Lothar Lambert

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Lothar Lambert während der Filmwerkschau im Kino Tilsiter Lichtspiele (November 2008)

Lothar Lambert (* 24. Juli 1944 in Rudolstadt, Thüringen) ist ein deutscher Filmregisseur.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lambert wuchs in Berlin auf, machte dort das Abitur und absolvierte an der Freien Universität ein Studium der Publizistik (Magisterarbeit: Alexander Kluges Abschied von gestern und Edgar Reitz’ Mahlzeiten).

Seit Beginn der 1970er Jahre schuf er, anfangs zusammen mit Wolfram Zobus, über 38 Filme und übernahm in ihnen neben diversen Funktionen hinter der Kamera oft auch als Schauspieler eine Rolle. Hauptfiguren seiner Produktionen sind meist Randgruppen der Gesellschaft, wie Homosexuelle, Transvestiten, psychisch Gestörte, aber auch Ausländer. Handlungs- und Drehort ist meist Berlin. Lothar Lambert drehte oft mit minimalem, von ihm privat aufgebrachtem Budget und mit Laiendarstellern, die sich mehr oder minder selbst spielten. Vor allem in den 1970er und frühen 1980er Jahren genoss er wegen seiner unkonventionellen Themen das Ansehen eines bekannten Underground-Filmers, schaffte aber nie den kommerziellen Durchbruch. Der Film 1 Berlin-Harlem, den er zusammen mit Wolfram Zobus machte, wurde vom MoMA in New York angekauft.

Insgesamt 14 seiner Filme liefen auf den Internationalen Filmfestspielen Berlin, zuletzt 2010 sein 35. Film Alle meine Stehaufmädchen auf der 60. Berlinale.[1] Das Berliner Programmkino Tilsiter Lichtspiele widmete ihm im November 2008 eine Retrospektive. Im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele Berlin 2024 wurde Lambert für den Special Teddy Award ausgewählt.[2]

Lothar Lambert lebt in Berlin.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tilman Krause, Feuilletonredakteur der Welt, würdigt Lamberts Blick auf ein Berlin „von unten und hinten ..., wo es schrill, schräg und trashig“ daherkomme. Wer wissen wolle, wie Berlin seit den Siebzigerjahren ticke, der müsse Lothar Lamberts Filme anschauen - Filme wie „1 Berlin Harlem oder Fucking City“. Dort seien die versammelt, die Berlin ausmachten, „die Außenseiter und Underdogs, die Transen, Schwulen, Türken, Schwarzen, Depressiven, Fetischanbeter“.[3]

Lothar Lambert mache Filme „ohne Geld, ohne Namen, ohne Drehbuch, ohne tausend Gründe herzusuchen, warum es nicht geht, warum es nicht gut wird, warum es längst erzählt ist“, so Gunda Bartels im Tagesspiegel. 17 seiner Filme seien auf der Berlinale gelaufen, einer vom MoMA archiviert und Stars wie „Ingrid Caven, Jim Jarmusch, Brigitte Mira, Klaus Nomi, Norman Jewison, Rainer Werner Fassbinder oder Evelyn Künneke“ hätten mit ihm gearbeitet. Ihm könnten „an Kultpotenzial und Augenroll-Empörung über seine Sex- und Herzensnot-Filme nur die Indie-Kollegen und Krawallschachteln Rosa von Praunheim und Klaus Lemke das Wasser reichen“.[4] Dennoch habe Lambert „hierzulande nicht die breite Anerkennung erhalten, die ihm gebührt“, schreibt Axel Schock in der Siegessäule. „Die Geschichten und die Darsteller*innen für seine Filme fand Lambert in seinem illustren wie großen Freundeskreis: Jede Menge Dragqueens, Transvestiten, Schwule und Sexarbeiter*innen, Migrant*innen und andere Menschen am Rand der Gesellschaft bevölkern seine Alltagsdramen und -komödien, erzählen von ihrer Suche nach Liebe, Sex und Anerkennung. Und immer wieder auch von ihrem Traum von Ruhm und Glamour.“[5]

