Mah Laqa Bai

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Porträt von Mah Laqa Bai

Mah Laqa Bai (geborene Chanda Bibi, auch als Mah Laqa Chanda bekannt, * 7. April 1768 in Aurangabad; † 1824 in Hyderabad) war eine indische Poetin, Kurtisane und Philanthropin. 1824 wurde sie die erste weibliche Poetin, über deren Werke ein Diwan veröffentlicht wurde. Dabei handelte es sich um eine auf Urdu verfasste Sammlung von Ghasels namens Gulzar-e-Mahlaqa. Sie lebte zu einer Zeit, in der Dakhini, eine andere Version von Urdu, gerade den Übergang ins persischlastige Urdu vollzog. Bais literarische Werke bieten einen Einblick in die linguistischen Wandlungen im damaligen Südindien. Sie war außerdem eine einflussreiche Kurtisane. Der Nizam von Hyderabad ernannte sie zur Omarah, einem Mitglied der höchsten Adelsschicht. Im Jahr 2010 wurde ihre Gedenkstätte in Hyderabad, die auch ihr Grab beherbergt, durch Spenden der US-Bundesregierung restauriert.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mah Laqa Bai wurde unter dem Namen Chanda Bibi am 7. April 1768 in Aurangabad im heutigen Maharashtra[1][2] als Tochter einer aus Rajputana hergezogenen Kurtisane namens Raj Kunwar[3] und eines Militärbeamten vom Hof des Großmoguls Muhammad Shah namens Bahadur Khan geboren. Khan zog von Delhi nach Hyderabad und traf und heiratete Kunwar dort.[4] Bibi wurde von Kunwars kinderloser Schwester Mehtaab Ma, der Ehefrau von Nawab Rukn-ud-Daula, einem Premierminister des Herrschers von Hyderabad, adoptiert.[5]

Bibis Adoptivvater kümmerte sich persönlich um ihre Ausbildung und gab ihr die besten Lehrer. Sie hatte Zugang zu einer gut bestückten Bibliothek. Im Alter von 14 Jahren beherrschte sie das Reiten und Bogenschießen. Aufgrund ihrer Fähigkeiten begleitete sie Nizam Asaf Jah II. in drei Kriegen,[6] bei denen sie Männerkleidung trug und für ihre Künste im Bogenschießen und Speerwerfen bekannt wurde. Für ihre Beiträge in den Kriegen verliehen die Herrscher Hyderabads ihr mehrmals eigenes Land (Jagir).[4][7][8] Außerdem wurde ihr der Titel Mah Laqa (= Antlitz des Mondes) verliehen. Sie hat nie geheiratet, hatte jedoch eine Beziehung mit dem Militärbeamten Raja Rao Rambha Rao, der gegen Maratha kämpfte und der Günstling des zweiten Herrschers von Hyderabad wurde und machte außerdem Bekanntschaft mit John Malcolm.[4][7][8][9]

Sie war während der Herrschaft des zweiten und dritten Herrschers von Hyderabad eine einflussreiche Frau am fürstlichen Hof.[10] Zu dieser Zeit war sie die einzige Frau im Fürstentum Hyderabad, die am Hof offiziell anerkannt wurde. Außerdem wurde sie zur Omarah, einem Mitglied der höchsten Adelsschicht, ernannt. Mah Laqa wurde von den Herrschern des Staates häufig um Rat gebeten.[4] Wie es für den Adel zu dieser Zeit üblich war, wurde ihr ein Bataillon von 500 Soldaten zugeteilt, das sie bei Besuchen von Beamten begleitete.[11] Sie war auch eine Kurtisane während die Herrscher an ihrem Regierungssitz residierten[12] und war eine Mätresse der Premierminister.[10] Sie starb 1824 und vererbte ihr Eigentum, darunter Land, Gold, Silber und diamantbesetzten Schmuck an obdachlose Frauen.[2] Ihre im heutigen Nampally, einem Vorort Hyderabads, gelegene Residenz wurde zu einer staatlich finanzierten Mädchenuniversität umgebaut.[13]

Leistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lyrischer Text aus der Sammlung

Mah Laqa wurde von den literarischen Werken des Mystikers und Poeten Siraj Aurangabadi (1715–1763) beeinflusst[2][14] und lernte vom späteren Premierminister Nawab Mir Alam die Poesie. Ihre Muttersprache war Urdu; außerdem sprach sie fließend arabisch, Persisch und Bhojpuri.[4] Sie war die erste weibliche Poetin von der ein Diwan, eine komplette Sammlung von Ghasels auf Urdu, veröffentlicht wurde. Die Sammlung namens Gulzar-e-Mahlaqa besteht aus 39 Ghasels und wurde 1824 nach ihrem Tod veröffentlicht.[2][15] Außerdem wurde die von Mah Laqa im Jahr 1798 gesammelte und kalligrafierte Manuskriptsammlung Diwan e Chanda am 18. Oktober 1799 als Geschenk an John Malcolm übergeben und wird heute im British Museum aufbewahrt.[16][17]

