Landtag des Saarlandes

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Landtag des Saarlandes
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Basisdaten
Sitz: Saarbrücken
Legislaturperiode: fünf Jahre
Erste Sitzung: 14. Oktober 1947
Abgeordnete: 51
Aktuelle Legislaturperiode
Letzte Wahl: 27. März 2022
Nächste Wahl: Frühjahr 2027
Vorsitz: Landtagspräsidentin Heike Winzent (SPD)
   
Sitzverteilung: Regierung (29)
  • SPD 29
  • Opposition (22)
  • CDU 19
  • AfD 3
  • Website
    www.landtag-saar.de
    Landtagsgebäude in Saarbrücken
    Landtagsgebäude in Saarbrücken

    Der Landtag des Saarlandes ist das saarländische Landesparlament mit Sitz in der Landeshauptstadt Saarbrücken.

    Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Saargebiet aus dem Deutschen Reich herausgelöst. Zwischen 1920 und 1935 bestand der Landesrat als Volksvertretung und damit als Vorgänger des Landtags des Saarlandes. Während der Zeit des Nationalsozialismus bestand keine saarländische Volksvertretung. Nach der deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg wurde das Saarland französisches Protektorat. Am 23. Mai 1947 wurde eine aus 20 Personen bestehende Verfassungskommission eingesetzt. Diese Kommission stand in der Tradition der Ernannten Landtage der anderen deutschen Länder. Am 5. Oktober 1947 wurde eine Verfassunggebende Versammlung gewählt. Diese trat nach der Annahme der Verfassung des Saarlandes in die Rolle des ersten Landtags ein.

    Der Landtag des Saarlandes tagt im 1865/1866 für die Saarbrücker Casino-Gesellschaft erbauten Gebäude in der heutigen Franz-Josef-Röder-Straße. Das Gebäude wurde durch den Architekten Julius Carl Raschdorff errichtet, der unter anderem auch den Berliner Dom erbaute.[1]

    Sitzverteilung im Landtag seit 1947[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Wahltag Sitze Sitze nach Parteien Liste der Mitglieder
    SPD CDU AfD DIE LINKE PIRATEN GRÜNE FDP/DPS CVP/SVP1 DDU SPS KPS
    5. Oktober 1947 50 3 28 17 2 1. Landtag
    30. November 1952 50 29 17 4 2. Landtag
    18. Dezember 1955 50 7 14 122 132 2 2 3. Landtag
    4. Dezember 1960 50 16 19 7 6 2 4. Landtag
    27. Juni 1965 50 21 23 4 2 5. Landtag
    14. Juni 1970 50 23 27 6. Landtag
    4. Mai 1975 50 22 25 3 7. Landtag
    27. April 1980 51 243 23 4 8. Landtag
    10. März 1985 51 26 20 5 9. Landtag
    28. Januar 1990 51 30 18 3 10. Landtag
    16. Oktober 1994 51 27 21 3 11. Landtag
    5. September 1999 51 25 26 12. Landtag
    5. September 2004 51 18 27 4 34 3 13. Landtag
    30. August 2009 51 13 195 11 3 55 14. Landtag
    25. März 2012 51 186 19 86 47 27 15. Landtag
    26. März 2017 51 17 24 38 78 16. Landtag
    27. März 2022 51 29 19 3 17. Landtag
    1 
    Ab 1957 nannte sich die CVP-Fraktion CSU, 1959 schloss sie sich der CDU an.
    2 
    Aufgrund einer Entscheidung der Verfassungskommission vom 19. April 1956 erhielt die DPS einen der bisherigen CVP-Sitze.
    3 
    Am 7. Dezember 1984 trat der Abgeordnete Peter Lindner aus der SPD-Fraktion aus.
    4 
    Am 7. August 2007 trat die Abgeordnete Barbara Spaniol aus Partei und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aus und gehörte dem Landtag in der Folge als fraktionsloses Mitglied der Partei Die Linke an.
    5 
    Am 15. Dezember 2011 trat der bisherige FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Schmitt aus der FDP-Fraktion aus und am 19. Dezember 2011 der CDU-Fraktion bei.
    6 
    Am 12. April 2012 (noch vor der Konstituierung des 15. Landtags) trat die Abgeordnete Pia Döring von der Partei „Die Linke“ zur SPD über.
    7 
    Am 26. Januar 2015 wechselte der Abgeordnete Michael Neyses aus der Fraktion der Piraten zur Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
    8 
    Am 2. August 2018 verließ Dagmar Ensch-Engel die Linksfraktion und war zunächst fraktionslos. Im Juli 2020 wurde Lutz Hecker aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen, im November 2021 Barbara Spaniol aus der Linksfraktion. Ensch-Engel und Spaniol gründeten daraufhin im November 2021 die Fraktion „SaarLinke“.

    Wahlergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    2017Landtagswahl 2022
    Vorläufig amtliches Endergebnis[2]
    Wahlbeteiligung: 61,4 %
     %
    50
    40
    30
    20
    10
    0
    43,5
    28,5
    5,7
    4,995
    4,8
    2,6
    2,3
    7,6
    Gewinne und Verluste
    im Vergleich zu 2017
     %p
     14
     12
     10
       8
       6
       4
       2
       0
      -2
      -4
      -6
      -8
    -10
    -12
    -14
    +13,9
    −12,2
    −0,5
    +0,99
    +1,5
    −10,3
    +2,3
    +4,2
    Landtagswahlen im Saarland seit 1947
    SPD CDU AfD GRÜNE FDP/DPS[b 1] DIE LINKE[b 2] FAMILIE PIRATEN NPD CVP[b 3] DDU KP SPS[b 4] Sonstige
    1947 7,6 % 51,2 % 8,4 % 32,8 %
    1952 54,7 % 9,5 % 32,4 % 3,4 %
    1955 14,3 %[b 5] 25,4 % 24,2 % 21,8 % 0,9 % 6,8 % 5,8 % 0,8 %
    1960 30,0 % 36,6 % 13,6 % 11,4 % 5,0 % 3,4 %
    1965 40,7 % 42,7 % 8,3 % 5,2 % 3,1 %
    1970 40,8 % 47,8 % 4,4 % 3,4 % 0,9 % 2,7 %
    1975 41,8 % 49,1 % 7,4 % 0,7 % 1,0 %
    1980 45,4 % 44,0 % 2,9 % 6,9 % 0,8 %
    1985 49,2 % 37,3 % 2,5 % 10,0 % 0,7 % 0,3 %
    1990 54,4 % 33,4 % 2,6 % 5,6 % 0,2 % 0,2 % 3,4 %
    1994 49,4 % 38,6 % 5,5 % 2,1 % 0,5 % 3,9 %
    1999 44,4 % 45,5 % 3,2 % 2,6 % 0,8 % 1,0 % 2,5 %
    2004 30,8 % 47,5 % 5,6 % 5,2 % 2,3 % 3,0 % 4,0 % 1,6 %
    2009 24,5 % 34,5 % 5,9 % 9,2 % 21,3 % 2,0 % 1,5 % 1,1 %
    2012 30,6 % 35,2 % 5,0 % 1,2 % 16,1 % 1,7 % 7,4 % 1,2 % 1,5 %
    2017 29,6 % 40,7 % 6,2 % 4,0 % 3,3 % 12,8 % 0,8 % 0,7 % 0,7 % 1,2 %
    2022 43,5 % 28,5 % 5,7 % 4,995 % 4,8 % 2,6 % 0,8 % 0,3 % 8,8 %

    Regierungsparteien = fett; nicht im Landtag vertretene Parteien = kursiv

    Fußnoten

    1. Bis 1957 DPS (1951 bis 1955 verboten), danach Teil der FDP
    2. Bis 2007 als Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)
    3. 1959 (Teil-)Fusion mit CDU Saar; Ergebnisse ab 1960 Saarländische Volkspartei (SVP) bzw. SVP/CVP
    4. 1956 Fusion mit der DSP zur SPD Saarland
    5. Deutsche Sozialdemokratische Partei (DSP)

