Liste der Herrscher des Königreichs Benin

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Ausritt des Oba von Benin (Darstellung Mailand 1815–1827) Dach geschmückt mit Türmchen und in Kupfer gegossene Vögel mit ausgebreiteten Flügeln.

Die Herrscher des Königreichs von Benin wurden „Oba“ genannt und regierten ab 1200 nach Christus das Königreich Benin im heutigen Nigeria.

Quellenlage zur Geschichte des Königreichs Benin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie der Historiker Leonhard Harding in seiner Geschichte des Königreichs Benin hervorhob,[1] gibt es für das Reich keine verlässlichen Herrscherlisten. Alle schriftlichen Listen wurden erst Ende des 19. Jahrhunderts oder im 20. Jahrhundert erstellt, wobei die Angaben verschiedener mündlicher Überlieferungen verwendet wurden oder mehrere Listen miteinander verglichen wurden. Die Listen stimmen untereinander nicht überein. Den mündlichen Überlieferungen und den daraus abgeleiteten Herrscherlisten liege dabei ein Zeitverständnis zugrunde, das der akademischen Geschichtsschreibung fremd erscheint. Der Ethnologe R. E. Bradbury hat dieses Geschichtskonzept „dynastic time“ genannt und folgendermaßen umschrieben: „wenn die Menschen in Benin ein aktuelles oder angenommenes Ereignis auf einer linearen Zeitschiene verorten wollen, bringen sie es mit der Regierungszeit eines bestimmten Oba in Verbindung“.[2] Anders als bei der Geschichtsschreibung für Europa fehle hier die nötige Korrektur durch unabhängige Kalender.

Die Historiografie verwendet heute in der Regel vier Herrscherlisten im Vergleich, die Bradbury 1973 veröffentlichte:[1][3]

  • Captain Roupell, ein Mitglied der ersten britischen Besatzungsmacht in Benin, erstellte 1898 eine Herrscherliste nach Befragen von Würdenträgern Benins.
  • Der britische Ethnologe und Kolonialbeamte P. A. Talbot veröffentlichte 1926 eine weitere Herrscherliste, die ebenfalls auf Befragungen von Würdenträgern beruht.
  • Der nigerianische Historiker Jakob Uwadiae Egharevba erstellte für seine 1934 erstmals erschienene „Short History of Benin“ eine weitere Liste, die weite Verbreitung fand.[4]
  • R. E. Bradbury erstellte durch Befragung von Esekhurhe, einem Priester der königlichen Ahnen, eine weitere 1973 veröffentlichte Liste, die in seinen Vergleich der Herrscherlisten einging.[3]

Weitere Forscher, unter anderem Stefan Eisenhofer,[5] Peter M. Roese und Dmitrij M. Bondarenko,[6] haben weitere Listen erstellt. Im Ergebnis betonen alle Historiker, dass der Zeitrahmen der Listen, die sich auf die Zeit vor dem 19. Jahrhundert beziehen, mit äußerster Vorsicht zu betrachten ist.[1]

Herrscherlisten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vom 15. bis zum 19. Jahrhundert war das Königreich Benin eines der mächtigsten Westafrikas. Die ursprünglichen Herrscher der heutigen Stadt Benin regierten zwischen etwa 800 und 1200 wenig mehr als die Stadt und ein paar abhängige Dörfer. Sie werden üblicherweise als „Ogiso-Dynastie“ zusammengefasst und können kaum als Herrscher eines Königreichs angesehen werden. Nach dem Ende dieser Dynastie folgte ein Herrscher namens Oranyim. Mit dem anschließenden „Eweka I.“ beginnt die folgende Liste, da sich mit ihm die Funktion eines „Oba“ und auch ein „Reich“ herauszubilden begann.

Die Daten in der Liste beziehen sich auf den Beginn der jeweiligen Regierungszeit. Die zeitliche Einordnung der Herrscher unterscheidet sich zwischen den Quellen.[3] Mit der sogenannten britischen Strafexpedition nach Benin 1897 endete die Herrschaft des damaligen Oba Ovonramwen. 1914 wurde die Monarchie wiederhergestellt und – unter britischer Herrschaft – ein einheimischer Verwaltungsapparat etabliert, der 1940 durch eine moderne Regionalregierung abgelöst wurde. 1960 wurde Nigeria unabhängig. Oba Akuenza II. wurde zunächst in das „House of Chiefs“ aufgenommen und fungierte später als Minister ohne Geschäftsbereich in der Regionalregierung. Durch den Militärputsch 1966 wurde der Einflussbereich des Oba auf seinen Palast beschränkt. Der Oba agiert nun als sogenannter traditioneller Führer.[7]

Roupell Talbot Egharevba Esekhurhe Entwicklungen nach 1973
Eweka Eweka Eweka I. um 1200 Eweka
Omobesa Omovberha 1340 Uwakhuahen Ihenmwihen
Egbeka Ehenmihen Uwakhuaemwe
Ewedon Ewedo 1370 Ewedo um 1255 Ewedo
Oguola Ogwola 1400 Oguola um 1280 Oguola
Edoni um 1295 Edali
Udagbedo um 1299 Dagbedo
Ouhe Awhen 1430 Ohen um 1334 (1330) Eronbiru
Ezuara 1450 Egbeka um 1370 Egbeka
Ezoti Orobiru Ohen
Olua Uwafe-Ekun Uwaifiokun Uwaifiokun
Ebowani Ewuare Ewuare um 1440 Ewuare
Ezoti 1475 Ezoti um 1473 Ezoti
Oluwa Olua um 1473 Olua
Ojolua Ozolua 1480 Ozolua um 1481 Ozolua
Esige Esigie 1520 Esigie um 1504 Esigie
Osogboa Awrhogba Orhogbua um 1550 Orhogba
Ehenbuda Ehengbuda 1570 Ehengbuda um 1578 Ehengbuda
Ohuon Ohuan 1610 Ohuan um 1608 Ohuan
Ahejai Ehenzai 1630 Ahenzae um 1641 Akenzae
Akengbayi 1650 Akenzae um 1661 Akenzae
Akenzama (Akenzayi) 1670 Akengboi um 1669 Akengboi
Akenkpaye um 1675 Akengbedo
Akenbedo Akengbedo um 1684 Ore-Oghene
Ore-Oghene um 1689 Ahenkpaye
Nakpe Ewakpe 1685 Ewuakpe um 1700 Ewuakpe
Obiozuere 1715 Ozuere um 1712
Akedzua Akenzua Akenzua I. um 1713 Akenzua
Erizoyne Eresoyen 1740 Eresoyen um 1735 (1733) Eresoyen
Okenbuda Ahengbuda 1760 Akengbuda um 1750 Akengbuda
Osifu Loisa 1803 Obanosa um 1804 Obanosa
Ogbebo um 1816
Esemede Osemede 1815 Osemwede um 1816 Osemwede
Adolo Adolor 1852 Adolo um 1848 Adolo
Overami Overami 1888 Ovonramwen 1888–1897 Ovoramwe
Eweka II. 1914–1933 Eweka II.
Akenzua II. 1933 Akenzua II. 1933–1978
Erediauwa 1979–2016
Ewuare II. 2016–

Hinweis: Das Königreich Benin ist nicht zu verwechseln mit dem modernen Staat Benin, der in der Kolonialzeit bis 1975 den Namen „Dahomey“ trug.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jacob Egharevba: A short history of Benin. 4. Auflage. Ibadan University Press, Ibadan 1968, S. 73–74.
  • R. E. Bradbury: Benin studies. Oxford University Press, London 1973, ISBN 978-0-19-724192-9, S. 19–21.
  • Philip Agibana Igbafe: Die Geschichte des Königreichs Benin: Ein Überblick. In: Barbara Plankensteiner (Hrsg.): Benin. Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria. Snoeck Publishers, Gent 2007, ISBN 978-3-85497-113-9, S. 41–53.
  • Leonhard Harding: Das Königreich Benin: Geschichte, Kultur, Wirtschaft. R. Oldenbourg, München 2010, ISBN 978-3-486-59757-8, S. 22–26, doi:10.1524/9783486852981.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Leonhard Harding: Das Königreich Benin: Geschichte, Kultur, Wirtschaft. R. Oldenbourg, München 2010, ISBN 978-3-486-59757-8, S. 22–26, doi:10.1524/9783486852981.
  2. R. E. Bradbury: Benin studies. Oxford University Press, London 1973, ISBN 978-0-19-724192-9, S. 19 (Deutsche Übersetzung von Leonard Harding).
  3. a b c R. E. Bradbury: Benin studies. Oxford University Press, London 1973, ISBN 978-0-19-724192-9, S. 20–21.
  4. Jacob Egharevba: A short history of Benin. 4. Auflage. Ibadan University Press, Ibadan 1968, S. 73–74.
  5. Stefan Eisenhofer: The Benin Kinglist/s: Some Questions of Chronology. In: History in Africa. Band 24, 1997, ISSN 0361-5413, S. 139–156, doi:10.2307/3172022, JSTOR:3172022.
  6. Peter M. Roese, Dmitrij M. Bondarenko: A popular History of Benin. The Rise and Fall of a Mighty Forest Kingdom. Lang, Frankfurt am Main 2003, ISBN 978-3-631-50472-7.
  7. Philip Agibana Igbafe: Die Geschichte des Königreichs Benin: Ein Überblick. In: Barbara Plankensteiner (Hrsg.): Benin. Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria. Snoeck Publishers, Gent 2007, ISBN 978-3-85497-113-9, S. 41–53, hier S. 51-53.