Kreis Rößel

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Lage in Ostpreußen
Der Kreis Rößel 1818–1945

Der Kreis Rößel war ein deutscher Landkreis im Regierungsbezirk Königsberg (später Allenstein) der preußischen Provinz Ostpreußen. Er lag im Ermland in der Mitte Ostpreußens und bestand von 1818 bis 1945. Sitz der Kreisverwaltung war zunächst Rößel und ab 1862 Bischofsburg.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gebiet des Kreises war 850,84 km² groß und lag nordöstlich von Allenstein. Die vier Städte des Kreises, Rößel, Bischofsburg, Seeburg und Bischofstein, lagen in den vier Ecken des Kreises und förderten das Wirtschaftsleben. Ein eindeutiges Zentrum hatte der Kreis aber nicht.

Von den Höhenlagen des Baltischen Höhenrückens geht die Landschaft nach Norden in die Schippenbeiler Tiefebene über. Der südwestliche Bereich wird von der Allensteiner Seenplatte berührt, der 10 km² große Daddaisee (heute Jezioro Dadaj) und der Lauternsee (Jezioro Luterskie) waren die größten Seen des Kreises. Nahe dem Lauternsee im Zentrum des Kreises befand sich mit dem 220 Meter hohen Voigtsdorfer Berg der höchste Punkt. Der Nordosten wird vom Fluss Zaine berührt, dem einzigen nennenswerten Fluss des Kreises. Weite Gebiete sind mit Wäldern bedeckt.

Der Kreis Rößel gehörte zu den flächenmäßig kleineren Kreisen Ostpreußens, war jedoch mit zeitweise 61 Einwohnern pro km² der am dichtesten besiedelte Kreis. 1939 lebten im Kreis 51.086 Menschen, davon 88,3 Prozent katholischen Glaubens. Gab es 1890 noch 339 Juden, ging deren Zahl danach ständig zurück: 1925 waren es 132, 1933 nur noch 108. Die polnische Minderheit wurde 1900 mit 14 Prozent angegeben.

Die Städte Bischofstein und Bischofsburg lagen an der Reichsstraße 128 KönigsbergOrtelsburg, und durch Rößel führte die Reichsstraße 141 Allenburg–Bischofsburg. Dazu führten die Bahnlinien Insterburg–Allenstein und WormdittRastenburg durch das Kreisgebiet. Haupterwerbsquellen waren die Land- und Forstwirtschaft, nennenswerte Industrie hatte sich nicht angesiedelt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte des Kreises wurde lange Zeit durch das Bistum Ermland bestimmt, das über mehrere Jahrhunderte ein geistlich-souveränes Territorium darstellte. Es entstand 1243 und wurde verwaltungsmäßig in zehn Kammerämter aufgeteilt, von denen sieben dem ermländischen Bischof und drei dem Domkapitel unterstellt waren. Das Gebiet des späteren Kreises lag in den Kammerämtern Rößel und Seeburg, die zum bischöflichen Herrschaftsbereich gehörten. Im Ergebnis des zweiten Thorner Friedens von 1466 kam das gesamte Bistum Ermland unter polnische Oberhoheit, die bis zur ersten polnischen Teilung von 1772 andauerte. Danach kam es zu Preußen und verlor gleichzeitig seine Selbständigkeit.

Nach der Einbindung in den preußischen Staat wurden im Ermland 1773 zunächst die beiden landrätlichen Kreise Braunsberg und Heilsberg eingerichtet, die beide der Kriegs- und Domänenkammer Königsberg zugeordnet wurden.[1]

Seit 1818[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siegelmarke Königliches Landratsamt Rössel-Ostpreußen

Im Rahmen der preußischen Verwaltungsreformen ergab sich die Notwendigkeit einer umfassenden Kreisreform in ganz Ostpreußen, da die 1752 bzw. 1773 eingerichteten Kreise sich als unzweckmäßig und zu groß erwiesen hatten. Im Ermland wurde aus dem südöstlichen Teil des alten Kreises Heilsberg mit Wirkung vom 1. Februar 1818 der neue Kreis Rößel gebildet.[2] Er umfasste im Wesentlichen das Gebiet der vormaligen ermländischen Kammerämter Rößel und Seeburg, nämlich die katholischen Kirchspiele:

Zunächst wurde Rößel als Kreisstadt bestimmt, 1862 wurde das Landratsamt jedoch nach Bischofsburg verlegt. Anfangs unterstand der Kreis dem preußischen Regierungsbezirk Königsberg; am 1. November 1905 erfolgte die Zuordnung zum neu gegründeten ostpreußischen Regierungsbezirk Allenstein.