    Präsidenten des Landtags[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Präsidenten des Landtags des Saarlandes
    Präsident Fraktion Amtszeit Anmerkung
    Johannes Hoffmann CVP 1947 Präsident der Gesetzgebenden Versammlung des Saarlandes
    Peter Zimmer SPS 1947–1956
    Heinrich Schneider DPS 1956
    Wilhelm Kratz CDU 1957–1959
    Julius von Lautz CDU 1959
    Alfons Dawo CDU 1959–1961
    Josef Schmitt CDU 1961–1966
    Hans Maurer CDU 1966–1974 im Amt verstorben
    Franz Schneider CDU 1974–1975
    Ludwig Schnur CDU 1975–1980
    Albrecht Herold SPD 1980–1994
    Hans Kasper SPD 1994–1999
    Hans Ley CDU 1999–2015 im Amt verstorben
    Klaus Meiser CDU 2015–2018 am 12. Februar 2018 zurückgetreten
    Stephan Toscani CDU 2018–2022
    Heike Winzent SPD seit 2022

    Ausschüsse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    In der 16. Wahlperiode wurden folgende Ausschüsse und Unterausschüsse gebildet:[3]

    • Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien
    • Ausschuss für Eingaben
      • Unterausschuss für Datenschutz und Informationsfreiheit
    • Ausschuss für Europa und Fragen des Interregionalen Parlamentarierrates
    • Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen
      • Unterausschuss zur Prüfung der Haushaltsrechnung
    • Ausschuss für Fragen des Verfassungsschutzes
    • Ausschuss für Grubensicherheit und Nachbergbau
    • Ausschuss für Inneres und Sport
      • Unterausschuss für Bauen
    • Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung
    • Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
    • Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz
    • Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr
    • Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Technologie

    Bezahlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Siehe Abgeordnetenentschädigung der Abgeordneten des Landtags des Saarlandes

    Die Mitglieder des Landtages erhalten eine monatliche Abgeordnetenentschädigung in Höhe von derzeit (November 2021) 6.238 Euro. Im Februar 2013 stellte der Rechnungshof des Saarlandes fest, dass „mehr als 70 Prozent“ der Abgeordneten verfassungswidrige Zulagen erhielten, für die keine gesetzliche Grundlage existiert.[4] Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler stehen die saarländischen Abgeordneten mit 3,13 Euro pro Einwohner auf Rang 14 aller deutschen Parlamente. Nur die Abgeordneten der Bundesländer Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen erhalten ein höheres Abgeordnetengehalt bzw. -entschädigung durch die Bürger.[5]

    Baugeschichte des Landtagsgebäudes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Saarbrücker Casino-Gesellschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Saarbrücker Casino-Gesellschafts-Haus, Eintrittskarte zur großen Fasnachts-Redoute der Saarbrücker Fasnachtsvereinigung „Momus“ am 26. Februar 1848 im alten Casino-Saal in der Wilhelm-Heinrich-Straße (Stadtarchiv Saarbrücken)

    Der heutige Landtag des Saarlandes war ursprünglich das Gesellschaftshaus der Alt-Saarbrücker und St. Johanner Casino-Gesellschaft. Die Casino-Gesellschaft geht auf einen in den Jahren zwischen 1770 und 1780 entstandenen Abendgesellschaftsverein der Saarbrücker Beamten- und Kaufmannschaft zurück. Bereits im Jahr 1796 hatten 19 ihrer Mitglieder eine Geselligkeitsvereinigung gegründet. Zunächst bezog der Verein ein erstes „Casino“ in der Wilhelmstraße, übersiedelte dann in die Altneugasse und fand etwa ab 1817 ein Veranstaltungshaus in der heutigen Wilhelm-Heinrich-Straße.

