Kleinwagen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Juli 2016 um 17:31 Uhr durch 78.51.134.176 (Diskussion) (Schreibweise für Jahrzehnte vereinheitlicht (zur überwiegend vorhandenen Form mit Bindestrich), Einheitenzeichen für Kilowatt korrigiert, "PS" und "kW" verlinkt.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Meistverkaufter Kleinwagen in Deutschland von 2008 bis 2013: der VW Polo

Der Begriff Kleinwagen bezeichnet in Europa die Fahrzeugklasse zwischen Kleinstwagen und Kompaktklasse. In den Fahrzeugsegmenten der Europäischen Kommission bildet er das B-Segment.[1] Typische Vertreter sind der VW Polo, der Opel Corsa, der Škoda Fabia und der Ford Fiesta. Das sind kleine, aber vollwertige PKW mit einem Listenpreis zwischen etwa 12.000 und 23.000 €.

Geschichte

In den 1950er- und 1960er-Jahren stand die Bezeichnung Kleinwagen teilweise für deutlich kleinere Rollermobile und verschiedene Mini-PKWs. Vollwertige PKW waren für die Bevölkerung in den ersten Jahren nach dem Krieg unerschwinglich teuer. In den 1950er-Jahren erprobten sich daher zahlreiche Hersteller mit verschiedenen kleinen Fahrzeugtypen, um den Bedarf nach preiswerten PKW abzudecken.[2][3] Zu den ersten Kleinwagen zählen der Gutbrod Superior 600 und der Citroën 2CV, jeweils ab 1949 produziert. Typische Vertreter waren später die Lloyds, der NSU Prinz, das Goggomobil sowie die BMW-Modelle 600 und 700. In der DDR erachtete man diese Kleinwagen-Baumuster ebenso wie die Rollermobile als unzweckmäßig und beschleunigte daher die Entwicklung eines familientauglichen PKW zur Massenmotorisierung[4], wobei man sich am Lloyd Alexander orientierte. Heraus kam dabei der Trabant, der bei seinem Erscheinen 1958 nach dem Citroën 2CV eines der ersten Autos mit den Merkmalen eines modernen Kleinwagens war – quer eingebauter Frontmotor, Frontantrieb sowie einer Fahrgastzelle, die vier erwachsenen Personen und Gepäck (Kofferraum: 415 l) Platz bot. Charakteristisch für Kleinwagen der späten 1950er-Jahre war ein Zwei- oder Viertaktmotor mit einem Hubraum von 500 bis 850 cm³ und einer Motorleistung zwischen 10 und 30 PS.[5] [6] Eine Sonderstellung nahm der VW Käfer ein. Er lässt sich wegen des großen Hubraums zwar als Wagen der Unteren Mittelklasse einordnen, Preis, Platzangebot und die Leistung lagen jedoch fast auf Kleinwagen-Niveau. Einen Meilenstein setzte in Europa 1959 der Mini mit seiner neuartigen Karosserieformgebung – ein Steilheck (Vollheck), das kürzer war als bei Stufenheck-Limousinen. Der Preis des Mini war relativ hoch, er war deutlich teurer als ein VW Käfer. Ähnliche Fahrzeuge entstanden wie der Suzuki Suzulight TL, später Honda N600 und Autobianchi A112. Mit den Baumustern der 1960er-Jahre wurde die Kompaktbauweise zu familientauglichen PKW qualifiziert. In der BRD hielt VW bis 1974 am Käfer fest und auch die Konkurrenten Ford und Opel scheuten vor der teuren Umstellung auf Frontantrieb zurück. In der DDR war der Frontantrieb bereits etabliert, allerdings hielt man am veralteten Zweitaktmotor fest. Fortschrittlichen, serienreifen Prototypen wie Trabant 603 oder Wartburg 355 wurde trotz Viertaktmotor und moderner Kompakt-Karosserie die Serieneinführung politisch verwehrt. In Frankreich und Italien setzte sich diese Bauweise schneller durch als in Deutschland. Sie gilt seither als Standardauslegung dieser Klasse.

Bauformen

Die charakteristische Bauart von Kleinwagen am Beispiel des Minis

Fahrzeuge mit Schrägheck waren bis in die 1970er-Jahre nicht üblich. Aus praktischen Erwägungen setzte sich diese unter anderem am Austin Mini verwirklichte Bauform für Fahrzeuge im unteren Segment dann weitgehend durch. Varianten mit Stufenheck spielen auf dem deutschen Markt keine Rolle mehr, dennoch existieren von zahlreichen Kleinwagenmodellen solche Ableger, die oft unter einem eigenständigen Modellnamen angeboten werden oder wurden (Polo/VW Derby). Kleinwagen werden in den südlichen Ländern zu einem höheren Anteil als Familienauto genutzt und benötigen in dieser Funktion einen großen Kofferraum und möglichst vier Türen, was die größere Verbreitung der Stufenheckvarianten erklärt. Diese verlängerte Bauform wird von Herstellern auch als Plattform für Kleinwagenkombis genutzt. Kombis sind jedoch deutlich weniger etabliert als in der Kompaktklasse. Einige Kleinwagen waren Basis für Kastenwagen.

