Leonhard Tietz

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Das Ehepaar Flora und Leonhard Tietz; Foto aus dem späten 19. Jhdt.

Leonhard Tietz (* 3. März 1849 in Birnbaum, Provinz Posen; † 14. November 1914) war ein deutscher Kaufmann und Warenhaus-Unternehmer. Seine Nachkommen wurden von den Nationalsozialisten verfolgt, weil Leonhard Tietz wie seine Kinder jüdischer Herkunft waren.

Leben

Ossenreyerstraße 19 in Stralsund, Tietz-Neubau von 1926/1927 auf dem Grundstück des Stammhauses
Kaufhaus Tietz am Aachener Markt
Wertbeständiges Notgeld der Firma Leonhard Tietz (hier Zweigstelle Aachen). Ausgabe 10. Januar 1924

Tietz eröffnete am 14. August 1879 ein 25 m² kleines[1] Textilgeschäft in Stralsund. 1882 folgte in Elberfeld, also im ersten großen Industriezentrum Deutschlands, in dem auch eine Vielzahl seiner Lieferanten beheimatet war, ein ähnliches Geschäft, das sich aber recht schnell für die Doppelgroßstadt „Elberfeld-Barmen“, wie Wuppertal bis 1930 hieß, als zu klein erwies. Folgerichtig setzte er einen lang gehegten Wunsch, ein Mehrabteilungs-Warenhaus nach französischem Vorbild aufzubauen, in ebendieser „Boomtown“ kontinentaleuropäischer Industrialisierung, ab 1885 in der dortigen Herzogstraße erstmals für Deutschland um und verlegte auch den Unternehmenssitz an diesen Platz. Grundlage des rasanten Wachstums der Tietz'schen Unternehmungen war die von ihm in der deutschen Wirtschaftsgeschichte eingeführte Praxis, qualitativ hochwertige Produkte zu festen Preisen bei Barzahlung zu verkaufen. Bis dahin war es üblich, den Preis von Gütern vor dem Kauf zeitaufwendig auszuhandeln. Zudem räumte er seinen Kunden ein Umtauschrecht ein.

Am 7. April 1891 eröffnete er in Köln ein 180 Quadratmeter großes Geschäft in der Hohe Straße. 1892 eröffnete Leonhard Tietz ein Warenhaus in Aachen, zunächst in der Großkölnstraße und 1899 wurde das Warenhaus Tietz in Düsseldorf an der Schadowstraße erbaut. 1893 verlegte er den Hauptsitz seiner Firma von Elberfeld nach Köln. Bereits ab 1896 zog man mit dem Geschäft auf den Aachener Markt und errichtete 1906 einen repräsentativen Neubau. Das Aachener Warenhaus von 1906 wurde in den sechziger Jahren abgerissen. 1905 wurde sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1912–1914 wurde das neue Kölner Stammhaus durch den Architekten Wilhelm Kreis in der Kölner Hohe Straße Ecke Gürzenichstraße eröffnet. Nach dem Tod von Leonhard Tietz im Jahr 1914 führte sein Sohn Alfred Leonhard Tietz das Geschäft weiter. Das Unternehmen wuchs durch Übernahmen und beschäftigte Anfang der 1930er Jahre etwa 15.000 Mitarbeiter an 43 Standorten.

Zusammen mit Gerhard Tietz leitete Leonhard noch das Unternehmen, als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht gelangten und auf die so genannte „Arisierung“ jüdischer Kaufhäuser drängten. Die Firma wurde nun in Westdeutsche Kaufhof AG (vorm. Leonhard Tietz AG) umbenannt, ab 1936 ohne Zusatz, blieb im inneren Aufbau aber – im Gegensatz zu vielen anderen enteigneten Firmen – erhalten. Die Familie Tietz musste ihre Anteile unter Wert an Banken abgeben. Sie emigrierte und wurde nach dem Krieg mit 5 Millionen DM entschädigt. Aus den Warenhäusern von Leonhard Tietz ging die heutige GALERIA Kaufhof GmbH hervor.

Ähnlich erging es den Hertie-Gründern (Wertheim, KaDeWe) Hermann Tietz, Leonhards Onkel, und Oscar Tietz, Leonhards Bruder. Die Hertie-Warenhäuser von Hermann Tietz gingen 1994 in Karstadt auf.

Literatur

  • Fritz Blumrath: Leonhard Tietz (1849–1915). In: Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien, Band 7. Aschendorff, Münster 1960, S. 48–66.
  • Nils Busch-Petersen: Leonhard Tietz (1849–1914). Fuhrmannssohn und Warenhauskönig. Von der Warthe an den Rhein. Hentrich & Hentrich, Berlin 2010, ISBN 978-3-941450-17-2, Inhaltsangabe.
  • Peter Fuchs: 100 Jahre Kaufhof Köln. 1891–1991. Köln 1991.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sonderveröffentlichung, 130 Jahre Galeria Kaufhof, Galeria Kaufhof am Marienplatz, S. 5, Oktober 2009.