    Bau des Casino-Gebäudes durch Raschdorff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Casino in Saarbrücken, Fassade an der Herrengarten-Allee, Zeitschrift für Bauwesen 1869
    Casino in Saarbrücken, Nordwestfront und Grundrisse, Zeitschrift für Bauwesen 1869
    Casino in Saarbrücken, Südostfront und Längendurchschnitt, Zeitschrift für Bauwesen 1869

    Nachdem die Gesellschaft in den 1850er Jahren zahlenmäßig angewachsen war, beschloss man am 7. Mai 1864, an der Herrengartenallee über dem Saarufer einen Neubau zu errichten. Die „Herrengärthen“ waren die Fläche der von Hofgärtner Köllner im 18. Jahrhundert angelegten Gärten hinter dem Saarbrücker Schloss. In einem zum Bau eines neuen Gesellschaftshauses ausgeschriebenen Architektenwettbewerb erhielt Julius Carl Raschdorff, damals Stadtbaumeister von Köln, den ersten Preis. Die Grundfläche des Gebäudes sollte 4.300 bis 4.500 Quadratfuß (425 bis 450 Quadratmeter) nicht übersteigen, ebenso sollten die Baukosten nicht mehr als 6½ Reichstaler pro Quadratfuß betragen. Im Erdgeschoss waren an Räumen verlangt:

    • Ein größeres und ein kleineres Gesellschaftszimmer. Dabei sollte das größere Gesellschaftszimmer einen Ausgang auf die Gartenterrasse haben.
    • Ein Billard- und ein Spielzimmer
    • Ein Lese- und ein Bücherzimmer
    • Eine Portierloge
    • Ein Buffetraum mit Speiseaufzug
    • Eine Herrengarderobe
    • Ein Zimmer für den Ökonomen

    Das obere Stockwerk sollte folgende Räume umfassen:

    • Einen Tanzsaal mit Musikergalerie von ca. 2.000 Quadratfuß (200 Quadratmeter; heute der Plenarsaal des saarländischen Landtages)
    • Einen Damensalon mit Toilettenzimmer und Zubehör
    • Einen Speisesaal oder auch zwei Speisesäle mit Buffetzimmer und Speiseaufzug in der Nähe des Tanzsaales.

    Für das ganze Gebäude war ein Untergeschoss verlangt. Dort sollten Küche und Hauswirtschaftsräume sowie der Weinkeller eingerichtet werden. Auch sollten hier oder in einem Obergeschoss die Dienstwohnung für den Ökonomen sowie mehrere Stuben für das Gesinde eingerichtet werden.[6] Die Bauausführung leitete Baumeister Julius Emmerich aus Trier. Das Gebäude wurde von Februar 1865 bis zum 1. Oktober 1866 errichtet und kostete zusammen mit einer Kegelbahn und der umfangreichen Möblierung 66.000 Reichstaler. Zunächst erfolgte im Oktober 1866 der Bezug der unteren Räume, im Dezember waren auch die oberen Räume fertiggestellt.

    Durch die städtebaulichen Veränderungen – insbesondere durch den Straßenbau nach dem Zweiten Weltkrieg und den Bau der Stadtautobahn im Jahr 1963 – nimmt man heute das Gebäude aus wesentlich veränderter Perspektive wahr. Raschdorffs Entwurf eines „40 Fuß“ tiefen Zugangs durch einen gestalteten Vorgarten mit großzügiger Freitreppe und zentralem Springbrunnen sowie seitlichen Pergolen (Raschdorff nennt sie „Veranden“) wurde nicht vollständig ausgeführt, ist aber für die Vermittlung der Grundidee des Gebäudes aufschlussreich. Die Terrassenanlage, so Raschdorff, „… erhebt sich 3 Fuß über das Straßenniveau, ist von der Herrengartenallee vermittelst einer Freitreppe erreichbar; enthält in der Mittelaxe eine kleine, durch ein Blumenbosquet eingeschlossene Fontaine, rechts und links Veranden. Der Raum, ohne Pflanzungen, nur mit einigen Orangen- und Lorbeerbäumen besetzt, ist möglichst frei gehalten für Sitzplätze und den Aufenthalt im Freien.“[7][8] Raschdorffs Vorstellung von einem Einzelgebäude in mediterran-arkadischer Landschaft lehnt sich an ländliche Villenbauten der italienischen Renaissance an, wie sie etwa Andrea Palladio im 16. Jahrhundert z. B. bei der Villa Emo in Vedelago geschaffen hatte. Für die Lage einer von Pergolen gesäumten Villa am Wasser könnte Carl Friedrich Schinkels in den Jahren 1824/1825 errichtetes Casinogebäude im Park Klein-Glienicke Inspirationsquelle gewesen sein. Die ursprüngliche Ansicht des Saarbrücker Casino-Gebäudes, das bald Teil eines herrschaftlichen Villenviertels am linken Saarufer wurde, erschließt sich am ehesten noch vom Beginn der Alten Brücke in St. Johann oder von der gegenüberliegenden Saarseite, wobei das mittlerweile erhöhte Straßenniveau der heutigen Franz-Josef-Röder-Straße den ursprünglichen Eindruck stark schmälert. Auch fehlen die zwischen Saarufer und Casino vermittelnden Alleebäume und die Gartenanlagen.

