St. Martin (Bamberg)

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Martinskirche
Lage in der Bamberger Altstadt
Innenansicht

Die Martinskirche in Bamberg ist eine dem heiligen Martin geweihte katholische Pfarrkirche im Zentrum der Stadt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf dem Areal des Jesuitenkollegs mit der St.-Martins-Kirche befand sich ab 1248 das Kloster in der Au des Karmelitenordens mit seiner Klosterkirche. Im Jahr 1589 wurde dieser Platz im Tauschwege dem Priesterseminar des Bistums Bamberg überlassen. Der Karmelitenorden zog in das seit 1548 leerstehende ehemalige Zisterzienserinnenkloster St. Maria et Theodor am Unteren Kaulberg. Dieses Kloster besteht noch.

Nach der Berufung der Jesuiten und ihrem Einzug im Jahr 1611 übernahmen diese das frühere Karmelitenkloster. Nach Erwerb mehrerer Immobilien am Markt wurde die geostete Kirche des ehemaligen Karmelitenklosters abgebrochen und 1686 der Bau einer neuen Kirche begonnen. Der Chor der jetzigen Kirche ist gewestet und befindet sich ungefähr an der Stelle des Chors der geosteten Karmelitenkirche. Baumeister waren die Brüder Georg und Leonhard Dientzenhofer. Georg Dientzenhofer wurde dafür aus Prag geholt. Nach Georgs Tod übernahm sein Bruder Leonhard die Bauleitung.

Jesuitenkolleg in einer Darstellung von Georg Braun und Franz Hogenberg

Innerhalb von sieben Jahren wurde der Riesenbau fertiggestellt. Mit ihm begann die Dientzenhofer-Ära des fränkischen Barocks, zu dem z. B. die Neue Residenz, die Klöster Banz, Ebrach und Michelsberg, Schloss Pommersfelden und viele weitere Bauten gehören. Im Jahr 1693 wurde die Kirche Zum Namen Jesu geweiht. Mit der Vollendung des Kirchturms im Jahr 1696 wurde gleichzeitig der Grundstein für das Jesuitenkolleg gelegt.

Nach der Säkularisation 1804 wurde die Jesuitenkirche zur Pfarrkirche, bekam das Patronat der abgerissenen Kirche St. Martin, die auf dem Maxplatz stand, und sie ist seitdem die Pfarrkirche der unteren Stadt.

Aufgrund aufgetretener Bauschäden wurde die Kirche 2012 kurzzeitig geschlossen und ab Herbst 2013 saniert. Die offizielle Wiedereröffnung erfolgte am 6. November 2016 durch Erzbischof Ludwig Schick.

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ostfassade der Martinskirche ist zweigeschossig mit einem Risalitgiebel und den Fassadenfiguren Jesus, Sebastian, Maria und Laurentius und hat als Vorbild die Mutterkirche der Jesuiten Il Gesù zu Rom. Deutlich wird dies an folgenden Bildern.

Auch die Position des Turms im Chorscheitel ist ein charakteristisches Merkmal des jesuitischen Kirchenbaus.

Das Innere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Seitenkapellen des Altarraumes sind mit Gemälden von Oswald Onghers ausgestattet, die die Ordensheiligen Ignatius von Loyola und Franz Xaver zeigen. Besonders sehenswert ist die Scheinkuppel von Giovanni Francesco Marchini nach Plänen Andrea Pozzos über dem Vorraum des Chors.[1]

Am Marienaltar rechts vom Chor befindet sich eine Pietà, die aus der Liebfrauenkapelle in Widdern stammt und 1617 nach Bamberg kam. Die Statue war schon in Widdern Ziel von Wallfahrten und wurde ab 1625 noch im Vorgängerbau der heutigen Martinskirche, der alten St.-Martins-Kirche, verehrt.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Orgel wurde 1894 von G. F. Steinmeyer (Oettingen) mit 38 Registern auf mechanischen Kegelladen (mit Barkermaschinen) und pneumatischer Registertraktur gebaut. 1934 ersetzte die Orgelbaufirma die Trakturen durch elektropneumatische und erweiterte das Instrument um ein Schwellwerk. Die Disposition wurde im Sinne der Orgelbewegung leicht umgestaltet. 1938 wurde das Instrument erneut von der Orgelbaufirma Hindelang, Ebenhofen, erweitert.