Sie war die erste weibliche Poetin dieser Region, die ihre Poesie an einem Mushaira, einem Poesiesymposium vortrug. Zuvor war so etwas nur Männern vorbehalten. Neben ihrer Poesie sang sie manchmal auch Lieder, die vom Großmogul Muhammad Shah und dem Sultan von Bijapur, Ibrahim Adil Shah II. komponiert wurden.[4]

Mah Laqa erlernte das Singen und den klassischen indischen Musikstil Thumri von Kush hal Khan, der zu dieser Zeit ein Hofmusiker[18] und der Urenkel von Tansen, dem Hofmusiker des Hofs der Mogulen war. Sie beherrschte Gesang in mehreren Ragas (Tonarten) und war in Gesangstilen wie Tappa und Dhrupad bewandert und sang Liebeslieder zum Kathak-Tanzstil.[19][20][4] Sie gründete ein Kulturzentrum, in dem 300 Mädchen von ihr und anderen Lehrern unterrichtet wurden.[5] Laqas Bibliothek enthielt Manuskripte und Bücher über Poesie, andere Künste und Wissenschaft.[21] Sie finanzierte und überwachte die Veröffentlichung Mahnamas, einem historischen Buch über die Periode des Neuerstarkens des Fürstentums Hyderabad. Mah Laqa war praktizierende Muslima, wurde in ihren Werken jedoch auch von hinduistischer Philosophie und Büchern beeinflusst.[4]

Gedenkstätte in Hyderabad[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mah Laqa Bais Grab

In der Nähe eines Hügels in Moula-Ali, einem Vorort Hyderabads, ließ Laqa ein ummauertes Gelände errichten, wo sie häufig Mushairas abhielt. Innerhalb dieses Geländes ließ sie 1792 ein Grab für ihre leibliche Mutter bauen. Nach ihrem Tod wurde Laqa neben ihrer Mutter beerdigt.[18][22] Das Grab wurde im Stil der Mogul- und Rajasthanarchitektur im Tschahār-Bāgh-Typ gebaut. Neben einem Mausoleum enthält dieses Gelände im Zentrum einen Pavillon, der mit aufwendiger Stuckatur dekoriert ist, und in dem sich eine Moschee, ein Dharamshala (eine Pilgerherberge) und zwei Stufenbrunnen befinden.[11][16]

Scott Kugle, ein Professor an der Emory University und Forscher, studierte das Leben von Mah Laqa Bai. Dabei besuchte er die Gedenkstätte, die zu dieser Zeit in marodem Zustand war. Er schlug vor, sie zu restaurieren. 2010 begann das Zentrum für Dekkanstudien durch Spenden, die von der US-Regierung der Generalkonsulin von Hyderabad geschickt wurden, mit einem jahrelangen Restaurierungsprojekt.[12] Die „Muslim Educational, Social and Cultural Organization“ unterstützt das Projekt ebenfalls. Dabei wurden Trümmer entfernt, Wasserkanäle neu gebaut, Bäume und Büsche neu angepflanzt und die Gebäude und ihre Dekorationen restauriert.[12][23][24]

