Landgericht Vilbel

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Das Landgericht Vilbel war von 1853 bis 1879 ein erstinstanzliches Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in der Provinz Oberhessen des Großherzogtums Hessen mit Sitz in Vilbel (heute: Bad Vilbel). Dem Landgericht übergeordnet war das Hofgericht Gießen und darüber das Oberappellationsgericht Darmstadt.

Gründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Einrichtung der Landgerichte im Großherzogtum 1821 entsprachen deren Bezirke immer einem Landratsbezirk oder dem Teil eines Landratsbezirks. Durch mehrere Verwaltungsreformen hatten sich nicht nur die Bezeichnungen, sondern auch deren Grenzen geändert, zuletzt als die in Folge der Märzrevolution 1848 geschaffenen Regierungsbezirke 1852 wieder abgeschafft wurden. So kam es in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen zu einer umfassenden Revision der Zuständigkeitsbereiche der Gerichte, wobei auch Gerichte aufgelöst und neue gebildet wurden.

So wurde zum 15. Oktober 1853 das Großherzoglich Hessische Landgericht Vilbel gegründet und dabei auch die Landgerichte Großkarben und Rödelheim aufgelöst.[1]

Bezirk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemeinde Herkunft Zugang Abgang Nach
Büdesheim Landgericht Großkarben 1853[2] 1879 Amtsgericht Vilbel
Burg-Gräfenrode Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Burgholzhausen vor der Höhe Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Dortelweil Freie Stadt Frankfurt 1866 1879 Amtsgericht Vilbel
Groß-Karben Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Harheim Herzogtum Nassau 1866 1879 Amtsgericht Vilbel
Heldenbergen Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Kaichen Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Klein-Karben Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Kloppenheim Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Massenheim Kurfürstentum Hessen 1866 1879 Amtsgericht Vilbel
Niedereschbach Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Nieder-Erlenbach Freie Stadt Frankfurt 1866 1879 Amtsgericht Vilbel
Niederursel Landgericht Rödelheim 1853 1866 Justizamt Homburg
Ober-Erlenbach Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Ober-Eschbach Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Okarben Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Petterweil Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Rendel Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Rodheim Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel
Rödelheim Landgericht Rödelheim 1853 1866 Justizamt Homburg
Steinbach Landgericht Rödelheim 1853 1879 Amtsgericht Offenbach am Main
Vilbel Landgericht Großkarben 1853 1879 Amtsgericht Vilbel

Weitere Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch den Friedensvertrag vom 3. September 1866 zwischen dem Großherzogtum Hessen und dem Königreich Preußen wurden Rödelheim und Niederursel an Preußen abgetreten[3], während eine Reihe von Orten dem Großherzogtum zugeschlagen[4] und hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeit dem Landgericht Vilbel zugeteilt wurden[5] (siehe: Übersicht).

Ende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 wurden Organisation und Bezeichnungen der Gerichte reichsweit vereinheitlicht. Zum 1. Oktober 1879 hob das Großherzogtum Hessen deshalb die Landgerichte auf. Funktional ersetzt wurden sie durch Amtsgerichte.[6] So ersetzte das Amtsgericht Vilbel das Landgericht Vilbel. „Landgerichte“ nannten sich nun die den Amtsgerichten direkt übergeordneten Obergerichte. Das Amtsgericht Vilbel wurde dem Bezirk des Landgerichts Gießen zugeordnet.[7]

Gerichtsgebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Altes Gerichtsgebäude

Der erste Sitz des Landgerichtes befand sich in der Frankfurter Straße 132. Das zweigeschossige klassizistische Gebäude wurde 1830 außerhalb der Stadt als Zolldirektion des Großherzogtums Hessen erbaut. Mit dem Beitritt der freien Stadt Frankfurt zum Zollverein 1836 entfiel dieser Zweck. Um 1850 zog das Landgericht Vilbel in das Gebäude ein, das nachfolgend auch noch vom Amtsgericht Vilbel genutzt wurde. Später erwarb es die Stadt Vilbel, die darin Wohnungen einrichtete. Seit 1999 wird es als Bankgebäude genutzt. In diesem Zusammenhang erfolgte eine Sanierung, bei der die Fenster wieder in den originalen Zustand, nämlich Kastenfenster, umgebaut wurden.[8] Das Gebäude ist ein Kulturdenkmal nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz und steht damit unter Denkmalschutz.[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bekanntmachung
    1) die Aufhebung der Großherzoglichen Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein;
    2) die künftige Zusammensetzung der Landgerichts-Bezirke in der Provinz Oberhessen betreffend
    vom 4. Oktober 1853. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 44 vom 7. Oktober 1853, S. 640–641.
  2. Bekanntmachung, betreffend:
    1) die Aufhebung der Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Darmstadt, Waldmichelbach, Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein;
    2) die künftige Zusammensetzung der Stadt- und Landgerichts-Bezirke in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen
    vom 15. April 1853. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 19 vom 26. April 1853, S. 221–230.
  3. Art. 14 Friedensvertrag.
  4. Art. 15 Friedensvertrag.
  5. Bekanntmachung betreffend die Gerichtsbarkeit in den durch den Friedensvertrag mit der Krone Preußen vom 3. September v. J. erworbenen Gebietstheilen vom 4. Januar 1867. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 2 vom 9. Januar 1867, S. 9–10.
  6. §§ 1, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  7. §§ 2, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  8. Fenster – die Augen des Hauses. In: Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hg.): "Denkmalpflege in Hessen": Berichte 1999/2000, S. 7–8.
  9. Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Frankfurter Straße 132 In: DenkXweb, Online-Ausgabe von Kulturdenkmäler in Hessen

Koordinaten: 50° 10′ 19,4″ N, 8° 44′ 0,6″ O