Liane Augustin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Liane Augustin beim Eurovision Song Contest 1958

Liane Augustin (* 18. November 1927 in Berlin; † 30. April 1978 in Wien) war eine österreichische Sängerin, Diseuse, Schauspielerin und Synchronsprecherin.

Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Liane Augustin wird am 18. November 1927 als zweite Tochter des Wiener Schauspielers Karl Augustin in Berlin geboren. Die Mutter, eine Konzertsängerin, stammt aus Frankfurt am Main. Die ständigen Bombenangriffe auf Berlin und eine berufliche Neuorientierung des Vaters veranlassen die Familie 1944, in die Heimat des Vaters, nach Wien, zurückzukehren. Die 16-jährige Liane schwärmt wie viele Backfische jener Zeit für die quirlige Ilse Werner, die sich in den Kriegsjahren das Film- und Schlagerpublikum singend und pfeifend erobert hatte. Liane findet immer mehr Gefallen daran, deren Erfolgstitel nachzusingen und zu pfeifen und wird so inspiriert, dass sie ernsthaft daran denkt, den Beruf der Sängerin zu ergreifen. Ihre Eltern ermöglichen ihr zuerst Gesangsunterricht, später ein entsprechendes Studium.

Neben ersten bescheidenen Rundfunktätigkeiten nimmt sie 1946 ein Engagement in einem amerikanischen Soldatenclub an. Dabei ist ihr ihre Sprachbegabung eine enorme Hilfe. Sie hat bereits in diesen frühen Jahren die Fähigkeit, ihr Repertoire in deutsch, französisch, englisch, italienisch, ungarisch und schwedisch singen zu können.

In der zentral gelegenen Bohème-Bar, in der Nähe des Stephansdoms, findet Augustin ein zufriedenstellendes künstlerisches Zuhause und drei Musiker, die sie fortan durch ihr musikalisches Leben begleiten sollen: Das Bohème-Bar-Trio setzt sich zusammen aus Michael Danzinger (Klavier), László Gatti (Gitarre) und Willy Fantel (Akkordeon und Bass). Manchmal wird Michael Danzinger, der selbst eine beachtliche Solokarriere vorzuweisen hat, durch Herbert Seiter am Klavier ersetzt. Die Sängerin und ihr Trio werden schnell zu einer lokalen Größe, und Augustin erhält 1949 ihren ersten Schallplattenvertrag. Zunächst für einige Nummern beim Label Odeon, später dann dauerhaft bei Elite Special/Austroton. Der Österreichische Rundfunk, der sie bisher mit kleineren Aufgaben betraut hat, stellt Augustin ab 1951 richtig heraus. Eigene Rundfunksendungen beim ORF machen sie weit über Wien hinaus berühmt. Ihre unverkennbare Stimme, in den Tiefen leicht guttural, verfügt über eine ebenso heitere wie verletzliche, laszive oder sentimentale Note und wird zum Markenzeichen.

Der amerikanische Produzent Seymour Salomon genießt bei einem Besuch in der Bohème Bar Liane Augustins Programm und bietet der Künstlerin in der Folge einen Vertrag, der den weltweiten Vertrieb ihrer Schallplatten garantiert. 1952 erscheint die erste Langspielplatte von Augustin bei Vanguard Records in den USA. Orient-Express gibt den Stil der insgesamt 16 Alben vor, die bis zum Anfang der 1960er Jahre erscheinen werden. Die Sängerin präsentiert gehobene Wiener Lieder, deutsche und internationale Evergreens, mal begleitet vom „Bohème-Bar-Trio“, mal mit großem Orchester. Die einzelnen Gesangsnummern werden stets durch eine musikalische Überleitung, kleine kunstvolle Piecen, miteinander verbunden.

Auch der österreichische Film kommt an der eleganten Erscheinung Liane Augustins nicht vorbei, in sechs Streifen ist sie, vornehmlich als Diseuse, zu sehen. 1953 heiratet Liane Augustin den wohlhabenden Geschäftsmann Gabriel Kenézy, der eigens für sie die Wiener Eden Bar kauft und seine Frau zur „Grande Dame“ dieses Hauses macht, in dem sich ein gehobenes, internationales Publikum die Klinke in die Hand gibt. Tochter Jenny soll das Eheglück komplettieren. Die Ehe wird später geschieden, das private Glück ist nicht von Dauer.

In den Rundfunkhitparaden reüssiert die Künstlerin vor allem mit Coverversionen amerikanischer Hits. In Wien wird 1956 die Dreigroschenoper von Kurt Weill und Bertolt Brecht mit Liane Augustin, Helge Rosvaenge und Rosette Anday eingespielt, Augustin übernimmt die Rolle der Polly Peachum. Das Album wird mit dem Grand Prix du Disque ausgezeichnet.