Vermächtnis und Einfluss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abdul Halim Sharar (1860–1926), ein auf Urdu schreibender Schriftsteller, stellte Mah Laqa Bai in seinem Roman Husan Kay Dakoo (Die Räuber der Schönheit) als gebildete Frau dar, die vom modernen Bildungssystem profitierte.[25] Der in Hyderabad ansässige Gelehrte Sajjad Shahid schrieb in seiner Serie von in der The Times of India veröffentlichten Artikeln, dass Bai die Inspiration für den 1899 veröffentlichten Roman Umrao Jaan Ada von Mirza Muhammad Hadi Ruswa war. Ruswa arbeitete kurz am „Übersetzungsbüro von Hyderabad“, das später zur staatlichen Universität Osmania erweitert wurde, bevor er diese fiktionale Erzählung einer Kurtisane schrieb. Umrao Jaan Ada wird als der erste echte Roman der Urdu-Literatur angesehen.[26] Narenda Luther, ein Experte für die Geschichte Hyderabads, gibt an, dass Mah Laqa Bai, die erste weibliche Poetin Indiens, deren Anthologie veröffentlicht wurde, „Hyderabad viel Stolz brachte“.[24] Pallabi Chakravorty, ein Tänzer des Kathakstils und Professor am Swarthmore College und Scott Kugle, gaben bei einem Seminar an, dass Mah Laqa Bai, abgesehen von ihrem Stand als aristokratische Kurtisane, auch eine überzeugte Mystikerin gewesen und von Elementen des Sufismus fasziniert gewesen sein soll.[20] Während eines Festes in Hyderabad im Jahr 2013 wurde ein Monolog-Bühnenstück namens „Maha Laq Bai Chanda“, das von ihrem Leben handelte und von der „Andhra Pradesh Tourism Development Corporation“ finanziert wurde, aufgeführt.[6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. "MNC to help restore Chanda tomb charm" (Memento vom 15. Juli 2014 im Internet Archive). The Times of India. 20. August 2010.
  2. a b c d Susie J Tharu, (1991). Women Writing in India. New York: The Feminist Press. ISBN 978-1-55861-027-9. Seiten 120–121.
  3. Sajjad Shahid. "The elite performer" (Memento des Originals vom 16. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/articles.timesofindia.indiatimes.com. The Times of India. 30. Dezember 2012.
  4. a b c d e f g h Bilkees Latif, (2010). "Forgotten". Penguin Books. ISBN 978-0-14-306454-1. Seiten 81, 107, 118, 123–124, 128–129
  5. a b "Latif's Forgotten salutes women" (Memento vom 8. Juni 2013 im Internet Archive). Hindustan Times. 8. März 2011.
  6. a b Rajani Rajendra. "Glimpse into Mah Laqa’s life". The Hindu. 19. April 2013
  7. a b William Dalrymple, (2002). "White Mughals". Penguin Books. ISBN 978-0-14-303046-1. Seite 172–173
  8. a b Karen Leonard, (2011). "Hindu temples in Hyderabad: state patronage and politics in South Asia". South Asian History and Culture. Seiten 355–356.
  9. "A poet called Moon". Fountain Ink. 7. Mai 2013
  10. a b Kugle Scott, (2010). "Mah Laqa Bai and Gender: The Language, Poetry, and Performance of a Courtesan in Hyderabad". Comparative Studies of South Asia, Africa and the Middle East. Duke University Press. ISSN 1548-226X.
  11. a b Serish Nanisetti, "Rediscovering Mahalaqa Bai" (Memento des Originals vom 11. November 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hindu.com. The Hindu. 22. Februar 2013.
  12. a b c "US Consulate funds renovation of Mah Laqa Bai's tomb". Daily News and Analysis. 19. August 2010.
  13. "Iron lady Mahlaqa Bai Chanda’s haveli reduced to rubble". The Siasat Daily. 18. April 2013.
  14. Mohan Lal, (1992). Encyclopaedia of Indian literature: sasay to zorgot. Band 5. Sahitya Akademi. ISBN 978-81-260-1221-3. Seite 4109.
  15. "‘Wah’, once again please". Live Mint. 29. April 2011.
  16. a b Serish Nanisetti. "Towering blunder at Moula Ali dargah" (Memento des Originals vom 11. November 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hindu.com. The Hindu. 4. August 2009.
  17. Tahera Aftab, (2008). "Inscribing South Asian Muslim Women: An Annotated Bibliography and Research Guide". Brill Publishers. ISBN 978-90-04-15849-8. Seiten 521–522.
  18. a b Syed Ali Asgar Bilgrami, (1992). "Landmarks of the Deccan". New Delhi: Asian Educational Services. ISBN 978-81-206-0543-5. Seiten 14, 16.
  19. Prashanti Ganesh. "Mad and divine women from India celebrated". The New Indian Express. 27. Dezember 2011.
  20. a b "Mad and Divine women; mystic saint poets of India and beyond" (Memento vom 8. November 2011 im Internet Archive). Kartik Fine Arts. 25. Dezember 2011.
  21. "India: For the love of a woman". The Daily Telegraph. 8. Oktober 2002.
  22. Serish Nanisetti. "A slice of history". The Hindu. 16. Februar 2010.
  23. "Refurbished Garden Tomb of Mah Laqa Bai Inaugurated by Consul General" (Memento vom 2. Mai 2013 im Internet Archive). Generalkonsulat der USA, Hyderabad (Webseite). 6. März 2011.
  24. a b "Mah Laqa Bai's tomb restored, to be reopened on March 6" (Memento des Originals vom 5. November 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/articles.timesofindia.indiatimes.com. The Times of India. 4. März 2011.
  25. Gull Hina (2012). "Modernist trends and varied responses: reflections on Muslim women in Urdu prose by male authors of South Asia (1900-1936)". A Research Journal of South Asian Studies. University of the Punjab. ISSN 1026-678X. Seite 472.
  26. Sajjad Shahid. "The Elite Performer" (Memento des Originals vom 16. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/articles.timesofindia.indiatimes.com. The Times of India. 30. Dezember 2012.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]