Kabinett Hitler
Das Kabinett Hitler war die Ende Januar 1933 gebildete[1] Reichsregierung, die Adolf Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler anstelle von Franz von Papen, dessen Bestellung zum Kanzler noch am Tag der Vereidigung von einigen Ministern angenommen worden war[1], ab dem 30. Januar 1933 leitete. Das Zustandekommen des Kabinetts war vor allem Franz von Papen zu verdanken, der seit Anfang Januar 1933 im Auftrag Hindenburgs hinter dem Rücken des amtierenden Reichskanzlers Schleicher zwischen NSDAP und DNVP über eine gemeinsame Regierung vermittelt hatte.[2] Dieses Kabinett stellte anfangs eine Koalitionsregierung aus NSDAP, Deutschnationaler Volkspartei (DNVP) und weiteren nationalkonservativen Politikern (u. a. Stahlhelm, Rechtskatholiken wie Papen) dar, die im Reichstag keine Mehrheit besaß und daher zunächst in der Tradition der Präsidialkabinette in Abhängigkeit von Reichspräsident Paul von Hindenburg stand.
Die gewaltsame Verfolgung der Kommunisten nach dem zum Vorwand genommenen Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 und die Reichstagsneuwahlen vom 5. März 1933 änderten die Lage: NSDAP und DNVP verfügten nunmehr über eine Mehrheit, doch nach Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes am 24. März 1933, das der Regierung auf vier Jahre diktatorische Vollmachten einräumte, wurde auch der konservative Koalitionspartner DNVP überflüssig und nach der Selbstauflösung traten deren Abgeordnete der NSDAP bei.
Entwicklung
Auch wenn Hitler bis zum Ermächtigungsgesetz noch sachliche Beratung im Kabinett zuließ, was sich schon seit April 1933 änderte, gab es von Anfang an keine förmlichen Abstimmungen. In dem Maße, in dem Hitler seine Machtbasis außerhalb des Kabinetts aufbaute, ging ferner die Anzahl der Kabinettssitzungen zurück. Im Februar/März 1933 hatte es noch 31 Sitzungen gegeben, im April/Mai 1933 nur 16, und für den Rest des Jahres sowie für 1934 fanden insgesamt 42 Sitzungen statt. Zum letzten Mal kam das Kabinett Hitlers am 5. Februar 1938 zusammen.[3] Hitler verfuhr mit den Ministern in isolierter Kommunikation, teils direkt, teils sogar indirekt über die Leiter von Reichs- oder Parteikanzlei. Sämtliche Minister wurden faktisch zu Befehlsempfängern des (ab 1934) "Führers und Reichskanzlers". Daneben unterhöhlten zahlreiche Sonderbeauftragte Hitlers die Tätigkeit der Minister.
Anfangs gehörten dem Kabinett nur drei NSDAP-Mitglieder an: Neben dem Reichskanzler Hitler der Innenminister Frick und Minister Göring ohne Geschäftsbereich. Goebbels („Volksaufklärung und Propaganda“) kam am 13. März hinzu. Im April trat Franz Seldte, der statt Theodor Duesterberg überraschend Arbeitsminister geworden war, der NSDAP bei. Der deutschnationale Wirtschaftsminister Alfred Hugenberg, der von auswärtigen Beobachtern zunächst als der starke Mann des Kabinetts angesehen worden war, trat bereits am 29. Juni 1933 zurück. Seine Partei hatte sich zwei Tage zuvor aufgelöst. Danach verblieben noch einige Parteilose (oder parteilos Gewordene) im Kabinett.
