Projekt 1144

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von KN-3-Reaktor)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Projekt 1144
Die Kirow, 1989, heute „Admiral Uschakow“
Die Kirow, 1989, heute „Admiral Uschakow“
Schiffsdaten
Land Sowjetunion Sowjetunion
Russland Russland
Schiffsart Atomkreuzer/Lenkwaffenkreuzer
Bauwerft Baltisches Werk
Gebaute Einheiten 4
Dienstzeit seit 1980
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 252 m (Lüa)
Breite 28,5 m
Tiefgang (max.) 10,4 m
Verdrängung Leer: 23.750 t

Einsatz: 25.860 t

 
Besatzung 610 bis 655 Mann
Maschinenanlage
Maschine 2 × KN-3-Reaktoren

2 × Dampfturbinen

Maschinen­leistung 2 × 70.000 PS (51.485 kW)
Höchst­geschwindigkeit 32 kn (59 km/h)
Propeller 2 fünfflügelig
Bewaffnung
  • Raketen (auf allen Schiffen):
20 × SM-233 Starter für P-700 Granit
12 × S-300F
2 × 2 9K33M
  • Raketen (optional):
2 × 8 M330
2 × 1 UPRK-3
2 × 1 RPK-2
  • Rohrartillerie (optional):
1 × 2 130-mm-L/70 AK-130
2 × 1 100-mm-L/59 AK-100
  • Torpedos:
2 × 5 Torpedorohre ∅ 53,3 cm
Panzerung
  • Reaktorsektion: 35–100 mm
  • Ruderanlage: 50–70 mm
  • Turmaufbau: 80 mm

Das Projekt 1144 „Orlan“Weißkopfseeadler (NATO-Bezeichnung: Kirow-Klasse) – umfasst, abgesehen von Flugzeug- und Hubschrauberträgern, die längsten zurzeit aktiven Kriegsschiffe der Welt. Innerhalb der NATO werden sie als Schlachtkreuzer klassifiziert, auch wenn sie ganz anderen Einsatzerfordernissen dienen als die historischen Schlachtkreuzer zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Schiffe der Kirow-Klasse waren in der sowjetischen Marine des Kalten Krieges ursprünglich zur U-Boot-Abwehr gedacht – Primärziele waren die U-Boote mit Nuklearwaffen der US Navy. Als der Granit-Raketenkomplex entwickelt wurde, wurde das Aufgabenfeld der Schiffe des Projekts 1144 auf den Flottenschutz ausgedehnt. Sie sind die einzigen Atomkreuzer der russischen Marine.

Einheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schlachtkreuzer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Klasse beinhaltet vier Schiffe: Admiral Uschakow (ehemals Kirow), Admiral Lasarew (ehemals Frunse), Admiral Nachimow (ehemals Kalinin) und Pjotr Weliki (ehemals Juri Andropow), die sich in der Bewaffnung unterscheiden. Eine fünfte Einheit dieser Klasse, die Kusnezow, war geplant, wurde jedoch noch 1992 in der Werft abgebrochen. Das erste Schiff wurde nach dem Projekt 1144 entworfen und gebaut, alle folgenden nach dem weiterentwickelten Entwurf Projekt 1144.2. Ob die nicht fertiggestellte Dserschinski (später Kusnezow) ebenfalls als Projekt 1144.2 oder nach einem anderen bzw. nochmals modifizierten Projekt gebaut werden sollte, ist unklar.

Ein wesentliches Merkmal dieser Schiffe ist, dass die Bewaffnung an Deck im Vergleich zu anderen russischen Schiffen (z. B. Slawa-Klasse) dürftig erscheint. Ein Großteil der Bewaffnung besteht jedoch aus Lenkwaffen, die in vertikalen Startern unter Deck untergebracht sind.

Aufklärungsschiff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ural (SSW-33) (ССВ-33 Урал), Projekt 1941 „Titan“, war ein Aufklärungsschiff der Sowjetmarine, dessen Rumpf von der Kirow-Klasse abgeleitet war. Es diente zur elektronischen Aufklärung, Flugkörperverfolgung, Weltraumüberwachung und zur Kommunikation und wurde wegen hoher Betriebskosten nach nur einer Fahrt stillgelegt und ab 2014 abgewrackt.

