Bavaria Heidelberg

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Basisdaten
Name: Bavaria Heidelberg im KC
Universität: Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Gründung: 19. Januar 1902 (Bavaria)[1]
Farben: blau-weiß-orange (orange Mütze)[2]
Gründung: 20. Oktober 1890 (Badenia[3])
Farben: violett-weiß-orange
Verband: Kartell-Convent der Verbindungen deutscher Studenten jüdischen Glaubens
Prinzip: schlagend
Auflösung: 1933

Die K.C. Bavaria Heidelberg war eine jüdische Studentenverbindung in Heidelberg. Sie bestand mit Unterbrechungen von 1890 bis 1933.[4]

Geschichte Badenias (1890–1902)

Als Reaktion auf den zunehmenden Antisemitismus im Deutschen Reich und auch innerhalb der Studentenschaft entstanden jüdische Studentenverbindungen, um jungen Studenten jüdischen Glaubens eine Heimat zu bieten.

Im Jahr 1896 kam es zur Gründung des Kartell-Convents jüdischer Korporationen, der eine Gleichberechtigung der Juden, Kampf gegen den Antisemitismus, aktive Teilhabe am deutschen Leben auf dem Boden einer deutschvaterländischen Gesinnung anstrebte.[4][5]

Eines der ersten Mitglieder war die bereits 1890 gegründete Badenia Heidelberg. Kennzeichen der K.C.-Verbindungen war, dass jede tatsächliche oder vermeintliche antisemitische Äußerung sofort mit der Forderung nach Satisfaktion beantwortet wurde, was zu häufigen Duellen und Auseinandersetzungen mit anderen Korporationen, aber auch Nicht-Korporierten führte.

Im August 1901 reichten andere Heidelberger Verbindungen eine Kollektivbeschwerde beim Disziplinaramt des Akademischen Senats der Universität ein, welche ein Verbot Badenias zum Ziel hatte.[6] Die Verbindung wurde zeitweilig vom Uni-Senat verboten, am 23. August 1902 musste sie sich auflösen, da sie den akademischen Frieden gefährde.[5]

Fast zeitgleich gründeten die Mitglieder der Badenia die Verbindung als Bavaria mit leicht abgeändertem Couleur komplett neu und umgingen so das Verbot.

Geschichte Bavarias (1902–1933)

Die weiteren Jahre waren ebenso von Konflikten mit anderen Studenten und den Versuch um akademische Anerkennung und Gleichberechtigung geprägt. Die Bavaria hatte aber bessere Beziehungen zu den anderen nichtjüdischen Korporationen als ihre Vorgängerin.[7]

Eine bemerkenswerte Annäherung gab es 1919, als der Universitätsprofessor Weber eine gegen die Studentenverbindungen gerichtete Rede in der Universität hielt, die Bavaria beteiligte sich mit anderen Verbindungen gemeinschaftlich am Protest, der am 21. Januar 1919 in einer öffentlichen Erklärung der 11 Verbindungen (von der Turnerschaft Ghibellinia bis zum Wingolf) gipfelte.[8]

Ab 1907/1911 existierte eine weitere jüdische Verbindung in Heidelberg: Der VJSt Ivria. Während die Bavaria für jüdische Assimilation und Anpassung eintrat, war die Ivria Heidelberg zionistisch ausgerichtet.[9]

Beide Verbindungen (und deren Ideologien: Deutsches Vaterland versus Gelobtes Israel) konkurrierten scharf miteinander, als die Ivria 1913 anlässlich der Beerdigung eines russisch-jüdischen Mitstudenten bei der Grabrede als „Vertreter der jüdischen Studentenschaft“ auftrat, folgten harsche Briefwechsel, der Konflikt wurde durch eine Fechtpartie beigelegt.[10]

1923 wurde die Bavaria ein weiteres Mal vom Rektor für ein Semester suspendiert.[11]

Ab den 1930er Jahren wurde die Lage für jüdische Korporationen wie die Bavaria immer unhaltbarer. Im Sommersemester 1933 nahm sie als einzige der drei aktiven jüdischen Studentenverbindungen Heidelbergs (Bavaria, Ivria, Nicaria) noch den Betrieb auf, löste sich aber am 11. oder 12. Juli 1933 nach Erlass des badischen Kultusministers vom 6. Juli auf.[12]

Bekannte Mitglieder

  • Ludwig Haas (1875−1930), Rechtsanwalt, Reichstagsabgeordneter, Badischer Minister, Offizier im Ersten Weltkrieg
  • Julius Kleeberg (1894−1988), deutsch-israelischer Professor für Innere Medizin
  • Ludwig Marum (1882−1934), Rechtsanwalt, Politiker der SPD und Opfer des NS-Regimes (wandte sich nach dem Ende Badenias 1902 enttäuscht vom Bildungsbürgertum ab und der Arbeiterbewegung zu)

Einzelnachweise

  1. http://www.lexikus.de/Zionistisches-Abc-Buch/Studentenvereinigungen-die-juedischen-auf-deutschen-Hochschulen
  2. E. H. Eberhard: Handbuch des studentischen Verbindungswesens. Leipzig, 1924/25, S. 67.
  3. Eckhard Oberdörfer: Der Heidelberger Karzer, Köln 2005, S. 160.
  4. a b Monika Pohl: Ludwig Marum: ein Sozialdemokrat jüdischer Herkunft und sein Aufstieg in der badischen Arbeiterbewegung, 1882–1919, 2003, ISBN 9783881903417, S.75
  5. a b Beyer Gerhard, Aurand Detlev… weiland Bursch zu Heidelberg: Eine Festschrift der Heidelberger Korporationen zur 600-Jahr-Feier der Ruperto Carola, Heidelberger Verlagsanstalt u. Druckerei, 1986, ISBN 9783920431635, S.353f
  6. Universitätsarchiv Heidelberg, Akte UAH-A 869 (VIII, 1, 208a) Das Verhalten der Badenia Betreffend
  7. Thomas Weber: Our friend "the enemy": elite education in Britain and Germany before World War I, Stanford University Press, 2007, ISBN 9780804700146, S. 204
  8. Max Weber, Horst Baier, Wolfgang J. Mommsen, Max Weber Gesamtausgabe Volume 16, Mohr Siebeck, 1988, ISBN 9783168450535, S.192
  9. Norbert Giovannini, Jo-Hannes Bauer, Hans Martin Mumm: Jüdisches Leben in Heidelberg: Studien zu einer unterbrochenen Geschichte, Wunderhorn, 1992, ISBN 9783884230770, S. 209.
  10. Andreas Cser: Geschichte der Juden in Heidelberg, B. Guderjahn, 1996, ISBN 9783924973483, S. 335.
  11. Kurt U. Bertrams: Der Kartell-Convent und seine Verbindungen, 2. Ausgabe, WJK-Verlag, 2009, ISBN 9783933892690, S. 133
  12. Arno Weckbecker: Die Judenverfolgung in Heidelberg, 1933–1945, C. F. Muller Juristischer Verlag, 1985, ISBN 9783811451858, S. 184.

Weblinks