Kompensator (Waffentechnik)

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Springfield-Armory Custom XD-40 V-10 mit Kompensatorbohrungen
Hochschlagwirkung bei Schussabgabe
Hochschlag beim Schießen mit einer Smith & Wesson Model 500

Der Kompensator ist eine konstruktive Erweiterung für Handfeuerwaffen (Kurz- und Langwaffen), die an der Mündung montiert oder herstellungstechnisch im Lauf integriert ist, um den Hochschlag der Waffe zu mildern. Der Kompensator ist je nach Konstruktion mit Bohrungen oder Schlitzen ausgeführt. Das Kaliber des Kompensators ist im Regelfall ein wenig größer als das Kaliber der Waffe.

Der Kompensator einer Handfeuerwaffe erfüllt auch nicht die Aufgabe eines Mündungsfeuerdämpfers und ist in Funktion und Wirkung nicht mit der Mündungsbremse identisch. Es existieren jedoch Mischformen, so besitzen einige Mündungsbremsen zusätzliche Kompensatoröffnungen auf der Oberseite, um neben dem Rückschlag auch den Hochschlag zu mindern.[1]

Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem das Projektil die erste Bohrung passiert hat, beginnen die zur Beschleunigung des Geschosses verwendeten heißen Gase nach oben und ggf. auch leicht seitlich aus dem Kompensator auszuströmen. Erwünschter Effekt ist die Verminderung des beim Schuss entstehenden Hochschlags. Werden die Bohrungen des Kompensators nach oben angelegt, wird die Waffe beim Schuss nach unten gedrückt.[2][3] Asymmetrische Kompensatoren verteilen die Gase leicht versetzt und wirken so zum Beispiel dem üblichen Linksausreißen bei Rechtsschützen entgegen (Beispiel: AKM[4]).

Die Gaswirbel, die ohne Verwendung eines Kompensators an der Mündung entstehen, werden ebenfalls verringert, was zu einer stabileren Flugbahn des Geschosses führt.

Grundsätzlich gibt es Kompensatoren als in die Waffe integriertes System (z. B. Kompensatorbohrungen) sowie als an den Lauf montierbares Zubehör.[5]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sowjetische Maschinenpistole PPSch-41[6] aus dem Zweiten Weltkrieg[7], eingerichtet für die Patrone 7,62 × 25 mm Tokarew M1930.[8][9] Der verlängerte Laufmantel wird von einigen Quellen als Kompensator,[10] von anderen als Mündungsbremse bezeichnet.[11][12] Tatsächlich hat dieser beide Eigenschaften.[13][14] Nach dem Schuss prallen die Mündungsgase an der schräg gestellten Stirnfläche[15] ab[16] und werden sowohl nach oben als auch zu den Seiten hin abgeleitet.[17] Dabei dienen die seitlichen Öffnungen im Laufmantel als Mündungsbremse und die Öffnung oben vor dem Kornträger als Kompensator.[18] Die Kompensatoröffnung ist etwas größer als die seitlichen Öffnungen.[19][20] Da die nach oben hin abgelenkten Pulvergase die Mündung der Waffe nach unten drücken,[21] erhöht sich die Stabilität der Waffe im Dauerfeuer erheblich.[22]

Ein Kompensator sollte genau auf die Waffe und die verwendete Munition (Geschossgewicht, Mündungsgeschwindigkeit) abgestimmt sein, damit er optimal wirkt. Kompensatoren mit einer zu großen Öffnung im Verhältnis zu den entstehenden Pulvergasen haben die Eigenschaft, die Waffe bei jedem Schuss unangenehm nach unten zu reißen.

Bei verdeckten Operationen wird auf Kompensatoren verzichtet, weil sie durch Streuung noch brennender Treibgase ein weithin sichtbares Mündungsfeuer erzeugen und bei Dunkelheit den Schützen blenden, da Teile des Mündungsfeuers genau in die Visierlinie geleitet werden. Eine kleine Erleichterung bieten Kompensatoren mit leicht seitlich versetzten Öffnungen, welche das Mündungsfeuer rechts und links der Visierlinie austreten lassen. Trotzdem wird bei Nachteinsätzen stattdessen ein Mündungsfeuerdämpfer eingesetzt.

