Literaturhaus Graz

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Das Literaturhaus Graz im ehemaligen Palais Mayr-Melnhof

Das Literaturhaus Graz ist seit seiner Gründung im Jahr 2003 der Präsentation regionaler, deutschsprachiger und internationaler Gegenwartsliteratur gewidmet. Das Spektrum der Veranstaltungen umfasst neben konventionellen Lesungen und Diskussionen auch Theateraufführungen, Konzerte und Ausstellungen.

Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Betreiber ist das im selben Haus untergebrachte Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung der Karl-Franzens-Universität Graz, das vor Ort über eine Bibliothek verfügt. Vom Franz-Nabl-Institut werden unter anderem mehrere Nach- und Vorlässe (darunter jene von Franz Nabl, Gerhard Roth und Barbara Frischmuth) verwaltet, sowie Werkmanuskripte, Korrespondenzen und Sammlungen von Autoren wie Wolfgang Bauer, Emil Breisach, Günter Eichberger, Reinhard P. Gruber, Klaus Hoffer, Gert Jonke, oder Alfred Kolleritsch.

Als Leiter des Literaturhauses wie des Franz-Nabl-Instituts fungiert seit 2015 der Germanist Klaus Kastberger. Kastberger ist Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Karl-Franzens-Universität Graz. Im Oktober 2019 wurde seine Bestellung als Leiter vom Gemeinderat bis 2025 beschlossen.[1]

Programm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Literaturhaus Graz stellt seine Aktivitäten in die Tradition des Forum Stadtpark Graz, das unter seinem ehemaligen Präsidenten Alfred Kolleritsch jahrzehntelang als bedeutendes literarisches Zentrum galt. In diese Richtung wies bereits der erste Literaturhaus-Programmschwerpunkt „Sprachmusik“ im Eröffnungsjahr 2003, der unter anderem auf Peter Handke, Elfriede Jelinek, Gert Jonke, Werner Schwab und Gerhard Rühm fokussierte – alles Autoren, die mit dem Forum Stadtpark, mit der von Kolleritsch herausgegebenen Literaturzeitschrift „Manuskripte“ und dem dort prägenden sprachkritischen Literaturansatz in Verbindung zu bringen sind. Gerhard Roth, zu dessen Vorlass es eine Ausstellung und eine Publikation (Gerhard Roth: Orkus. Im Schattenreich der Zeichen) gab, galt beginnend mit den 1970er Jahren ebenfalls als „Forum-Autor“.

2005 gab es am Literaturhaus Graz einen Schwerpunkt zum 100sten Geburtstag von Elias Canetti. Canetti war mit Franz Nabl befreundet („… und als ich 1965 zuerst nach Graz kam, besuchte ich Franz Nabl und fasste für ihn eine tiefe Neigung“, Canetti in seiner Rede zur Verleihung des Franz-Nabl-Preises bzw. des Literaturpreis der Stadt Graz, 1975). Bereits Jahre vor seinem internationalen literarischen Durchbruch stand er mit den Forum-Stadtpark-Autoren in Verbindung (1965, 1968 und 1969 fanden Canetti-Lesungen im Forum Stadtpark statt).

2007 wurde mit Wolfgang Bauer wieder einer der „Stars“ aus der literarischen Blütezeit des Forum Stadtpark durch eine Publikation des Literaturhaus Graz gewürdigt (Wolfgang Bauer: »Ein schlimmes Kind bin ich« Dramen Prosa Lyrik aus vier Jahrzehnten).

Das Hauptgewicht des Programms liegt jedoch auf dem laufenden Angebot an Lesungen, das bislang eine international durchmischte Reihe von Autoren nach Graz gebracht hat. Parallel dazu wird auch der aktuellen Grazer Literaturszene mit ihren fünf Literaturzeitschriften (Lichtungen, Manuskripte, Perspektive, Schreibkraft, Sterz), dem Literaturverlag Droschl, der Jugendliteraturwerkstadt und der Dramatikerwerkstätte von UniT Raum gegeben. Alljährlich im November findet im Literaturhaus Graz das Kinderbuchfestival Bookolino statt.