Zu Weihnachten 1958 überlebt die Künstlerin nur knapp eine Flugzeugkatastrophe, als die Super Constellation der Air France, in der sie sitzt, beim Landeanflug auf den Flughafen Wien mit dem Gelände kollidiert und in Flammen aufgeht (siehe: Air-France-Flug 703).

1961 tritt Liane Augustin mit großem Erfolg in der New Yorker Town Hall auf, und die Wiener Laterne in der 79. Straße in Manhattan ist während ihres Gastspiels stets ausverkauft. In jenen Jahren erreicht auch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Robert Stolz ihren Höhepunkt. Im Großen Sendesaal des Wiener Funkhauses mit dem Großen Wiener Rundfunkorchester unter der Leitung von Stolz werden etliche Titel eingespielt, die die internationale Klasse der Diseuse Augustin nachhaltig bestätigen. 1964 zählt Liane Augustin zum Interpretenaufgebot der Deutschen Schlager-Festspiele, scheitert jedoch in der Vorrunde und erreicht das Finale nicht.

Zahlreiche Auslandstourneen führen die Sängerin mehrfach um den Globus. Ein neues privates Glück veranlasst sie, ihre Zelte vorübergehend in Skandinavien aufzuschlagen, doch sie kehrt bald nach Wien zurück. Mitte der 1970er Jahre werden die Foren, an denen Liane Augustin ihre Art Musik vortragen kann, immer geringer. Sie findet für einige Zeit ihr Auskommen als Sängerin auf dem Luxusdampfer Bremen.

Nach einer Unterleibsoperation im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien treten starke Blutungen auf, die nicht mehr zu stoppen sind. Liane Augustin stirbt am 30. April 1978, plötzlich und unerwartet, im 51. Lebensjahr. Bei der Trauerfeier in der Feuerhalle Simmering sagt der Schauspieler Fritz Muliar: „Das ist der Anfang vom Ende einer Epoche“. Die amerikanische Kritikerin Stephanie L. Stein empfiehlt im Hinblick auf das hinterlassene Gesamtwerk der Sängerin: „… if you don’t know the bittersweet world of Liane, it is high time you investigate it.“ Liane Augustin wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof im Familiengrab (Gruppe 157, Reihe 5, Nummer 15) beigesetzt.[1]

2008 wurde in Wien-Neubau (7. Bezirk) der Augustinplatz nach ihr benannt, wobei sich die Benennung auch auf den Bänkelsänger Marx Augustin (1643–1685) bezieht.

Teilnahme am Eurovision Song Contest[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1958 wurde Liane Augustin vom ORF ausgewählt, Österreich beim Eurovision Song Contest in Hilversum zu vertreten. Mit dem von Günther Leopold und Kurt Werner geschriebenen Lied Die ganze Welt braucht Liebe landete sie im Mittelfeld: sie erreichte den fünften Platz unter zehn Teilnehmern mit acht Punkten. Der Titel wurde nie von ihr auf Schallplatte aufgenommen und dementsprechend auch nicht kommerziell veröffentlicht.[2]

Schallplatten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grabstätte von Liane Augustin

Singles:

  • 1950: Nachts ruft ein Lied
  • 1950: Meine Augen sagen ja
  • 1951: Es wird ja alles wieder gut
  • 1952: Schenk’ mir Dein Herz
  • 1953: April in Portugal
  • 1956: Lass die Welt darüber reden
  • 1957: Ich sage Dir adieu
  • 1957: Deine Liebe
  • 1964: Da hilft kein Rosenstrauß (Deutsche Schlager-Festspiele 1964, Vorrunde)

Langspielplatten:

  • 1952: Orient-Express
  • 1953: The Bohème Bar
  • 1953: A Continental Cocktail
  • 1954: Café Continental
  • 1955: Glowing Embers
  • 1955: Berlin Cabaret Songs
  • 1956: Vienna Midnight
  • 1956: Rendezvous avec Liane
  • 1956: Paris Midnight
  • 1956: Die Dreigroschenoper
  • 1957: Embraceable you (Liane sings George Gershwin)
  • 1957: Winter Wonderland
  • 1957: Vienna by Night
  • 1958: Paris After Midnight
  • 1959: Night and Day (Songs of Cole Porter)
  • 1962: April in Paris

CD:

  • 2002: Liane Augustin singt Robert Stolz

Preise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1957: Grand Prix du Disque der Akademie Charles Cros für die Teilnahme an der Produktion Die Dreigroschenoper als Polly Peachum

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jan Feddersen: Ein Lied kann eine Brücke sein. Die deutsche und internationale Geschichte des Grand Prix Eurovision. Hoffmann und Campe, Hamburg 2002, ISBN 3-455-09350-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Klaus Nerger: Das Grab von Liane Augustin. In: knerger.de. Abgerufen am 19. November 2021.
  2. 1958 – 3rd edition. In: diggiloo.net. Abgerufen am 19. November 2021 (englisch).