Minister
Amt | Inhaber | Partei |
Reichskanzler (ab 2. August 1934 „Führer und Reichskanzler“) |
Adolf Hitler | NSDAP |
Stellvertreter des Reichskanzlers | Franz von Papen bis 7. August 1934 |
parteilos |
Auswärtiges Amt | Konstantin Freiherr von Neurath bis 5. Februar 1938 |
parteilos |
Joachim von Ribbentrop ab 5. Februar 1938 |
NSDAP | |
Inneres | Dr. Wilhelm Frick bis 24. August 1943 |
NSDAP |
Heinrich Himmler ab 24. August 1943 |
NSDAP | |
Finanzen | Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk | parteilos (ab 30. Januar 1937 NSDAP) |
Wirtschaft | Dr. Alfred Hugenberg bis 29. Juni 1933 |
DNVP |
Kurt Schmitt 29. Juni 1933 bis 3. August 1934 |
NSDAP | |
Dr. Hjalmar Schacht 3. August 1934 bis 26. November 1937 |
parteilos (ab 30. Januar 1937 NSDAP) | |
Hermann Göring 26. November 1937 bis 15. Januar 1938 |
NSDAP | |
Dr. Walther Funk ab 5. Februar 1938 |
NSDAP | |
Arbeit | Franz Seldte | Stahlhelm ab April 1933: NSDAP |
Justiz | Dr. Franz Gürtner verstorben am 29. Januar 1941 |
DNVP |
Staatssekretär Franz Schlegelberger kommissarisch von Februar 1941 bis 24. August 1942 |
NSDAP | |
Otto Georg Thierack ab 24. August 1942 |
NSDAP | |
Reichswehr ab 23. Juni 1935: Krieg am 5. Februar 1938 aufgelöst |
Werner von Blomberg bis 5. Februar 1938 |
parteilos |
Oberkommando der Wehrmacht ab 5. Februar 1938 |
Wilhelm Keitel | parteilos |
Post | Paul Freiherr von Eltz-Rübenach bis 2. Februar 1937 |
parteilos |
Dr.-Ing. Wilhelm Ohnesorge ab 2. Februar 1937 |
NSDAP | |
Verkehr | Paul Freiherr von Eltz-Rübenach bis 2. Februar 1937 |
parteilos |
Julius Heinrich Dorpmüller ab 2. Februar 1937 |
NSDAP | |
Ernährung | Dr. Alfred Hugenberg bis 29. Juni 1933 |
DNVP |
Richard Walther Darré 29. Juni 1933 bis 23. Mai 1942 |
NSDAP | |
Herbert Backe ab 23. Mai 1942 |
NSDAP | |
Volksaufklärung und Propaganda ab 13. März 1933 |
Dr. Joseph Goebbels | NSDAP |
Luftfahrt ab 5. Mai 1933 |
Hermann Göring bis 24. April 1945 |
NSDAP |
Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung ab 1. Mai 1934 |
Bernhard Rust | NSDAP |
Kirchliche Angelegenheiten ab 16. Juli 1935 |
Hanns Kerrl verstorben am 15. Dezember 1941 |
NSDAP |
Staatssekretär Hermann Muhs kommissarisch ab Dezember 1941 |
NSDAP | |
Bewaffnung und Munition ab 17. März 1940 ab 2. Juni 1943: Rüstung und Kriegsproduktion |
Dr. Fritz Todt verstorben am 8. Februar 1942 |
NSDAP |
Albert Speer ab 8. Februar 1942 |
NSDAP | |
Besetzte Ostgebiete ab 17. November 1941 |
Alfred Rosenberg | NSDAP |
„Deutscher Staatsminister für Böhmen und Mähren“ ab 20. August 1943 |
Karl Hermann Frank | NSDAP |
Reichsminister ohne Geschäftsbereich ab 5. Februar 1938: Reichsminister |
Hermann Göring 30. Januar 1933 bis 28. April 1933 |
NSDAP |
Ernst Röhm, Chef des Stabes der SA 1. Dezember 1933 bis zu seinem Tod am 30. Juni 1934 |
NSDAP | |
Rudolf Heß, „Stellvertreter des Führers“ 1. Dezember 1933 bis 10. Mai 1941 |
NSDAP | |
Hanns Kerrl 16. April 1934 bis 18. Juli 1935 |
NSDAP | |
Dr. Hans Frank ab 19. Dezember 1934 |
NSDAP | |
Dr. Hjalmar Schacht 26. November 1937 bis 22. Januar 1943 |
NSDAP | |
Dr. Otto Meissner, Chef der Präsidialkanzlei ab 1. Dezember 1937 |
NSDAP | |
Dr. Hans Heinrich Lammers, Chef der Reichskanzlei ab 1. Dezember 1937 |
NSDAP | |
Dr. Arthur Seyß-Inquart ab 1. Mai 1939 |
NSDAP | |
Martin Bormann, Chef der Parteikanzlei ab 1941 einem Reichsminister gleichgestellt |
NSDAP | |
Dr. Wilhelm Frick, Reichsprotektor von Böhmen und Mähren ab 24. August 1943 |
NSDAP |
Einzelnachweise
- ↑ a b Heinrich Brüning, Memoiren 1918–1934, Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart, 1970, S. 467
- ↑ Wolfram Pyta: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler, Siedler Verlag, München, 2009, S. 780ff.
- ↑ Nach Martin Broszat: Der Staat Hitlers. Grundlegung und Entwicklung seiner Verfassung, 9. Auflage, München 1981 (1969), S. 349/350.
Siehe auch
Literatur
- Martin Will: Die Kabinettsbildung am 30. Januar 1933 vor dem Hintergrund des Verfassungswandels in der Spätphase der Weimarer Republik. In: Der Staat. Zeitschrift für Staatslehre und Verfassungsgeschichte, deutsches und europäisches Öffentliches Recht, 43. Bd., 2004, S. 121-143.