Linear Compensator[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine relativ neue Form des Kompensators ist der „Linear Compensator“. Dieser verteilt die Mündungsgase, im Gegensatz zum herkömmlichen Kompensator, nicht nach oben, sondern bündelt diese Richtung Ziel. Dieses geschieht durch zum Lauf parallele Bohrungen im Kompensatorkörper. Der Mündungsknall wird so vom Schützen abgeleitet.[23] Der Rückschlag wird durch einen Linear Compensator nicht verringert.[24]

Zudem existieren Geräte, welche in Form und Funktion einem linearen Kompensator ähneln. Für diese Gruppe von Geräten hat sich noch keine einheitliche Bezeichnung etabliert; sie werden blast forwarding device (dt. Schockwellenwegleitungs-Gerät), muzzle blast control device, blast mitigation device (dt. Druckwellenminderungs-Gerät) oder blast shield genannt. Sie werden nicht eigenständig eingesetzt, sondern über eine bereits vorhandene Mündungsbremse oder einen Kompensator gestülpt. Dadurch werden die seitlich oder oben austretenden Mündungsgase nach vorne abgelenkt und die negativen Effekte des ursprünglichen Mündungsaufsatzes negiert. So können herkömmliche Kompensatoren bei Nacht und Mündungsbremsen auf Schießständen benutzt werden. Der Nachteil dieser Geräte besteht darin, dass die positiven rück- und hochschlagmindernden Effekte ebenso ausgeschaltet werden. Durch die Ableitung der Mündungsgase nach vorne verstärkt sich zudem der Rückschlag.[25][26] Bei einigen dieser Geräte wird bei kombinierten Mündungsbremsen mit Kompensatoreigenschaften nur die Mündungsbremse umgelenkt und die Kompensatoröffnungen frei gelassen.[27]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Kompensator“ Eintrag im Handbuch „IPSC Flinte“, S. 65, herausgegeben vom Bund Deutscher Sportschützen (PDF-Datei; 613 kB)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Thomas Enke: Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik. Walhalla Fachverlag, 4., aktualisierte Auflage, Regensburg, 2023, ISBN 978-3-8029-6198-4, S. 164

