Kaiser-Wilhelm-Turm (Essen)

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Kaiser-Wilhelm-Turm, vor 1903
Gedenktafel an eine Erinnerungsfeier im Jahr 1901 im Kaiser-Wilhelm-Turm

Der Kaiser-Wilhelm-Turm war ein zu Ehren des deutschen Kaisers Wilhelm I. erbauter Aussichtsturm mit museumsartig genutzten Innenräumen im Essener Stadtteil Stoppenberg.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Aussichtsturm wurde 1897–1899 auf dem kurz zuvor erschlossenen Halloberg im heutigen Hallopark, dem nördlichen Bergkegel eines Ausläufers des Ardeygebirges im östlichen Stoppenberg, auf etwa 86 m Höhe errichtet. Am 10. Juni 1899 wurde er in Gegenwart des Oberpräsidenten der Rheinprovinz, Georg von Rheinbaben, eingeweiht.[1]

Der fünfgeschossige und achteckige Turm mit neogotischen Elementen besaß als oberstes Geschoss eine Aussichtsplattform in Form eines offenen Pavillons mit Umgang. Der obere Abschluss des Pavillons wurde von acht auf den Kanten sitzenden Fialen akzentuiert, zwischen denen sich ein leicht konkav geschwungener achteckiger Turmhelm erhob, der von einer glänzenden Kaiserkrone auf etwa 43 Metern Höhe bekrönt wurde. Am mittig in ihr steckenden Fahnenmast wehte die Flagge des Deutschen Reiches Schwarz-Weiß-Rot. Das ebenfalls pavillonartig offene, gegenüber den Obergeschossen etwas vortretende Erdgeschoss des Turms war von einer Terrasse umgeben, auf der in der Achse des Eingangs ein von Kaiser Wilhelm II. gestiftetes Geschütz stand.

Großherzog Friedrich Franz II. (Bildhauer Ludwig Brunow)

Die Räume in den drei Obergeschossen waren unterschiedlichen Themen gewidmet. Im dritten Obergeschoss wurde durch Inschrifttafeln der Initiatoren und Förderer (Spender) des Turms gedacht, im zweiten Obergeschoss war eine „Vaterländische Sammlung in Erinnerung an das deutsche Heer und seine Veteranen“ (auch als „Militaria-Sammlung“ mit Kriegerehrung charakterisiert) untergebracht. Zentrales Element der Gedächtnishalle im ersten Obergeschoss war eine Bronze-Büste Kaiser Wilhelms I., die als Zweitguss nach einem Modell des Berliner Bildhauers Arnold Künne von der Gießerei Gladenbeck (Berlin-Friedrichshagen) ausgeführt worden war.[2][3] Weitere, wohl kleinere Büsten zeigten andere Fürsten des Deutschen Reichs (z. B. König Ludwig II. von Bayern, Großherzog Friedrich I. von Baden, König Albert von Sachsen, Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin). Neben Farbverglasungen aus der Glasmalereianstalt Ferdinand Müller (Quedlinburg) gehörten auch Wandmalereien, Sgraffiti und Mosaike zur künstlerischen Ausstattung, die mehrheitlich Gestalten und Ereignisse aus der Geschichte des Deutschen Reichs oder Motive der lokalen bzw. regionalen Geschichte zeigten. Die beachtliche Größe des Turms und seine reichhaltige Ausgestaltung sind auch darauf zurückzuführen, dass – im Gegensatz zu vielen anderen ähnlichen Denkmal- und Turmprojekten dieser Zeit – die Spendensammlung eine Summe einbrachte, die schon bei Baubeginn erheblich über die ursprünglich veranschlagten Baukosten von 35.000 Mark angewachsen war. Mit aller künstlerischen und dekorativen Ausstattung wurden die Kosten für den fertigen Turm mit rund 120.000 Mark angegeben.

Zur Erinnerung an die drei umliegenden Gemeinden als Initiatoren des Turmbaus lautete die Widmung: „Dem Andenken Kaiser Wilhelm des Grossen die Bewohner von Stoppenberg, Schonnebeck und Frillendorf

Auf dem Schlussstein stand geschrieben:

„Im Sonnenglanz, im Wettersturm
stolz rage, du Kaiser-Wilhelm-Turm.
Du sollst noch späten Geschlechtern sagen,
wie unsre Herzen in Treue schlagen.
Für den alten Herrn, der das Reich erneut´,
Sein Name er bleibet für alle Zeit,
und wenn du längst schon in Schutt zerfallen,
lebt er noch in deutschen Herzen allen.“

Zu Ehren des Turms wurde eigens ein Marsch, der „Halloturm-Marsch“, komponiert. Der Text stammte von A. Reichel, die Musik von E. Stiller.