Vom Ende des Ersten Weltkriegs bis heute[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der nach dem Ersten Weltkrieg im Versailler Vertrag vorgeschriebenen Volksabstimmung über die Zugehörigkeit zum Deutschen Reich oder zu Polen entschieden sich am 11. Juli 1920 88,7 Prozent der Stimmberechtigten für einen Verbleib bei Ostpreußen.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte Ende Januar 1945 die Rote Armee ohne wesentliche Kampfhandlungen den Kreis Rößel. Erst nach der Besetzung wurden die Städte und Dörfer von Truppen der Roten Armee zum Teil durch Brandstiftung zerstört.

Im März 1945 unterstellte die Rote Armee das Kreisgebiet zusammen mit der südlichen Hälfte Ostpreußens der Verwaltung der Volksrepublik Polen. Diese besiedelte es nach Flucht und Vertreibung nahezu der gesamten einheimischen Bevölkerung mit Polen, die zum Teil aus den an die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen.

Das Kreisgebiet ist heute auf die polnischen Kreise Powiat Bartoszycki (Kreis Bartenstein), Powiat Kętrzyński (Kreis Rastenburg) und Powiat Olsztyński (Kreis Allenstein) aufgeteilt.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner Quelle
1818 22.324 [3]
1846 38.216 [4]
1871 49.399 [5]
1890 49.329 [6]
1900 50.300 [6]
1910 50.472 [6]
1925 48.965 [6]
1933 50.311 [6]
1939 51.086 [6]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Landräte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Deutschen Kaiserreich bildete der Kreis Rößel zusammen mit dem Kreis Allenstein den Reichstagswahlkreis Königsberg 9. Dieser stark katholisch geprägte Wahlkreis wurde bei fast allen Reichstagswahlen zwischen 1871 und 1912 von Kandidaten der Deutschen Zentrumspartei gewonnen. Lediglich bei der Reichstagswahl 1893 konnte mit Anton von Wolszlegier ein Vertreter der Polnischen Fraktion das Mandat gewinnen.[12]

Gemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1908 umfasste der Kreis 118 Städte, Gemeinden und Gutsbezirke. Zum Ende seines Bestehens im Jahr 1945 umfasste der Kreis Rößel noch vier Städte und 81 Landgemeinden:[6][13]

Vor 1945 aufgelöste Gemeinden
  • Bodzianowo, am 30. September 1928 zu Bansen
  • Plönhöfen, vor 1910 zu Loszainen
  • Potritten, am 30. September 1928 zu Walkeim
  • Zabrodzin, am 30. September 1929 zu Schöndorf

Ortsnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts, zuletzt 1938, wurden mehrere Gemeinden umbenannt:[13]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Heft 1: Regierungsbezirk Allenstein. Berlin 1912, S. 56–61, Kreis Rössel.
  • Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 214–220.
  • Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg. Berlin 1966, 19. Kreis Roessel.
  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage. Band 2, Berlin 1874, S. 18, Ziffer 12.
  • A. C. A. Friedrich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Berlin 1839, S. 603.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 118–125.
  • Michael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Rössel. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Landkreis Rößel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Georg von Viebahn (Hrsg.): Statistik des zollvereinten und nördlichen Deutschlands. Georg Reimer, Berlin 1858, S. 296 (google.de).
  2. Max Toeppen: Historisch-comparative Geographie von Preussen. Justus Perthes, Gotha 1858, S. 343 ff. (google.de).
  3. Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Königsberg (Digitalisat [abgerufen am 9. September 2020]).
  4. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S. 304 (Digitalisat).
  5. Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preußen und ihre Bevölkerung 1871
  6. a b c d e f g Michael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Rössel. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  7. Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte
  8. Stammbaum Friedrich von Puttkamer bei www.einegrossefamilie.de
  9. Die preussische Verwaltung des Regierungsbezirks Königsberg, 1871–1920
  10. www.bischofsburg.de (Memento des Originals vom 8. Januar 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bischofsburg.de
  11. Allgemeine Forstzeitschrift, Band 39
  12. Datenbank der Reichstagsabgeordneten
  13. a b territorial.de: Kreis Rößel