Leitton

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Leittöne (rot) und Gleitton (blau) in C-Dur
Leitton und Gleitton der harmonischen a-Moll-Tonleiter

Ein Leitton (lat. subsemitonium; frz. note sensible; engl. leading note) seltener auch Strebeton ist ein Ton, der die Erwartung einer Weiterführung (Auflösung) in einen um einen Halbton höher oder tiefer liegenden Zielton weckt. Ein Leitton mit abwärts gerichteter Strebetendenz wird auch Gleitton genannt.

In der Durtonleiter ist die siebente Stufe Leitton zur achten, also zur oberen Oktave des Grundtons (Tonika). Wegen der Gleichartigkeit der beiden Tetrachorde, aus denen die Durtonleiter besteht, ist auch die dritte Stufe leittönig zur vierten (wenn auch mit geringerer Strebewirkung). In anderem Zusammenhang hat aber auch die vierte Stufe (als Gleitton) eine Strebetendenz zur dritten Stufe.

In Moll gilt die sechste Stufe als natürlicher Gleitton zur fünften Stufe, jedoch gibt es - im Unterschied zu Dur - beim natürlichen Moll keinen zur Tonika führenden Leitton. Ein solcher wird deshalb im harmonischen und melodischen Moll künstlich durch Erhöhung der siebten Stufe geschaffen.


Tonleiterfremde Leittöne

Neben den leitereigenen Leittönen können auch leiterfremde, durch chromatische Veränderungen eingeführte Nebentöne einer Tonleiter, die in kleinem Sekundabstand zu einem Ton der Skala stehen, als "künstliche" Leittöne fungieren.

Reguläre Behandlung von Leittönen

Eine wichtige Stimmführungsregel ist, dass ein Leitton gemäß seiner Strebetendenz mit einem Halbtonschritt nach oben, ein Gleitton dagegen nach unten aufzulösen ist.[1] In einer C-Dur-Kadenz muss der Ton h als Leitton in den Grundton der Tonika aufgelöst werden. Der Ton f muss, wenn er Bestandteil eines dominantischen Akkords ist, zum e aufgelöst werden.

Beispiele für Leittonauflösung in C-Dur

Irreguläre Behandlung von Leittönen

abspringender Leitton

Wenn der Leitton eines Dominantakkords in einer Mittelstimme liegt, ergibt sich bei seiner regulären Auflösung oft ein unvollständiger Dreiklang (ohne Quint oder Terz). Deshalb lässt man häufig den Leitton irregulär in den fehlenden Akkordton „abspringen“, um einen vollständigen Schlussdreiklang zu erhalten. Bach verfährt so in seinen Choralsätzen fast ausnahmslos.

aus Robert Schumann Waldszenen op. 82: von unten angesprungener und abgebogender Leitton (rot) in Einsame Blumen

abgebogener Leitton

Der irregulär fallende (nach unten „abgebogene“) Leitton findet sich häufig in der italienischen Volksmusik und als besonderes Ausdrucksmittel in der italienischen Oper des 19. Jahrhunderts. Aber auch in der Musik der deutschen Romantik ist der (sentimental wirkende) abgebogene Leitton gelegentlich anzutreffen.

Ergänzende Anmerkungen

  • Zur Entstehung und zur Behandlung der Leittöne haben wesentlich die Schlussklauseln der polyphonen Musik beigetragen.
  • Die Behandlung der Leittöne in den Kirchentonarten und im Jazz unterscheidet sich von den hier gemachten Ausführungen.

Einzelbelege

  1. Hermann Grabner: Handbuch der funktionalen Harmonielehre, S. 29