Typ EGF-321

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Typ EGF-321
Die Mukran 1986
Die Mukran 1986
Schiffsdaten
Schiffsart Eisenbahnfähre
Bauwerft Mathias-Thesen-Werft, Wismar
Bauzeitraum 1984 bis 1989
Gebaute Einheiten 5
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 190,50 m (Lüa)
173,00 m (Lpp)
Breite 28,00 m
Seitenhöhe 15,20 m
Tiefgang (max.) 7,20 m
Vermessung 21.890 BRZ
 
Besatzung 42
Maschinenanlage
Maschine 4 × SKL-Dieselmotor Halberstadt 6VDS 48/42 AL-2
Maschinen­leistung 14.400 PS (10.591 kW)
Dienst­geschwindigkeit

16 kn (30 km/h) Vorlage:Infobox Schiff/Antrieb/Geschwindigkeit_B

Propeller 2 × Verstellpropeller
Transportkapazitäten
Tragfähigkeit 11.700 tdw
laufende Spurmeter 1.539 m
Zugelassene Passagierzahl 12
PaxKabinen 6
Fahrzeugkapazität 103 Breitspur-Waggons auf 1.558 m Breitspurgleis (1.520 mm) mit je 84 t max und einer Std.-Länge von 14,73 m auf 2 Decks mit je 5 Gleisen, 49 Wagen auf dem Hauptdeck und 54 Wagen auf dem Oberdeck[1]
nach Umbau ca 350 PKW
Sonstiges
Klassifizierungen DSRK: : KM I Eis Aut 24 Fährschiff

Der Typ EGF-321 ist eine Klasse von Eisenbahngüterfährschiffen der Mathias-Thesen-Werft in Wismar. Davon wurden zwischen 1984 und 1989 fünf Schiffe für die Fährverbindung Mukran–Klaipėda gebaut. Sie waren bei der Ablieferung die größten Eisenbahnfährschiffe der Welt und sind die größten in der DDR gebauten Schiffe.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vilnius und Kaunas (2008)

Ein Teil der Einrichtung der Fährverbindung zwischen der DDR und der UdSSR in den 1980er Jahren war der Neubau von sechs Eisenbahnfährschiffen, davon je drei für beide Länder. Diese waren als reine Eisenbahngüterfähren konzipiert, der Transport von Straßenfahrzeugen und Passagieren war nicht vorgesehen. Die Konstruktion mit zwei durchgehenden Eisenbahndecks orientierte sich an den Schiffen, die auf der Fährlinie zwischen Illitschiwsk und Varna im Schwarzen Meer im Einsatz waren. Jedoch wurde auf den Einbau eines Fahrstuhls für Eisenbahnwagen verzichtet, sondern die Be- und Entladung der beiden Decks erfolgt über eine landseitige Doppelstockrampe, was den Zeitaufwand deutlich reduziert. Die Fahrzeit war mit 18 bis 20 Stunden pro Richtung geplant, die Hafenliegezeit mit nur vier Stunden. Wegen der höheren Transportkapazität wurden die Eisenbahndecks mit Gleisen in russischer Breitspur ausgestattet. Die Fähren sollten zudem auf den Strecken im Schwarzen Meer einsetzbar sein. Der Transport von Militärtechnik und Soldaten war eingeplant, zur Unterbringung derer war jedoch nur ein belüfteter Laderaum mit sehr einfachen sanitären Anlagen vorgesehen. Für den Bau der Schiffe musste die Helling der Werft in Wismar vergrößert werden.

Der Bau der Fähren begann am 2. Oktober 1984 und endete mit der Übergabe des fünften Schiffs im Oktober 1989. Nachdem während der Bauzeit sogar über den Bau einer siebten Fähre (Deutsch-Sowjetische Freundschaft) nachgedacht wurde, entschied man sich bereits im Juni 1988, den Bau der sechsten Fähre (Wismar) auszusetzen, da die geplanten Transportvolumina nicht erreicht wurden. Betrieben wurden die Fähren durch den VEB Deutfracht/Seereederei Rostock und die Litovskoye Morskoye Parochodstvo (Litauische Seeschifffahrtsgesellschaft) Klaipėda. Sie waren damals die größten Eisenbahnfährschiffe der Welt, was zu einem Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde führte.

