Liste von Überlebenden des Vernichtungslagers Sobibor

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Bahnhof von Sobibor (2007)

Diese Liste der Überlebenden des Vernichtungslagers Sobibor listet Personen auf, die das während des Holocausts betriebene deutsche Vernichtungslager Sobibor überlebten. In dem im Rahmen der „Aktion Reinhardt“ ab Anfang 1942 errichteten Lager nahe der heutigen Polnisch-Ukrainischen Grenze wurden über 150.000 und bis zu 250.000 Juden ermordet, die meisten durch Vergasung mittels Dieselabgasen. Den größten Teil der Arbeit ließen die Bewacher des Lagers von sogenannten Arbeitsjuden verrichten, dazu gehörte neben dem Sortieren von Gepäck und Kleidung das Abschneiden der Haare der Frauen vor der Vergasung sowie die Räumung der Gaskammern und das Vergraben bzw. Verbrennen der Leichen.

Beim Aufstand von Sobibór am 14. Oktober 1943 versuchten die eingesetzten jüdischen Zwangsarbeiter durch einen Aufstand die Bewacher des Lagers auszuschalten und die umgebenden Absperrungen zu durchbrechen, wobei Schätzungen zufolge 365 Häftlingen die Flucht aus dem Lager gelang.[1] Die meisten von ihnen wurden in der Umgebung des Lagers durch SS-Männer und ukrainische Wachmannschaften (Trawniki) festgenommen oder erschossen. Nach dem Aufstand wurde das Lager durch die SS eingeebnet und an seiner Stelle zur Tarnung ein Bauernhof errichtet.

Aufgeführt werden in dieser Liste Personen, die sich längere Zeit im Lager aufhielten. Insgesamt sind 47 Überlebende des Vernichtungslagers Sobibor bekannt, 42 von ihnen gelang beim Aufstand vom 14. Oktober die Flucht. Fünf konnten bereits zuvor, am 27. Juli 1943, vom „Waldkommando“ fliehen, nachdem Josef Kopp und Schlomo Podchlebnik einen ukrainischen Wachmann getötet hatten. Nicht aufgeführt werden einige Überlebende (z. B. Jules Schelvis), die die Deportation nach Sobibor überlebten, da sie direkt nach der Ankunft für Arbeitseinsätze außerhalb des Lagers selektiert wurden und nur kurze Zeit im Lager verbrachten.

Der letzte Überlebende des Vernichtungslagers Sobibor, Semyon Rozenfeld, ist am 3. Juni 2019 in einem Krankenhaus in Zentralisrael verstorben. Er war nicht nur der letzte Überlebende des Vernichtungslagers Sobibor, sondern auch der letzte bekannte Zeuge des Mordens im Rahmen der sogenannten „Aktion Reinhardt“, der systematischen Ermordung aller Juden und Roma des Generalgouvernements im deutsch besetzten Polen während des Zweiten Weltkrieges. Im Zuge der „Aktion Reinhardt“ wurden zwischen Juli 1942 und Oktober 1943 etwa 1,6 bis 1,8 Millionen Juden sowie rund 50.000 Roma aus den fünf Distrikten des Generalgouvernements (Warschau, Lublin, Radom, Krakau und Galizien) in den drei Vernichtungslagern Belzec, Sobibor und Treblinka ermordet.[2]

Liste der Überlebenden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Name Geburtsdatum Todesdatum Nation Ankunft in Sobibor Ort der Deportation Anmerkung
Schlomo Alster 1. Dez. 1908 März 1992 Polen Nov. 1942 Chelm
Moshe Bachir 19. Juli 1927 Nov. 2002 Polen 24. Mai 1942 Sagte als Zeuge im Eichmann-Prozess aus.
Antonius Bardach 16. Mai 1909 1959 Polen 25. März 1943 Drancy
Philip Bialowitz 25. Nov. 1929 6. Aug. 2016 Polen Jan. 1943 Izbica Bruder von Symcha Bialowitz.
Symcha Bialowitz 6. Dez. 1912 Feb. 2014 Polen 28. Apr. 1943 Izbica Bruder von Philip Bialowitz.
Rachel Birnbaum 1926 März 2013 Polen Versteckte sich nach der Ankunft im Wald.
Jakob Biskubicz 17. März 1926 März 2002 Polen Juni 1942
Thomas (Toivi) Blatt 15. Apr. 1927 31. Okt. 2015 Polen 23. Apr. 1943 Izbica

Nebenkläger im Demjanjuk-Prozess

Hershel Cuckierman 15. Apr. 1893 Juli 1979 Polen Mai 1942 Nałęczów
Josef Cuckierman 26. Mai 1930 15. Juni 1963 Polen Mai 1942 Nałęczów Sohn von Hershel Cuckierman.
Josef Duniec 21. Dez. 1912 1. Dez. 1965 Polen 25. März 1943 Drancy Duniec starb einen Tag vor seiner geplanten Aussage beim Sobibor-Prozess 1965.
Chaim Engel 10. Jan. 1916 4. Juli 2003 Polen 6. Nov. 1942
Leon Feldhendler 1910 6. Apr. 1945 Polen Anfang 1943 Feldhendler war einer der Organisatoren und Anführer des Aufstandes.
Ada Fischer (später: Ada Lichtman) 1. Jan. 1915 1993 Polen Juni 1943 Mielec Zeugin im Eichmann-Prozess, heiratete später Itzhak Lichtman.
Berek Freiberg 15. Mai 1927 26. März 2008 Polen 15. Mai 1942 Krasnystaw Sagte als Zeuge im Eichmann-Prozess aus.
Herman Gerstenberg (später: Herman Posner) 8. Okt. 1909 8. Juni 1987 Polen 14. März 1943 Chelm
Moshe Goldfarb 15. März 1920 8. Juni 1984 Polen 6. Nov. 1942
Josef Herszman 1925 2005 Polen Anfang 1942
Zyndel Honigman 10. Apr. 1910 Juli 1989 Sowjetunion Nov. 1942 Gorzków Floh am 27. Juli 1943 vom Waldkommando.
Abram Kohn 25. Juli 1910 19. Jan. 1986 Polen Mai 1942 Wysocka
Josef Kopp 1944/45 Polen Anfang 1942 Floh am 27. Juli 1943 vom Waldkommando.
Chaim Korenfeld 15. Mai 1923 13. Aug. 2002 Polen 28. Apr. 1943 Izbica Floh nach Aussage von Mithäftlingen am 27. Juli 1943 vom Waldkommando, laut eigener Aussage war Korenfeld bis zum Aufstand im Lager.
Chaim Leist (auch: Chaim Lajst) Okt. 2005 Polen 23. Apr. 1943
Samuel Lerer 1. Okt. 1922 3. März 2016 Polen Mai 1942 Erkannte 1949 gemeinsam mit Estera Raab den SS-Mann Erich Bauer in Berlin auf der Straße.
Yehuda Lerner 22. Juli 1926 2007 Polen Sep. 1943 Lublin
Itzhak Lichtman 10. Dez. 1908 1992 Polen 15. Mai 1942 Heiratete später Ada Fischer.
Yefim Litwinowsky Sowjetunion 22. Sep. 1943
Abraham Margulies 25. Jan. 1921 1984 Polen Mai 1942 Zamość
Chaskiel Menche 7. Jan. 1910 1984 Polen Juni 1942 via Izbica und Lublin
Zelda Metz-Kelbermann 1. Mai 1925 1980 Polen 20. Dez. 1942
Alexander Aronowitsch Petschjorski 22. Feb. 1909 19. Jan. 1990 Ukraine 22. Sep. 1943 Petschjorski war einer der Organisatoren und Anführer des Aufstandes.
Schlomo Podchlebnik 15. Feb. 1907 Feb. 1973 Polen 28. Apr. 1943 Izbica Floh am 27. Juli 1943 vom Waldkommando.
Estera Raab 11. Juni 1922 13. Apr. 2015 Polen 20. Dez. 1942 Arbeitslager Staw Erkannte 1949 gemeinsam mit Samuel Lerer den SS-Mann Erich Bauer in Berlin auf der Straße.
Semjon Rosenfeld 1. Okt. 1922 3. Juni 2019 Ukraine 22. Sep. 1943
Ajzik Rotenberg 1925 1994 Polen 12. Mai 1943
Ursula Stern (später: Ilona Safran) 28. Aug. 1926 1985 Deutschland 9. Apr. 1943 Westerbork Zeugin im Sobibor-Prozess.
Stanisław Szmajzner 13. März 1927 3. März 1989 Polen 12. Mai 1943 Opole
Boris Taborinsky 1917 nach 1984 Sowjetunion 22. Sep. 1943 Minsk
Kurt Thomas (auch: Kurt Ticho) 11. Apr. 1914 8. Juni 2009 Tschechien 6. Nov. 1942
Chaim Trager 5. März 1906 1. Aug. 1969 Polen März 1943 Chelm
Aleksej Waizen 30. Mai 1922 Sowjetunion Juni 1942 Ternopil
Arkadi Moissejewitsch Waispapir 1921 11. Jan. 2018 Sowjetunion 22. Sep. 1943 Kiew via Minsk
Abraham Wang 2. Jan. 1921 1978 Polen 23. Apr. 1943 Izbica Floh am 27. Juli 1943 vom Waldkommando.
Hella Weiss 25. Nov. 1925 Dez. 1988 Polen 20. Dez. 1942 Arbeitslager Staw
Kalmen Wewerik 25. Juni 1906 Polen Herbst 1942 Chelm
Selma (Saartje) Wijnberg (später: Selma Engel) 15. Mai 1922 4. Dez. 2018 Niederlande 9. Apr. 1943 Westerbork
Regina Zielinski 2. Sep. 1924 Sep. 2014 Polen 20. Dez. 1942 Arbeitslager Staw
Meier Ziss 15. Nov. 1927 Polen Mai/Juni 1942

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nur die Schatten bleiben. Der Aufstand im Vernichtungslager Sobibór. Aus dem Amerikanischen von Monika Schmalz. Aufbau, Berlin 2000, ISBN 3-7466-8068-9.
  • Sobibór. Der vergessene Aufstand. Bericht eines Überlebenden. Unrast, Hamburg 2004, ISBN 3-89771-813-8.
  • Aleksandr Petscherski: Bericht über den Aufstand in Sobibor. Hrsg.: Ingrid Damerow. Metropol Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-86331-387-6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Barbara Distel: Sobibór. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 8: Riga, Warschau, Vaivara, Kaunas, Płaszów, Kulmhof/Chełmno, Bełżec, Sobibór, Treblinka. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57237-1, S. 398.
  2. Anne Lepper: Nachruf Semyon Rozenfeld: Letzter Überlebendes des KZ Sobibor. In: Spiegel Online, Geschichte. Abgerufen am 18. April 2020.