Nahezu alle heutigen Kleinwagen haben Frontantrieb und einen quer eingebauten Motor – diese Bauform wurde erstmals am DKW F1 im Jahr 1931 verwirklicht. Es zog sich bis in die 1970er hin, ehe sich dieses vorteilhafte Konzept bei den Kleinwagen endgültig durchsetzte. Der Zweitaktmotor des wegweisenden DKW wurde hingegen Anfang der 1960er vom Viertaktmotor verdrängt. Das Leistungsvermögen der Motoren steigerte sich immer weiter. Waren in den 1950ern noch 7 bis 25 kW Leistung üblich, sind gegenwärtig kaum noch Kleinwagen mit weniger als 40 kW erhältlich. Ein Teil der Leistungszunahme wurde jedoch durch das immer größer gewordene Leergewicht kompensiert.

Marktsituation

Einige Aspekte sprechen für einen Kleinwagen. Die geringen Abmessungen nehmen wenig Verkehrsfläche in Anspruch, was vor allem in Ballungsräumen von großer verkehrspolitischer Bedeutung ist. Vorzüge sind ferner die große Wendigkeit und vergleichsweise einfache Parkplatzsuche. Das wichtigste Argument für den Kleinwagen ist sein moderater Neupreis. Fahrzeuge größerer Klassen sind nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung als Neuwagen erschwinglich.

Der Kraftstoffverbrauch ist heute kein Argument mehr für einen Kleinwagen. Ein VW Polo V wiegt zum Beispiel nur unwesentlich weniger als ein VW Golf VII (Polo ab 1067 kg; Golf ab 1205 kg = nur 13 Prozent mehr; das hohe Gewicht ist maßgeblich eine Folge der gewünschten Crashsicherheit, siehe auch Euro NCAP); beide Modelle sind mit 1,2-Liter- und 1,4-Liter-Motor erhältlich. Angesichts des Downsizing spielen Unterschiede in der Besteuerung durch Hubraumunterschiede allenfalls eine unbedeutende Rolle. Kleinwagen sind oft in einer ungünstigeren Kfz-Versicherungsklasse als etwas größere KFZ-Modelle.

Zahlreiche Modelle bieten inzwischen ein deutlich höheres Maß an Insassenschutz als zum Beispiel im Jahr 2000. Allerdings gibt es einige Modelle, für die (auch gegen Aufpreis) kein ESP erhältlich ist. Ab 1. November 2014 ist ESP EU-weit für jedes neu verkaufte Auto vorgeschrieben (Näheres und Quellen hier). Bei vielen Kleinwagenmodellen kosten Ausstattungsvarianten wie etwa eine Klimaanlage Aufpreis; in der nächstgrößeren Klasse gehören sie zum Serienumfang. Dies lässt den Listenpreisunterschied zwischen Kleinwagen und Kompaktwagen größer erscheinen als er „ausstattungsbereinigt“ tatsächlich ist.

Renault bietet mit der ZOE seit 2013 in diesem Segment auch ein rein elektrisch angetriebenes Fahrzeug mit 5 Sitzen an.

Premium-Kleinwagen geben sich sportlicher und eleganter als klassische Kleinwagen und richten sich an zahlungskräftige Kunden, die ein relativ kleines Fahrzeug wünschen. Typische Merkmale sind stärkere Motoren bereits in der Grundversion und Zweifarblackierungen. Als Pionier dieses Konzeptes in Europa gilt Autobianchi, die seit den 1950er-Jahren verschönerte Fahrzeuge auf Fiat-Basis verkauften. Der letzte Autobianchi dieser Art war der 1985 vorgestellte Autobianchi Y10, der außerhalb Italiens auch als Lancia Y10 verkauft wurde; es folgten nach 2000 Modelle im Retrodesign wie der neue Mini von BMW, der Fiat 500, der Alfa Romeo MiTo, der Citroën DS3 und der Audi A1. Der A1 hat viele Bauteile mit dem VW Polo gemein (siehe Plattform (Automobil)).

Aktuelle Modelle

Frühere Modelle

Kein vollständiger Katalog, aber einige typische Vertreter ihrer Zeit

1920–1939

1940–1949

1950–1959

1960–1969

1970–1979

1980–1989

1990–1999

2000–2010

Neuzulassungen in Deutschland

Für Zahlen zu den jährlichen Neuzulassungen von Personenkraftwagen des Segments Kleinwagen in Deutschland nach Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes, siehe Liste der Neuzulassungen von Personenkraftwagen in Deutschland nach Segmenten und Modellreihen#Kleinwagen.

Kleinwagen im Film

Literatur

  • Kleinwagen - gestern, heute, morgen. In: Kraftfahrzeugtechnik 3/1960, S. 92-96, und 4/1960, S.137-139.

Weblinks

Commons: Kleinwagen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kleinwagen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Car prices within the European Union at 1 January 2011. (PDF) Europäische Kommission, 26. Juli 2011, abgerufen am 8. Februar 2015.
  2. Realitäten und Irrwege im Kleinwagenbau. In: Kraftfahrzeugtechnik 5/1954, S. 145–150 und 6/1954, S. 180–186.
  3. Konstruktionstendenzen im Kleinst- und Kleinwagenbau. In: Kraftfahrzeugtechnik 1/1956, S. 11–15.
  4. Realitäten und Irrwege im Kleinwagenbau. In: Kraftfahrzeugtechnik 5/1954, S. 145–150.
  5. Aus dem internationalen Kraftfahrzeugbau - Internationaler Stand der Kleinwagen und der Kleinwagen Trabant. In: Kraftfahrzeugtechnik 7/1959, S. 291
  6. Kleinwagen - gestern, heute und morgen In: Kraftfahrzeugtechnik 3/1960, S. 92-96.