    Raschdorffs zeitnah veröffentlichter Wettbewerbsentwurf wurde in einigen Punkten nicht umgesetzt, sodass die gestalterischen Änderungen den Baukörper sachlicher erscheinen lassen. Der Haupteingang im Erdgeschoss ist als Vorhalle mit zwei dorischen Säulen gestaltet, die von zwei Pfeilern flankiert werden. Für die dahinter liegende Tür und die beiden Fenster verwendet Raschdorff eine antikisierende Wandöffnung mit schräg nach oben sich verjüngenden Seitengewänden. Dieses Architekturelement wurde bei Renovierungsmaßnahmen in den 1980er Jahren im Inneren wieder aufgegriffen, indem man die Türgewände der Innenräume ähnlich gestaltete. Bei den Umbauarbeiten der Jahre 2004 bis 2008 kam hinter der Mauer eines Versorgungsschachtes eine bauzeitliche Dekorationsmalerei zum Vorschein. In diesem Bereich des Obergeschosses befand sich ursprünglich das Buffetzimmer mit Speiseaufzug und ein Speisesaal. Daran schloss sich der große Tanzsaal der Casino-Gesellschaft, der heutige Plenarsaal des Landtags, an. Die gemalte Wanddekoration in Ölmalerei auf Gipsgrund misst ca. 4 Meter × 1,5 Meter und besteht aus einem zentralen Bildmotiv, einem herbstlichen Stillleben, flankiert von Rahmengemälden. Der erste Rahmen ist ein perspektivisch angelegter Architekturrahmen mit marmoriertem renaissancehaftem Sockel. Der zweiten Rahmen beinhaltet eine frei schwebende Groteske im Stile antik-römischer Wandmalereien, die von einem gemalten Fantasie-Rahmen umgeben ist. Das zentrale Stillleben im Stil des 17. Jahrhunderts thematisiert innerhalb der vier Jahreszeiten den Herbst mit Früchten und Jagdbeute. So darf vermutet werden, dass im Raum auch die übrigen Jahreszeiten dargestellt waren. Julius Carl Raschdorff hatte in seinen ursprünglichen Aufrisszeichnungen eine divergierende Wanddekoration vorgesehen. Die ausgeführten Wandmalereien wurden schließlich von dem aus Trier gebürtige Baumeister Julius Emmerich entworfen.[9]

    Anbau eines Wirtschaftstraktes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Im Deutsch-Französischen Krieg diente das Casino-Gebäude in den Jahren 1870 und 1871 als Lazarett. Im Jahr 1881 entstanden der östliche Anbau parallel zur Hauptfassade und die rückwärtige Gartenhalle nach Entwürfen des Saarbrücker Architekten Hugo Dihm.

    Zu Beginn der 1890er Jahre entschloss man sich zu einem größeren Neu- und Umbau des Casino-Gebäudes. Die diesbezüglichen Pläne hatte der St. Johanner Architekt Karl Brugger im Jahr 1891 gefertigt. Die Erweiterungsbauten wurden 1892 ausgeführt. Im Inneren veränderte man die Raumaufteilung und an der Ostseite wurde ein zweigeschossiger Küchentrakt mit drei Fensterachsen hinzugefügt.

    Erster Weltkrieg und Völkerbundszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Während des Ersten Weltkrieges wurden die Räume des Casinos wiederum als Lazarett genutzt. In der Zeit nach dem Krieg bis zur ersten Saarabstimmung am 13. Januar 1935, als das Saargebiet unter der Verwaltung des Völkerbundes stand, wurde der Casinobetrieb wieder aufgenommen.

    Enteignung und Zwangsauflösung der Casino-Gesellschaft durch die NSDAP[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Nach der Rückgliederung des Saargebietes an das Deutsche Reich am 1. März 1935 sah sich die Casino-Gesellschaft unter dem Druck des NS-Regimes gezwungen, sich am 19. März 1938 aufzulösen und ihr Haus und das sonstige Vereinsvermögen dem „Nationalsozialistischen Bund Deutscher Technik“ (NSBDT) ohne Entschädigungszahlungen zu überschreiben. Das Casino firmierte nun unter dem Titel „Haus der Technik“. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde es in seinem östlichen Anbau von einer Bombe getroffen und schwer beschädigt.

    Unmittelbare Nachkriegszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Nach Kriegsende trafen sich im Jahr 1948 eine Reihe früherer Casinomitglieder, um über die Fortsetzung der Casino-Gesellschaft zu beraten und die Rückgabe ihres Vermögens zu betreiben. Bereits im April 1945 hatte die Gesellschaft für Förderanlagen Ernst Heckel ihre Büros in das ehemalige Haus des Casinos verlegt und es für diesen Zweck notdürftig wieder instand gesetzt. Durch das alliierte Kontrollratsgesetz galt das gesamte Vermögen der ehemaligen NSDAP, ihrer Gliederungen und der ihr angeschlossenen Verbände als beschlagnahmt und unter Zwangsverwaltung gestellt.

    Das Casino-Gebäude als Sitz des Landtages des Saarlandes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Der Zwangsverwalter kündigte im Jahr 1947 der Firma Heckel das Mietverhältnis und wies das Haus dem Landtag des Saarlandes als Plenargebäude zu. Der Umbau des Gesellschaftshauses für die Zwecke des Landesparlamentes lag in den Händen des französischen Architekten und Städteplaners Pierre Lefèvre, den der französische Militärgouverneur Gilbert Grandval nach der französischen Besetzung des Saarlandes im Jahr 1945 zum Wiederaufbau an die Saar beordert hatte. Im Zuge der Wiederherstellungsarbeiten am Casino-Gebäude wurden dem bestehenden Küchentrakt zwei weitere Fensterachsen hinzugefügt. Anfang der 1950er Jahre wurde der Trakt mit dem „Großen Restaurant“ und der darüber liegenden Präsidentensuite errichtet. Im Jahr 1960 ließ die Landtagsverwaltung einen weiteren Anbau südöstlich des Küchentraktes von 1892 errichten sowie im Bereich der ehemaligen Kegelbahn einen umfangreichen Autogaragentrakt anfügen. Wann genau die reiche Innenausstattung der Erbauungszeit mit Stuck, Tapisserien, Malereien und Wandverkleidungen zerstört worden ist, konnte bisher nicht genau datiert werden.

    Rekonstruktionsarbeiten der 1980er Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Blick vom Saarbrücker Schlossfelsen auf den Landtag des Saarlandes

    In den Raschdorffschen Plänen war im ersten Obergeschoss zur Straßenseite (Plenarsaal zur Saar hin) noch eine Loggia dargestellt, die allerdings nicht ausgeführt worden war. Stattdessen wurden Fenster in die Vorderfront eingebaut, die heute noch die ursprüngliche Gliederung haben. Die Mittelrisalite im ersten und zweiten Obergeschoss waren an der Vorder- und Rückfront von gleicher architektonischer Gestaltung. In der Nachkriegszeit hatte man zum Zwecke einer besseren Belichtung des großen Saales auf der Rückseite des Gebäudes die Sandsteinkämpferzone in Höhe der Decke über dem ersten Obergeschoss sowie die Architrave und Schmuckfelder über den Fenstern des zweiten Obergeschosses entfernt. Auch waren die Basis- und Kapitell-Wülste der die Fenster seitlich einrahmenden kleinen Pfeiler abgeschlagen worden. Im Jahre 1981 wurde dieser rückwärtige Mittelrisalit nach dem Vorbild der Vorderfassade rekonstruiert. Man verzichtete aber auf die Nachschöpfung der Schmuckfelder, die musisch-bacchantische Stillleben im Basrelief gezeigt hatten. Stattdessen symbolisieren jetzt stilisierte Reliefs mit den Themen „Volksvertreter“, „Parlamentssitze“ und „Gesetzestafeln“ die heutige Zweckbestimmung des ehemaligen Casino-Gebäudes. Mit dieser Rekonstruktion fand eine in den Jahren 1979/80 begonnene Sanierung der Gebäudefronten ihren Abschluss. Die Erneuerung der Putzflächen, die Reparatur der Buntsandsteinsockel und -gewände sowie ein Anstrich der Fassaden mit Mineralfarben waren vorausgegangen, ebenso der Einbau des Hauptportals und der Eingangstür auf der Seitenfront in ihrer ursprünglichen Gestalt als zweiflügelige Türen aus Holz und Glas. Nachdem in den Folgejahren fünf Sitzungssäle mit Stuckarbeiten, Türen und Kronleuchtern in Anlehnung an Raschdorffs Konzeption wiederhergestellt worden waren, erfolgte im Jahr 1985 die Rekonstruktion des Vestibüls in originaler Gestalt.

    Baumaßnahmen der Jahre 1994 bis 2009[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Plenarsaal
    Vorzimmer des Plenarsaales
    Landespressekonferenz-Zimmer

    Zunächst erfolgte im Jahr 1994 die Neugestaltung des „Kleinen Restaurants“ nach einem Entwurf des damals in Saarbrücken ansässigen Büros von Miroslav Volf. Das Architekturbüro lieferte auch die Pläne für den östlich an das Haupthaus angrenzenden Erweiterungsbau, der 2004 eingeweiht werden konnte. In Zusammenarbeit mit Miroslav Volf erfolgte die Neugestaltung der Außenanlagen in zwei Bauabschnitten in den Jahren von 2000 bis 2004 durch die Saarbrücker Landschaftsarchitekten Gerhard Hegelmann und Hanno Dutt. An der Spichererbergstraße leitet in Weiterführung der Schlossgartentreppe nun eine zweiläufige Treppe in den neu konzipierten Landtagsgarten über. Darunter befindet sich eine im Jahr 2000 fertiggestellte Tiefgarage. Etwa zeitgleich mit den Arbeiten an dem Erweiterungsbau wurden an dem Raschdorffschen Casino gravierende Schäden im Bereich der Gründung und am Dachstuhl festgestellt. Einerseits hatten Fäulnis und Pilzbefall die Dachkonstruktion so stark geschädigt, dass Einsturzgefahr bestand, andererseits traten breite Setzungsrisse am Gebäude auf, die durch Kriegsschäden, Grundwasserschwankungen, den Bau der Stadtautobahn und die Erschütterung durch den erhöhten Straßenverkehr, An- und Umbauten sowie den Bau der Tiefgarage verursacht worden waren. Eine Gesamtsanierung erwies sich demnach als notwendig. Mit der Erstellung der Planungszeichnungen und der Ausführung der Arbeiten wurde der Architekt Oliver Brünjes, vormals langjähriger Mitarbeiter von Architekt Miroslav Volf, und die Innenarchitektin Vera Burbach-Brünjes, beide Saarbrücken, beauftragt. Die notwendige Erneuerung des niedrigen Dachstuhles und der darunterliegenden Raumdecke zog eine Neuordnung und Neugestaltung aller Räume des zweiten Obergeschosses nach sich. Bei den Sanierungsarbeiten wurde das gesamte historische Hauptgebäude im Inneren gemäß den aktuellen Brandschutz- und Sicherheitsbestimmungen ertüchtigt bzw. erneuert. Die Sanierungsarbeiten betrafen auch den Plenarsaal. Für den Umbau erhielt Oliver Brünjes den Landes- und BDA-Preis für Architektur und Städtebau im Jahr 2008. Ausschlaggebend war für die Jury der zurückhaltende Umgang mit der historischen Bausubstanz der 1860er und der 1950er Jahre, die in dem Konzept der durchgreifenden Sanierung und Erneuerung berücksichtigt wurde. Als wiederkehrendes Leitmotiv diente ein Raster aus Dreierreihen von Lichtöffnungen. Im Jahr 2009 wurde das „Große Restaurant“ nach Entwürfen des Saarbrücker Architekturbüros von Stefan Krüger und Karin Dalbert-Krüger modernisiert.[10][11][12][13][14][15]

    Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Commons: Landtag des Saarlandes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    1. Albert Ruppersberg: Geschichte der ehemaligen Grafschaft Saarbrücken, Geschichte der Städte Saarbrücken und St. Johann 1815–1909, der Stadt Malstatt-Burbach und der vereinigten Stadt Saarbrücken bis zum Jahre 1914, Band III, Teilband 2, 2. Auflage von 1914, Saarbrücken 1914, S. 99.
    2. wahlergebnis.saarland.de
    3. Zusammensetzung: 1. Erweitertes Präsidium; 2. Ständige Ausschüsse des Landtages sowie sonstige parlamentarische Gremien. (PDF; 109 kB) In: Drucksache 16/22. Landtag des Saarlandes, 21. Juni 2017, abgerufen am 17. September 2017.
    4. Saarbrücker Zeitung: Rechnungshof rügt Ausgaben im Saar-Landtag, Sa./So. 23./24. Februar 2013, S. 1
    5. Saarbrücker Zeitung, Nr. 97, 26. April 2013, S. A2
    6. August Krohn: Saarbrücker Kasino-Chronik 1796–1896. Saarbrücken 1896.
    7. Julius Carl Raschdorff: Casinogebäude in Saarbrücken, in: Zeitschrift für Bauwesen, Jahrgang 19, 1869, S. 195.
    8. Julius Carl Raschdorff: Aufzeichnungen aus dem Leben und Schaffen des Architekten Professor J. C. Raschdorff, Königl. Geheimer Regierungsrat, Dombaumeister zu Berlin, Berlin 1903.
    9. August Krohn: Saarbrücker Kasino-Chronik 1796–1896, Saarbrücken 1896, S. 19.
    10. Friedrich Lutz: Der Baumeister Julius Carl Raschdorff (1823–1914) und sein Saarbrücker Werk, das Gebäude der Casino-Gesellschaft (1864–1866), heute Sitz des Saarländischen Landtages, in: 25./26. Bericht der Staatlichen Denkmalpflege im Saarland 1978/1979, Beiträge zur Archäologie und Kunstgeschichte, Abteilung Kunstgeschichte, Saarbrücken 1988, S. 67–81.
    11. Friedrich Lutz: Das Landtagsgebäude, Der Baumeister Julius Carl Raschdorff (1823–1914) und sein Werk, in: 40 Jahre Landtag des Saarlandes, 1947–1987, hrsg. vom Präsident des Landtages des Saarlandes, Saarbrücken 1987, S. 181–194.
    12. Helmut T. Schweer und Bernhard Stollhof: Das Gebäude des Landtags des Saarlandes und seine wechselvolle Geschichte, hrsg. von Hans Ley, Präsident des Landtags des Saarlandes, Saarbrücken 2006.
    13. Oliver Brünjes, Helmut T. Schweer, Benedikt Stollhof: Vom Casino zum Parlament – Dokumentation zur Sicherung und Sanierung des Dienstgebäudes des Landtags des Saarlandes 2004–2007, hrsg. von Hans Ley, Präsident des Landtags des Saarlandes, Saarbrücken 2007.
    14. Landes- und BDA-Preis für Architektur und Städtebau im Saarland 2008, hrsg. vom Ministerium für Umwelt des Saarlandes und Bund Deutscher Architekten BDA Landesverband Saarland, Saarbrücken 2008.
    15. Kristine Marschall: Das Landtagsgebäude in Saarbrücken. (PDF; 557 kB) Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr, Landesdenkmalamt, 2011, abgerufen am 5. Mai 2017.

    Koordinaten: 49° 13′ 46″ N, 6° 59′ 40″ O