Ehemaliges Palais Mayr-Melnhof[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literaturhaus Graz, Hofseite

Das vom Literaturhaus Graz bespielte Gebäude Elisabethstraße 30 war einst Stadtpalais der Familie Mayr-Melnhof und wurde im Jahr 1852 erbaut. 1894/95 kam es zu Umbauten nach den Plänen von August Gunolt. Die Fassade ist im Stil des späthistoristischen Neobarockstil gestaltet. Die figurale Bauplastik stammt von Rudolf Vital. In den Innenräumen ist eine Neorégence-Stuckzier erhalten geblieben.

Es wurde von 1966 bis 2000 als Grazer Kulturhaus genutzt (von 1972 bis 2000 unter der Leitung von Otto Breicha). Für die Neueröffnung am 7. Mai 2003 wurde das Haus vom Grazer Architekturbüro Riegler Riewe (Florian Riegler und Roger Riewe) generalsaniert und hofseitig durch einen Anbau erweitert. Dieser beherbergt den großen Veranstaltungssaal des Literaturhaus Graz, sowie früher das Café „Orange“[2], welches nun Schrille Grille heißt[3]. Letzteres ist nicht als „Literaturcafé“ im engeren Sinne zu betrachten, vor allem der abendliche Barbetrieb zieht im Verein mit dem traditionellen „Kulturhauskeller“ im selben Haus ein zahlreiches studentisches Publikum an, das sich eher nicht mit den Literaturhausgästen mischt.

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerhard Melzer (Hrsg.): Es liegt was in der Luft – die Himmel Europas. Droschl Verlag, Graz 2003, ISBN 3-85420-624-0.
  • Gerhard Melzer (Hrsg.), Paul Pechmann: Sprachmusik. Grenzgänge der Literatur. Literaturhaus Graz (… Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellungsserie im Rahmen von) Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas. Sonderzahl-Verlag, Wien 2003, ISBN 3-85449-210-3.
  • Daniela Bartens (Hrsg.), Gerhard Roth: Gerhard Roth: Orkus – Im Schattenreich der Zeichen. (Begleitbuch zur Ausstellung … „Gerhard Roth: ‚Orkus’ – Im Schattenreich der Zeichen“, 25.6. – 24.8.2003, Grazer Literaturhaus). Springer, Wien 2003, ISBN 3-211-00648-6.
  • Gerhard Roth: Gerhard Roth: Orkus. Im Schattenreich der Zeichen. (Ausstellungskatalog). Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung, Graz 2003, ISBN 3-211-00648-6.
  • Gerhard Melzer (Hrsg.), Branko Lenart: Augen : Blicke – Schrift : Stücke. Dieses Buch dokumentiert die Ausstellung „Augen : Blicke – Schrift : Stücke“, die zur Eröffnung des Literaturhauses Graz vom 9. bis 17. Mai 2003 gezeigt wurde (47 x Literatur aus Graz). Droschl, Graz 2004, ISBN 3-85420-676-3.
  • Elias Canetti, Kurt Bartsch (Hrsg.): Zwillingsbrüder. Elias Canetti und Fritz Wotruba. Sonderzahl-Verlag, Wien 2005, ISBN 3-85449-238-3.
  • Wolfgang Bauer, Gerhard Melzer (Hrsg.): Ein schlimmes Kind bin ich. Dramen Prosa Lyrik aus vier Jahrzehnten. (= Edition Graz. 1). Sonderzahl Verlagsgesellschaft, Wien 2007, ISBN 978-3-85449-266-5.
  • Gerhard Melzer (Hrsg.): Literatur h aus graz. Ein Bilderbuch 2003–2005. Für Wolfgang Bauer (1941–2005), dessen letzter Auftritt im Literatur h aus graz stattfand. Erstausgabe. Sonderzahl, Wien 2006, ISBN 3-85449-224-3.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Literaturhaus Graz: Klaus Kastberger wird verlängert, die Finanzierung erhöht. In: Kleine Zeitung. 17. Oktober 2019, abgerufen am 18. Oktober 2019.
  2. Literaturhaus Graz/Franz-Nabl-Institut, Architekturzentrum Wien, 10. September 2003, www.nextroom.at, abgerufen am 22. Juli 2010.
  3. Der Grazer: Neueröffnung: Orange im Univiertel ist jetzt die "Schrille Grille". Abgerufen am 24. Januar 2020 (englisch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Literaturhaus Graz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 47° 4′ 29″ N, 15° 27′ 6,2″ O