Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit

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Das Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit (auch: Lambsdorff-Papier) ist eine wirtschaftspolitische Programmschrift, die in der Endphase der sozialliberalen Koalition im Jahr 1982 im Bundeswirtschaftsministerium unter Leitung des Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff (FDP) und der Mitarbeit seines Staatssekretärs Otto Schlecht sowie des damaligen Leiters der Abteilung Wirtschaftspolitik Hans Tietmeyer ausgearbeitet und in einem Schreiben an Bundeskanzler Helmut Schmidt am 9. September 1982 vorgestellt wurde.[1][2]

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Konzept, das den wirtschaftspolitischen Kurswechsel in Großbritannien und den USA unter Margaret Thatcher und Ronald Reagan aufgriff und neoliberale Positionen zur Reform des Arbeitsmarkts enthielt, umfasste im Wesentlichen die Ziele:

  • Konsolidierung des Haushalts,
  • Schaffung von Anreizen zu arbeitsplatzfördernden Investitionen,
  • Eindämmung der steigenden Sozialstaatskosten und
  • Deregulierung im Inneren und nach außen,

zu deren Erreichung ein Bündel Maßnahmen vorgeschlagen wurden, die dann im Folgenden zunächst von der neuen christlich-liberalen Koalition unter Helmut Kohl, später von der rot-grünen Koalition im Rahmen der „Agenda 2010“ unter Gerhard Schröder in Angriff genommen wurden. Aber zunächst galt das von der FDP vorgelegte Konzept mit den SPD-Positionen als unvereinbar und verschärfte das in Anbetracht der innerhalb der SPD kontrovers geführten Diskussionen über den NATO-Doppelbeschluss ohnehin angespannte Verhältnis der SPD zu ihrem Koalitionspartner.[3] Der anschließende Konflikt über den Bundeshaushalt 1983 führte schließlich zum Bruch der seit 1969 regierenden sozialliberalen Koalition, der in dem Misstrauensvotum von 1982 seinen Ausdruck fand.[4][5]

„Das Papier ist als ‚Scheidungsbrief‘ in die Geschichte eingegangen, weil seine Veröffentlichung am 9. September 1982 den Bruch der Regierungskoalition zwischen SPD und FDP auslöste. Sein Inhalt steht stellvertretend für die wirtschaftspolitische Umorientierung von der keynesianischen Nachfragesteuerung zur liberalen Angebotspolitik, die während der 1970er Jahre eingesetzt hatte. Da das neue wirtschaftspolitische Leitbild in der Folgezeit jedoch nur sehr unvollständig umgesetzt wurde, ist das Lambsdorff-Papier gleichzeitig ein Schlüsseldokument für die Beharrungskraft des westdeutschen Gesellschaftsmodells.“

Sabine Dworog, i. A. d. Bayerischen Staatsbibliothek[6]

Dokumentation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gérard Bökenkamp, Jürgen Frölich: 30 Jahre Lambsdorff-Papier: Entscheidende Wendemarke in der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, In: Denken für die Freiheit, Liberales Institut, 11. September 2012, abgerufen am 26. September 2013.
  2. Hans-Peter Schütz: Otto Graf Lambsdorff – Ein echter Liberaler, in: Der Stern, 6. Dezember 2009, abgerufen am 26. September 2013.
  3. Die Zeit, Michael Jungblut, 17. September 1982, Ein Feldherr ohne Truppen – Selbst Vertreter der eigenen Partei machen Front gegen den Wirtschaftsminister, abgerufen am 26. September 2013.
  4. Der Spiegel, Heiko Martens, 20. September 1982, Ein Standort rechts von der Union, abgerufen am 26. September 2013.
  5. Die Welt, Thorsten Jungholt und Daniel Friedrich Sturm, 2. September 2012, Rot-Gelb – Zwei fremde Kulturen finden nicht mehr zusammen, abgerufen am 26. September 2013.
  6. 100(0) Schlüsseldokumente zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert, hrsg. von der Bayerischen Staatsbibliothek, abgerufen am 26. September 2013.