakob Frobergers Familie stammte aus Halle (Saale). Hier wurde 1575 sein Vater Basilius Froberger geboren, zog nach Stuttgart um und wurde dort 1621 Kapellmeister der Stuttgarter Hofkapelle. Mit seinen Geschwistern, von denen vier ebenfalls an der Stuttgarter Hofkapelle angestellt wurden, verbrachte Johann Jakob Froberger seine Jugend in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges und verlor beide Eltern 1637 infolge einer Pestepidemie.

Mit 21 Jahren erhielt Froberger eine erste Anstellung als Organist am Wiener Hof. Wenige Monate später, im November 1637 unternahm er eine dreieinhalbjährige Studienfahrt nach Italien zu Girolamo Frescobaldi. In Rom freundete er sich mit seinen Mitschülern Athanasius Kircher und Michelangelo Rossi an. Wohl in dieser Zeit konvertierte Froberger auch zum Katholizismus. Von April 1641 bis Oktober 1645 nahm er den Dienst am Wiener Hof wieder auf.

Die Zeit zwischen 1645 und 1653 ist kaum dokumentiert; fest steht, dass er vor 1649 eine zweite Reise nach Italien unternommen und dort Giacomo Carissimi und Athanasius Kircher besucht hat. Letzterer überließ ihm eine selbst konstruierte „Kompositionsmaschine“, die er Organum mathematicum nannte. Frobergers Rückreise führte über Florenz, Mantua und Regensburg nach Dresden. Johann Mattheson berichtet von einem Wettstreit mit dem gleichaltrigen Dresdner Hoforganisten Matthias Weckmann in Dresden. Obwohl Froberger als Sieger eine goldene Kette gewann, zollte er dem Kontrahenten größten Respekt, und es entstand eine intensive Freundschaft. Beim Begräbnis der Kaiserin Maria Leopoldine im August 1649 lernte Froberger William Swann, den Gesandten des Fürsten von Oranien kennen. Dieser beschrieb Froberger in einem Brief an Constantijn Huygens, den Sekretär des Prinzen, und es entstand eine Freundschaft zwischen Froberger und Huygens. Weitere Reisen führten den Komponisten 1650 nach Utrecht, Brüssel und 1652 nach Paris. In einer Pressenotiz vom 26. September 1652 über ein Konzert Frobergers in Paris wurde er als „deutscher Dicksack“ und „mittelmäßige Persönlichkeit“ bezeichnet. Froberger pflegte während dieser Zeit gute Kontakte zu Louis Couperin und Denis Gaultier. In einem Brief an Kircher vom 9. Februar 1654 erwähnt Froberger seine Reisen in Deutschland, den Niederlanden, England und Frankreich.

Im April 1653 kehrte Froberger nach Wien als Hoforganist zurück. Nach seinem Amtsantritt 1657 reduzierte der neue Kaiser Leopold I. das Personal der Wiener Hofmusikkapelle, Frobergers Stellung am Wiener Hof wurde gestrichen.

Er ließ sich dann bei der musikbegeisterten Herzogin Sibylla von Württemberg-Mömpelgard nieder. Zu dieser Zeit reiste er vielleicht auch nach Madrid.[1] Von etwa 1662 an wohnte er in dem Witwensitz der Herzogin, dem Schloss Héricourt. Froberger starb im Refektorium des Schlosses an den Folgen eines Schlaganfalls. Die Umstände seines Todes werden in einem Brief der Herzogin an Huygens beschrieben.

Froberger schuf fast ausschließlich Instrumentalwerke, er entwickelte die Suitenform weiter. Der Werkbestand ist noch nicht endgültig gesichert, da sein musikalischer Nachlass in den Besitz des Hauses Württemberg überging und seither verschollen ist. Neue Manuskriptfunde führen zu einer ständigen Erweiterung der Gesamtausgabe beim Bärenreiter-Verlag, das 2006 aufgetauchte Autograph ist seit seiner Versteigerung nicht zugänglich und bleibt unausgewertet. Seine Toccaten, Capriccios, Ricercare, Fantasien, Kanzonen, Suiten und Suitensätze sind auf Orgel, Cembalo und Clavichord spielbar, wobei für die meisten ein Manualumfang C–c3 mit kurzer Oktave galt (= 45 Tasten), manchmal auch nur 38 Tasten (FGA–g2a2). Da keine Konflikte mit den Zweierbindungen eines gebundenen Clavichords bestehen, kann man davon ausgehen, dass sein Hauptinstrument ein gebundenes Clavichord mit kurzer Oktave war.