Jährlich besuchten rund 25.000 Menschen inklusive Schulklassen den Turm. Auch für Gedenkfeiern und ähnliche Veranstaltungen wurde der Turm genutzt. So fand beispielsweise in der Gedächtnishalle am 22. Juli 1901 eine Erinnerungsfeier des Abgeordnetentags der Vereinigung deutscher Marinevereine statt. Dazu waren auch Vertreter des rund 2000 Soldaten umfassenden Bundes der Kriegervereine der damaligen Bürgermeisterei Stoppenberg gekommen. Dieser Festakt bildete damit eine Waffenbrüderschaft zwischen Heer und Marine. Wenig später stiftete der Vorstand der Vereinigung deutscher Marinevereine eine von A. Schönche (Kiel) gestaltete Kunstguss-Gedenktafel mit Seemanssymbolen, die anscheinend im 3. Obergeschoss aufgehängt wurde.[4]

Im Jahr 1912 wurde der Turm, der auf der Höhe dem Wetter ausgesetzt war, äußerlich renoviert und instand gesetzt. Die Ausstellungsräume wurden gestrichen und teils künstlerisch ausgemalt. In den oberen Hallen wurden die Sammlungen von Waffen, Uniformen, Kriegserinnerungen, Autogrammen, Kriegsgedenkmünzen und anderem ergänzt und neu geordnet. Unter anderen stiftete das Zeughaus in Berlin Kurzgewehre und Spontons aus der Zeit von Friedrich II. (Preußen), französische Wallbüchsen, Brustpanzer (Kürassen) der französischen Gardekürassiere und französische Militärflaggen. Die Sammlung aller Schulterklappen des Deutschen Heeres, vermutlich die einzige in dieser Vollständigkeit, wurde neu geordnet und bis auf die jüngste Zeit ergänzt. In der oberen, hauptsächlich der Marine gewidmeten Ausstellungshalle war seitdem eine Sammlung aller Marineuniformabzeichen und Mützenbänder aller zu dieser Zeit im Dienst befindlichen Schiffe der kaiserlichen Marine zu sehen. Zudem wurde auf der Aussichtsplattform des Turms eine Orientierungstafel für die von dort zu sehenden Gebiete und Sehenswürdigkeiten angebracht[1]

Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Ende der Monarchie wurden 1920 die beweglichen Exponate ausgelagert. Ihr Verbleib ist ungeklärt. Wegen Bergsenkungen und mangelnder Pflege soll das nur noch als Aussichtsturm genutzte Bauwerk in den 1930er Jahren bereits erhebliche Bauschäden gezeigt haben. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Turm schwer beschädigt und später nicht wieder instand gesetzt. Anfang bis Mitte der 1970er Jahre wurde die Ruine gesprengt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Carl Meyer: Der Kaiser Wilhelm-Turm auf dem Hallo. Seine Entstehungsgeschichte, seine Beschreibung und seine Sammlungen. Grewer, Rotthausen / Stoppenberg o. J. (1903).
  • Carl Meyer: Geschichte der Bürgermeistereien Stoppenberg, Rotthausen und Kray-Leithe, ihrer Gemeinden, Höfe und Industrien sowie des ehemaligen freiweltlichen adligen Damenstiftes Stoppenberg. 3. erweiterte Auflage, Fredebeul & Koenen, Essen 1914, S. 472–479.
  • Joachim Kleinmanns: Rheinische Aussichtstürme des 19. und 20. Jahrhunderts. (Dissertation, RWTH Aachen, 1985.) Brüder-Grimm-Verlag, Kassel 1986, ISBN 3-925010-98-X, S. 252 f.
  • Karin Schwarz: Bürgerliche Selbstdarstellung im Ruhrgebiet zwischen 1871 und 1918. Die kommunalen Denkmäler einer Industrieregion. Dissertation, Universität Trier, Trier 2004, Band 2 (Verzeichnis der kommunalen Denkmäler zwischen 1838 und 1916), S. 188–191.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kaiser-Wilhelm-Turm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Essener Volkszeitung vom 21. Mai 1912
  2. Der Kaiser-Wilhelm-Thurm auf dem Hallo bei Stoppenberg-Essen. In: Illustrirte Zeitung, Nr. 2915 vom 11. Mai 1899, S. 631.
  3. Meinhold Lurz: Kriegerdenkmäler in Deutschland. Band 2. Einigungskriege. Esprint, Heidelberg 1985, ISBN 3-88326-151-3, S. 485.
  4. Tony Kellen: Die Industriestadt Essen in Wort und Bild. Geschichte und Beschreibung der Stadt Essen. Zugleich ein Führer durch Essen und Umgegend. Fredebeul & Koenen, Essen 1902. – Der Urheber wird in einer anderen Quelle A. Schöncke genannt, beide Varianten finden sich aber weder in einschlägigen Künstlerlexika noch in Kieler Adressbüchern um 1900.

Koordinaten: 51° 28′ 41,4″ N, 7° 2′ 59,5″ O