In den Jahren 1999 bis 2000 wurde das Instrument durch die Orgelbaufirma Hermann Eule (Bautzen) umfassend restauriert und in den Zustand von 1894 zurückversetzt. Das historische Pfeifenmaterial ist weitgehend vorhanden. Es mussten nur sechs Register rekonstruiert werden. Die Kegelladen werden mechanisch angespielt. Die Tontrakturen werden durch rekonstruierte Barkermaschinen unterstützt. Der freistehende Spieltisch nach dem Vorbild Steinmeyers und der Orgelprospekt wurden ebenfalls rekonstruiert. Das Instrument ist jetzt mit einer elektronischen Setzeranlage ausgestattet.[2]

Steinmeyer-Orgel von 1894
I. Manual C–f3

01. Principal 16′ (E)
02. Bordun 16′
03. Principal 08′
04. Gemshorn 08′
05. Tibia 08′
06. Gedeckt 08′
07. Viola di Gamba 08′
08. Salicional 08′
09. Quintflöte 0513′ (E)
10. Octave 04′
11. Rohrflöte 04′
12. Dolce 04′
13. Nassat 0223
14. Octav 02′
15. Mixtur 5fach 04′ (E)
16. Cornett 3-5fach 08'
17 Trompete 08′
II. Manual C–f3
18. Stillgedeckt 16′
19. Geigenprincipal 0 08′
20. Bourdonflöte 08′
21. Lieblich Gedeckt 08′
22. Aeoline 08′ (E)
23. Dolce 08′
24. Principal 04′
25. Fugara 04′
26. Traversflöte 04′ (E)
27. Flautino 02′
28. Mixtur 3fach 223′ (E)
29. Clarinett 08′
Pedal C–f1
30. Principalbass 16′
31. Violon 16′
32. Subbass 16′
33. Gedecktbass 16′
34. Quintbass 1023
35. Octavbass 08′
36. Violoncello 08′
37. Flötenbass 04′
38. Posaune 16′
(E) = (teilweise) rekonstruiertes Register (2000)

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die größte Glocke in Sankt Martin

Im 1696 vollendeten 55 m hohen Glockenturm[3] befindet sich ein historisches Geläute, bestehend aus den fünf läutbaren Glocken mit der Schlagtonfolge h0–c1–e1–gis1–h1,[4] die das Plenum bilden, sowie einer nicht mehr läutbaren Glocke, die sich in der Turmlaterne befindet.[5]

Krypta[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Kanzelaufgang links befindet sich der Zugang zur Krypta, in der in Schiebegräbern Jesuitenpatres bestattet sind. Unter der Krypta befindet sich ein nicht zugänglicher Raum, abgeschlossen durch einen Sandsteindeckel; darin wurden die Gebeine aus den Gräbern, die geleert werden mussten, beigesetzt.

Geistliche an dieser Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nikolaus Haas, Pfarrer, Historiker, Verfasser von Beiträgen zur Geschichte Bambergs und seines Umlandes
  • Lorenz Hopfenmüller wurde am 1. Oktober 1867 mit der vierten Kaplanstelle belegt. Bekannt wurde er als Kulturkämpfer und Indienmissionar.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bruno Neundörfer: St. Martin in Bamberg. Schnell, Kunstführer Nr. 72, Verlag Schnell & Steiner München und Zürich ISBN 978-3-7954-4124-1
  • Kurt Ruppert: Bamberg St. Martin (Große Baudenkmäler, Heft 259). 2. Auflage, München/Berlin 1977

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: St. Martin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Geschichtliches. Abgerufen am 24. Februar 2023.
  2. Ausführlich zur Geschichte und Rekonstruktion der Steinmeyer-Orgel (Memento vom 19. Oktober 2011 im Internet Archive)
  3. St. Martin in Bamberg erhält Unterstützung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, abgerufen am 7. August 2017.
  4. Homepage der Pfarrei St. Martin: Glocken, abgerufen am 7. August 2017.
  5. Homepage der Pfarrei St. Martin: Feuerglocke, abgerufen am 7. August 2017.

Koordinaten: 49° 53′ 37″ N, 10° 53′ 18″ O