Konstitutionelle Republik

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Eine konstitutionelle Republik ist eine Staatsform, in der das Staatsoberhaupt und bedeutende Beamte gewählte Vertreter des Volkes sind und entsprechend existierendem konstitutionellen Recht handeln, welches die Beschränkung der Macht der Regierung über die Bürger garantiert. In einer konstitutionellen Republik sind die exekutiven, legislativen und judikativen Organe strikt voneinander getrennt, sodass kein Individuum und keine Gruppe absolute Macht erlangen kann.

Die Tatsache, dass eine machtbeschränkende Verfassung existiert, macht einen Staat konstitutionell. Dass die Staatschefs und andere Beamte durch Wahlen ermittelt-, und ihre Positionen z. B. durch Erb- oder Thronfolge nicht übertragen werden, sowie dass ihre Entscheidungen judikativer Überprüfung unterliegen, macht einen Staat republikanisch. Im Gegensatz zu einer direkten Demokratie werden in einer konstitutionellen Republik die Bürger nicht von dem Mehrheitswillen der Menschen regiert, sondern vom verfassungsgemäßen Rechtsgrundsatz; das Wahlrecht wird insofern beschränkt, als die gewählten Volksvertreter innerhalb der Grenzen des alles überspannenden konstitutionellen Rechts zu agieren haben. Das Volk kann durch seine Wahl also selbst keine legislative Gewalt ausüben. John Adams definierte eine konstitutionelle Republik als „eine Regierung der Gesetze und nicht der Menschen.“[1]

Konstitutionelle Republiken stellen einen absichtlichen Versuch dar, die Gefahren, die aus einer reinen Mehrheitsherrschaft resultieren, zu verringern, wobei Minoritätsrechte vor der „Tyrannei der Mehrheit“ durch machtbeschränkende Maßnahmen für Regierungsbeamte geschützt werden.[2] Eine konstitutionelle Republik ist so konzipiert, dass „keine Person oder Gruppe zu absoluter Macht gelangen kann.“[3] Kein Individuum ist berechtigt, exekutive, legislative und judikative Gewalt innezuhaben; stattdessen wird sie in drei distinkte, sich gegenseitig überprüfende Bereiche aufgeteilt.

Die Idee einer konstitutionellen Republik beruht auf dem Werk „Politik“ von Aristoteles und seiner Vorstellung der Polity. Darin kontrastiert er die Polity oder republikanische Regierungsform mit der Demokratie und Oligarchie im sechsten Kapitel des dritten Buches.

Konstitutionelle Republiken werden von klassischen Liberalen befürwortet. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind die älteste konstitutionelle Republik der Welt und sie stellen das erste umfassende Experiment in dieser ersonnenen Staatsform dar. Laut James Woodburn im Buch The American Republic and Its Government, „ist die konstitutionelle Republik mit ihren Limitationen der Regierungsgewalt eindeutig in der Verfassung verankert, wie man bei der Wahl des Präsidenten, des Senats und der Ernennung der Mitglieder des Obersten Gerichtshofs sieht.“ Er sagt, dass in einer Republik, im Unterschied zu einer Demokratie, das Volk nicht nur bei der Wahl von Beamten, sondern auch bei der Einführung neuer Gesetzgebung überprüft wird.[4] Es existiert ein sog. Bill of Rights in der U.S. Verfassung, welches gewisse persönliche Grund- und Bürgerrechte garantiert. Diese können nicht durch entsprechende Wahlen von der Mehrheit der Bürger aufgehoben werden, um bspw. eine Minderheit zu unterdrücken. Um diese Rechte zu eliminieren, müssten Regierungsbeamte konstitutionelle Kontrollen überwinden und eine Zweidrittelmehrheit in einer Kongressabstimmung zur Modifizierung der Verfassung erreichen.

Eine konstitutionelle Republik ist eine Form der liberalen Demokratie, aber nicht alle liberalen Demokratien sind konstitutionelle Republiken. Obwohl z. B. in einer Monarchie das Staatsoberhaupt nicht gewählt wird, kann sie trotzdem eine liberale Demokratie sein, wenn sie ein Parlament mit gewählten Volksvertretern aufweist, die entsprechend einer Grund- und Bürgerrechte beschützenden Verfassung regieren (s. konstitutionelle Monarchie).

Unterstützung

Alexander Tsesis äußert in The Thirteenth Amendment and American Freedom: A Legal History, dass für ihn eine konstitutionelle Republik eine „repräsentative Politik auf Basis fundamentalen Rechts darstellt, in der jede Person das Recht hat, seiner eigenen unaufdringlichen Vision eines guten Lebens zu folgen und sie umzusetzen. In einer solchen Gesellschaft ist das Gemeinwohl das kumulative Produkt freier und gleicher Individuen, die bedeutsame Ziele verfolgen.“[5]

Kritik

Karl Marx behauptete, dass eine konstitutionelle Republik ein schützender politischer Rahmen für kapitalistische Ausbeutung darstellt. Er sagte: „All die Bourgeoisie-Ökonomen sind sich dessen bewusst, dass die Produktion besser unter der Aufsicht einer modernen Polizei als unter dem Prinzip ‚Macht gibt Recht‘ vonstatten geht. Sie vergessen nur, dass dieses Prinzip auch eine legale Dimension enthält und dass das Recht des Stärkeren auch in ihren ‚konstitutionellen Republiken‘ gilt, nur in anderer Form.“[6]

Quellen

  1. Levinson, Sanford. Constitutional Faith. Princeton University Press, 1989, p. 60
  2. s. Sprichwort: „Demokratie ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf darüber entscheiden, was es zum Abendessen gibt …“
  3. Delattre, Edwin. Character and Cops: Ethics in Policing, American Enterprise Institute, 2002, p. 16.
  4. Woodburn, James Albert. The American Republic and Its Government: An Analysis of the Government of the United States, G. P. Putnam, 1903, pp. 58–59
  5. Tsesis, Alexander. The The Thirteenth Amendment and American Freedom: A Legal History, NYU Press, 2004, p. 5
  6. Marx, Karl Marx’s Outline of the Critique of Political Economy (Grundrisse)