Technische Daten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Antrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Antrieb besteht aus einem CONAS-System. Dieses „combined nuclear and steam propulsion“-System (englisch für „Kombinierter Nuklear- und Dampfantrieb“) nutzt den durch die beiden KN-3 Druckwasserreaktoren, die paarweise in die vier Schiffe eingebaut wurden, erzeugten Dampf für die Marschfahrt von 20 kn. Zur Erreichung der Höchstgeschwindigkeit von 32 kn können zwei konventionelle (ölbefeuerte) Dampfkessel zugeschaltet werden. Bei Ausfall der Reaktoren kann das Schiff auch mit den konventionellen Dampfkesseln allein betrieben werden und erreicht dann maximal 17 kn. Der Kraftstoffvorrat reicht für eine Strecke von 1000 sm. Der Einbau der gleichen Reaktoren, die als Brennstoff 55 bis 90 % angereichertes Uran-235 benutzten, war auch für die nie fertiggestellten Flugzeugträger der Uljanowsk-Klasse geplant.[1][2]

  • Reaktoren: 2 × KN-3 mit jeweils 300 MW (thermisch)
  • 2 Dampfturbinen mit je 70.000 PS (51 MW)
  • 2 Wellen mit je einer fünfblättrigen Schraube
  • 4 E-Generatoren mit je 3000 kW sowie 4 mit je 1500 kW
  • Redundanz: 2 Dampfkessel mit einer Kapazität von 120 t/h; maximale Geschwindigkeit 17 kn.

Panzerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Reaktorsektion: seitlich 100 mm, am Ende 35 mm
  • Ruderanlage: seitlich 70 mm, Deckspanzer 50 mm
  • Turmaufbau: allseitig 80 mm

Elektronische Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Operationszentrale
  • Diverse Funk-Einrichtungen
  • Satellitengestütztes Kommunikationssystem „Kristall“ (auf der Nachimow und Uschakow durch „Tsunami“ ersetzt)
  • Feuerleitsystem für Seekriegsführung
  • RBU-1000 sowie UDAW Feuerleitkontrolle
  • Radarüberwachungssystem
  • Radar zur Auffassung von Seezielen und niedrigfliegender Objekte
  • 2 Radaranlagen zur Luftabwehr
  • 4 Radaranlagen zur Leitung der Luftabwehr mit den 30 mm Gatlinggeschützen
  • 2 Nautische Radaranlagen
  • Aktives sowie passives Sonar-System
  • Elektronische Gegenmaßnahmen (ECM)
  • 2 PK-2 Täuschkörperwerfer (Chaff) mit 400 Raketen

Bewaffnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sämtliche Einheiten der Kirow-Klasse besitzen einen Hangar und einen Hubschrauberlandeplatz auf dem Achterdeck für die drei mitgeführten Kamow Ka-27- oder Ka-25-U-Jagd-Hubschrauber.

Admiral Uschakow (Kirow)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

4K33 Osa-M auf der Kirow, 1985
  • Flugkörper:
    • 20 × SM-233 Starter für P-700 Granit (SS-N-19 Shipwreck)
    • 12 × Achtfachstarter B-203A für Luftabwehrflugkörper S-300F Fort (insgesamt 96 Flugkörper Typ 5W5RM)
    • 2 × Doppelstarter für 4K33M Osa-M (40 Flugkörper Typ 9M33)
    • 1 × Doppelstarter für Anti-U-Boot-Lenkwaffe UPRK-3 Metel (SS-N-14 Silex) (10 Flugkörper Typ 85R)
  • Artilleriesysteme:
  • Torpedosysteme:
    • 2 × Fünffachwerfer TT Kaliber 533 mm (Kampfsatz 10 Torpedos)
  • Wasserbombenwerfer:
    • 1 × Zwölffachstarter RBU-6000 (96 × 12 Ladungen)
    • 2 × Sechsfachstarter RBU-1000