Mit dem Zerfall der Sowjetunion und der politischen Veränderungen in Europa ab 1989 ging der Fährverkehr auf der Strecke deutlich zurück. Lediglich der Abzug der sowjetischen bzw. russischen Streitkräfte von 1990 bis 1994 steigerte die Auslastung der Linie noch einmal.

Die Schiffe wurden daher auf anderen Linien eingesetzt. Für den Transport von Straßenfahrzeugen und Passagieren wurden sie entsprechend umgebaut. Alle Schiffe bekamen Ro-Ro-Rampen und eine Rampe im Schiff, um Straßenfahrzeuge in allen Häfen be- und entladen zu können, außerdem wurden die Deckshäuser vergrößert. Vier Fähren sind heute noch im Einsatz. Zwei fahren heute auf Fährrouten im Schwarzen Meer für Ukrferry, ein Schiff in der Straße von Gibraltar und ein Schiff wird im Roten Meer genutzt. Die frühere Mukran wurde im Oktober 2021 in Indien verschrottet.

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Länge über Alles beträgt 190,5 Meter, die Länge zwischen den Loten 173 Meter, die Breite 28 Meter und der Tiefgang maximal 7,20 Meter. Die Seitenhöhe beträgt 15,2 Meter. Die Vermessung der Schiffe betrug zunächst circa 22.000 BRT. Durch elf vom Schiffsboden zum Hauptdeck reichende Querschotten sind die Schiffe in zwölf wasserdichte Abteilungen unterteilt.

Vier Dieselmotoren mit je 3.660 PS Leistung treiben über Getriebe zwei Verstellpropeller an. Die Schiffe erreichen eine Reisegeschwindigkeit von 16,6 kn. Zwei Querstrahlsteueranlagen im Bug mit je 740 kW und eine im Heck mit 370 kW Leistung gewährleisten gute Manövriereigenschaften.

Auf beiden Fahrzeugdecks befinden sich jeweils fünf Gleise in russischer Breitspur, wodurch eine gegenüber Normalspurwagen um 35 Prozent höhere Güterkapazität möglich ist. Die insgesamt nutzbare Gleislänge betrug 1.539 Meter. Bei der Länge eines russischen Standardwagens von 14,73 Metern können 103 Güterwagen mitgeführt werden. Auf das Hauptdeck entfallen 49 und auf das teilweise offene Oberdeck 54 Wagen.

Die Be- und Entladung beider Decks erfolgt über landseitige Doppelstockbrücken, da auf den Schiffen keine Bord-Hebebühnen vorhanden sind. Eine mittschiffs liegende, automatische Krängungsausgleichsanlage sichert beim Ladevorgang eine relativ stabile Lage der Schiffe und dient auf See zur Dämpfung der Rollbewegungen. Die Heckklappe ist 18,4 m breit sowie 5,9 m hoch und wird zum Be- und Entladen bis 6 m über Oberdeck gehievt. Die Fähren müssen zum Anlegen im Hafengebiet wenden und mit dem Heck die Fährbrücke anfahren. Die Entladung erfolgt zuerst auf dem Oberdeck, dabei wurden zuerst die äußeren Gleise zeitgleich entladen. Die Beladung erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.

Die Schiffe wurden von VEB Deutfracht/Seereederei Rostock und Litovskoye Morskoye Parochodstvo mit 42 Mann Besatzung betrieben, die in Einzelkabinen untergebracht wurden. In sechs Zwei-Mann-Kabinen konnten zwölf Gäste befördert werden.