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vincent J.M. DiMaio: Titel Gunshot Wounds: Practical Aspects of Firearms, Ballistics, and Forensic Techniques, SECOND EDITION, Verlag CRC Press, 1998, ISBN 9781420048377, S. 79–80 [1]
  2. Bryan: Muzzle Devices 101. In: sportsmansguide.come. 31. Oktober 2018, abgerufen am 27. Januar 2020.
  3. Julian S. Hatcher: Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book for, Shooters, Gunsmiths, Ballistics, Historians, Hunter and Collectors. 1. Auflage. Military Service Publishing Company, Harrisburg, PN 1948, ISBN 978-1-61427-283-0, S. 263 (englisch).
  4. Edward Clinton Ezell: Kalaschnikow, Das Genie und sein Lebenswerk. 1. Auflage. dwj, Blaufelden 2011, ISBN 978-3-936632-70-5, S. 162.
  5. Brad Miller: Pistol Recoil Reduction: Ports vs. Compensator. In: shootingtimes.com. Abgerufen am 31. Januar 2021 (englisch).
  6. Major General J I H Owen: Warsaw Pact Infantry and its Weapons. Brassey's Publishers ldt., London 1974, ISBN 0-904609-03-0, S. 42 (englisch).
  7. Vladimir Dolinek, Vladimir Francev und Jan Sach: Illustriertes Lexikon der Waffen im 1. und 2. Weltkrieg. Dörfler im Nebel Verlag, Eggolsheim 2007, ISBN 978-3-89555-223-6, S. 101.
  8. Ian V. Hogg: Meilensteine der Waffengeschichte. 1. Auflage. Motorbuch, Stuttgart 1990, ISBN 3-613-01325-8, S. 242.
  9. Edward Clinton Ezell: The AK47 Story, Evolution of the Kalashnikov Weapons. Stackpole Books, Harrisburg, PA 1986, ISBN 978-0-8117-0916-3, S. 129 (englisch).
  10. Ian V. Hogg and John Weeks: Military Small Arms of the 20th century. 5. Auflage. Arms & Armour Predd, London 1985, ISBN 0-85368-708-0, S. 119 (englisch).
  11. W. H. B. Smith: Small Arms of the World The Basic Manual of Military Small Arms. 6. Auflage. The Stackpole Company, Harrisburg, PN, S. 587 (englisch).
  12. Edward Clinton Ezell: Kalaschnikow, Das Genie und sein Lebenswerk. 1. Auflage. dwj, Blaufelden 2011, ISBN 978-3-936632-70-5, S. 111.
  13. Julian S. Hatcher: Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book for, Shooters, Gunsmiths, Ballistics, Historians, Hunter and Collectors. 1. Auflage. Military Service Publishing Company, Harrisburg, PN 1948, ISBN 978-1-61427-283-0, S. 263 (englisch).
  14. A. J. Barker, John Walter: Die russischen Infanteriewaffen des Zweiten Weltkrieges. 1. Auflage. Motorbuch, 1972, ISBN 3-87943-256-2.
  15. David Miller: The Illustrated Books of Guns. Salamanda Books Limited, London 2002, ISBN 1-84065-172-5, S. 248 (englisch).
  16. Karl R. Pawlas: Waffen Revue Nr. 56 I. Quartal 1985. Journal, Schwäbisch Hall 1981, S. 8911.
  17. Günter Wollert, Reiner Lidschun, Wilfried Kopenhagen: Schützenwaffen Heute (1945-1985). 5. Auflage. Band 1. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1998, ISBN 3-89488-057-0, S. 169.
  18. F.W.A. Hobart: Die Maschinenpistole: Die Geschichte einer vollautomatischen Waffe. 1. Auflage. Motorbuch, Stuttgart 1974, ISBN 3-87943-324-0, S. 174.
  19. Ian Hogg, Rob Adam: Jane's Gun Recognition Guide. HarperCollins Publishers, Glasgow 1996, ISBN 0-00-470979-9, S. 264 (englisch).
  20. Reiner Lidschun, Günter Wollert: Infanteriewaffen Illustrierte Enzyklopädie der Infanteriewaffen aus aller Welt bis 1945. Parragon Books, Königswinter, ISBN 978-1-4454-3816-0, S. 424.
  21. Reiner Lidschun, Günter Wollert: Infanteriewaffen. Illustrierte Enzyklopädie der Infanteriewaffen aus aller Welt bis 1945. Parragon Books, Königswinter, ISBN 978-1-4454-3816-0, S. 424.
  22. F.W.A. Hobart: Die Maschinenpistole: Die Geschichte einer vollautomatischen Waffe. 1. Auflage. Motorbuch, Stuttgart 1974, ISBN 3-87943-324-0, S. 174.
  23. Bryan: Muzzle Devices 101. In: sportsmansguide.come. 31. Oktober 2018, abgerufen am 27. Januar 2020.
  24. Jeremy S.: Gear Review: 5.56 Muzzle Device Shootout in: thetruthaboutguns.com, 24. November, 2014
  25. JEREMY S.: Gear Review: Blast Forwarding Device (BFD) From Indian Creek Design. In: thetruthaboutguns.com. 4. November 2016, abgerufen am 27. Januar 2020.
  26. JOHN SCOTT: 6 of the Best Muzzle Blast Control Devices Available. In: ballisticmag.com. 20. Juli 2016, abgerufen am 27. Januar 2020.
  27. Ray I.: LANTAC BMD Blast Mitigation Device. In: thefirearmblog.com. 2. März 2015, abgerufen am 27. Januar 2020.