Admiral Lasarew (Frunse)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Flugkörper:
    • 20 × SM-233 Starter für P-700 Granit (SS-N-19 Shipwreck)
    • 12 × Achtfachstarter B-203A für Luftabwehrflugkörper S-300F Fort (insgesamt 96 Flugkörper Typ 5W5RM)
    • 2 × Doppelstarter für 4K33M Osa-M (40 Flugkörper Typ 9M33)
    • 8 × Achtfachstarter für Luftabwehrflugkörper 3K95 Kinschal (64 Flugkörper)
  • Artilleriesysteme:
    • 1 × AK-130 Geschütz, 2 × 130 mm
    • 8 × AK-630-Gatlinggeschütze vom Kaliber 30 mm (sechsläufig)
  • Torpedosysteme:
    • 2 × Fünffachstarter 533 mm „URTPU“(Russisch:„УРТПУ – универсальные ракето-торпедные пусковые установки“ etwa „Universeller Raketen- und Torpedostarter“) für Torpedos und Lenkwaffen RPK-6 Wodopad-NK (SS-N-16A Stallion)
  • Wasserbombenwerfer:
    • 1 × Zwölffachstarter RBU-6000
    • 2 × Sechsfachstarter RBU-1000

Admiral Nachimow (Kalinin)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Flugkörper:
    • 20 × SM-233 Starter für P-700 Granit (SS-N-19 Shipwreck), nach Umbau 8 Starter für jeweils 10 3M-54T kalibr (SS-N-27 Sizzler)
    • 12 × Achtfachstarter B-203A für Luftabwehrflugkörper S-300F Fort (insgesamt 96 Flugkörper Typ 48N6E), nach Umbau S-400
    • 2 × Doppelstarter für 9K33M Osa-MA (40 Flugkörper Typ 9M33)
    • 16 × Achtfachstarter für Luftabwehrflugkörper 3K95 Kinschal (128 Flugkörper)
  • Artilleriesysteme:
    • 1 × AK-130 Geschütz, 2 × 130 mm
    • 6 × Kortik-CIWS (je 2 × 30 mm Gatling, max. 256 Flugkörper)
  • Torpedosysteme:
    • 2 × Fünffachstarter 533 mm „URTPU“
  • Wasserbombenwerfer:
    • 2 × Zehnfachstarter Udaw-1
    • 2 × Sechsfachstarter RBU-1000

Pjotr Weliki (Juri Andropow)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dmitri Medwedew an Bord des Kreuzers Pjotr Weliki (dt.: Peter der Große)
  • Flugkörper:
    • 20 × SM-233 Starter für P-700 Granit (SS-N-19 Shipwreck)
    • 12 × Achtfachstarter B-203A für Luftabwehrflugkörper S-300F Fort und S-300FM Fort (insgesamt 96 Flugkörper Typ 48N6E und 48N6E2)
    • 2 × Doppelstarter für 4K33M Osa-MA (40 Flugkörper Typ 9M33)
    • 16 × Achtfachstarter für Luftabwehrflugkörper 3K95 Kinschal (128 Flugkörper)
  • Artilleriesysteme:
    • 1 × AK-130 Geschütz, 2 × 130 mm
    • 6 × Kortik System (je 2 × 30 mm Gatling, max. 256 Flugkörper)
  • Torpedosysteme:
    • 2 × Fünffachstarter 533 mm URTPU
  • Wasserbombenwerfer:
    • 2 × Zehnfachstarter Udaw-1
    • 2 × Sechsfachstarter RBU-1000

Einsatzbereitschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eins der vier Schiffe ist derzeit (Stand 2018) einsatzbereit: die Pjotr Weliki ist das Flaggschiff der Nordflotte und nahm seit 1999 an jedem ihrer großen Manöver teil. Die Admiral Lasarew war seit Mitte der 1990er Jahre inaktiv und wurde ab 2021 in einem Schwimmdock in der Strelok-Bucht nahe Dunai in der Region Primorje abgewrackt.[3][4] Die Admiral Uschakow wird nach einem Unfall mit der Antriebsanlage 1990 und damit verbundener Inaktivität seit 2001 überholt und muss wegen ihres irreparablen Zustands nun doch verschrottet werden. Die Admiral Nachimow ging 2005 für die Umrüstung auf ein neues Raketensystem in Überholung,[5] die Reaktivierung ist wegen der Kosten aber fraglich.