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1971: Kurzschluß (Co-Regie: Wolfram Zobus)
  • 1972: Ex und hopp (Co-Regie: Wolfram Zobus)
  • 1973: Ein Schuß Sehnsucht – Sein Kampf (Co-Regie: Wolfram Zobus)
  • 1974: 1 Berlin-Harlem (Co-Regie: Wolfram Zobus)
  • 1976: Faux pas de deux
  • 1977: Nachtvorstellungen
  • 1979: Now or never
  • 1979: Tiergarten
  • 1980: Die Alptraumfrau
  • 1981: Fucking City
  • 1983: Paso doble
  • 1983: Fräulein Berlin
  • 1984: Drama in Blond
  • 1984: Der sexte Sinn (Co-Regie: Dagmar Beiersdorf)
  • 1986: Die Liebeswüste
  • 1986: Gestatten, Bestatter
  • 1987: Verbieten verboten
  • 1988: Liebe, Tod und kleine Teufel
  • 1989: Du Elvis, ich Monroe
  • 1991: Was Sie nie über Frauen wissen wollten
  • 1993: Gut drauf, schlecht dran
  • 1995: In Haßliebe Lola
  • 1996: So wahr ich liebe – Intime Bekenntnisse zweier Underground-Heroinen
  • 1997: Blond bis aufs Blut
  • 1998: Und Gott schuf das Make-Up
  • 1998: Made in Moabit – Eine Filmfamilie aus dem Hinterhof
  • 2000: Verdammt in alle Eitelkeit
  • 2001: Qualverwandt oder Wenn der Pfleger zweimal klingelt
  • 2003: Ich bin, Gott sei Dank, beim Film!
  • 2004: Aus dem Tagebuch eines Sex-Moppels
  • 2005: Küss die Kamera!
  • 2007: As Showtime goes by
  • 2008: Im tiefen Tal der Therapierten
  • 2008: Hilka will noch
  • 2009: Alle meine Stehaufmädchen – Von Frauen, die sich was trauen[6]
  • 2011: Zurück im tiefen Tal der Therapierten
  • 2012: Ritter der Risikorunde
  • 2015: Erika, mein Superstar oder Filmen bis zum Umfallen[7]
  • 2017: Verdammt nochmal Berlin - Fucking City revisited
  • 2019: Oben rum, unten rum - Lamberts gesammelte Einakter
  • 2023: Stellenweise superscharf oder Der seltsame Dreh des Herrn Schoppi

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Stefan Menche: Lambert Underground – 20 Filme von Lothar Lambert Berlin 1971–1991. Metro, Berlin 1992. ISBN 3-928282-03-4
  • Simmon Richter: Women, Pleasure; Film – What Lolas Want. Pallgrave MacMillan, New York 2013. ISBN 978-1-137-30972-3
  • Dr. Michael von Hirschheydt. Lothar Lamberts Moving Stills. Verlag Gustav von Hirschheydt, Berlin 2022. ISBN 978-3-947418-09-1

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Axel Schock: „Nackte Scham und schöne Schande“. Abgerufen am 7. Dezember 2023.
  2. DER SPECIAL TEDDY AWARD 2024 GEHT AN LOTHAR LAMBERT | #teddyaward. 2. Februar 2024, abgerufen am 3. Februar 2024 (deutsch).
  3. Tilman Krause: Die Welt: Für Lothar Lambert war Berlin eine "Fucking City". Abgerufen am 20. März 2022.
  4. Gunda Bartels: Der Berliner Szene-Filmer feiert 70. Geburtstag. Abgerufen am 20. März 2022.
  5. Axel Schock: „Berlins Antwort auf Andy Warhol“. Abgerufen am 7. Dezember 2023.
  6. Alle meine Stehaufmädchen - Von Frauen, die sich was trauen auf Filmportal.de, online, abgerufen am 24. Juli 2015
  7. Erika, mein Superstar oder Filmen bis zum Umfallen auf Filmportal.de, online, abgerufen am 24. Juli 2015