Mit Anwendung der verschiedenen Stilelemente europäischer Prägung wirkte er nachhaltig auf die Komponisten Dietrich Buxtehude, Georg Muffat und Johann Pachelbel ein. Seine Werke waren auch Johann Sebastian Bach bekannt.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 30 Suiten für Cembalo
  • Toccata da Sonarsi alla Leuatione, FbWV 106
  • Toccata, FbWV 107
  • Toccata, FbWV 109
  • Toccata, FbWV 110
  • Toccata, FbWV 112
  • Toccata quinti toni, FbWV 116a
  • Toccata, FbWV 130
  • Fantasia sopra Ut.Re.Mi.Fa.Sol.La, FbWV 201
  • Fuga, FbWV 307
  • Ricercare für Orgel, FbWV 405
  • Ricercare für Orgel, FbWV 407
  • Canzona Nr. 1 für Orgel, FbWV 301
  • Canzona Nr. 2 für Orgel, FbWV 302
  • Canzona Nr. 3 für Orgel, FbWV 303
  • Canzona Nr. 4 für Orgel, FbWV 304
  • Canzona Nr. 5 für Orgel, FbWV 305
  • Capriccio, FbWV 502
  • Capriccio, FbWV 503
  • Capriccio, FbWV 507
  • Capriccio, FbWV 508
  • Capriccio, FbWV 519
  • Partita (Suite), FbWV 605
  • Partita (Suite), FbWV 618a
  • Partita (Suite), FbWV 638
  • Partita (Suite), FbWV 639
  • Sarabande (Werk für Cembalo), FbWV 640
  • Partita (Suite), FbWV 641
  • Partita (Suite), FbWV 642
  • Partita (Suite), FbWV 643
  • Partita (Suite), FbWV 644
  • Partita (Suite), FbWV 645
  • Partita (Suite), FbWV 646
  • Partita dolorosa (Suite), FbWV 648
  • Partita (Suite), FbWV 649
  • Allemande für Cembalo, FbWV 650
  • Partita (Suite), FbWV 651
  • Partita (Suite), FbWV 652

Notenbeispiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Jakob Froberger: Méditation faist sur ma Mort future laquelle se joue avec discretion.


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  tagline = ##f
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   %%Froberger — Meditation
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    piece = ""
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}

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Dies wurde erst bekannt, nachdem im November 2006 sein umfangreiches spätes Manuskript aufgetaucht war.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alexander Eisenmann: Froberger, Johann Jakob. Orgel- und Klavierkomponist. Kaiserlicher Kammerorganist. 1616–1667. In: Hermann Haering, Otto Hohenstatt (Hrsg.): Schwäbische Lebensbilder. Bd. 1, Kohlhammer, Stuttgart 1940, S. 193–201.
  • Willi Kahl: Froberger, Johann Jakob. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 642 f. (Digitalisat).
  • Denis Morrier: Johann Jakob Froberger 1616–1667: une odyssée musicale. In: „Diapason“ 651, November 2016, S. 27–33.
  • Siegbert Rampe: Vorwort zur „Neuen Froberger-Ausgabe“. Bärenreiter, Kassel etc. 1993ff.
  • Siegbert Rampe: Froberger. In: Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG2), 2002, Personenteil Bd. 7/172ff.
  • Wolfgang Sander: Tod und Verklärung: Johann Jakob Frobergers musikalische Jenseitsgedanken. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. November 2006.
  • Bob van Asperen: „Drei Toccaten“ in der Handschrift Chigi Q.IV.25. In: „Concerto“ 224, Köln 2009, S. 34–41.
  • Henning Siedentopf, Johann Jakob Froberger. Leben und Werk. Stuttgarter Verlagskontor, Stuttgart 1977.
  • Philipp SpittaFroberger, Johann Jakob. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 8, Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 128 f.
  • Pieter Dirksen: Johann Jacob Froberger in Dresden. In: „Schütz-Jahrbuch“ 39 (2017), S. 20–28.
  • Andreas Vejvar, Markus Grassl (Hg.): „Avec discrétion“. Rethinking Froberger. Böhlau, Wien / Köln / Weimar 2018 (= Wiener Veröffentlichungen zur Musikgeschichte, 14) [Beiträge in Deutsch und Englisch].
  • Alfred Gross: „In 26 Noten-Fällen ziemlich deutlich vor Augen und Ohren geleget“. Symbolik, Abbildung und Nachahmung in Frobergers Cembalomusik. In: „Musik in Baden-Württemberg“ 25, (2019/20), S. 345–375.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Johann Jakob Froberger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien