Langer August

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Langer August
(LA)
Logo
Rechtsform selbstverwaltetes Initiativenhaus
Gründung 1979
Sitz Dortmund (Koordinaten: 51° 31′ 39,7″ N, 7° 27′ 54″ O)
Motto Kultur, Bildung, Rebellion
Website www.langer-august.de
Langer August, 2013
Bambusecke, Innenhof
Kommunikationscentrum Ruhr (KCR)
Lötkurs im Chaostreff Dortmund

Langer August ist ein 1979 gegründetes, selbstverwaltetes Initiativenhaus in Dortmund. Es ist im denkmalgeschützten Haus Braunschweiger Straße 22 in der Nordstadt angesiedelt und Mitglied in der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren NW.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Haus Braunschweiger Straße 22 wurde 1904/05 durch den Zimmermeister Wilhelm Köstner erbaut. Bauleiter war Ernst Stephan. 1905 erwarb der Stuckateurmeister Theodor Schäfer das Gebäude.[2]

Gerhard Breidenstein, Pfarrer der Evangelischen Studentengemeinde (ESG), erwarb 1977 das Haus Braunschweiger Straße 22, um der Arbeiterselbsthilfe Dortmund (ASD), einer Abspaltung der Dortmunder Selbsthilfe, Wohn- und Arbeitsräume zur Verfügung zu stellen.[3] Nachdem die ASD sich 1979 aufgelöst hatte, wollte Breidenstein das Haus wieder verkaufen, stellte es dann aber einer Gruppe Aktiver zur Verfügung, die darin ein selbstverwaltetes „linkes Zentrum“ für Dortmund einrichten wollten. Anfang 1979 wurde der gemeinnützige Verein Langer August – Verein zur Förderung der politischen Bildung und kulturellen Freizeitarbeit gegründet. Breidenstein blieb vorerst Hauseigentümer, die nutzenden Gruppen verwalteten das Haus aber selbst und trugen die Kosten (Darlehenszinsen und -tilgungen, Steuern und Gebühren). Mitte November 1979 eröffnete das nun auch Langer August genannte Haus offiziell mit einem Bierfest. Der Name sollte an den Dortmunder Widerstandskämpfer und Kommunisten Kurt Schmidt erinnern, der in der Nähe gewohnt hatte und von seinen Freunden aufgrund seiner Körpergröße „Langer August“ genannt wurde. Erste Gruppen im Haus waren u. a. Sozialistisches Büro, Bürgerinitiative Umweltschutz Dortmund (Budo), Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Ortsgruppe Dortmund, Zusammenschluss alternativer Kulturschaffender (ZAK), Lehrerzentrum, Antifaschistisches Seminar und Antifaschistische Aktion (in der ESG).[4][5]

Seit 1983 ist das 1972 gegründete Kommunikationscentrum Ruhr (KCR) in einem Gebäude im Hinterhof angesiedelt. 1988 erwarb der Verein das Haus. 1991 wurden die Räumlichkeiten der DFG/VK durchsucht. Der DFG/VK wurde vorgeworfen, am Hauptbahnhof ein Flugblatt verteilt zu haben, in dem Soldaten im Falle ihrer Einbeziehung in den Golfkrieg zur Desertion aufgefordert wurden. Ende 1997 bezog der Wissenschaftsladen Dortmund mit seinem Internetprojekt FREE die dritte Etage.[6] Seit 2005 nutzte der Hackerspace Chaostreff Dortmund (CTDO) einen Raum im Hinterhof. 2008 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Der Chaostreff Dortmund zog 2010 vom Raum im Hinterhof in die zweite Etage des Hauses. 2012 erweiterte der Chaostreff seine Räumlichkeiten und nutzt seitdem die gesamte zweite Etage mit fünf Räumen.

Am 4. Juli 2018 wurde auf Anordnung der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Es sollten Server beim Wissenschaftsladen Dortmund ausfindig gemacht werden, über die Aktivisten gegen das geplante französische Atommüll-Endlager Bure „geheime Dokumente“ verbreitet haben sollen. Diese waren zuvor durch eine Sicherheitslücke beim französischen Ingenieursdienstleister Ingérop entwendet worden. Mehrere Türen, darunter eine Panzertür, wurden aufgebrochen und Rechner und Dokumente wurden beschlagnahmt. Betroffen war auch das Freie Radio Freies Sender Kombinat.[7][8][9][10][11][12]

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Haus Braunschweiger Straße 22 ist ein viergeschossiger Bau mit Einfluss aus dem Jugendstil. Die Fassadenarchitektur ist typisch für den Mietwohnungsbau in Arbeitervierteln. Das Haus war ursprünglich ein Zweispänner. Auf einer Etage wohnten jeweils zwei Familien und ein Junggeselle als Kostgänger. Insgesamt bietet die Braunschweiger Straße ein geschlossenes Bild für die Mietsbebauung um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert.[2]

Initiativen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Langen August ansässig sind u. a. der Wissenschaftsladen Dortmund, das Internetprojekt FREE, die Ortsgruppe Dortmund und der Landesverband der DFG/VK, der Hackerspace Chaostreff Dortmund und zwei Archive. Im Erdgeschoss befindet sich ein Café und unter dem Dach ein Seminarraum.[13][14] Im Hinterhof befindet sich Deutschlands ältestes Lesben- und Schwulenzentrum Kommunikationscentrum Ruhr (KCR).[15]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mitglieds-Zentren in Dortmund. Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren NW, archiviert vom Original am 12. Februar 2015; abgerufen am 15. April 2020.
  2. a b Svenja Schrickel: Anlage zur Denkmalliste. Objekt Braunschweiger Straße 22 44145 Dortmund. Hrsg.: Stadt Dortmund. 25. August 2008.
  3. Wir sind umgezogen. In: Klüngelkerl. Dortmunder Volksblatt. Juni 1978.
  4. Gerhard Breidenstein: An alle Gruppen im „Langen August“ sowie an alle Spender. 2. September 1982 (im Archiv des Langen Augusts).
  5. Langer August in Dortmund. Langer August, abgerufen am 15. April 2020.
  6. Petra L.: Einige Eckdaten aus der Geschichte des WiLaDo. Wissenschaftsladen Dortmund, abgerufen am 1. April 2017.
  7. Christof Voigt: Cybercrime-Razzia in Dortmunder Nordstadt. WDR, 5. August 2018, abgerufen am 5. August 2018.
  8. Sebastian Weiermann: Cybercrime in linkem Zentrum? Am Mittwochabend habe schwer bewaffnete Polizisten das linke Zentrum »Langer August« in Dortmund durchsucht. Neues Deutschland, 5. August 2018, abgerufen am 5. August 2018.
  9. Martin Holland: Polizei-Großeinsatz wegen Server: Kritik an Hausdurchsuchung in Dortmund. Heise online, 5. August 2018, abgerufen am 5. August 2018.
  10. Sebastian Weiermann: Razzia in Dortmund: Ziel waren französische Atomkraftgegner. Aktivisten hatten auf Firmen aufmerksam gemacht, die am Bau des französischen Atommüllendlager Cigéo in Bure beteiligt sind. Neues Deutschland, 6. Juli 2018, abgerufen am 6. Juli 2018.
  11. Petra L.: Tag der offenen Tür(en) – schwer bewaffnete Einbrecher besetzen den Langen August und entwenden Server aus dem WiLa (sic!). Wissenschaftsladen Dortmund, 6. August 2018, abgerufen am 7. August 2018 (enthält auch Fotos des Beschlagnahmebeschlusses und -protokolls).
  12. Quelques documents internes d’INGEROP. Attaque – Chronique de la guerre sociale en France, archiviert vom Original am 6. Juli 2018; abgerufen am 6. Juli 2018 (französisch, enthält die meisten Dokumente, wegen derer die Hausdurchsuchung erfolgte).
  13. Aktive im Langen August. Langer August, abgerufen am 15. April 2020.
  14. Frei(e) Räume. Langer August, abgerufen am 15. April 2020.
  15. Langer August. (PDF) Stadt Dortmund, S. 7, archiviert vom Original am 6. März 2016; abgerufen am 1. April 2017.