Die Fähren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Baunummer bisherige Namen bisherige Flaggen IMO-Nummer Kiellegung Stapellauf Übergabe aktuelles Einsatzgebiet / Verbleib
321 Mukran
Petersburg/Петербург
Odeep One
Deep One
Lotus
Deutschland Demokratische Republik 1949 Deutsche Demokratische Republik
Deutschland Deutschland
Liberia Liberia
Russland Russland
Panama Panama
Saint Kitts Nevis St. Kitts und Nevis
Gabun Gabun
8311883 1. März 1985 27. August 1985 27. August 1986 im Oktober 2021 verschrottet (Alang, Indien)
322 Клайпеда/Klaypeda/Klaipėda/Klaipeda
Celtic Mist
Saronic Star
Tulip
Ruzgar
Aziz Express
Sowjetunion Sowjetunion
Litauen Litauen
Zypern Republik Zypern
Malta Malta
Komoren Komoren
Saudi-Arabien Saudi-Arabien
8311895 15. Juli 1986 26. November 1986 27. Juni 1987 Rotes Meer
323 Вильнюс/Vilnyus/Vilnius
Vilnius Seaways
Vilnius
Sowjetunion Sowjetunion
Litauen Litauen
Panama Panama
8311900 16. April 1987 30. Oktober 1987 Straße von Gibraltar
324 Greifswald Deutschland Demokratische Republik 1949 Deutsche Demokratische Republik
Deutschland Deutschland
Liberia Liberia
Georgien Georgien
Panama Panama
8311912 31. Mai 1988 25. November 1988 Schwarzes Meer
325 Каунас/Kaunas
Kaunas Seaways
Kaunas
Sowjetunion Sowjetunion
Litauen Litauen
Panama Panama
8311924 30. Januar 1989 13. Mai 1989 20. Oktober 1989 Schwarzes Meer

Mukran[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mukran als Petersburg (2010)

Die erste Fähre der Serie wurde am 1. März 1985 mit der Baunummer 321 auf Kiel gelegt. Stapellauf war am 27. August 1985. Getauft wurde sie auf den Namen des neuen Fährhafens Mukran bei Saßnitz. Die ersten Fahrten erfolgten im April 1986, die Übergabe an die Deutfracht/Seereederei Rostock war am 27. August 1986. 1995 wurde sie umgebaut, verkauft und kam unter dem neuen Namen Petersburg auf der ersten deutschen Fährverbindung zwischen Travemünde und Sankt Petersburg zum Einsatz. Zwischenzeitlich verchartert, um Militärausrüstung in der Adria zu transportieren, fuhr das Schiff auf verschiedenen Linien in der Ostsee, ehe es 2009 bis 2010 zwischenzeitlich aufgelegt wurde. Abgesehen von Einsätzen im Schwarzen Meer im Jahre 2014 war die Petersburg danach wieder als Fähre in der Ostsee in Fahrt, bis sie 2019 nach erneutem Verkauf in Panama registriert, umgebaut und im Mittelmeer als Odeep One von der Firma OFW Ships zur Gewinnung und Abfüllung von Trinkwasser aus größeren Tiefen in Fahrt gebracht werden sollte.[2] Im Oktober 2020 wurde bekannt, dass OFW Ships liquidiert wird und das Schiff zum Verkauf steht.[3] Am 13. Oktober 2021 wurde sie bei den Abwrackwerften bei Alang (Indien) auf den Strand gefahren und anschließend abgebrochen.

Klaypeda[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zweite Fähre (Baunummer 322) wurde am 15. Juli 1986 auf Kiel gelegt. Stapellauf war am 26. November 1986, dabei wurde sie auf den Namen der litauischen Hafenstadt Klaipėda (kyrillisch Клайпеда) getauft, die ihr Heimathafen wurde. Erste Fahrten fanden im Mai 1987 statt, bevor sie am 27. Juni 1987 an die Litovskoye Morskoye Parochodstvo übergeben wurde. Ab 2001 hieß die Reederei LISCO Baltic Service, ab 2006 DFDS LISCO. Der letzte Einsatz auf der Strecke Mukran–Klaipėda war am 30. Juni 2006.

Im Juni 2006 wurde sie in Celtic Mist umbenannt und verkauft. Ab März 2007 kam sie auf der Strecke Portsmouth–Cherbourg sowie im gleichen Jahr zwischen Barcelona, Valencia und Palma de Mallorca zum Einsatz. Im November 2007 wurde sie in Saronic Star und im Oktober 2010 in Tulip umbenannt. Einsatzgebiet war weiterhin das Mittelmeer. Im Januar 2011 wurde der Name in Ruzgar geändert und sie kam zwischen Brindisi und Igoumenitsa zum Einsatz. Weitere Stationen waren das Rote Meer und der Persische Golf. Seit Anfang 2019 fährt sie unter dem Namen Aziz Express im Roten Meer.

