Leo Jogiches

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. Oktober 2016 um 17:46 Uhr durch Aka (Diskussion | Beiträge) (Tippfehler entfernt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Leo Jogiches (1890)
Leo Jogiches (1918)

Leo Jogiches, auch Tyszka, (* 17. Juli 1867 in Wilna, Russisches Kaiserreich, heute Litauen; † 10. März 1919 in Berlin) war ein sozialistischer Politiker und Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).

Leben

Jogiches entstammte einer reichen jüdischen Kaufmannsfamilie.[1] Schon in jungen Jahren engagierte er sich in sozialrevolutionären Kreisen Wilnas. 1888 wurde er inhaftiert. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis sollte er als russischer Untertan Militärdienst in Turkestan leisten und floh deshalb Anfang 1890 in die Schweiz, wo er an der Universität Zürich studierte und die Schweizer Staatsbürgerschaft beantragte. Jogiches suchte Kontakt zu dem ebenfalls im Exil lebenden Marxisten Georgi Plechanow. Zwei Jahre später überwarf er sich jedoch mit ihm, was zu einem Parteigerichtsverfahren führte. Die Anhänger Plechanows griffen Jogiches scharf an, auch Friedrich Engels äußerte sich in einem Brief negativ über ihn.

Er war zeitweiliger Lebensgefährte Rosa Luxemburgs und Mitglied der Sozialdemokratie des Königreichs Polen und Litauens (SDKPiL).

Während des Ersten Weltkriegs lebte Jogiches in Berlin im Untergrund. In der Novemberrevolution von 1918 war er neben Franz Mehring, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und anderen Mitbegründer des Spartakusbundes und der aus ihm zusammen mit anderen kommunistischen Gruppierungen am 1. Januar 1919 hervorgegangenen KPD.

Nach der Ermordung der charismatischen Leitfiguren der KPD, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, am 15. Januar 1919 durch rechtsextreme Freikorpsleute übertrug man Jogiches den Parteivorsitz der KPD. Anfang März 1919 wurde er in seiner Wohnung in Berlin-Neukölln verhaftet und am 10. März 1919 im Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit von dem Kriminalwachtmeister Ernst Tamschick durch einen Schuss in den Hinterkopf ermordet.[2]

Leo Jogiches hatte sich wie die führende Theoretikerin der KPD, Rosa Luxemburg, gegen eine Führungsrolle der Kommunistischen Partei Russlands (Bolschewiki) innerhalb der Komintern gewandt. Auch Jogiches’ Nachfolger im KPD-Parteivorsitz, Paul Levi, sah sich im Februar 1921 wegen seiner kritischen Haltung gegenüber der Komintern-Leitung zum Rücktritt gezwungen. Wenige Jahre später geriet die KPD aufgrund des sich konsolidierenden Sowjetthermidors in immer stärkere Abhängigkeit von Moskau.

Literatur

(in der Reihenfolge des Erscheinens)

  • Clara Zetkin: Revolutionäre Kämpfe und revolutionäre Kämpfer 1919. Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Leo Jogiches, Eugen Leviné, Franz Mehring und all den treuen, kühnen revolutionären Kämpfern und Kämpferinnen des Jahres 1919 zum Gedächtnis. Verlag der Kommunistischen Internationale, Petrograd 1920
  • Karl Radek: Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Leo Jogiches. Verlag der Kommunistischen Internationale u. a., Hamburg u. a. 1921.
  • Karl Kautsky: Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Leo Jogiches. Ihre Bedeutung für die deutsche Sozialdemokratie. Eine Skizze. Freiheit, Berlin 1921
  • W. Oehme, G. Engel: Jogiches, Leo (Pseudonyme: Tyszka, Grosowski, A. Krumbügel, W. Kraft). In: Biographisches Lexikon zur Deutschen Geschichte. Von den Anfängen bis 1917. Hrsg. von Karl Obermann u.a.: Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1967, S. 231–232.
  • Rosa Luxemburg: Listy do Leona Jogichesa-Tyszki. Listy zebrał słowem wstępnym i przypisami (Briefe an Leon Jogiches-Tyszka. Herausgegeben, eingeleitet und kommentiert von Feliks Tych). Książka i Wiedza, Warszawa 1968–1971
    • Bd. 1: 1893–1899 (1968)
    • Bd. 2: 1900–1905 (1968)
    • Bd. 3: 1908–1914 (1971)
  • Horst Schumacher: Jogiches, Leo. In: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Biographisches Lexikon. Dietz Verlag, Berlin 1970, S. 231–233.
  • Rosa Luxemburg: Briefe an Leo Jogiches. Mit einer Einleitung von Feliks Tych. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1971, ISBN 3-7632-1497-6
  • Ulrich Cartarius: Zum Einfluß der politischen Arbeiterbewegung auf die Entwicklung der „Radikalen Linken“ im Deutschland des ersten Weltkrieges. Leo Jogiches-Tyszka contra Lenin. In: Zeitschrift für Ostforschung. Jg. 29, 1980, Heft 2/3, S. 193–223.
  • Feliks Tych: Leo Jogiches Kritik an der bolschewistischen Partei. In: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Heft 3/1991
  • Frederik Hetmann: Leo Jogiches und Rosa Luxemburg. Bemerkungen zu einer schwierigen Liebe. In: Kristine von Soden (Hrsg.): Rosa Luxemburg (= Elefanten-Press 570 BilderLeseBuch). Aktualisierte Neuausgabe. Elefanten-Press, Berlin 1995, ISBN 3-88520-570-X, S. 44–55.
  • Maria Seidemann: Rosa Luxemburg und Leo Jogiches. Die Liebe in den Zeiten der Revolution. Rowohlt, Berlin 1998, ISBN 3-87134-295-5.
  • Jogiches, Leo. In: Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. 2., überarbeitete und stark erweiterte Auflage. Karl Dietz, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02130-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.deutscheundpolen.de/personen/person_jsp/key=leo_jogiches.html
  2. Volker Ulrich: Die Revolution von 1918/19, Verlag C.H. Beck 2009, S. 91