Geplante Modernisierung und Kampfwertsteigerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im September 2009 meldete die russische Presse, dass geplant sei, die Admiral Lasarew und die Admiral Nachimow wieder in Dienst zu stellen.[6] Im September 2011 wurden weitere Details der geplanten Modernisierung bekannt. Demnach sollten alle vier Kreuzer überholt und auch die drei eingemotteten Schiffe wieder in Dienst gestellt werden. Im Zuge der Überholung sollte eine deutliche Kampfwertsteigerung erfolgen, die neben dem Austausch der Bordelektronik und der Waffenleitsysteme auch eine Neuarmierung mit modernen Lenk- und Abwehrwaffen umfassen sollte. Als erstes Schiff sollte die Admiral Nachimow 2015[7] wieder in Dienst gestellt werden. Die Indienststellung verzögerte sich jedoch immer weiter,[8][9] Mitte 2023 wurde der Beginn der Testfahrten für entweder Dezember 2023 oder Mai 2024 angekündigt.[10] Eine genauere Analyse der anderen beiden Schiffe ergab, dass deren Reaktivierung wohl nicht mehr möglich ist. Bei der seit 1990 inaktiven Kirow wurde im Jahr 2016 mit der Entladung des in den Reaktoren befindlichen Kernbrennstoffs begonnen.[11]

Schiffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unterhalb der vier Schlachtkreuzer und der nicht fertiggestellten Kusnezow ist das aus dieser Klasse abgeleitete Aufklärungsschiff Ural mit aufgeführt.

Projektnummer Name ehemaliger Name Indienststellung Außerdienststellung Bemerkungen
Kirow-Klasse
Projekt 1144 Admiral Uschakow Kirow 1980 seit Unfall 1990 inaktiv, Verschrottung geplant
Projekt 1144.2 Admiral Lasarew Frunse 1985 1995 ab 1999 inaktiv, verschrottet ab 2021
Projekt 1144.2 Admiral Nachimow Kalinin 1988 seit 2013 in der Modernisierung, voraussichtlich bis 2024[10]
Projekt 1144.2 Pjotr Weliki Juri Andropow 1998 Flaggschiff der Nordflotte
Projekt 1144.2 Kusnezow Dserschinski bereits 1992 auf der Werft abgebrochen
Ural-Klasse
Projekt 1941 Ural 1989 2002 seit 2001 inaktiv, Verschrottung seit 2014
Projekt 1941 unbekannt war geplant, wurde aber nicht gebaut

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • А. С. Павлов: Атомные крейсера типа Киров – Battle Cruisers KIROV CLASS (etwa: A. S. Pawlow: Atom Kreuzer Typ Kirow – Schlachtkreuzer KIROW-KLASSE). Jakutsk, 1997.
  • С.С. Бережной: Советский ВМФ 1945–1995 Крейсера – большие противолодочные корабли, эсминцы (etwa: S. S. Berezhnoi: Sowjetische Marine 1945–1995 Kreuzer, große U-Jagdschiffe, Zerstörer). Moskau, 1995.
  • Siegfried Breyer: Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1921–1997. Internationaler Schlachtschiffbau. Bernard & Graefe, Bonn 2002, ISBN 3-7637-6225-6.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Russia: Naval Propulsion Reactor Design. Archiviert vom Original am 11. November 2010; abgerufen am 8. Juli 2011.
  2. Securing Russia's HEU Stocks Oleg. (PDF; 2,5 MB) S. (S. 19), abgerufen am 8. Juli 2011.
  3. Ryan White: Nuclear Battlecruiser Admiral Lazarev Reaches Her Final Destination. In: Naval Post. 6. Mai 2021, archiviert vom Original am 29. Juli 2021; abgerufen am 21. April 2024 (englisch).
  4. PD-41 floating drydock, Bukhta Razboynik, near Fokino. In: X. 20. April 2024, abgerufen am 21. April 2024 (englisch).
  5. BarentsObserver.com vom 21. Mai 2008: The return of „Admiral Nakhimov“
  6. Russland plant Wiederaufbau atomgetriebener Raketenkreuzer. RIANOVOSTI, 19. September 2009, archiviert vom Original am 4. November 2013; abgerufen am 3. November 2013.
  7. Russia to refit nuclear missile cruisers – media. RIANOVOSTI, 21. September 2011, archiviert vom Original am 4. November 2013; abgerufen am 3. November 2013 (englisch).
  8. tass.ru
  9. Russia continues upgrading its Kirov-class nuclear-powered cruisers vom 5. Februar 2018
  10. a b "Адмирал Нахимов" может выйти на испытания в декабре или мае. In: tass.ru. 21. Juni 2023, abgerufen am 22. August 2023 (russisch).
  11. "Звездочка" выгрузит ядерное топливо со списанного крейсера "Киров" на средства Италии. In: tass.ru. 16. März 2016, abgerufen am 22. August 2023 (russisch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kirow-Klasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien