Kisspeptin

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KiSS-1 metastasis-suppressor
Eigenschaften des menschlichen Proteins
Bezeichner
Gen-Namen KISS1 ; KiSS-1; MGC39258
Externe IDs
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse Hormon
Vorkommen
Übergeordnetes Taxon Eutheria (Höhere Säugetiere)
Orthologe
Mensch Maus
Entrez 3814 280287
Ensembl ENSG00000170498
UniProt Q15726
Refseq (mRNA) NM_002256 NM_178260
Refseq (Protein) NP_002247 NP_839991
Genlocus Chr 1: 202.43 – 202.43 Mb
PubMed-Suche 3814 280287

Das Peptidhormon Kisspeptin ist das Produkt des KiSS1-Gens. Als Ligand bindet es an den G-Protein gekoppelten KiSS1-Rezeptor, auch als GPR54 bekannt.[1] Ursprünglich wurde KiSS1 als Suppressorgen identifiziert; beim Menschen vermag es das Metastasieren von Hautkrebs und Brustkrebs zu unterdrücken. Die wichtige Rolle der Kisspeptin-KiSS1-Rezeptor-Signalübermittlung für das Einsetzen der Gonadoliberin-Ausschüttung zu Beginn der Pubertät wurde erst in letzter Zeit erkannt und ist immer noch Gegenstand aktueller Forschung.[2][3]

Entdeckung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1999 wurde der Rezeptor für Kisspeptin in Ratten gefunden und als G-Protein-gekoppelter Rezeptor identifiziert.[4] Erst 2001 folgte die Entdeckung des passenden Liganden, dem Produkt des KiSS1-Gens. Dessen Funktion wurde zuerst für den Menschen als die eines Suppressorgens für Metastasen beschrieben.[5] Nachfolgende Untersuchungen konnten zeigen, dass Loss-of-Function-Mutationen des KiSS1-Gens beim Menschen ein Durchlaufen der Pubertät verhindern, indem sie eine hypogonadotrope Unterfunktion der Keimdrüsen (Hypogonadismus) bewirken. Daraus wurde gefolgert, dass zu Beginn der Pubertät die Kisspeptin-KiSS1-Rezeptor-Signaltransduktion für die Einleitung der Gonadotropinausschüttung (LH/FSH) erforderlich ist.

Kisspeptin wird im Hypothalamus synthetisiert.

KiSS1 und Kisspeptin wurden von ihren Entdeckern nach einem bekannten Schokoladenerzeugnis der Hershey Company in Hershey (Pennsylvania) benannt.

Kisspeptin-Neuronen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Mäusen wird Kisspeptin in Neuronen dieser Kerne des Hypothalamus exprimiert (gebildet):

Kisspeptin-Neuronen finden sich in Zellkörpern wie Arc und AVPV. Sie senden Ausläufer in die Regio praeoptica des Hypothalamus, wo Gonadoliberin-Zellkörper in großer Zahl vorkommen. Diese Verhältnisse legen die Vermutung nahe, dass Kisspeptinfasern in enger anatomischer Beziehung zu gonadoliberinbildenden (parvizellulären) Neuronen stehen. Tatsächlich scheint Kisspeptin über KiSS1R auf Gonadoliberin-Neurone einzuwirken und so die Gonadoliberin-Ausschüttung zu stimulieren.

Auch die Keimdrüsen schütten Steroide aus, die über Gonadoliberin den FSH- und LH-Spiegel regulieren. Daher muss Kisspeptin für die effektive Regulation von Gonadoliberin auf die im Blut vorhandenen Steroid-Hormone ansprechen. Somit sind mindestens zwei Regulationswege vorstellbar:

  • Kisspeptin-Neuronen exprimieren Steroid-Rezeptoren (wie ERα, ERβ und dem Androgenrezeptor)
  • Kisspeptin-Neuronen werden über einen zwischengeschalteten Mechanismus vom Steroidhormonspiegel im Blut reguliert

Durch gemeinsame Expression von KiSS1-mRNA mit Rezeptoren für Steroidhormone konnte gezeigt werden, dass steroide Geschlechtshormone in Mäusen beiderlei Geschlechts unmittelbar auf KiSS1-Neurone einwirken.

