Leszek Balcerowicz

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Leszek Balcerowicz

Leszek Balcerowicz ([ˈlɛʂɛk balt͡sɛˈrɔvit͡ʂ] anhören/?) (* 19. Januar 1947 in Lipno) ist ein polnischer Professor für Wirtschaftswissenschaft und liberaler Politiker. Bekannt wurde er vor allem auf Grund des nach ihm benannten Balcerowicz-Plans, mit dem er die Zentralplanwirtschaft Polens radikal auf die Marktwirtschaft umstellte.[1]

Leben und Wirken

Leszek Balcerowicz studierte Außenhandel an der Hochschule für Planung und Statistik in Warschau.[1] Er trat der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) bei und konnte damit in den 1970er Jahren ein Stipendium für die USA erhalten. Sein dortiges Studium schloss er mit einem Master of Business Administration ab, eine Besonderheit für einen Polen unter den damaligen politischen Verhältnissen.[1]

Bereits in den 1980er Jahren veröffentlichte er einen zusammen mit Freunden erarbeiteten Plan zur marktwirtschaftlichen Reform der Volksrepublik Polen, welcher ihm das Angebot einbrachte, am Programm der Solidarność mitzuwirken. Er trat der Solidarność aber nicht bei. Bei der Verhängung des Kriegsrechts 1981 hielt er sich in Brüssel auf. Er kehrte nach Polen zurück und trat aus der PZPR aus. In den 1980er Jahren habilitierte sich Balcerowicz, studierte in Marburg und hielt in verschiedenen Ländern Vorträge. 1989 erhielt er einen Ruf nach England, entschied sich aber, den Posten des Finanzministers Polens anzunehmen.[1]

Von 1989 bis 1991 war er dann in den ersten nichtkommunistischen Regierungen unter Tadeusz Mazowiecki und Jan Krzysztof Bielecki Vizepremier und Finanzminister. Am 30. Dezember 1989 wurden die für den ersten Teil des Balcerowicz-Plans nötigen Gesetze verabschiedet. Zu dem Plan, unter anderem unterstützt durch einen Stabilisierungskredit des Internationalen Währungsfonds, gehörte die völlige Freigabe der Preise und die Verringerung des inflationären Lohnanstieges.[1] Dieser plötzliche Übergang zur Marktwirtschaft wird als „Schocktherapie“ apostrophiert.[2][3][4]

1995 bis 2000 hatte er die Position des Parteivorsitzenden in der liberalen Unia Wolności. Vor allem vom westlichen Ausland gefeiert, verlor er innenpolitisch an Beliebtheit, da der wirtschaftliche Umbau auch einen Anstieg der Arbeitslosigkeit und Einschnitte in sozialen Leistungen verursachte.

1997 bis 2000 hatte Balcerowicz wieder den Posten des Vizepremiers und Finanzministers in der Regierung unter Jerzy Buzek inne. Der so genannte Zweite Balcerowicz-Plan (der unter anderem radikale Steuersenkungen und eine Reduzierung des Haushaltslochs vorsah) scheiterte wegen ungenügender politischer Vorbereitung[1] und des Einspruchs des damaligen Präsidenten Aleksander Kwaśniewski und der Akcja Wyborcza Solidarność (damaliger Koalitionspartner der UW).

Von 2001 bis 2007 war Balcerowicz Präsident der Polnischen Nationalbank. Während seiner Amtszeit wurde er mehrfach von Politikern angegriffen, die die Nationalbank für die Wirtschaftsprobleme verantwortlich machten. 2004 nannte ihn The Banker den besten Zentralbankchef Europas, der es geschafft habe, den Złoty zu einer stabilen Währung zu machen.[1]

Von Juni 2008 bis April 2012 war er Aufsichtsratsvorsitzender des Brüsseler Think Tanks BRUEGEL.[5]

Balcerowicz ist Mitglied der Mont Pèlerin Society.[6]

Orden und Ehrungen

Literatur

  • Sebastian Płociennik: Leszek Balcerowicz. In: Dieter Bingen, Krzysztof Ruchniewicz (Hrsg.): Länderbericht Polen. Bonn 2009, ISBN 978-3-89339-060-1, S. 258–262.

Weblinks

Commons: Leszek Balcerowicz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. a b c d e f g Sebastian Płociennik: Leszek Balcerowicz. In: Dieter Bingen, Krzysztof Ruchniewicz (Hrsg.): Länderbericht Polen. Bonn 2009, ISBN 978-3-89339-060-1, S. 258–262.
  2. Elisabeth Zoll: Vom Vorreiter zum Nachzügler? Die Systemtransformation in Polen in den Jahren 1989 bis 1993. Peter Lang, Frankfurt am Main 1994, S. 83.
  3. Dirck Süß: Privatisierung und öffentliche Finanzen. Zur politischen Ökonomie der Transformation. Lucius & Lucius, Stuttgart 2001, S. 98.
  4. Klaus Ziemer: Polen. In: Vom Ostblock zur EU. Systemtransformationen 1990–2012 im Vergleich. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, S. 141.
  5. Trichet wird Chef der Denkfabrik Bruegel. In: Der Standard. Abgerufen am 18. April 2012.
  6. Vgl. MPS Newsletter June/July 2014: Awards
  7. gem. Manager Magazin (poln.), Ausgabe 12/2006, Wydawnictwo Infor Manager, Warschau 2006