Vilnyus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vilnius (2007)

Das dritte Schiff (Baunummer 323), das am 16. April 1987 vom Stapel lief, wurde auf den Namen der litauischen Hauptstadt Vilnius getauft (kyrillisch Вильнюс). Ab November 1987 kam es auf der Linie Mukran-Klaipėda zum Einsatz. 1993 wurde die Fähre umgebaut und fuhr danach auf den Strecken Klaipėda–Kiel, Riga–Travemünde und Mukran–Baltijsk.

Im Januar 2011 wurde das Schiff in Vilnius Seaways umbenannt und zwischen Kiel und Ust-Luga eingesetzt. Seit Juli 2013 fährt sie für Ukrferry im Schwarzen Meer. Im Sommer 2018 folgte der Verkauf von DFDS an Ukferry.[4] Seitdem trägt sie wieder den Namen Vilnius.

Im August 2022 hat die marokkanische Reederei Intershipping die Fähre für den Einsatz auf der Linie AlgecirasTanger-Med gechartert.[5]

Greifswald[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Greifswald (2023)

Am 31. Mai 1988 lief die vierte Fähre (Baunummer 324) vom Stapel und wurde auf den Namen der Stadt Greifswald getauft. Am 25. November 1988 war die Übergabe an die DSR, dann war sie auf der Strecke Mukran–Klaipėda im Einsatz. Abweichend von den anderen Fähren wurden die Brückennocken geschlossen gebaut. 1994 wurde sie umgebaut, ab Januar 1997 kam sie zusätzlich auf der Strecke Travemünde-Klaipėda zum Einsatz. Weitere Einsatzstrecken waren Kiel–Klaipėda, Aarhus–Halmstad, Kiel–St. Petersburg und für Ukrferry im Schwarzen Meer.

Kaunas[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaunas als Kaunas Seaways (2012)

Die fünfte Fähre (Baunummer 325) wurde am 30. Januar 1989 auf Kiel gelegt. Stapellauf war am 13. Mai 1989, dabei wurde sie auf den Namen der litauischen Stadt Kaunas (kyrillisch Каунас) getauft. Übergabe an die LISCO war am 20. Oktober 1989, danach wurde sie zwischen Mukran und Klaipėda eingesetzt. 1993 wurde sie umgebaut, weitere Einsatzlinien waren Klaipėda–Kiel, Karlshamn–Klaipėda–Gdańsk, Travemünde–Riga, Liepāja–Travemünde, Paldiski–Kapellskär und Kiel–Ust-Luga.

Ab Mai 2012 hieß das Schiff Kaunas Seaways. Sie war weiterhin auf den genannten Strecken im Einsatz, bis 2014 kam sie regelmäßig von Ust-Luga und Baltijsk nach Sassnitz/Mukran. Für den Bau der Kopenhagener Metro transportierte sie Tübbinge von Mukran nach Kopenhagen. Ab Juli 2015 ist sie für Ukrferry im Schwarzen Meer zum Einsatz. Im Sommer 2018 folgte der Verkauf von DFDS an Ukferry.[4] Sie trägt seitdem wieder ihren ursprünglichen Namen. Im Sommer 2019 pendelte sie kurzzeitig für Aegean Seaways zwischen dem griechischen Lavrion und dem türkischen Çeşme.[6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Typ EGF-321 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eisenbahngüterfährschiff Typ EGF-321. In: seeleute-rostock.de. Abgerufen am 15. Oktober 2017.
  2. OFW Ships
  3. OFW Ships en liquidation, les marins vont être licenciés et le navire vendu
  4. a b DFDS verkauft RoPax-Fähren an Ukrferry
  5. Intershipping noleggia Vilnius, 22. August 2022
  6. Aegean Seaways (Memento des Originals vom 25. November 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/aegeanseaways.com