Kisspeptin und Pubertät[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Folgende experimentelle Ergebnisse deuten auf eine Beteiligung von Kisspeptin an der Pubertät:

  • Tiere, bei denen durch spontane oder gerichtete Mutationen der KiSS1-Rezeptor seine Funktion verloren hat, treten nicht mehr in die Pubertät ein
  • Die Aktivierung der Gonadoliberin-Neuronen ist das auslösende Ereignis für den Eintritt in die Pubertät
  • Periphere Anwendung von Kisspeptin bei 25 Tage alten, präpubertären Ratten stimuliert die LH-Ausschüttung und induziert den Eisprung (Ovulation)
  • Bei einer Beteiligung von Kisspeptin an der Pubertät sollte KiSS1- und/oder KiSS1R-mRNA verstärkt synthetisiert werden. RT-PCR Assays sowie semiquantitative Untersuchungen stützen diese Hypothese
  • Die elektrophysiologische Antwort der Gonadoliberin-Neuronen auf Kisspeptin scheint sich im Laufe der Pubertät dramatisch zu ändern

Art der Wirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Offenbar aktiviert Kisspeptin die Gonadoliberin-Zellkörper durch unmittelbare Einwirkung:

  • die Antwort von Neuronen auf Kisspeptin wird durch Tetrodotoxin nicht unterdrückt, obwohl es die Nervenleitung effektiv blockiert.
  • Bei Patch-Clamp-Messungen an gramicidin-perforierten Zellen aus präpubertären Mäusen reagieren lediglich 30 % der Gonadoliberin-Neurone auf Kisspeptin, verglichen mit 60 % in adulten Tieren.
  • Auf niedrige Kisspeptingaben reagieren nur erwachsene Mäuse; daraus wird gefolgert, dass die Entwicklung von Gonadoliberin-Neuronen im Lauf der Pubertät durch Kisspeptin aktiviert wird.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Messager S, Chatzidaki EE, Ma D, Hendrick AG, Zahn D, Dixon J, Thresher RR, Malinge I, Lomet D, Carlton MB, Colledge WH, Caraty A, Aparicio SA: Kisspeptin directly stimulates gonadotropin-releasing hormone release via G protein-coupled receptor 54. In: Proc. Natl. Acad. Sci. USA. 102. Jahrgang, Nr. 5, 2005, S. 1761–6, doi:10.1073/pnas.0409330102, PMID 15665093.
  2. Smith JT, Clifton DK, Steiner RA: Regulation of the neuroendocrine reproductive axis by kisspeptin-GPR54 signaling. In: Reproduction. 131. Jahrgang, Nr. 4, 2006, S. 623–30, doi:10.1530/rep.1.00368, PMID 16595713.
  3. Dungan HM, Clifton DK, Steiner RA: Minireview: kisspeptin neurons as central processors in the regulation of gonadotropin-releasing hormone secretion. In: Endocrinology. 147. Jahrgang, Nr. 3, 2006, S. 1154–8, doi:10.1210/en.2005-1282, PMID 16373418.
  4. Lee D, Nguyen T, O’Neill G, Cheng R, Liu Y, Howard A, Coulombe N, Tan C, Tang-Nguyen A, George S, O’Dowd B: Discovery of a receptor related to the galanin receptors. In: FEBS Lett. 446. Jahrgang, Nr. 1, 1999, S. 103–7, PMID 10100623.
  5. Kotani M, Detheux M, Vandenbogaerde A, Communi D, Vanderwinden J, Le Poul E, Brézillon S, Tyldesley R, Suarez-Huerta N, Vandeput F, Blanpain C, Schiffmann S, Vassart G, Parmentier M: The metastasis suppressor gene KiSS-1 encodes kisspeptins, the natural ligands of the orphan G protein-coupled receptor GPR54. In: J Biol Chem. 276. Jahrgang, Nr. 37, 2001, S. 34631–34636, PMID 11457843.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]